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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2024

Eine gelungene Biografie

Inge Feltrinelli
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Marco Meier setzt mit dieser Biografie einer Frau ein Denkmal, die durch ihre Fotografien Geschichte geschrieben hat. Inge Feltrinelli (1930-2018), vielleicht besser bekannt unter ihrem Mädchennamen Inge ...

Marco Meier setzt mit dieser Biografie einer Frau ein Denkmal, die durch ihre Fotografien Geschichte geschrieben hat. Inge Feltrinelli (1930-2018), vielleicht besser bekannt unter ihrem Mädchennamen Inge Schönthal. Inge wird 1930 als Tochter von Siegfried und Trudel Schönthal geboren. Der jüdische Vater emigriert zunächst nach Holland und später in die USA. Nach der Scheidung heiratet Trudel den Berufsoffizier Otto Heberling, der Inge, die als Mischling 1. Grades gilt, während des NS-Regimes schützt.

Mit knapp 19 Jahren reist sie alleine nach Hamburg, um bei Rosemarie Pierer eine Lehre als Fotografin zu absolvieren. Als Inge Schönthal 1952 das Kunststück gelingt, die erkältete Greta Garbo, die an einer Ampel in New York wartet, zu fotografieren und dieses Bild an das Magazin „Life“ zu verkaufen, ist der Weg zu einer erfolgreichen Karriere als Fotoreporterin geebnet.

Als sie dann im Auftrag von Heinrich Maria Ledig-Rowohlt nach Kuba fährt, um dort Ernest Hemingway, den wichtigsten Autor des Rowohlt-Verlages zu interviewen, gelingen ihr, nach anfänglichen Sträuben des Stars, die berühmten Aufnahmen mit Hemingway und dem Blue Marlin.

Damit hat es Inge Schönthal geschafft! Nichts steht ihr mehr im Weg, zahlreiche Stars und Persönlichkeiten wie Pablo Picasso, Marc Chagall, den jungen John F. Kennedy oder Simone de Beauvoir zu fotografieren.

Einzig die Suche nach ihrem Vater und das Wiedersehen mit ihm, wirft einen Schatten auf Inges Leben. Sie haben sich nur wenig zu sagen.

Die Biografie endet mehr oder weniger im Jahr 1959. Kurz zuvor hat Inge Schönthal den italienischen Verleger Giangiacomo Feltrinelli geheiratet und aus der Fotografin wird nach dem Tod ihres Mannes die Verlegerin.

Meine Meinung:

Diese Biografie von Marco Meier, der auf umfangreiches Material aus Archiven und von Feltrinellis Familie zurückgreifen kann, hat mir sehr gut gefallen. Das Buch zeigt auch die Aufbruchsstimmung nach dem Zweiten Weltkrieg, die nicht nur Männer erfasst hat, sondern auch zahlreiche Frauen, die während des Krieges zahlreiche Aufgaben der Männer übernehmen mussten. Warum nicht auch Fotoreporterin für Zeitschriften und Magazine?

Marco Meier zeigt das Bild einer jungen unbekümmerten Frau, die sich charmant zwischen Berühmtheiten bewegen kann, ohne sich übermäßig anzubiedern.

Ich bin Inge Schönthal-Feltrinelli vor Kurzem bereits in einem anderen Roman begegnet: „Ein Bild von einer Frau“ (Natascha Bub), in dem Inge Schönthal das Vorbild für die fiktive Insa Schönberg ist.

Die Biografie liest sich wie das Who-is-Who der damaligen Zeit und wird durch zahlreiche Fotos von und mit Inge Feltrinelli sowie Anekdoten und Histörchen sehr gut ergänzt.

Das Buch ist in der Gegenwart geschrieben, so dass wir quasi „live“ am Geschehen teilhaben können. Das Titelbild zeigt die junge Inge in „Lauerstellung“ während ihres Aufenthaltes in New York: aufmerksam und die Kamera schussbereit.

Nachdem der Untertitel „Das erste Leben“ heißt und Inge Feltrinelli nach dem Tode ihres Mannes den Verlag leitet, könnte es eventuell eine Fortsetzung geben. Denn eine Frau als Verlegerin ist zu dieser Zeit auch nicht alltäglich.

Fazit:

Mir hat diese Biografie sehr gut gefallen, weshalb ich das Buch mit 5 Sternen bewerte.

Veröffentlicht am 30.09.2024

Eine Hommage an eine Widerstandskämpferin

Die kleine Sache Widerstand
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Autor Klawitter ist bei seinen Recherchen zu Widerstandskämpfern auf die damals 97-Jährige Melanie Berger gestoßen, die in Frankreich in einer Seniorenresidenz lebt und nach wie als Zeitzeugin in Schulen ...

Autor Klawitter ist bei seinen Recherchen zu Widerstandskämpfern auf die damals 97-Jährige Melanie Berger gestoßen, die in Frankreich in einer Seniorenresidenz lebt und nach wie als Zeitzeugin in Schulen geht und berichtet. Er macht das Interview für sein Magazin, ist von der Frau fasziniert und verspricht wieder zu kommen, um eine Biografie zu verfassen.

Wer ist diese Frau, die mit 103 Jahren bei den Olympischen Spielen im Juni 2024 in Paris als Fackelträgerin mitgewirkt hat? Die am 12. September 2024, anlässlich der Präsentation dieser Biografie vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig für ihre Verdienste als Widerstandskämpferin die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold, verliehen bekommen hat?

Taucht ein in das bewegte Leben der Melanie Berger ....

Melanie Berger, geboren am 8. Oktober 1921 in Wien, lebt mit ihren Eltern im jüdischen Teil Wiens, in der Leopoldstadt auf, betätigt sich schon früh in der Arbeiterbewegung und klebt Zettel wider den Faschismus auf Wiens Hausmauern. Im Mai 1938, nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich, ist sie als Jüdin und Sozialistin doppelt gefährdet. Sie flieht über Ungarn, Deutschland nach Belgien und dann nach Frankreich. Dort trifft sie die Weggefährten Georg Scheuer, Gustav Gronich und Karl Fischer aus Wien.

„Melanie gehörte zum Fußvolk des Widerstands. Zur anonymen Masse derer, die dem Irrsinn von Diktatur und Krieg ihr Leben entgegenstellten. Darunter gab es Gruppen, die zwischen alle Fronten gerieten. Deren Mitglieder von den Nazis verfolgt und von den Stalinisten gehasst wurden. Und die von den vermeintlichen Rettern, den Franzosen, interniert wurden. Die dem Untergang geweiht waren und trotzdem versuchten, Sand ins Getriebe des Systems zu streuen. Die losrannten und hofften, sich versteckten und unter falschem Namen lebten, die gegen die Unterdrücker und Besatzer angingen und anschrieben, so gut sie es konnten. Eine davon war Melanies Gruppe. Sie nannten sich „Revolutionäre Kommunisten“.“ (S. 18)


Im Jänner 1942 wird sie von der französischen Polizei verhaftet und anschließend in das berüchtigte Gefängnis Les Beaumettes in Marseille überstellt, wird 1943 in einer spektakulären Aktion von ihren Genossen befreit und schließt sich der Résistance an. Mit bewaffneten Aktionen kann sie jedoch nicht dienen. Sie habe nur „eine kleine Sache gemacht“, bemerkt Melanie Berger bescheiden vor einer Schulklasse (S. 18)

Mehr als einmal stand ihr Leben und das ihrer Freunde an der Kippe. Sie wird später mehrmals sagen: „Wir waren Tote auf Urlaub.“

Fazit:

Eine Hommage an eine wahrlich beeindruckende Frau, deren Verdienste, angesichts des aktuellen Rechtsruck in Europa, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Diese Biografie verdient eine ausdrückliche Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.09.2024

Eine Hommage an einen fast Vergessenen

Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete
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Robert Lackner, Historiker und Projektleiter im Ludwig-Boltzmann-Institut in Graz. Als er für sein Buch „Camp Ritchie und seine Österreicher“ in verschiedenen Archiven recherchiert, entdeckt er den Namen ...

Robert Lackner, Historiker und Projektleiter im Ludwig-Boltzmann-Institut in Graz. Als er für sein Buch „Camp Ritchie und seine Österreicher“ in verschiedenen Archiven recherchiert, entdeckt er den Namen des Wiener Rechtsanwaltes Willy Perl (1906-1998), der einer dieser Ritchie-Boys ist. Doch was er weiter über Willy Perl findet, ist erstaunlich und wird in diesem Buch der breiten Öffentlichkeit dargestellt.

Wer ist er nun dieser Willy Perl, den bislang kaum jemand kennt?

Willy Perl, ist als Sohn des Textilkaufmanns Rudolf Perl 1906 in Prag geboren, er studiert in Wien Jura und schließt sich der Ivria, einer jüdischen Selbstschutzorganisation an, da Wien als Hochburg der Deutschnationen gilt. Während seines Gerichtsjahres in der Wiener Leopoldstadt lernt er einige Mitglieder des Zionismus kennen. Diese Kontakte werden ihm dann später für sein doch sehr gewagtes Unternehmen nützen, dem eine unangenehme Begegnung mit dem damals noch unbedeutenden SS-Mann Adolf Eichmann und seiner Pistole vorangeht (S. 8).

Ab 1936 beginnt die illegale Einwanderung zunächst in kleinen Gruppen nach Palästina, das britisches Mandatsgebiet ist und nur wenige, ausgewählte Juden ins Land lässt. Wenig später organisiert Willy Perl Geld zur Auswanderung von vornehmlich jüdischen Geldgebern. Dass dann ausgerechnet das Deutsche Finanzministerium Devisen bereitstellt, um den verfolgten Juden eine Ausreise zu finanzieren, ist wohl ein kleiner Treppenwitz der Geschichte.

Doch die Schwierigkeiten beginnen erst: Visa, Schiffe sowie Verpflegung müssen beschafft werden. Dann kommen stehen wesentlich mehr Personen im Hafen als ausgemacht. Wen zurücklassen? Wen mitnehmen? Werden die Schiffe von den Briten aufgebracht? Müssen sie wieder umkehren oder können sie doch ihre Passagiere abliefern?
Das eine oder andere Mal wied Willy Perl von den Menschenschmugglern um das im Voraus bezahlte Geld gebracht.

Nachdem das „Unternehmen“ letztlich viel Erfolg hat und Willy Perl Tausende Juden retten kann, treten natürlich Konkurrenten und Neider aus den eigenen Reihen auf. Anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wird Perl ausgebootet. Zwar wird die von ihm aufgebaute Organisation von anderen fortgeführt. Doch wegen interner Querelen verpasst man die große Chance noch mehr jüdische Flüchtlinge zu retten.

Letztlich wird Willy Perl 1940 in Griechenland von der Gestapo verhaftet. Es gelingt ihm über Portugal nach Mozambik zu fliehen, wo er 1941 ein Visum nach Amerika erhält.

Nach dem Angriff auf Peral Harbour im Dezember 1941 tritt er in die US-Army ein und kehrt als „Ritchie Boy“ nach Europa zurück. Bei einem nicht autorisierten Ausflug nach Wien 1945 trifft er auf sein Frau Lore, die das KZ Ravensbrück überlebt hat wieder.

Erst sehr viel später, kurz vor seinem Tod werden Willy Perls Verdienste um die Rettung verfolgter Juden gewürdigt.

Meine Meinung:

Robert Lackner ist hier eine fesselnde Hommage an einem fast Vergessenen gelungen. Er arbeitet mit diesem Buch die wirklich bewegenden Jahre Perls von 1937 bis 1940 auf.

Die Zahlen, Daten und Fakten sind, wie es sich für einen Historiker gehört, penibel recherchiert! Ich finde ja die Chuzpe mit der Willy Perl sein Unternehmen startet sehr beeindruckend!

Dass Willy Perl für seinen Mut in den Zeiten des Terrors von den eigenen Leuten angefeindet worden ist, ist wirklich beschämend. Die Rolle diverser anderer jüdischer Fluchthelfer wäre noch zu hinterfragen und vermutlich Thema für ein anderes Buch. Aber, wie heißt es so schön? Neid musst du dir verdienen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das diese dramatischen Jahre in Will Perls Leben eindrücklich beschreibt und ein wichtiges Stück Zeitgeschichte ist, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 30.09.2024

Weihnachten 1941 - Ein tödliches Fest?

Dezember 41
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Nachdem die kaiserliche Japanische Armee am 7. Dezember 1941 völlig überraschend Pearl Harbor angegriffen hat, tritt die USA unter Präsident Roosevelt am 11. Dezember in den Weltkrieg ein. Bodentruppen ...

Nachdem die kaiserliche Japanische Armee am 7. Dezember 1941 völlig überraschend Pearl Harbor angegriffen hat, tritt die USA unter Präsident Roosevelt am 11. Dezember in den Weltkrieg ein. Bodentruppen nach Deutschland werden noch nicht entsandt.

Während die amerikanische Welt die Augen auf das Kriegsgeschehen in Europa und auf den Pazifik richtet und gleichzeitig in den USA Kommunisten jagt, übersehen die Behörden, absichtlich oder nicht, dass antidemokratische und antisemitische Kräfte in Amerika um sich greifen. Vor allem in Hollywood wollen viele die einflussreichen jüdischen Filmemacher loswerden. Wie schon in der Vergangenheit gibt es mehrere Verschwörer, die ein Attentat auf den amtierenden Präsidenten planen. Einer von ihnen ist der Deutsche Martin Browning, der auf seiner Reise von Hollywood nach Washington, eine blutige Spur hinterlässt. Ihm auf den Fersen sind der FBI-Agent Carter sowie der schlecht bezahlte Lektor in Hollywood Kevin Cusack, ein Spion, der sich eigentlich zur Ruhe setzen will.

Und was spielt Vivian, die aussieht wie Marlene Dietrich und gerne Schauspielerin sein möchte, für eine Rolle?

Wird im Weißen Haus der Weihnachtsbaum in hellem Glanz erstrahlen?

Meine Meinung:

Es dauert ziemlich lange bis alle Mitwirkenden vorgestellt worden sind. Nicht immer ist die Rolle, die sie hier spielen von Beginn an klar, denn es gibt Agenten und Doppelagenten. Es scheint, als wäre die zukünftige Attentäter den Behörden immer einen Schritt voraus.

Sehr gut ist das politische Umfeld in den USA dargestellt. Der Angriff auf Pearl Harbour trifft die USA am falschen Fuß, weshalb die Gegner von Franklin D. Roosevelt ihn gerne ersetzen wollen. Den einen reicht es, ihn abzusetzen, die anderen wollen ihn gleich töten. Mord an einem Präsidenten ist ja in Amerika nicht gar so selten (wie man auch aktuell sieht) und Feinde hat Roosevelt genug. Vor allem die amerikanischen Nazis, die ihn und seine Politik hassen, üben für den Ernstfall.

Interessant finde ich den Schwenk nach Hollywood, wo wir einigen Schauspielerinnen und Schauspielern begegnen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen.

So erleben wir mit, wie der fiktive Kevin Kusack am 8. Dezember 1941 aus der Fülle von eingesandten Büchern und Manuskripten, soeben eines lesen muss, das wenig später ein Welterfolg werden sollte: Es handelt sich um das bislang unproduzierte Theaterstück Everybody Comes to Rick’s (Jeder geht in Ricks Bar) von Murray Burnett und Joan Alison aus dem Jahr 1940. Der reale Lektor heißt Stephan Karnot und prophezeit dem „anspruchsvollen Kitsch“ ein großes Potential. Er wird auch Humphrey Bogart für die Hauptrolle vorschlagen. Der Titel des Films ist „Casablanca“.

Das Cover ist gut gelungen, denn man sieht das Weiße Haus durch das Zielfernrohr eines Scharfschützen.

Manche Stellen hätten für meinen Geschmack ein wenig gekürzt werden können, aber das ist jammern auf hohem Niveau-

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Thriller, der durch ein gutes Setting und viel Spannung besticht, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.09.2024

Eine gelungene Romanbiografie

Henriette - Ärztin gegen alle Widerstände
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Sabine Trinkaus erzählt in diesem historischen Roman die Geschichte von Henriette Hirschfeld-Tiburtius (1834-1911), der ersten niedergelassenen Zahnärztin in Deutschland.

Henriette ist die dritte Tochter ...

Sabine Trinkaus erzählt in diesem historischen Roman die Geschichte von Henriette Hirschfeld-Tiburtius (1834-1911), der ersten niedergelassenen Zahnärztin in Deutschland.

Henriette ist die dritte Tochter eines Pastors auf Sylt, die nachdem, ihr Vater auf Grund einer Intrige seinen Posten und damit den Wohnsitz verloren hat, mit knapp 19 Jahren den wesentlich älteren Conrad Hirschfeld, den Sohn eines wohlhabenden Gutsbesitzers heiraten muss. Sie erhalten ein bäuerliches Anwesen zur Pacht. Doch Conrad Hirschfeld ist entpuppt sich als schwerer und gewalttätiger Alkoholiker, der das Gehöft binnen dreier Jahre in den Bankrott treibt.

Sehr ungewöhnlich für diese Zeit, verlässt Henriette ihren Mann und zieht zu ihrer Freundin Friederike nach Berlin, wo sie eine Stelle als Gesellschafterin annimmt, obwohl sie kaum über nennenswerte Bildung verfügt. Ihr Vater hat es für nicht notwendig erachtet, ihr mehr als ein wenig schreiben und lesen beizubringen, was sie für sehr ungerecht gehalten hat.

Schon in ihrer Kindheit wird sie von Zahnschmerzen geplagt und als sie den amerikanischen Zahnarzt Abbott in Berlin aufsuchen muss und sie von den Ärztinnen Elizabeth und Emiliy Blackwell liest, reift in ihr der Wunsch, Zahnärztin zu werden. Doch dafür muss sie 1867 nach Amerika gehen, denn in Preußen werden Frauen erst 1908 zum Medizinstudium zugelassen.

Natürlich gibt es auch am Pennsylvania College of Dental Surgery zahlreiche Hindernisse und Widerstände, die Henriette mit Beharrlichkeit überwindet. Sie kehrt nach Berlin zurück und öffnet ein zahnärztliches Atelier, das recht schnell bekannt wird. Zu ihren Patientinnen (sie behandelt nur in Ausnahmefällen Männer) zählen die deutsche Kronprinzessin und deren Kinder.

Spät, aber doch findet sie auch ihr privates Glück mit dem Militärarzt Dr. Carl Tiburtuis (1834-1910) und wird Mutter zweier Söhne. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Franziska Tiburtius, die 1871 in der Schweiz Medizin studiert, eröffnet Henriette eine Praxis für Arbeiterfrauen in Berlin-Mitte, die später zu einer Poliklinik wird.

Meine Meinung:

Sabine Trinkaus verquickt die Fakten dieser interessante Lebensgeschichte, der Henriette Hirschfeld Tiburtius sehr geschickt mit den damals historischen Gegebenheiten. Sie lässt Henriette schon in jungen Jahren gegen die Benachteiligung der Mädchen und Frauen rebellieren. Sie, die intelligent und wissbegierig ist, darf nicht Latein oder Mathematik lernen, sondern muss zahlreiche Servietten und Taschentücher mit Monogrammen und Mustern besticken. Eine Arbeit, der sie nichts abgewinnen und deren Sinn sie nicht versteht.

Ausführlich sind die Schwierigkeiten in Amerika dargestellt, denen sie auf dem College begegnet. Die Mär vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem alles gelingt, ist schnell ausgträumt.

Trotzdem hat Henriette neben ihrer Willensstärke und Beharrlichkeit auch Glück, was aber ihre Leistungen nicht schmälern soll. So ist ihre Freundin aus Jugendtagen, die anfangs ein wenig oberflächlich wirkende Friederike durch ihre Kontakte und Verbindungen eine große Stütze.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der sich mit einer außergewöhnlichen Frau des 19. Jahrhunderts beschäftigt, 5 Sterne.