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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.10.2024

Gut, aber der Funke ist nicht übergesprungen

Die Mitford Schwestern
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Ich lese die Bücher von Marie Benedict immer wieder gerne, weil sie außergewöhnliche Frauen in den Fokus rückt. Mich hat die Wahl der drei Mitford-Schwestern ehrlicherweise ein wenig überrascht. Wobei ...

Ich lese die Bücher von Marie Benedict immer wieder gerne, weil sie außergewöhnliche Frauen in den Fokus rückt. Mich hat die Wahl der drei Mitford-Schwestern ehrlicherweise ein wenig überrascht. Wobei man schon sagen muss, dass man die Geschwister insgesamt durchaus als außergewöhnlich bezeichnen kann.
Diana und Unity Mitford waren mir vorher bereits ein Begriff durch ihre Nähe zum Faschismus und Nazi-Deutschland. Ich war daher wirklich gespannt auf das Buch. Es hat den für die Autorin typischen Stil, der leicht aber nicht seicht ist, zu unterhalten weiß und gleichzeitig auch ein gutes Bild der jeweiligen Zeit und Gesellschaft bietet. Leider ist bei diesem Buch der Funke zu mir nicht so richtig übergesprungen und ich habe die Geschichte nur mit mäßiger Begeisterung gelesen.

Die Handlung konzentriert sich auf Diana, Unity und Nancy. Während Diana und Unity komplett im Faschismus aufgehen, entwickeln sich Nancys Ansichten in die gegenteilige Richtung. Sie stellt sich damit im Verlauf auch gegen ihre eigene Familie, da auch ihre Eltern und weitere Geschwister sich von der faschistischen Euphorie und dem Irrglauben, dieser würde ihnen das gute Leben von einst zurück bringen, anstecken lassen.
Unity und ihre Art waren für mich relativ schwierig zu ertragen. Zwar gibt es Momente, in denen ich ihre Unsicherheit nachvollziehen konnte, aber spätestens mit dem Abgleiten in ihre naive und fanatische Hingabe an Hitler war für mich eigentlich der Ofen aus. Ich fand es mit der Zeit einfach ermüdend und habe mich gefragt, ob sie wirklich nie bemerkt hat, dass sie sowohl von Hitler als auch von ihrer Schwester benutzt wurde,
Diana war mir am unsympathischsten. Die kühle Strategin, bei der ich immer das Gefühl hatte, dass sie keinen Schritt ohne Berechnung tut. Nicht einmal einen Familienbesuch. Ich fand keinen Zugang zu ihr.
Am meisten Zugang fand ich noch zu Nancy. Das gefühlte schwarze Schaf, die an allem von der Mutter die Schuld bekam und dieser Familie die Stirn bietet mit ihren politischen Ansichten. Es muss ihr sehr schwer gefallen sein, zusehen zu müssen, wie die eigene Familie Hitler als Heilsbringer lobt und rechtem Gedankengut verfällt. Ihre Gewissensbisse am Ende finde ich verständlich. Sich in solchem Umfang gegen die eigene Familie zu stellen erfordert sehr viel Mut.

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Veröffentlicht am 21.09.2024

Komplex, ausgewogen und sehr interessant

Wallis Simpson
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Das knallrote Cover des Buches ist genauso auffällig wie die Frau, über dies berichtet: Wallis Simpson. Geliebte Edwards VIII. und die seiner Zeit die berühmteste Frau der Welt.
Michaela Lindinger ist ...

Das knallrote Cover des Buches ist genauso auffällig wie die Frau, über dies berichtet: Wallis Simpson. Geliebte Edwards VIII. und die seiner Zeit die berühmteste Frau der Welt.
Michaela Lindinger ist hier ein umfassendes, interessantes und ausgewogenes Porträt von Wallis Simpson gelungen. Der Stil wechselt dabei zwischen sachlich nüchtern und erzählend. Das ergibt eine gut zu lesende Mischung, die trotz vieler Details nicht langweilig wird. Es sind viele Fotos abgebildet, die die beiden in verschiedenen Phasen ihres Lebens zeigen. Einige kann man als weltbekannt bezeichnen, andere sind eher nicht so prominent.

Ich habe das Porträt als unvoreingenommen empfunden. Ich hatte zunächst in wenig die Befürchtung, dass das Buch eine Art "Verteidigungsschrift" wird. Aber die Autorin zeichnet hier wirklich das Bild einer schillernden, komplexen und schon auch als kompliziert, fast schon anstrengenden Frau.
Sie entzaubert das Märchen von der "Liebe des Jahrhunderts" und zeigt die Beziehung als das, was sie vermutlich letztlich war: verdammt anstrengend und harte Arbeit für Wallis, um den Ex-König bei Laune zu halten. Die Einblicke über Edward fand ich dabei sehr interessant und es erschließt sich jetzt für mich viel eher, warum in der Welt der Eindruck entstanden ist, Wallis sei an allem Schuld.
Mit dem zeitlichen Abstand zu heute weiß man natürlich, dass dem nur bedingt so ist und auch Edward eine gehörige Portion dazu beigetragen hat, dass seine Abdankung für das britische Königreich unumgänglich war. Aus heutiger Sicht sind auch solche Sachen wie ein lebenslanger Streit um eine Anrede eine Art Kindertheater unter Erwachsenen, auf denen sich beide Seiten bockig verhalten und wo einem beim Lesen durchaus Parallelen zum Fall Harry und Meghan in den Sinn kommen.

Insgesamt fand ich es interessant und unterhaltsam zu lesen, nicht verstaubt oder langweilig; auch wenn ich Wallis Simpson während der Lektüre oft schrecklich unsympathisch fand. Aber auf ihre eigene Art hat sie die Welt eine Weile auf den Kopf gestellt und es geschafft, noch lange nach ihrem Tod Gesprächsthema zu sein.

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Veröffentlicht am 18.09.2024

Berührende Geschichte

Als wir nach den Sternen griffen
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Das habe ich gerne gelesen. Die Geschichte ist gut erzählt, man findet leicht einen Zugang zur Handlung den Figuren. Die Personen empfinde ich als realistisch gezeichnet und ich konnte mich in die Gefühle ...

Das habe ich gerne gelesen. Die Geschichte ist gut erzählt, man findet leicht einen Zugang zur Handlung den Figuren. Die Personen empfinde ich als realistisch gezeichnet und ich konnte mich in die Gefühle hineinversetzen und habe mich an so einigen Stellen gefragt, wie ich mich wohl gefühlt oder gehandelt hätte. Die Liebesgeschichte zwischen Tobias und Judith hat durchaus gefallen. Weder hat sie zu viel Platz eingenommen, noch wurde hier überstürzt erzählt. Sie entwickelt sich vorsichtig und berücksichtigt auch die komplizierte Situation in der sich beide befinden. Gleichzeitig dient sie auch ein wenig dazu, die "Zwischenräume" zu füllen, die über so einen längeren Zeitraum in der Handlung ergeben. Die Geschichte wurde an den richtigen Stellen gerafft, um trotzdem ein gutes Erzähltempo beizubehalten und ohne zu viel wegzulassen.
Auch die Nebenfiguren fand ich sympathisch dargestellt. Vom charmant verschmitzten Pförtner bis zum empathisch und zupackenden Botschafter.
Das Schicksal von Tobias und seiner kleiner Tochter hat mich sehr berührt. Gerade bei ihrer Flucht habe ich zwischendurch immer mal wieder die Luft angehalten und, ob auch alles wirklich gelingen wird.

Die im Klappentext angesprochene Entführung ist allerdings schnell abgearbeitet. Aus meiner Sicht hätte es die gar nicht gebraucht, die Geschichte hat auch so genug zu bieten. Dafür hätte ich mir gewünscht, dass etwas mehr auf Tobias (Ex)Frau Doreen eingegangen wird. Im Gegensatz zu anderen Nebenfiguren blieb sie mit ihren Beweggründen eher blass und wirkte ein bisschen wie eine Anti-Figur.

Die berühmte Balkonszene mit Genscher hat mir dann wirklich eine Gänsehaut beschert. Ein denkwürdiger und geschichtsträchtiger Moment, der seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher hat. Ob die Autorin das Leben in der DDR authentisch geschildert hat, kann ich leider nicht beurteilen. Ich bin nur auf dem Papier eine geborene DDR-Bürgerin, faktisch war ich beim Fall der Mauer in Jasmins Alter. Das Buch war aber ein guter Anlass um in der eigenen Familie mal zu fragen, wie z.B. meine Eltern und Großeltern diesen Moment empfunden haben.
Also ein Buch, das gute Unterhaltung bietet und gleichzeitig auch einen Anstoß gibt zu fragen: "Wie war das damals eigentlich?"

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Veröffentlicht am 31.08.2024

Belagerungskrieg

Winterwölfe
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Vom ersten Band um die Essex-Dogs war ich unheimlich begeistert und habe mich sehr gefreut, dass es relativ schnell Nachschub geben wird. Und mir hat auch dieses Buch wirklich gut gefallen. Der Schwerpunkt ...

Vom ersten Band um die Essex-Dogs war ich unheimlich begeistert und habe mich sehr gefreut, dass es relativ schnell Nachschub geben wird. Und mir hat auch dieses Buch wirklich gut gefallen. Der Schwerpunkt ist ein anderer, als im ersten Band. Es gibt weniger rasante Action und Schlachten, ist aber nicht weniger spannend und durchaus auch brutal. Aber auf eine andere Art und Weise.
Der Fokus liegt auf der Belagerung von Calais. Dementsprechend geht es nicht immer rasant zu. Der Aufbau einer Belagerungsstadt nimmt viel Raum ein, ebenso zu Situation im Lager und viele Geplänkel unter den Befehlshabenden. Das ist im ersten Moment schon etwas zäh, weil man das Gefühl hat, es geht mit der Handlung so gar nicht voran. Erst im späteren Verlauf wird klar, dass noch andere Interessen im Spiel sind. Das lässt diesen erst so langweilig anmutenden Teil in anderem Licht erscheinen.
Trotz all des Taktierens ist es aber immer noch die Belagerung und das Aushungern einer Stadt. Einige beschriebenen Szenen beim Umgang mit den Einwohnern Calais' sind nicht unbedingt geeignet für zart besaitete Leser. Sie Szenen waren (zum Glück!) kurz, aber dennoch zeigen sie, was Menschen bereit sind anderen Menschen anzutun.

Das heißt jetzt aber nicht, dass es bei den Essex Dogs jetzt geruhsam zugeht. Im Gegenteil. Die Truppe muss sich weiterhin den Schicksalsschlägen des Krieges stellen und kommen auch persönlich immer mehr an ihre Grenzen. Mir sind diese raubeinigen Männer schon auch ein wenig ans Herz gewachsen und ihre Sorgen und Ängste haben mich sehr berührt.
Ich bin jetzt sehr gespannt auf den letzten Band und ob es die verbleibenden Dogs aus dem Krieg nach Hause schaffen.

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Veröffentlicht am 12.08.2024

Spannend und hoch emotional

Letzte Lügen
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Karin Slaughter hat es mal wieder geschafft und eine Geschichte aufs Papier gebracht, die mich absolut fesselt und am Ende sprachlos zurücklässt.
Das Buch ist großartig erzählt. Eine klassische Locked-Room-Geschichte, ...

Karin Slaughter hat es mal wieder geschafft und eine Geschichte aufs Papier gebracht, die mich absolut fesselt und am Ende sprachlos zurücklässt.
Das Buch ist großartig erzählt. Eine klassische Locked-Room-Geschichte, eingebettet in aktuelle Themen. Abstriche zwischen Spannung und Handlung gibt es für mich nicht. Jede Menge Verdächtige, so gut wie jeder ein hat einen plausiblen Grund für den Mord. Es lädt regelrecht dazu ein, ebenfalls zu ermitteln und eigene Überlegungen über den Mörder, das Motiv und den Ablauf anzustellen. Plottwists haben es extra spannend gemacht. Das Ende hat mich völlig überrascht, damit hatte ich nicht gerechnet. Im Nachhinein war mir tatsächlich auch ein wenig übel. Was aber ehrlicherweise mehr meinem regen Kopfkino geschuldet ist, denn einer expliziten Beschreibung. Aber ich liebe es, wenn ein Buch soweit geht und eine körperliche Reaktion bei mir auslöst.

Mich begeistert immer wieder, wie die Autorin eine ganze Geschichte um ein einzelnes, komplexes Thema, aufbauen kann. Das zentrale Thema ist familiäre Gewalt bzw. Missbrauch in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. Mir ging das zeitweise unheimlich an die Nieren. Da wurde bei mir auf der ganzen Klaviatur an Gefühlen gespielt, ich war manchmal den Tränen nahe und dann wieder schockiert. So manches Mal musste ich das Buch zwischendurch weglegen und erst einmal tief durchatmen. Die vielen Details waren für mich unglaublich faszinierend. Wie sich aus so vielen kleinen Puzzlestücken ein furchtbares Gesamtbild ergibt, das einem wirklich die Luft wegbleiben lässt.

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