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Veröffentlicht am 02.10.2024

Bewegende Reise in die Vergangenheit

Seinetwegen
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem fesselnden historischen Roman „Die Marschallin“, in dem sich die Schweizer Autorin Zora del Buono dem bewegten Leben ihrer Großmutter väterlicherseits Zora del Buono angenommen ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem fesselnden historischen Roman „Die Marschallin“, in dem sich die Schweizer Autorin Zora del Buono dem bewegten Leben ihrer Großmutter väterlicherseits Zora del Buono angenommen hat, beschäftigt sie sich auch in ihrem neuen autofiktionalen Roman „Seinetwegen“ mit der eigenen, äußerst vielschichtigen Familiengeschichte.
Zora del Buono nimmt uns mit auf eine sehr persönliche und berührende Reise, in der sie den näheren Umständen des frühen tragischen Unfalltods ihres Vaters auf den Grund geht, in die Vergangenheit abtaucht und zugleich die vielfältigen Auswirkungen eines solchen Ereignisses auf die Hinterbliebenen aus verschiedensten Aspekten beleuchtet. Im Alter von nur 8 Monaten wurde sie 1963 durch den folgenschweren Autounfall des Vaters Halbwaise – ein höchst traumatisches Geschehnis, das eine allzeit präsente Leerstelle hinterließ, über die sich die Familie für lange Zeit in ein unergründliches Schweigen hüllte.
In kurzen, anekdotischen und tagebuchähnlichen Einträgen erzählt die Autorin sehr eindrucksvoll von ihrer unerbittlichen Spurensuche nach dem damaligen Unfallverursacher, den sie hasserfüllt als „Töter“ ihres Vaters bezeichnet. Bei der Aufarbeitung des allumfassenden familiären Traumas begibt sie sich nicht nur auf eine emotional aufwühlende Suche nach den näheren Todesumständen, sondern versucht sich auch an einer schrittweisen Annäherung an den fehlenden, unbekannten Vater und seine Persönlichkeit, die sie nicht kennen lernen konnte. Der schmerzhafte Aufarbeitungsprozess setzt ein allmähliches Durchbrechen des Schweigens voraus, bei dem schließlich auch dunkle, sorgsam verborgene Familiengeheimnisse zutage befördert werden. Auch der anfängliche Hass auf den vermeintlich verantwortungslosen Unfallverursacher wandelt sich im Laufe der gewonnenen Erkenntnisse zu Interesse an dem Menschen hinter dem Täter und einem Mitgefühl für dessen Schicksal. Gekonnt lässt sie zwischen die Episoden mit persönlichen Erlebnissen auch sachliche Ausführungen einfließen sowie weiterführende Informationen und Fun Facts beispielsweise rund um das Thema Autounfälle und verdichtet dies zu einem faszinierenden Gesamtbild.
In vielen aneinandergereihten Begebenheiten, die oftmals durch Zeitsprünge unterbrochen sind, zeichnet del Buono ein facettenreiches und aufschlussreiches Porträt ihrer Familie und ihrer Lebenswege. Die Autorin versteht es hervorragend, bedeutsame Themen wie Identität, Erinnerung, Schuld, Verantwortung, Verlust, Trauma- und Trauerbewältigung sowie Vergebung auf sehr persönliche Art zu verarbeiten. Gekonnt gelingt es ihr die Komplexität menschlicher Beziehungen und Emotionen einzufangen und thematisiert darüber hinaus ihre Beziehung zu der an Demenz erkrankten Mutter oder die Ausgrenzung der italienischstämmigen Familie väterlicherseits in der Schweiz.
Diese hochinteressante und facettenreiche literarische Aufarbeitung wird für die Autorin letztlich auch zu einer eindrucksvollen Reise der Selbstfindung und der Möglichkeit, die eigenen Verletzlichkeiten auf heilsame Weise zu verarbeiten. Dieser außergewöhnliche Roman hat mich trotz des recht distanzierten Schreibstils aufgrund del Buonos großen erzählerischen Talents nachhaltig berührt und zum Nachdenken angeregt.

FAZIT
Bewegender, vielschichtiger autofiktionaler Roman, der Trauma, Identität und Vergebung thematisiert! Sehr lesenswert!

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.10.2024

Beeindruckende literarische Zeitreise

Am Himmel die Flüsse
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MEINE MEINUNG

Mit ihrem neuesten Roman „Am Himmel die Flüsse" ist der renommierten und vielfach ausgezeichneten türkisch-britischen Autorin Elif Shafak erneut ein beeindruckendes und sehr bewegendes Werk ...

MEINE MEINUNG

Mit ihrem neuesten Roman „Am Himmel die Flüsse" ist der renommierten und vielfach ausgezeichneten türkisch-britischen Autorin Elif Shafak erneut ein beeindruckendes und sehr bewegendes Werk gelungen, das zum Nachdenken und zu weitergehenden Recherchen anregt.
Hierin erzählt uns Shafak eine fesselnde, Jahrhunderte umspannende Saga, die sich um drei faszinierende Charaktere - Zaleekhah, Narin und Arthur - rankt, die jedoch geografisch und zeitlich durch verschiedene Epochen voneinander getrennt sind.
Als besonderes literarisches Stilmittel verbindet Shafak ihre drei Hauptfiguren durch einen einzigen kostbaren Regentropfen, der durch einen sich wiederholenden „ewigen“ Kreislauf von Fallen, Kondensation, Aufsteigen, Gefrieren und Auftauen durchläuft, sich auf einer langen Zeitreise befindet und zugleich mit jedem Charakter in einer gewissen Weise interagiert.
Typisch für ihren anspruchsvollen Erzählstil hat Shafak eine vielschichtige, hochkomplexe Handlung angelegt, in der sie geschickt verschiedene Zeitebenen und Erzählstränge miteinander verwoben hat. Sie lässt in ihrer raffiniert angelegten Geschichte nicht nur Ereignisse und kulturelle Traditionen aus Vergangenheit und Gegenwart aufeinandertreffen, sondern versteht es auch hervorragend historische Ereignisse sowie ewigwährende und aktuelle Probleme, die in religiösen und politischen Konflikten begründet liegen, mit ganz persönlichen Schicksalen ihrer Figuren zu verknüpfen und uns deren nachhaltige Auswirkungen auf das Leben der einzelnen Menschen äußerst detailliert und anschaulich vor Augen zu führen.
Durch die eindringliche Behandlung von gesellschaftlichen und persönlichen Themen gelingt es ihr, ein lebendiges, vielfältiges und authentisches Bild von Kultur und bewegter Historie zu zeichnen und darüber hinaus bedeutsame Fragen zu Identität, Vertreibung, kulturellem Erbe, Folgen des Kolonialismus und zur politischen Situation in der Region aber auch zu Menschenrechten und zur Rolle der Frau in der Gesellschaft aufzuwerfen.
Zugleich vermittelt sie uns spannende tiefgründige Einblicke in das Leben der Eziden, die uralte komplexe ezidische Kultur und die tragische Geschichte dieser schon im osmanischen Reich verfolgten Minderheit.
So rankt sich auch die Geschichte auch um Ninive - die bedeutende antike Stadt in Mesopotamien und letzte Hauptstadt des assyrischen Reiches am östlichen Ufer des Tigris gelegen. Sie symbolisiert die Blüte und den Fall dieses mächtigen Imperiums und spielt somit eine wichtige Rolle in der Geschichte des alten Nahen Ostens.
Der lebendige, poetische und sehr bildreiche Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend. Er lässt sich wegen des ausschweifenden Stils zwar nicht immer leicht lesen, konnte mich aber rasch in die schillernde Welt der Geschichte ziehen.
Der Roman ist auf drei unterschiedlichen, einander abwechselnden Zeitebenen angelegt, die von der Antike bis zur Gegenwart reichen. Auf der historischen Zeitebene lernen wir den cleveren Jungen Arthur, 1840 am Ufer der Themse als „König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere" geboren, seinen Überlebenskampf in extremer Armut und seine erstaunliche Lebensgeschichte im spätviktorianischen London kennen.
Im Fokus eines weiteren, im Jahr 2014 angesiedelten Handlungsstrangs steht das bewegende Schicksal des 9-jährigen, ezidischen Mädchens Narin und ihre Erlebnisse rund um die brutale Vertreibung aus ihrem Dorf Hasankeyf am Tigris im Zuge eines großen Dammbauprojekts der türkischen Regierung.
Im Handlungsstrang der Gegenwart von 2018 begegnen wir schließlich der Hydrologin Zaleekhah, die wegen ihrer Ehekrise auf ein Hausboot auf der Themse gezogen ist.
Gekonnt schafft die Autorin faszinierende Berührungspunkte zu den verschiedenen Handlungsstränge und verwebt diese zu einer mitreißenden und bewegenden Geschichte, die schließlich alle drei Charaktere 2018 am legendären Tigris zusammenführt. Durch einen Wechsel der Perspektiven und den verschiedenen Schauplätzen wird der Spannungsbogen allmählich immer mehr gesteigert.
Sehr informativ und fesselnd war für mich insbesondere der sorgsam recherchierte historische Handlungsstrang, der uns mit den facettenreichen Einblicken in die sozialen Verhältnisse und beklemmenden Lebensbedingungen jener Zeit in eine längst vergangene Welt eintauchen lässt. Auch der bewegende Erzählstrang rund um Narin, ihre abenteuerliche Reise mit der Großmutter ins heilige Lalisch-Tal, ihr trauriges Schicksal sowie die eindrucksvollen Rückblenden zu den Ahnengeschichten haben mich mit seiner Intensität hat er völlig in den Bann gezogen.
Hervorragend ist der Autorin die einfühlsame, vielschichtige Figurenzeichung ihrer Protagonisten gelungen, die mit ihren geschilderten Beweggründen und inneren Konflikten sehr lebendig und glaubhaft wirken. Ein besonderes Highlight war für mich die liebevoll und authentisch ausgearbeitete Figur von Arthur und seinen bemerkenswerten Talenten, die auf einer realen historischen Persönlichkeit basiert. Auch Narins beklemmendes Schicksal und ihrer ezidischen Familie konnte mich sehr fesseln. Die faszinierenden Einblicke in die ezidische Kultur, ihre Traditionen und historischen Hintergründe sind sehr stimmig veranschaulicht und lehrreich.

Abgerundet wird der Roman durch ein interessantes Nachwort, in dem die Autorin ausführlich auf den historischen Kontext und zahlreichen überlieferten historischen Fakten ein, die sie im Rahmen ihrer fundierten Recherchen zusammengestellt hat, aber auch ihre künstlerischen Freiheiten, die sie sich genommen hat.

FAZIT
Ein anspruchsvoll erzählter und sehr beeindruckender Roman, der uns tief in die Historie eintauchen lässt, zum Nachdenken anregt und noch länger nachwirkt!

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 02.10.2024

Viel versprechendes Debüt

Der Bademeister ohne Himmel
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MEINE MEINUNG
Das interessante Debüt „Der Bademeister ohne Himmel" der österreichischen Autorin Petra Pellini ist ein bewegender Roman, der sehr einfühlsam über die außergewöhnliche Freundschaft zwischen ...

MEINE MEINUNG
Das interessante Debüt „Der Bademeister ohne Himmel" der österreichischen Autorin Petra Pellini ist ein bewegender Roman, der sehr einfühlsam über die außergewöhnliche Freundschaft zwischen der 15-jährigen Linda und dem im gleichen Haus lebenden, 86-jährigen Hubert, einem pensionierten Bademeister mit rasch fortschreitender Demenzerkrankung, erzählt.
Zugleich präsentiert uns die Autorin eine erfrischende Coming of Age-Geschichte der höchst bewundernswerten jungen Protagonistin Linda, die im Mittelpunkt des tiefgründigen und nachdenklich stimmenden Romans steht.
Die 15-jährige Teenagerin muss sich mit einer Fülle von Problemen wie emotionaler Vernachlässigung, Gewalterfahrungen, Scheidung der Eltern, Selbstfindung, Einsamkeit, Depression und düsteren Suizidgedanken herumschlagen und kümmert sich dennoch äußerst rührend um den alten Hubert.
Mit ihrer direkten, ungeschönten Sprache und ihren bisweilen scharfzüngigen, witzigen Kommentaren lässt uns Linda als Ich-Erzählerin recht ungefiltert an ihrem Denken und Fühlen teilhaben. Diese sehr lebendige Erzählweise passt hervorragend zu der jungen Protagonistin und lässt ihre Figur sehr authentisch wirken.
Die warmherzige Darstellung der Charaktere und ihre lebendig eingefangene Interaktionen haben mich sehr beeindruckt und berühren können.
Die Autorin hat mit Linda einen sehr vielschichtigen und lebendigen Charakter geschaffen, der mich mit ihrer starken Persönlichkeit und Verletzlichkeit, ihren tiefgründigen Aussagen und großer Sensibilität sehr beeindruckt hat. Insbesondere in ihrem Umgang mit dem dementen Hubert wirkt sie sehr empathisch, verständnisvoll und reif für ihr Alter.
Sehr gelungen sind auch die faszinierenden Nebenfiguren von dem jungen Kevin, den der traurige Zustand unserer Welt und Umwelt zunehmend bedrückt und ängstigt sowie die patente, herzensgute polnische Pflegerin Ewa mit all ihren Schrullen und ihrem liebevollen Charakter. Sie sind entsprechend ihrer Rollen facettenreich ausgearbeitet und wirken sehr lebensnah, natürlich und glaubwürdig.
Die Autorin beleuchtet in ihrem Roman sehr einfühlsam und differenziert Huberts fortschreitende Demenz. Sie vermittelt uns anhand von eindrücklichen Momentaufnahmen des Alltags ein authentisches Bild dieser tückischen Krankheit und deren Auswirkungen auf das Leben. Versiert und mit viel Feingefühl beleuchtet sie den schwierigen Umgang mit den Betroffenen, die zunehmend den Bezug zur Realität verlieren, ihre Erinnerungen verlieren und zu ungewöhnlichem Verhalten neigen, so dass sie auf permanente Unterstützung im Alltag angewiesen sind.
Sehr bewegend ist es mit zu verfolgen, wie Linda sich trotz ihrer eigenen Probleme auf Huberts veränderte Persönlichkeit einlässt und sich bemüht, kleine Erinnerungsfetzen an seine Zeit als Bademeister und an die große Liebe zu seiner verstorbenen Frau Rosalie zu wecken. So gelingt es ihr bisweilen trotz Huberts Demenz emotionale Momente der Verbundenheit und Freude heraufzubeschwören. Sehr schön hat die Autorin die berührenden Interaktionen und die feine, respektvolle Verbindung zwischen den so unterschiedlichen Generationen herausgearbeitet, die einen nachhaltigen, positiven Einfluss aufeinander ausüben. Hautnah haben wir Anteil an Lindas eindrucksvoller persönlicher Entwicklung und erleben mit, wie sie an den Herausforderungen wächst, ihre schwierige Lebensphase bewältigen lernt und allmählich neuen Lebensmut schöpft.
Pellini versteht es hervorragend, komplexe Themen wie Depression und Verlust, die vielfältigen Herausforderungen des Alterns aber auch des Heranwachsen sowie das Krankheitsbild der Demenz mit all seinen Hochs und Tiefs facettenreich und mit viel Feingefühl zu behandeln. Dabei gelingt es ihr hervorragend trotz der ernsten Themen einen leichten und humorvollen Erzählton anzuschlagen.
Die Autorin lässt ihren Roman trotz einiger dramatischer und trauriger Entwicklungen mit einem stimmungsvollen, versöhnlichen Ausklang enden und entlässt eine gereifte, sehr bemerkenswerte Protagonistin ins Erwachsenenleben.

FAZIT
Ein nachdenklich stimmender, bewegender Roman über den Umgang mit Demenz und dem Altern und den Herausforderungen der Jugend – einfühlsam und humorvoll erzählt, mit liebenswerten, authentischen Charakteren!

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Veröffentlicht am 29.09.2024

Eine Liebeserklärung an die heimische Gemüsevielfalt

Liebes Gemüse
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MEINE MEINUNG
"Liebes Gemüse - Die wundervolle Welt unserer heimischen Vielfalt " erschienen im Gräfe und Unzer Verlag ist ein beeindruckendes, sehr liebevoll gestaltetes Kochbuch, das uns zudem mitnimmt ...

MEINE MEINUNG
"Liebes Gemüse - Die wundervolle Welt unserer heimischen Vielfalt " erschienen im Gräfe und Unzer Verlag ist ein beeindruckendes, sehr liebevoll gestaltetes Kochbuch, das uns zudem mitnimmt auf eine faszinierende Reise in die bunte Welt der heimischen Gemüsevielfalt.
Die Autorinnen Pascale Amez und Melissa Knüsel bekannt durch ihren Blog "Urkraut" präsentieren hierin eine beeindruckende Sammlung von praktischen Tipps, umfangreichem Fachwissen und interessanten Rezepten rund um regionale Gemüsesorten. Zudem spürt man in jeder Zeile deutlich, ihre Leidenschaft für nachhaltige, saisonale Ernährung und ihre tiefe Verbundenheit zur Natur. Es bietet nicht nur eine Vielzahl kreativer Rezeptideen, die uns inspirieren und die Alltagsküche bereichern werden, sondern auch eine Fülle von detaillierten Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Gemüsesorten. So erfahren wir allerlei Wissenswertes über die Herkunft, besonderen Eigenschaften und vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Gemüse, die von Spinat, Tomaten, Gurken und Zucchini & Kürbisse über Möhren und Rote Beete bis hin zu Kohl und Zwiebeln reichen.
Das Buch richtet sich an ein breites Publikum - von Hobbyköchen bis hin zu erfahrenen Küchenprofis- und insbesondere an alle, die ihre Ernährung „pflanzlicher“ gestalten möchten und Interesse an nachhaltiger und regionaler Küche haben.
So finden Anfänger leicht umsetzbare Rezepte und grundlegende Informationen, während fortgeschrittene Köche sich Inspiration für kreative, gemüsebasierte Gerichte holen und mit neuen Gemüsesorten experimentieren können. Der Schwerpunkt liegt ganz deutlich auf den vielfältigen heimischen Gemüsesorten.
Insbesondere die Nachhaltigkeit und saisonale Ernährung liegt den Autorinnen sehr am Herzen. Wichtig ist ihnen, fast vergessene Sorten wiederzuentdecken und in unsere moderne Küche zu integrieren. Sie ermutigen uns, vorrangig saisonal und regional einzukaufen oder sogar den eigenen Anbau von Gemüse zu erwägen. Zudem geben sie viele praktische Ratschläge zur Haltbarmachung und optimalen Lagerung der verschiedenen Gemüsesorten. Sehr wertvoll sind auch die Tipps zur Verwertung von Gemüseresten zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung.
Das von den Autorinnen vorgestellte "Baukastenprinzip" macht es möglich, vorhandene Zutaten flexibel zu verwenden, fördert zugleich unsere Kreativität und Experimentierfreudigkeit in der Küche und unterstützt zudem den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Die Rezepte reichen von einfachen Alltagsgerichten bis hin zu raffinierteren Kreationen, die sowohl Anfänger als auch erfahrene Köche ansprechen. Sehr gut gefallen hat mir auch die übersichtliche Zusammenstellung zu Aromakombinationen, die dazu anregen, neue geschmackliche Variationen auszuprobieren.
Das Buch zeichnet sich durch seine gut durchdachte und übersichtliche Gliederung aus. Es beginnt mit einer Einführung in die Grundlagen der vegetarischen und veganen Gemüseküche, gefolgt von Basisrezepten, die als Ausgangspunkt für kreative Variationen dienen.
Der Hauptteil des Buches widmet sich dann in den jeweiligen Kapiteln den einzelnen Gemüsesorten, die eine Menge an faszinierendem Hintergrundwissen zu den vorgestellten Pflanzen beinhalten. Von Herkunft und Geschichte, Anbautipps und Sortenvielfalt, über Verwendungsmöglichkeiten, Nährwert und gesundheitliche Vorteile bis hin zu zahlreichen detaillierten Rezepten inklusive praktischen Tipps zur Zubereitung und Lagerung, einer übersichtlichen Zusammenstellung von besonders gut harmonierenden Begleitern sowie kurzen einer Rezeptideensammlung für weitere Zubereitungsmöglichkeiten – hier ist wirklich an alles gedacht!
Die präsentierte Rezeptauswahl ist bemerkenswert vielfältig. Sie reicht von einfachen Alltagsgerichten bis hin zu raffinierten Kreationen. Besonders hervorzuheben sind hierbei interessante Gemüsesäfte und Smoothies, köstliche Suppen und Eintöpfe, vielseitige Aufstriche und Dips sowie abwechslungsreiche Ofengemüse-Variationen. Zudem gibt es Hauptgerichte, bei denen Gemüse im Mittelpunkt steht und nicht zuletzt außergewöhnliche Desserts mit Gemüse als Hauptzutat. Die Zubereitung wird verständlich und Schritt für Schritt nachvollziehbar beschrieben, so dass man keine Probleme beim Nachkochen hat. Zu jedem Rezept findet sich eine übersichtliche, meist für die jeweilige Personenzahl ausgelegte Zutatenliste die Kalorienzahl pro Portion sowie Angaben zur Zubereitungs- bzw Backzeit. Zudem finden sich noch hilfreiche Tipps zu Alternativen und mögliche Varianten der vorgestellten Rezepte.

Die hochwertige Ausstattung und die natürlich wirkenden, stimmungsvollen Fotos, die zum größten Teil von den beiden Autorinnen stammen, sind ein besonderes Highlight und runden den rundum positiven Eindruck dieses wundervollen Kochbuchs ab. Jede Gemüsesorte - von der knorrigen Wurzel bis zur filigranen Blüte - wird in ihrer natürlichen Pracht mit ihrer faszinierenden Palette an Farben und Texturen eindrucksvoll dargestellt. Auch die Fotos der Gerichte sind nicht nur appetitanregend, sondern auch höchst inspirierend, so dass man sofort Lust zum Nachkochen bekommt. 
Am Ende des Buchs findet sich noch eine Bezugsquellenübersicht für Samen und Netzwerke zur Sortenerhaltung und eine kurze Danksagung.
Insgesamt ein tolles Buch, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt – sei es, um ein neues Rezept auszuprobieren, mehr über eine bestimmte Gemüsesorte zu erfahren oder sich von den wunderschönen Bildern inspirieren zu lassen.

FAZIT
Ein außergewöhnliches Kochbuch und eine liebevolle Hommage an die Vielfalt heimischer Gemüse! Die gelungene Verbindung aus verständlichem Fachwissen, praktischen Tipps und leckeren, originellen Rezepten macht es zu einer unverzichtbaren Bereicherung für jede Küche. Ein Muss für alle Gemüse-Liebhaber, Hobbygärtner und jene, die Wert auf eine gesunde, regionale und kreative Küche legen! 

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Veröffentlicht am 29.09.2024

Auftakt zu einem Krimiklassiker mit nostalgischem Charme

Mord in der Charing Cross Road
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MEINE MEINUNG
Bei dem klassischen Kriminalroman „Mord in der Charing Cross Road" von der britischen Autorin Henrietta Hamilton handelt es sich um den ersten Band einer wieder entdeckten Krimi-Klassiker-Reihe ...

MEINE MEINUNG
Bei dem klassischen Kriminalroman „Mord in der Charing Cross Road" von der britischen Autorin Henrietta Hamilton handelt es sich um den ersten Band einer wieder entdeckten Krimi-Klassiker-Reihe rund um das selbsternannte Hobby-Ermittlerduo Sally und Johnny.
Ganz im Stil klassischer Whodunits aus der Feder von Agatha Christie oder Arthur Conan Doyle verfasst, bietet dieser britische Krimiklassiker zwar gediegenen Rätselspaß, kann aber leider bei weitem nicht mit deren raffiniert konstruierten Kriminalfällen mithalten.
Obwohl der Roman bereits 70 Jahre alt ist, erscheint er erstaunlich zeitlos. Die Handlung und das historische Umfeld verraten dennoch das Alter der Geschichte und spiegeln deutlich den damaligen Zeitgeist wieder. Dank behutsamer Modernisierung der Übersetzung wirkt der Schreibstil relativ frisch und ansprechend. Der Krimi zeichnet sich jedoch durch ein sehr gemächliches Erzähltempo und eine eher spannungsarme Handlung mit ausführlichen Beschreibungen aus, die leider etliche Längen aufkommen lässt und für heutige Lesegewohnheiten gewöhnungsbedürftig ist.
Als faszinierenden Schauplatz für den Kriminalfall hat die Autorin das rastlose London der Nachkriegszeit Mitte der 1950er Jahre gewählt. Gekonnt zeichnet sie ein eindringliches, authentisches Bild der vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten britischen Hauptstadt in hoffnungsvoller Aufbruchstimmung und inmitten gesellschaftlichen Wandels. Die anschaulichen Beschreibungen der Schauplätze, Mode und des alltäglichen Lebens lassen uns mühelos in die damalige Zeit eintauchen.
Die Handlung ist hauptsächlich im mehrstöckigen Antiquariat in der berühmten Londoner Charing Cross Road angesiedelt, die für ihre zahlreichen Buchhandlungen bekannt ist. Hamilton gelingt es gut, diese reizvolle Kulisse und einzigartige Atmosphäre der literarischen Welt einzufangen. Die verstaubten Regale voller antiquarischer Bücher, der besondere Duft alter Kostbarkeiten und das Knarren der Holzdielen werden so lebendig beschrieben, dass man sich rasch mitten im Geschehen wähnt.
Insgesamt entfaltet die faszinierende Zeitreise in die Nachkriegsjahre des alten Londons und das schöne Flair der antiquarischen Buchhandlungen einen besonderen nostalgischen Charme und machen den besonderen Reiz dieses leicht angestaubt wirkenden, aber unterhaltsamen Krimis aus, der zudem einige Mystery-Elemente enthält.
Vor diesem faszinierenden Setting der Buchhandlung ereignet sich der geheimnisvolle Mord an dem höchst unbeliebten Antiquariatsmitarbeiter Mr. Butcher. Sally Merton und der Juniorchef Johnny Heldar beginnen auf eigene Faust mit diskreten Nachforschungen zu dem rätselhaften Todesfall, bei dem auch einige sehr mysteriöse Vorgänge eine Rolle zu spielen scheinen. Ihre im Rahmen der Ermittlungen geführten Gespräche mit etlichen Verdächtigen und Zeugen enthüllen verschiedene Hinweise auf mögliche Motive für den Mord. Der mit spannenden Verwicklungen und einigen überraschenden Wendungen aufwartende Fall lädt durchaus zum Miträtseln ein.
Die Hauptfiguren Sally Merton und Johnny Heldar sind zwar stimmig gezeichnete Charaktere, die sehr anschaulich die Werte und gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit sowie die Rolle der Frauen widerspiegeln. Trotz ihrer zentralen Rolle als Ermittlerduo bleiben sie jedoch erstaunlich blass und eindimensional, so dass es schwer fällt sich in die Charaktere hineinzuversetzen. Sally ist eine intelligente, selbstbewusste junge Frau, die bereits mit einigen Konventionen ihrer Zeit bricht, während Johnny als Juniorpartner des Antiquariats eine noch eher traditionelle Haltung vertritt. Die sich zwischen den beiden anbahnende Liebesgeschichte soll für romantische Spannung sorgen, wirkt allerdings etwas aufgesetzt und wenig überzeugend.
Entsprechend sind auch die zahlreichen Nebenfiguren eher oberflächlich angelegt.
Dank der beharrlicher Vorgehensweise, ihrer guten Beobachtungsgabe und cleveren Schlussfolgerungen gelingt es dem ungleichen Ermittlerduo schließlich, den Fall und die Hintergründe aufzuklären.

FAZIT
Solider Auftakt einer wiederentdeckten britischen Krimiklassiker-Reihe, die uns ins faszinierende London der 1950er Jahre entführt!
Eine beschauliche Reise in die Welt der antiquarischer Buchhandlungen und klassischen Kriminalliteratur mit tollem nostalgischen Charme, aber mit einigen Schwächen in Charakterzeichnung und Spannungsentwicklung – eher für Liebhaber gemächlich erzählte Whodunit aus Großbritannien!

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