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Veröffentlicht am 13.08.2022

Feuerwanzen lügen nicht

Feuerwanzen lügen nicht
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"Dass Mischa mein bester Freund geworden ist, war ebenso unwahrscheinlich wie, dass ich seiner wurde. Oder auch nicht: [...] wir fügen uns zusammen wie zwei perfekt passende Puzzleteile."
Feuerwanzen ...

"Dass Mischa mein bester Freund geworden ist, war ebenso unwahrscheinlich wie, dass ich seiner wurde. Oder auch nicht: [...] wir fügen uns zusammen wie zwei perfekt passende Puzzleteile."
Feuerwanzen lügen nicht, von Stefanie Höfler, erzählt die tief berührende und zugleich urkomische Geschichte der beiden Freunde Mischa und Nits, der eigentlich Nityananda heißt. Für den hibbeligen, hyperaktiven und wortgewandten Nits, mit indischen Wurzeln, ist der schlaue, ruhige und überkorrekte Mischa, mit seiner scheinbar perfekten Familie, ein absolutes Vorbild. Der Papa ist supercool und die Mama eine Biologin im Urwald. Nits würde nie auf die Idee kommen, irgendwas von Mischas Erzählungen in Frage zu stellen und hat "Mischa absolut ausnahmslos alles geglaubt", bis Nits Micha eines Tages plötzlich bei einer Lüge ertappt. Und dann darf Nits mit zu Mischa nach Hause und was er dort sieht und erfährt, hätte Nits nie für möglich gehalten. Mischa lebt in großer Armut. Sein Vater ist alles andere als supercool, er baut andauernd Mist, sodass Mischa und dessen kleine Schwester Amy in ständiger Angst leben, ins Heim zu müssen. Die Freundschaft gerät auf den Prüfstand, womit beide Jungen schier überfordert sind. Nits ist richtig sauer auf seinen besten Freund und seine Lügen, aber auch auf sich selbst.
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Nits, einem der beiden Hauptprotagonisten, erzählt. Der Schreibstil ist locker, fließend und holt den Leser sofort ab. Nach wenigen Seiten ist man bereits mitten im Geschehen, was die Geschichte super spannend macht. Die Thematik bzw. das Motiv, nicht die einfachste Kost. Vielleicht sollte das Werk begleitend im Deutschunterricht oder mit höherem Alter gelesen werden, denn es wühlt einen eindeutig auf. Das nicht jedes Kind aus perfekten Familienverhältnissen stammt oder mit Frühstücksdose in die Schule geschickt wird, ist durchaus nichts Neues, aber auf diese Weise vom Scharmgefühl und Verunsicherung so jünger Menschen zu lesen, dass sie sich in Lügen hüllen müssen, "oder ist lügen einfach nur träumen, wie es auch gewesen sein könnte", macht einen tief betroffen. Die einzelnen Kapitel werden jeweils durch Lautmalerei, in Form kurzer Reime über unterschiedliche Tiere, die aber immer irgendwie zur Geschichte passen, eingeleitet. Alles in allem ein wirklich tolles und lesenswertes Buch, das nicht nur zum Lachen, sondern vor allem zum Nachdenken angeregt.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Berührend

Findelmädchen
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Nach Kriegsende werden die sechs jährige Helga und ihr vier jähriger Bruder Jürgen 1947 glücklicher Weise von dem französischen Paar Claire und Albert, aus einem Keller des zerstörten Kölns gerettet und ...

Nach Kriegsende werden die sechs jährige Helga und ihr vier jähriger Bruder Jürgen 1947 glücklicher Weise von dem französischen Paar Claire und Albert, aus einem Keller des zerstörten Kölns gerettet und leben seitdem bei ihnen in Frankreich. Als aber der Vater der beiden Kinder 1955 aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrt und sie zurück nach Hause holt, ändert sich das gewohnte Leben schlagartig und Helga geriet in ein Wechselbad der Gefühle. Während sie den Wunsch hegt aufs Gymnasium zu gehen um Schriftstellerin zu werden, entscheidet ihr Vater, der selbst Journalist war, dass es besser sei, an einer Hauswirtschaftsschule zu lernen. Hier erfährst Helga während eines Praktikums in einem Waisenhaus Grauenvolles, das sowohl ihr Leben, als auch das Anderer nachhaltig verändert.
Mit Findelmädchen veröffentlicht Autorin Lilly Bernstein bereits ihr zweites Meisterwerk. Zwischen Nachkriegszeit und Wirtschaftsaufschwung sind das antisemitische Gedankengut und die Diskriminierung noch lange nicht vergessen. So hat besonders das milchschokoladenbraune Besatzerkind Bärbel unter der Bösartigkeit der Nonnen im Waisenhaus schwer zu leiden. Es ist erschütternt zu lesen, wie junge unschuldige Menschen behandelt oder vielmehr gequält werden. Ebenso die Rolle der Frauen zu jener Zeit ist massiv durch sexistische und chauvinistische Gedanken geprägt. Dieser überaus bewegende Roman mitsamt seiner intensiv erzählten Szenerien und facettenreich gezeichneten Charaktere, lässt die Geschichte mehr als glaubwürdig und mitreißend erscheinen und sicherlich kein Auge trocken. Besonders beeindruckend und spannungsfördernd, lesen sich die in den Roman eingebetteten Tagebucheinträge von Helgas Mutter Elisa, sie seit 1945 verschollen ist und deren Tagebuch am Ende ein grausames Geheimnis enthüllt. Wer gern in geschichtsträchtige Romane mit mitreißend aufwühlenden Einzelschicksalen eintaucht, ist hier absolut richtig. Hochachtung für dieses Meisterwerk.

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Veröffentlicht am 18.07.2022

Alltagsmagie

Ich bin Joy
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"Die schöne große Eiche ist wahrscheinlich das freundlichste lebende Wesen, dem ich seit meinem Eintritt in die Klasse 6C an dieser Schule begegnet bin, und dafür bin ich ihr sehr dankbar."
Bislang hat ...

"Die schöne große Eiche ist wahrscheinlich das freundlichste lebende Wesen, dem ich seit meinem Eintritt in die Klasse 6C an dieser Schule begegnet bin, und dafür bin ich ihr sehr dankbar."
Bislang hat Joy mit ihrer Schwester Claude und ihren Eltern ein unkonventionelles Leben als Nomaden geführt und die ganze Welt bereist. Nun ist Schluss damit und die Familie wird im Haus des grummligen Großvaters sesshaft. Joy kann es gar nicht erwarten in die Schule zu kommen, doch als es soweit ist, merkt sie schnell, wie wenig sie mit diesem geregelten Leben in einem starren eintönigen System gemeinsam hat. Sie findet keinen Abschluss, fühlt sich von den Regeln ihres Großvaters überfordert, ihre Lehrer sehen nur Joys Lerndefizite und ihre Eltern sind plötzlich stinkt normal.
Joy, die bisher immer auf der Suche nach ihrer gewissen Alltagsmagie war, sieht plötzlich keinen Silberstreif mehr am Horizont.
Gerade als sie keine Hoffnung mehr sieht, findet Joy heraus, dass die alte Eiche in Mitten des Schulhofes gefällt werden soll, und das, muss sie unbedingt und mit allen Mitteln verhindern. Dies bildet den Schlüsselmoment bzw Wendepunkt der Story und bringt Joy den anderen Figuren endlich näher.
Ein wahnsinnig schöner, schlichter und altersgerechter Schreibstil, untermalt mit ebenso schlichten, aber passend gewählten Illustrationen. Erzählt aus der Ich Perspektive kann man nur Sympathie für unsere verrückte und leicht chaotische Protagonistin empfinden. Es gibt einen kleinen personifizierten Steckbrief über Joy und sogar eine Leseprobe vom 2. Band. Alles in allem ein tolles Buch mit einem sehr schön gewähltem Motiv. Winziger Kritikpunkte: das Cover ist meiner Meinung nach unpassend und wird dem Werk nicht gerecht.

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Veröffentlicht am 30.06.2022

Astronomie für die Kleinsten

Wieso? Weshalb? Warum? junior. Sonne, Mond und Sterne
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Sonne, Mond und Sterne, von wieso weshalb warum, bietet ein fantastisches Erforschen und Erlangen von kindgerechtem Sachwissen der Astronomie. Es behandelt die Planeten, insbesondere und sehr ausführlich ...

Sonne, Mond und Sterne, von wieso weshalb warum, bietet ein fantastisches Erforschen und Erlangen von kindgerechtem Sachwissen der Astronomie. Es behandelt die Planeten, insbesondere und sehr ausführlich natürlich Sonne und Mond, begleitet eine Rakete samt Astronauten ins Weltall und erklärt anschaulich, welche Bedeutung Sonne und Mond für die Menschen und die Erde haben. Die stabilen Klappen, die das erworbene Sachwissen selbsterforschend untermalen, sind einfach super individuell. Jede Klappe ist einzigartig, so wird aus einem Tag am Meer plötzlich ein sternenbedeckter Nachthimmel. Das Planetensystem wird vorgestell, sowie die Sternenbilder, die sich an einer sternklaren Nacht ergeben. Die Illustrationen sind sehr schön, kindgerecht und gleichzeitig detailliert. Erste Kinderfragen zum Thema Astronomie werden hier optimal und auf spannende Weise beantwortet. Meiner Meinung nach, hätte man auf die Beschreibung und Darstellung einer Raumstation und deren Arbeit im Weltall verzichten können und lieber über die Gezeiten (Ebbe und Flut) oder vielmehr die Sternenbilder oder Sternschnuppen detaillierter beschreiben können, da mir die Sterne ein wenig zu kurz kommen. Dennoch alles in allem ein wunderbares Werk der Sachbuchreihe und eine absolute Empfehlung für alle naturwissenschlich interessierten Leseratten von 2-4 Jahren.

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Veröffentlicht am 22.06.2022

Steck mal in meiner Haut

Steck mal in meiner Haut!
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Ein wunderschönes Buch über Antisemitismus, Aufklärung und Empowerment für Kinder ab 5 Jahren, mit separaten Tipps, zum Umgang und der Aufarbeitung, für Eltern und Pädagogen. Hierbei wird eines der wichtigsten, ...

Ein wunderschönes Buch über Antisemitismus, Aufklärung und Empowerment für Kinder ab 5 Jahren, mit separaten Tipps, zum Umgang und der Aufarbeitung, für Eltern und Pädagogen. Hierbei wird eines der wichtigsten, leider immernoch weit verbreiteten und zugleich schwer zu behandelnden Themen behandelt: Rassismus. Anhand kindgerechter Illustrationen, ganz ohne Gewaltszenen, Aggression oder Vorurteile, wird auf unbeschreiblich ruhige und verständnisvolle Weise für dieses Thema sensibilisiert. Der Schreibstil ist leicht verständlich und sachlich, aber zugleich ergreifend und feinfühlig und begleitet gemeinsam mit perfekte abgestimmten Illustrationen, durch die verschiedenen Kapitel und Bereiche des Lebens. Jede Doppelseite weist eine neue Rubrik zum Thema Rassismus und Diversität auf. Die Einführung über Kinderrechte ist eine sehr gut gelunge Einleitung in dieses Thema. Auch sind die ersten Kapitel sehr greifbar für Kinder allen Alters. Kinder bekommen Seite für Seite liebevoll aufgezeichnet, wie unterschiedlich Menschen, Familien, Lebensgeschichten und Religionen sein können und was es für Vorteile mit sich bringt, anders zu sein oder von den Stärken des anderen zu profitieren. Dabei wird aber auch mit Vorurteilen aufgeräumt - so ist in etwa ein blondes Mädchen Muslima und ein schwarzes Mädchen in Deutschland geboren.
Als Pädagogin freue ich mich über diese aufklärende Kinderliteratur. Dennoch ziehe ich einen Punkt ab, da in Summe einfach zu viele Unterthemen behandelt werden und so die Tiefgründigkeit verloren geht. Themen wie Stolpersteine, Statuten und Straßen von ehemaligen Rassisten sollten angeschafft werden oder Gastarbeiter und Kolonialismus, sind für dieses Lesealter einfach noch nicht greifbar oder gehören zur aktuellen Lebenswelt der Kinder. Alles in allem aber ein sehr gelungenes und empfehlenswertes Werk zum Thema.

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