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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2024

Ein unvergesslicher Sommer

Gidget. Mein Sommer in Malibu
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In dieser neuen Übersetzung des Romans aus den 1950‘ern geht es um die junge Gidget, die in diesem Sommer das Surfen für sich entdeckt und eine unvergessliche Zeit erlebt.

Erzählt wird aus der Sicht eines ...

In dieser neuen Übersetzung des Romans aus den 1950‘ern geht es um die junge Gidget, die in diesem Sommer das Surfen für sich entdeckt und eine unvergessliche Zeit erlebt.

Erzählt wird aus der Sicht eines jungen Mädchens im Teenageralter, deren wechselhafte Gefühlswelt und Unbedarftheit durch den Autor treffend dargestellt wird. Um das Surfen geht es dabei natürlich auch, Gidget ist als Frau auf dem Surfboard schließlich die Ausnahme. Man folgt ihr in die erste richtige Verliebtheit, wie sie Grenzen austestet und eigenständige Entscheidungen trifft, sich weiterentwickelt und Gedanken über ihre Zukunft macht. Wenig Platz findet in diesem Buch das Hinterfragen oder widersetzen gegen die zugewiesene Rolle als Frau, dabei war die Welt in den 50ern für Frauen sehr eingeschränkt, was ihre Rechte und Möglichkeiten zur freien Entfaltung betraf. Als Mädchen zu surfen ist zwar ungewöhnlich, es wird ihr jedoch nicht verboten.

Der Autor schafft es durch seinen Sprachstil, die Leser:innen gedanklich an einen warmen Sommertag am Strand zu versetzen, sodass man meint, das Meeresrauschen fast zu hören. Das Buch ist ein kurzer Ausschnitt eines Lebens, einer Gedanken- und Gefühlswelt, in das man komplett eintauchen kann und das macht es zu etwas Besonderem. Es weckt ein diffuses Sehnsuchtsgefühl nach mehr (und Meer) und ist damit wohl die ideale Sommer- bzw. Strandlektüre.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Der Preis eines Frauenlebens

12 Grad unter Null
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Die Autorin Anna Herzig schreibt über eine Dystopie, die erst furchteinflößend und abwegig klingt, jedoch mit jeder Seite Parallelen zu unserer jetzigen Zeit erkennen lässt.

Als in der Stadt Sandburg ...

Die Autorin Anna Herzig schreibt über eine Dystopie, die erst furchteinflößend und abwegig klingt, jedoch mit jeder Seite Parallelen zu unserer jetzigen Zeit erkennen lässt.

Als in der Stadt Sandburg ein Gesetz erlassen wird, welches es Männern ermöglicht, von Frauen (Freundinnen/Müttern/Schwestern etc) all das Geld zurückzufordern, was sie ihnen gegeben oder geschenkt haben, sind die Frauen dem schutzlos ausgeliefert. Auch die schwangere Greta soll sich den Machtfantasien ihres Freundes unterwerfen. Sie wendet sich hilfesuchend an ihre Schwester und gemeinsam versuchen sie, ihre Kindheit aufzuarbeiten.

Die Geschichte springt zwischen den Entwicklungen in der Gegenwart, die massive Eingriffe in die Selbstbestimmtheit der Frauen bedeuten und der Kindheit von Greta und Elise, welche in einem von psychischem Missbrauch geprägten Elternhaus aufwachsen.

Der Stil wirkt manchmal fast märchenhaft beschreibend, dann wieder nur über Metaphern andeutend, in anderen Sätzen dann sehr direkt. Gerade zum Ende des Buches erzeugt die Autorin eine Spannung und einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Immer wieder schweifen die eigenen Gedanken zu einem ‚Was wäre wenn..‘ und man überlegt sich mögliche Konsequenzen aus diesem oder jenem, da das Buch aufgrund der eher geringen Seitenanzahl nicht alle Gedanken zu Ende führt. Einerseits sind die Inhalte zwar düster und teilweise harte Kost, andererseits zeigt das Buch auch auf, wie unabdingbar es ist, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen. Natürlich fallen auch immer wieder erschreckende Parallelen zu den aktuellen Ereignissen des Zeitgeschehens auf, von denen man manche für unmöglich und rückschrittlich hielt, die jedoch ganz konkret die Frauenrechte beschränken (siehe Abtreibungsverbote in div. Ländern).

Insgesamt eine aufrüttelnde, spannende und erschreckende Erzählung, verpackt in einem tollen Cover.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Eine besondere Verbindung zwischen Mensch und Natur

Mistral
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Als Marie Olivier kennenlernt, gerät ihre Welt aus den Fugen. Die gesamte Natur liebt und leidet mit ihr.

Die bildhafte und lebendige Darstellung der Natur machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Man ...

Als Marie Olivier kennenlernt, gerät ihre Welt aus den Fugen. Die gesamte Natur liebt und leidet mit ihr.

Die bildhafte und lebendige Darstellung der Natur machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Man taucht ein in eine Welt, in der die Gräser morgens Tau weinen und der Wind mit zusammengepressten Zähnen gequälte Schreie ausstößt.

Zu Beginn des Buches lebt die Protagonistin Marie ein ruhiges und einfaches Leben in der Provence, doch je stärker ihre Gefühlsempfindungen sind, desto intensiver spiegelt die Natur diese wider. Die Beschreibungen und Metaphern führen zu einer lebendigen Vorstellung der Landschaft und des Wetters, welches durch den Mistral geprägt ist. Es brauchte etwas, um mit dem Schreibstil warm zu werden, aber auf Dauer wirkte die poetische Wortwahl übertrieben kitschig.

Die Geschichte konnte mich zwar stellenweise fesseln, aber mit der Handlung konnte ich insgesamt leider nicht viel anfangen. Um richtig in diese Welt einzutauchen, hätte das Buch für mich mehr Seiten haben müssen, so bleibt es mir vor allem wegen des intensiven Naturspektakels und dessen Verwebung mit der Gefühlswelt der Protagonistin im Kopf.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Spannende Liebesgeschichte, nach bekanntem Schema erzählt

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst
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Feyi ist Jahre nach dem Verlust ihres Mannes wieder bereit zu daten. Als sie jemanden kennenlernt, der eigentlich für sie tabu sein sollte, kann sie nichts gegen die starke Anziehung tun. Doch ist diese ...

Feyi ist Jahre nach dem Verlust ihres Mannes wieder bereit zu daten. Als sie jemanden kennenlernt, der eigentlich für sie tabu sein sollte, kann sie nichts gegen die starke Anziehung tun. Doch ist diese Verbindung es wert, eingegangen zu werden? Vor allem für ihn steht viel auf dem Spiel. Es entwickelt sich eine aufregende und spannungsgeladene Geschichte.

Die Darstellung der Personen und Umgebung ist bildhaft, extravagant, farbenfroh und ausgefallen, sodass man sich in einer bunten Welt wiederfindet. Der Schreibstil an sich ist dabei unterhaltsam und eingängig und man ist schnell mitten im Geschehen. Realitätsnah sind die Lebensumstände der Personen nicht, denn niemand scheint Geldsorgen oder alltägliche Verpflichtungen zu haben, alle üben kreative Jobs aus, die ihnen volle Flexibilität garantieren. Beim lesen hat mich das nicht gestört, da es eher um die Personen und deren Verbindung geht, aber aus dem Leben gegriffen ist die Story dadurch eben weniger. Zum mitfiebern ist im Besonderen die Verbindung der Beiden, bei deren Beschreibung man jedes Mal die Spannung in der Luft spüren kann. Da die Geschichte nur aus Feyis Sicht beschrieben wird, rätselt man gerade zu Beginn mit ihr mit, wie die einzelnen Situationen eigentlich bei den Anderen ankommen. Die Charaktere sind größtenteils schlüssig aufgebaut, wenn auch einige Dinge nur passieren, um Feyis Verhalten rechtfertigen zu können. Dennoch hat mir die Story insgesamt gut gefallen, das Ende war viele Seiten nicht vorhersehbar, die Sprache modern und unterhaltsam und einige spicy Szenen waren auch dabei.

Ich muss jedoch kritisieren, dass die Erzählung nicht unbedingt queer, vielfältig oder neu gedacht ist. Einige Personen sind zwar queer, die hauptsächliche Liebesgeschichte ist aber 100% heteronormativ, da helfen auch keine lackierten Fingernägel. Die porträitierte Konstellation ist gesellschaftlich weder Diskriminierung ausgesetzt noch stellt sie ein Novum dar - eher im Gegenteil. Daher finde ich es schade, dass mit diesen Schlagwörtern geworben wird, wenn inhaltlich davon nicht viel zu sehen ist.

Veröffentlicht am 22.01.2024

Einfühlsame Sommergeschichte aus der Jugend der 70er Jahre

Das Summen unter der Haut
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Dass Julle schwul ist, weiß nur seine Schwester. Als Axel in die Klasse kommt, erleben die beiden einen Sommer, nach dem nichts mehr so ist, der vieles für Julle verändert.


Dieser Roman zeigt den Balanceakt ...

Dass Julle schwul ist, weiß nur seine Schwester. Als Axel in die Klasse kommt, erleben die beiden einen Sommer, nach dem nichts mehr so ist, der vieles für Julle verändert.


Dieser Roman zeigt den Balanceakt eines jugendlichen Lebens zwischen unbeschwerter Leichtigkeit und tiefgründigem Gedankenkarussell. Zwischen erster Verliebtheit, Freundschaft, Schulklassendynamik und Unsicherheit versucht der Protagonist seinen Weg zu finden. Das Setting in den 70er Jahren ergibt ein nostalgisches Bild, welches der Auto wahrscheinlich seiner eigenen Erinnerung entnommen hat. Unaufgeregt und einfühlsam, tiefgründig und liebevoll ist die Sprache dieses Coming-of-Age-Romans, der das Gefühl des Sommers einfängt, und eine große Veränderung in Julles Leben hervorruft. Besonders nachvollziehbar waren die Interaktionen zwischen den Personen beschrieben, niemals dramatisiert, sondern einfach realistische Kommunikation mit den Mitmenschen. Das ‚Geheimnis‘ um die Hütte im Wald habe ich nicht wirklich verstanden, mich aber von der Story aussenrum durch die Seiten tragen lassen.

Eine schöne Sommerlektüre!