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Veröffentlicht am 25.03.2024

Ein echter Allrounder für das Gärtnern auf kleinem Raum

Fensterbrettgarten
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Fensterbrettgarten von Deike Haßler ist ein echter Allrounder und damit treuer Alltagsbegleiter für das Gärtnern auf kleinem Raum.

In vier Kapiteln vermittelt das Buch alles was man für das Gärtnererlebnis ...

Fensterbrettgarten von Deike Haßler ist ein echter Allrounder und damit treuer Alltagsbegleiter für das Gärtnern auf kleinem Raum.

In vier Kapiteln vermittelt das Buch alles was man für das Gärtnererlebnis auf dem Fensterbrett und Balkon braucht, angefangen mit echten Basics, und eignet sich daher auch für Anfänger. Heike Daßler informiert über geeignete Standorte und Stellflächen, Equipment, Gefäße, Saatgut und vieles mehr, um einen perfekten Start in das Mini-Gartenerlebnis zu bereiten. Sind die ersten Schritte getan, begleitet die Autorin beim richtigen Gießen, der Standortauswahl und natürlich auch dem Düngen. Am besten gefallen mir die Kapitel drei und vier. Hier wird es ganz konkret und die Autorin präsentiert verschiedene Pflanzen, von Gemüse, über Kräutern bis zum Obst, die sich für das Gärtnern auf dem Fensterbrett Innen und Außen am besten eignen und geht dabei auch auf Sortenempfehlungen ein, die sich für kleinen Raum anbieten. Jede Pflanze erhält hier einen kleinen Steckbrief, den ich mittlerweile auch gern zum kurzen Nachschlagen verwende, wenn ich Infos zur Aussaat oder Ähnliches benötige.

Angereichert wird das Ganze mit wirklich schönen und hochwertigen Fotoaufnahmen. Daneben gibt es praktische Tipps zum Upcycling für Pflanzgefäße oder wie sich Dünger schnell und einfach aus der eigenen Küche verwenden lässt.


Während die Steckbriefe wirklich toll und übersichtlich sind, fehlt mir im Gesamtwerk jedoch manchmal die Übersichtlichkeit, dazu kommt eine recht kleine Schrift. Dies sind jedoch für mich die einzigen Minikritikpunkte in dem sonst überzeugenden Begleiter, den ich absolut nicht mehr missen möchte für die kommende Pflanzsaison auf Balkon und Fensterbrett!

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Die Leiden des jungen privilegierten Großstädters

Das hat er nicht von mir!
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In - Das hat er nicht von mir - nimmt Francesco Giammarco die Geburt seines Sohnes zum Anlass über sein eigenes Aufwachsen zu sinnieren und was dies für seine Rolle als Vater bedeutet. Auf dem Einband ...

In - Das hat er nicht von mir - nimmt Francesco Giammarco die Geburt seines Sohnes zum Anlass über sein eigenes Aufwachsen zu sinnieren und was dies für seine Rolle als Vater bedeutet. Auf dem Einband wird die Frage gestellt, ob man ein guter Vater werden kann, „wenn man ein beschissener Jugendlicher war“, und nicht letztlich viele Fehler ziemlich lustig waren? Von dieser Frage und der Bejahung dieser getrieben, verfolgen wir ein Großwerden in München, an dem der Autor offensichtlich oft gelitten hat, sich als renitenten, unsportlichen, komplexbehafteten, viel trinkenden Jugendlichen präsentiert und doch, so die Botschaft, zum passablen Mann und Vater im Hamburger Trendbezirk wird.

Auch wenn einige Passagen informativ und humorvoll geschrieben waren, konnte mich das Buch leider nicht überzeugen. Insgesamt fehlte mir Substanz und Tiefe in der Erzählung. Eine echte Reflexion in Bezug auf die Vaterrolle findet kaum statt, es erfolgt ein episodenhaftes Erzählen von Anekdoten, das nur an wenigen Stellen tatsächlich auf die Vaterrolle rückgebunden wird. Der größte Kritikpunkt ist für mich jedoch, dass durchweg die Erfahrung eines privilegierten, männlichen Großstädters beschrieben und dies an keiner Stelle ernsthaft reflektiert wird. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper wird in dieser Welt zum größten Leid, allerdings nicht genug, um sich ernsthaft zum Sport zu motivieren oder weniger Bier zu trinken. Insgesamt wird ein Jugendlicher beschrieben, der sehr behütet und privilegiert aufwächst, und vielleicht genau deshalb bereits am ganz normalen Aufwachsen leidet, rückblickend aber alles ganz easy und komisch findet. Weil es letztlich eben auch ein ziemlich easy Aufwachsen war, das in der Form sehr vielen Kindern nicht vergönnt ist.

Zwei Punkte gibt es von mir für den flüssigen Schreibstil und die soziologisch durchaus interessanten Einsichten in die Haltungen einer privilegierten, großstädtischen, männlichen Bildungselite in den Mittdreißigern. Dieser kann ich das Buch auch guten Gewissens für eine Nabelschau empfehlen.

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Veröffentlicht am 18.03.2024

Was Familie mit uns macht - ein berührender Roman über Mütter und Töchter, weibliche Selbstbehauptung und intergenerationale Traumata

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Traurig, schmerzhaft und lebensnah erzählt Felicitas Prokopetz eine Familiengeschichte über vier Generationen. Im Fokus stehen dabei die Frauen der Familie, das Streben nach weiblicher Selbstbehauptung, ...

Traurig, schmerzhaft und lebensnah erzählt Felicitas Prokopetz eine Familiengeschichte über vier Generationen. Im Fokus stehen dabei die Frauen der Familie, das Streben nach weiblicher Selbstbehauptung, dessen Auswirkungen auf Mutterschaft und nicht zuletzt die Komplexität von Mütter-Töchter Beziehungen.

Valerie ist Ende 30, alleinerziehend, ihr Sohn Tobi gerade 16, da erkrankt ihre Mutter Christina schwer an Krebs. Die seit jeher angespannte Beziehung zwischen Mutter und Tochter, wird damit einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt. Diese Grenzsituation lässt auf beiden Seiten alte Wunden aufbrechen, Christinas frühe Verzweiflung an der Mutterrolle und einem noch immer konservativen gesellschaftlichen Frauenbild, die sich nicht mit ihrem Bedürfnis für Autonomie vereinbaren hat lassen, und Valeries Kindheitsgefühle aus daraus erlebter Vernachlässigung, Verletzung und Kränkung, die sie durch ihre Mutter aushalten musste, offenbaren so die Dysfunktionalität aber auch Komplexität der Beziehung.

In Rückblicken wird ergänzend zu Valerie zum einen die Geschichte von Christinas eigenem Aufwachsen und ihrer eigenen entbehrungsreichen Rolle als Valeries alleinerziehende Mutter erzählt. Zum anderen lernen wir auch Christinas Mutter Martha in ihrer Mutterrolle und Valeries Großmutter väterlicherseits Charlotte und deren Aufwachsen kennen.

Dabei beweist die Autorin ein Gespür für das Sowohl-Als-Auch komplexer sozialer Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern in denen Verletzungen und Glück zuweilen nebeneinander stehen.

Prokopetz arbeitet Schicht für Schicht, Generation für Generation heraus, wie die verschiedenen Frauen mit ihrer Rolle als Frau und Mutter in einem zutiefst patriarchalen-konservativen Milieu hadern. Ihr Leiden und die Unzufriedenheit, die sich daraus ergeben, bekommen viel zu oft die Töchter zu spüren. So wird deutlich wie unbewusst die eigenen Traumata in der Erziehung weitergegeben werden. Auffällig ist: jede der porträtierten Frauen ist, unabhängig ob in Partnerschaft oder nicht, weitgehend allein mit diesem Kampf um weibliche Selbstbehauptung und der Verantwortung als Mutter.

Für all dies braucht Felicitas Prokopetz nur relativ wenige Zeilen und Worte, der Roman ist mit rund 200 Seiten recht schmal. Oft finden wir nur Andeutungen in der Erzählung, nicht alle Beziehungen, Konflikte und Herausforderungen werden im Detail hergeleitet und erläutert. Für mich ist dies eine weitere Stärke des Buchs, denn die Autorin schafft es mit wenigen Worten, komplexe Beziehungsmuster herauszuarbeiten und so zum Nachdenken anzuregen. Die Leerstellen schaffen Raum für Interpretation und letztlich auch Variationen von Mütter-Töchter-Beziehungen ohne, dass dabei die Essenz der Erzählung verloren geht.
Wer eine detailreich erzählte Familiengeschichte erwartet, wird jedoch eventuell enttäuscht werden.

Wir sitzen im Dickicht und weinen lässt gekonnt und sensibel erzählt ein Familienporträt durchzogen von intergenerationalen Traumata und komplexen Mutter-Töchter-Beziehungen entstehen, das unbedingt lesenswert ist und weitere Veröffentlichungen der Autorin mit Spannung erwarten lässt.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Postpartale Depression und die Verortung von Mutterschaft in der modernen Gesellschaft - persönlich, analytisch, mutig

Liebesmühe
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Mutterschaft und Mutterliebe nimmt eine fast sakrale Rolle in unserer Gesellschaft ein, oft mit dem Verweis auf ihre Ursprünglichkeit und Natürlichkeit. Doch was ist dran an dieser vermeintlichen Natürlichkeit? ...

Mutterschaft und Mutterliebe nimmt eine fast sakrale Rolle in unserer Gesellschaft ein, oft mit dem Verweis auf ihre Ursprünglichkeit und Natürlichkeit. Doch was ist dran an dieser vermeintlichen Natürlichkeit? Und was ist, wenn sich nach der Geburt ganz andere Gefühle in den Vordergrund drängen, Verzweiflung und Angst, wenn Mutterschaft und das Kind nicht als Glück, sondern Bedrohung wahrgenommen werden, Bedrohung des eigenen Selbst, der Autonomie?

Liebesmühe von Christina Wessely setzt genau an dieser Stelle an. In sehr persönlichen Worten erzählt die Autorin von den Schwierigkeiten sich in der Rolle als Mutter zurechtzufinden, ihrer postpartalen Depression und wie sie diese bewältigt hat.

Die Distanz zu dieser neuen Rolle und die Zerrissenheit ihres Ichs durch diese, wird bereits auf den ersten Seiten deutlich, wenn die Erzählerin begründet, warum sie nicht als Ich erzählen kann, sondern stattdessen von sich selbst und ihren Gefühlen in der dritten Person berichten wird. Stellenweise wirkt die Erzählung so fast dokumentarisch, dadurch jedoch nicht weniger eindringlich.

Besonders gefiel mir die ausgewogene und komplexe Betrachtungsweise der Autorin. Auf der einen Seite gibt sie bzw. die Ich-Erzählerin in schonungsloser Offenheit Einblicke in ihre Seele und Gefühle, thematisiert Verzweiflung, Suizidgedanken, Entfremdung von sich selbst und findet dafür auch literarisch eindringliche Bilder und Worte, die ihren Schmerz nachvollziehbar machen. Diese persönliche Ebene wird jedoch immer wieder ergänzt und bereichert durch den analytischen Blick der Erzählerin, vor dem Hintergrund ihres Berufs und nicht zuletzt auch ihrer als solches empfundenen Berufung als Wissenschaftlerin.

In der Auseinandersetzung mit ihrer Situation und als ein Element der Heilung bedient sich die Autorin gekonnt der ihr bekannten Instrumente und beginnt zu recherchieren und zu schreiben. So entwirft sie nicht nur ein eindringliches, authentisches Porträt ihres verzweifelten Selbst in dieser schwierigen postpartalen Depression, sondern nähert sich dem Thema Mutterliebe und Mutterschaft auch kulturhistorisch und gesellschaftskritisch.

Liebesmühe ist nicht nur eine gute Lektüre, weil es den Blick auf ein gesellschaftlich völlig vernachlässigtes Thema lenkt und die widersprüchlichen Anforderungen an Mütter in der Moderne offenlegt. Mich haben Stil und Umsetzung auch literarisch überzeugt. Ein wichtiges Buch mit einer unbedingten Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Von einer Suche nach Heimat und Identität zwischen zwei Kulturen, Ländern und Kontinenten

Issa
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Issa ist schwanger - und ihre Mutter ist davon überzeugt, die einzige Möglichkeit um Schaden von ihr und dem Baby abzuwenden ist eine Reise in das Land ihrer Ahninnen. Zunächst in Kamerun aufgewachsen, ...

Issa ist schwanger - und ihre Mutter ist davon überzeugt, die einzige Möglichkeit um Schaden von ihr und dem Baby abzuwenden ist eine Reise in das Land ihrer Ahninnen. Zunächst in Kamerun aufgewachsen, lebte Issa ab dem fünften Lebensjahr mit ihrer Mutter und deren neuem Partner im Hunsrück. Im Jahr 2006 als erwachsene junge Frau kehrt sie nun schwanger zurück nach Kamerun, um vermeintlich notwendige Rituale zum Schutz ihrer Schwangerschaft und des ungeboren Kindes durchführen zu lassen.

Issas Reise kristallisiert sich im Verlauf immer mehr zur Identitätssuche zwischen einem Deutschland in dem sie sich mit alltäglichen Rassismuserfahrungen immer als Fremde fühlt und einem Kamerun in dem sie als vermeintlich reiche Europäerin marginalisiert wird. Ihre Reise ist damit nicht nur eine physische Erfahrung sondern auch ein Weg zu sich selbst. Entscheidend auf diesem Weg sind nicht zuletzt ihre beiden Omas und ihr eigenes Eintauchen in die Kultur und Geschichte ihrer Familie, besonders der Frauen darin.

In Rückblicken wird so neben Issas auch das Leben ihrer Großmutter Namondo, Urgroßmutter Marijoh, Ururgroßmutter Enanga und ihrer Mutter Ayudele ab dem Jahr 1903 porträtiert. Während mir die Wechsel in die Vergangenheit am Anfang etwas schwer gefallen sind, bin ich nach dem ersten Drittel komplett in den Handlungsstrang um Enanga eingetaucht und konnte gar nicht erwarten wie ihr Leben und das ihrer Tochter, Enkelin und Urenkelin bis zu Issa in der Gegenwart weiter verläuft.

Die Geschichten zeichnen nicht nur das schreckliche Ausmaß und die Auswirkungen des deutschen, britischen und französischen Kolonialismus sowie Auswirkungen der zwei Weltkriege nach, sondern auch eine Kultur in der Gewalt gegen Frauen und Kinder ebenso wie Vielehen für Männer selbstverständlich sind. Gleichzeitig sind die Porträts aber auch eine Geschichte von Selbstbehauptung und unglaublicher Stärke dieser Frauen in einer zutiefst patriarchalen Gesellschaftsordnung, in der Frau zu sein Leid und Schmerz bedeutet, wie Issas Urgroßmutter Marijoh bei jeder Gelegenheit erinnert.

Issas Rückblicke und Reflexionen auf ihr eigenes Aufwachsen in Deutschland sind ebenso schmerzvoll, offenbaren sie doch einen noch immer verbreiteten Rassismus, der ihr Aufwachsen begleitet hat und dem sie sich auch in der Gegenwart ausgesetzt sieht.

Obwohl er sich sehr gut und flüssig lesen lässt, konnte mich der Roman sprachlich nicht 100% überzeugen. Stellenweise wiederholten sich Beschreibungen, der Ausdruck ist eher einfach und umgangssprachlich. Trotzdem findet die Autorin immer wieder sehr schöne, berührende, zuweilen humorvolle Bilder.

Issa ist ein bewegender Roman über 5 Frauengenerationen einer Familie zwischen Kamerun und Deutschland, und damit auch über (deutschen) Kolonialismus, die Selbstbehauptung als Frau in einer patriarchalen Gesellschaft, über Rassismuserfahrungen als schwarzes Mädchen und Frau in Deutschland und nicht zuletzt über die Herausforderung in diesem Geflecht die eigene Identität zu verorten und sich selbst zu finden. Ein wirklich gelungenes Romandebüt, das ich gern mit 4,5 Punkten bewerte, aufgerundet auf 5!

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