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Veröffentlicht am 03.01.2023

Ruhm und Geld

Die Verbrechen der anderen
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Tobias Falck, Leutnant der Volkspolizei der DDR, seine Kollegin Stefanie Bach und sein Vorgesetzter Edgar Schmidt werden mit den Ermittlungen zu einem verschwundenen Gemälde aus der Galerie Alte Meister ...


Tobias Falck, Leutnant der Volkspolizei der DDR, seine Kollegin Stefanie Bach und sein Vorgesetzter Edgar Schmidt werden mit den Ermittlungen zu einem verschwundenen Gemälde aus der Galerie Alte Meister beauftragt. Der Restauratorin, die das Bild erst vor wenigen Wochen aufgearbeitet hat, ist aufgefallen, dass anstelle des Originals jetzt dort eine sehr gute Kopie hängt. Falck und Bach finden den Fälscher relativ schnell, kommen aber trotzdem zu spät – er wurde erschlagen. Seine Witwe ist überzeugt, dass alle Mitwisser der Fälschung beseitigt werden sollen. "Die bringen uns alle um!“ „Wen meinen Sie …? Die Stasi?“ „Die und die anderen. Die Kunsthändler, alle. Das ist eine Mafia! Die gehen über Leichen. Das war nur der Anfang.“ (S. 85) Sie scheint recht haben, weitere Involvierte werden überfallen oder getötet, ein beauftragter Sachverständiger aus dem Westen verschwindet spurlos. Außerdem durchsucht jemand systematisch die Wohnungen aller Beteiligten. Ein Wettlauf beginnt. Wer findet das Original schneller – der Täter oder die Polizei? Da Falck und Bach vermuten, dass das Gemälde evtl. schon „drüben“ ist, bitten sie die ehemalige Kölner Polizistin Sybille Suderberg um Hilfe, die wegen ihrer Alleingänge inzwischen suspendiert wurde und in Dresden eine Detektei eröffnet hat.

„Wir sind hier wirklich die Trottel der Nation, dachte sich Falck. Er machte sich darüber schon längst keine Illusion mehr.“ (S. 16) Vier Monate nach der Wende ist Falck ernüchtert. Weder seine Kollegin noch sein Vorgesetzter nehmen ihn richtig ernst, stempeln ihn trotz seiner Ermittlungserfolge oft als naiv ab, und auch die Bürger haben keinen Respekt mehr vor der Polizei.
Falck und Bach sind ganz schön gefordert. Zu viele scheinen in die Fälschungen und Devisenbeschaffung verwickelt zu sein, bald sehen sie nicht mehr durch, wer welche bzw. wessen Interessen vertritt. Immer wenn sie denken, dass sie kurz vor der Lösung des Falls stehen, kommt wieder alles ganz anders. Zudem trauen sie Schmidt und Suderberg bald nicht mehr, die scheinen nämlich ihr eigenes Süppchen zu kochen. Wollen sie das Bild etwa selber an den Höchstbietenden verkaufen? Erschwerend kommt hinzu, dass alle Verdächtige extreme Angst vor der Stasi haben. Sie fliehen vor den Polizisten, verweigern die Aussage oder ergehen sich in kryptischen Andeutungen. Und komisch ist es ja schon, dass ihnen immer jemand einen Schritt voraus zu sein scheint. „… wir sollten aufpassen, dass wir nicht dem Verfolgungswahn verfallen.“ (S. 102)
Auch privat läuft es für Falck nicht rund. Er kann oder will sich nicht zwischen drei Frauen entscheiden. Zwischen ihm und seiner Kollegin prickelt es. Dann ist da die Mutter seiner Tochter, liebt er sie oder kommt da nur sein Pflichtgefühl durch? Auch seine Freundin, die ihn vor 2 Jahren verlassen hat, will ihn zurück.

Frank Goldammer verbreitet mit seinem Buch wieder eine ordentliche Portion (N)ostalgie. Ich kann mich noch gut an diese komische, unruhige Zwischenzeit erinnert, in der es die DDR nicht mehr wirklich gab und alles in der Schwebe war. Man ist entweder rübergemacht oder hat abgewartet, was sich ändert – ganz so, wie er es hier im Buch beschreibt.
Außerdem freue ich mich als Dresdnerin über die inzwischen z.T. veralteten Bezeichnungen der Straßen und Plätze, die ich manchmal erst auf den zweiten Blick erkannt, aber bei denen ich fast immer sofort ein Bild von damals vor Augen hatte.

„Die Verbrechen der Anderen“ lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Der Krimi ist wirklich grandios, sehr rasant, mit vielen Verdächtigen und unterschiedlichsten Motiven, und so spannend, dass ich ihn an nur 2 Tagen gelesen habe. Auch das Thema der Devisenbeschaffung und Kunstfälschung von höchster Stelle fand ich extrem spannend. Allerdings musste ich zwischendurch oft überlegen, wer von den Beteiligten überhaupt noch lebt und wie er mit den anderen in Beziehung steht. Frank Goldammer spinnt (zu) viele parallele Handlungsfäden. Auch Falck resigniert zwischendurch. „Inzwischen glaube ich, wir werden das hier niemals ganz aufklären.“ (S. 357).
Zudem ermitteln er und seine Kollegen parallel im Fall eines verschwundenen Grenzschützers, dessen Mutter glaubt, dass sich die Eltern seines damaligen Opfers jetzt an ihm gerächt haben – vielleicht hätte man daraus den dritten Band der Reihe machen können?
Darum leider nur 4,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 23.12.2022

Savoir-vivre

Bistro, Bistro!
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„Bonjour! Zwei Personen? Haben Sie reserviert? Nein? Dann trinken Sie doch am Tresen einen Rotwein, bis ein Tisch frei wird …“ (S. 5)
2020 wurde das Bistro „Oui Mon General“ von Stéphane Reynaud zum besten ...

„Bonjour! Zwei Personen? Haben Sie reserviert? Nein? Dann trinken Sie doch am Tresen einen Rotwein, bis ein Tisch frei wird …“ (S. 5)
2020 wurde das Bistro „Oui Mon General“ von Stéphane Reynaud zum besten Bistro von Paris gewählt und da meine letzte Parisreise schon 22 Jahre her und die nächste leider noch nicht in Sicht ist, habe ich mir mit „Bistro, Bistro!“ die echte französische Küche zum Nachkochen nach Hause geholt.

Es gibt Gerichte für jeden Geschmack und Schwierigkeitsgrad, da sollte also für jeden etwas dabei sein und selbst Kochanfänger können Familie oder Freunde mit einfachem, aber gutem Essen beeindrucken.

Das Inhaltsverzeichnis ist wie die Karte eines Bistros aufgebaut und vereint Rezepte „Vom Tresen“ (Das Shashuka aus mit Kreuzkümmel und Honig geschmorter Paprika und Spiegelei ist ein Gedicht.), „Frisch aus dem Meer“, „Vorspeisen“ (Probiert den Spinatsalat mit geschmorten roten Zwiebeln.), „Tagesgerichte“ (Das baskische Hähnchen wird auf einem Bett aus Paprika und Tomaten gegart und dann mit Frühlingszwiebeln und Croutons serviert – klingt ungewöhnlich, ist aber sehr lecker.), „Von Fischen und Fischern“ (Den gedämpften Kabeljau mit Kräuterhaube habe ich inzwischen schon zweimal gemacht.), „Feines vom Fleischer“, „Zu jeder Zeit“ (Ein Croque Monsieur geht immer.), „Käse“ und „Süßes zum Abschluss“ (Den Milchreis mit Mandelkrokant und Karamellsauce haben wir nicht als Dessert, sondern als Mittagessen gegessen.). Ergänzt werden die Abschnitte z.B. mit Wissenswertem über Kaffee oder einer Checkliste für den Fischkauf, dazu kommen verschiedene Käsesorten und ihrer Herkunftsgebiete.
Die Gerichte sind sehr ansprechend fotografiert und werden oft durch die passende Weinempfehlung komplettiert. Natürlich gibt es auch Tipps zu Aperitifs und Digestifs – schließlich sind wir in Frankreich 😉.

Die französische Küche ist zum Teil recht deftig, so findet man im Buch auch Rezepte für Kalbsfüße, Schweinschnauzen oder Entenmägen, aber wie heißt es schon schön – alles kann, nichts muss.

Wir haben inzwischen einige Rezepte getestet. Sie waren alle sehr lecker und abwechslungsreich und es gab immer eine Besonderheit, die dem Gericht den letzten Pfiff verpasst hat.

Bistro, Bistro ist ein tolles Kochbuch mit viel Savoir-vivre für die gehobene französische Bistroküche mit dem besonderen Etwas.

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Veröffentlicht am 16.11.2022

Ein Wiedersehen des Grauens

Sterz und der Mistgabelmord
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„Umgebracht is er worden … Erstochen. Aufgespießt wie ein Hendl am Grill.“ (S. 18) Mit diesen Worten wird der Kölner Inspektor Ferdinand Sterz von seiner Jugendliebe Lena aus dem Schlaf gerissen. Es ist ...

„Umgebracht is er worden … Erstochen. Aufgespießt wie ein Hendl am Grill.“ (S. 18) Mit diesen Worten wird der Kölner Inspektor Ferdinand Sterz von seiner Jugendliebe Lena aus dem Schlaf gerissen. Es ist noch halb in der Nacht, als sie ihn anruft und bittet, nach Hause nach Graz zu kommen, um den Mord an ihrem Bruder aufzuklären, seinem ehemals besten Freund. Ohne das mit seiner oder der Grazer Dienststelle abzuklären, macht er sich auf den Weg. Er konnte Lena noch nie etwas abschlagen, auch wenn er eigentlich nie zurückkehren wollte ... „Er verließ den Zug mit Erinnerungen im Gepäck, die schwerer wogen als sein Rollkoffer.“ (S. 22)
Über Vitamin B und die Kontakte seines Vaters wird er in die Ermittlungsgruppe aufgenommen und der aus Wien stammenden Inspektorin Gitte Busch zugeteilt. Das ganze Team ermittelt auf Hochtouren und hat auch bald mehrere Verdächtige im Visier, aber die haben alle entweder ein stichfestes Alibi (schlechter Wortwitz, ich weiß 😉) oder sind untergetaucht. Dann passiert ein zweiter Mord und auch auf Ferdinand wird ein Anschlag verübt – ist er dem Täter etwa zu nah gekommen, ohne es zu merken?

„Sterz und der Mistgabelmord“ ist der Auftakt der neuen Steiermark-Krimi-Reihe von Isabella Archan und überzeugt neben dem verzwickten Kriminalfall mit viel Lokalkolorit.

Ferdinand hat keinen leichten Stand in Graz. Gitte und er kommen zwar gut miteinander aus, aber sein neuer Chef mag ihn nicht, hat ihm den schnellen Aufstieg zu Europol nie verziehen. Überhaupt scheint Ferdi eher der Typ einsamer Wolf zu sein, nicht wirklich zur Teamarbeit fähig, besorgt er sich immer wieder hintenrum Informationen und gibt die gar nicht oder erst später an seine Kollegen weiter. Zudem ist er seit seiner Kindheit schwer traumatisiert und hat den Unfalltod seiner Mutter nie richtig verarbeitet, da sein Vater nicht darüber reden wollte oder konnte. Jetzt muss er sich zusätzlich zur Aufklärung der Morde also auch mit ihm und ihrer beider Vergangenheit auseinandersetzen.

Außerdem ist er erschrocken, wie sich die Orte seiner Kindheit, vor allem der Hof des Freundes, verändert haben. Der hatte doch immer so große Pläne und jetzt ist alles total verwahrlost. Auch Lena scheint nicht glücklich zu sein in ihrer Ehe, aber mit ihm wollte sie damals ja nicht weggehen. Jetzt bereut er, dass er den Kontakt zu den beiden hat einschlafen lassen.

Mein persönliches Highlight ist Hannerl Hawlik, die Patentante von Ferdinands Mutter, die sich nach deren Tod um ihn gekümmert hat. Sie ist eine sehr schillernde Persönlichkeit, die auch mit 74 noch als Souffleuse arbeitet, das Herz auf dem rechten Fleck hat und nie ein Blatt vor den Mund nimmt.

Ich bin sehr gespannt auf Sterz‘ nächsten Fall und ob er einer seiner beiden Favoritinnen landen kann – denn noch ist er zwar Single, aber es scheint nicht so, als ob er das auch bleiben will …

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Houston, wir haben ein Problem!

Das irrationale Vorkommnis der Liebe – Die deutsche Ausgabe von »Love on the Brain«
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Bee Königswasser ist 28, Neurowissenschaftlerin am National Institutes of Health in Bethesda und eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Das findet auch die NASA und beruft sie für 3 Monate zur Leiterin von BLINK, ...

Bee Königswasser ist 28, Neurowissenschaftlerin am National Institutes of Health in Bethesda und eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Das findet auch die NASA und beruft sie für 3 Monate zur Leiterin von BLINK, einem Forschungsprojekt in Houston, das einen speziellen Astronautenhelm entwickelt. Auf so eine Chance hat Bee lange hingearbeitet. Wenn sie das Projekt erfolgreich beendet (woran für sie kein Zweifel besteht), bekommt ihre Karriere endlich den Schub nach ganz oben. Allerdings leitet sie das Projekt nicht allein, sondern zusammen mit dem genialen Ingenieur Levi Ward. Das ist ein Problem, denn haben zusammen promiviert und schon damals schien er sie nicht zu mögen, schnitt sie und weigerte sich, mit ihr zusammenzuarbeiten. „… er war ein wortkarger, grimmiger, grüblerischer Berg von einem Mann. Er legte viel Wert auf Privatsphäre, war sehr introvertiert.“ (S. 21) Auch jetzt geraten sie sofort aneinander, außerdem hat sie das Gefühl, dass er ihre Mitarbeit boykottiert.

Wie schon in „Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe“ schreibt Ali Hazelwood über Frauen in der Wissenschaft, ständig unterbezahlt, übermüdet und von ihren männlichen Kollegen behindert oder übersehen – ein Thema, dass sie aus eigenem Erleben nur zu gut kennt. Auch Bee hat bis auf ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Ro ausschließlich männliche, testosterongesteuerte Kollegen, gegen die sie sich durchsetzen muss.

Bee ist mit Leib und Seele Wissenschaftlerin, hat keine Zeit für die Liebe und auch kein Interesse. Seitdem ihr Ex ihre Verlobung gelöst hat, lässt sie niemanden mehr an sich ran. Zu groß ist die Angst vor dem nächsten Verlust. Denn sie und ihre Zwillingsschwester Reike haben ihre Eltern früh verloren und wurden dann bei diversen Verwandten auf der ganzen Welt durchgereicht. Reike reist immer noch, während Bee Wurzeln schlagen will und ausgerechnet bei Levi Halt zu finden scheint – dabei mögen sie sich doch gar nicht, oder?

Bee ist ein großer Fan von Marie Curie, einer zu ihrer Zeit ebenfalls völlig unterschätzen Wissenschaftlerin. Oft vergleicht sie sich mit ihr und fragt sich, was Marie wohl an ihrer Stelle tun würde. @WhatWouldMarieDo heißt auch ihr Account auf Twitter. Der hat sich im Laufe der Jahre zu einer Art therapeutischer Community für Frauen in MINT-Berufen entwickelt, wo sie über alles schreiben können und sich gegenseitig Tipps und Hilfe geben. Das gibt Bee großen Rückhalt, vor allem weil niemand weiß, dass sie sich dahinter verbirgt. Oft muss sie sich gegen männliche Trolle wehren, dann hilft ihr der @Shmacademics, ein männlicher Wissenschafter. Seit einiger Zeit schreiben sie sich private Nachrichten, in denen sie sich über ihre Arbeit und Kollegen austauschen, ohne auch nur ihre echten Namen zu wissen. Achtung, kleiner Spoiler: Mir hat die Reminiszenz an einen meiner Lieblingsfilme „eMail für Dich“ sehr gut gefallen.

„Das irrationale Vorkommnis der Liebe“ ist eine bezaubernde und sehr charmante Liebesgeschichte. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und mochte das Prickeln zwischen Bee und Levi, gegen das beide lange ankämpfen. Und auch wenn von Beginn an klar ist, wie die Geschichte ausgeht (vor allem, wenn man den oben erwähnten Film kennt), ist der Weg dahin sehr unterhaltsam und lustig

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Veröffentlicht am 25.09.2022

Wir sehen uns nach dem Krieg

Die Wagemutige
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… sagt Lisa zu den Zurückbleibenden, als sie im Frühling 1940 zusammen mit einigen anderen Frauen endlich aus dem Internierungslager fliehen kann. Mehrere Wochen haben sie, Hannah Ahrendt, Marta Feuchtwanger ...

… sagt Lisa zu den Zurückbleibenden, als sie im Frühling 1940 zusammen mit einigen anderen Frauen endlich aus dem Internierungslager fliehen kann. Mehrere Wochen haben sie, Hannah Ahrendt, Marta Feuchtwanger und viele mehr gehofft, dass sie auf legalem Weg freikommen, bevor die Gestapo auch in Gurs nach Inhaftierten von ihren Verhaftungslisten sucht.
Zusammen mit ihrer Freundin Paulette beginnt eine Odyssee in Richtung Marseille, wo sie ihre Partner treffen, um Frankreich zu verlassen. Doch Marseille ist längst von Flüchtlingen überlaufen und sie bekommen die dringend benötigten Ausreisepapiere nicht schnell genug.
In dieser Situation lernt sie in einem Café den amerikanischen Reporter Louis kennen. Er lädt sie zu Champagner, Abendessen und zum Tanzen ein – sie verlieben sich. Die Zeit mit ihm fühlt sich nach einem normalen Leben mit einer gemeinsamen, glücklichen und ungefährlichen Zukunft an. „Ich habe jemanden getroffen, der in mir eine Frau sieht. Nicht nur eine Widerstandskämpferin.“ (S. 214) Louis will sie schon nach kurzer Zeit heiraten und mit nach New York nehmen. Aber dann müsste sie ihre Familie und Freunde zurücklassen.
Gleichzeitig bittet Varian Fry, ein weiterer Amerikaner, sie, eine Fluchtroute über die Pyrenäen nach Spanien zu finden, auf der er so viele Exilanten wie nur irgend möglich retten kann. Lisa muss sich zwischen ihrer eigenen Freiheit und der vieler Verfolgter entscheiden.

„Die Wagemutige“ erzählt die Geschichte der Widerstandskämpferin Lisa Fittko, einer Jüdin und Kommunistin, die schon 1933 untertauchte und als U-Boot in Berlin lebte. „Tagsüber irrte sie durch Kaufhäuser, Cafés und U-Bahnstationen, nachts tippte sie auf ihrer Schreibmaschine Flugblätter und versuchte Schlaf zu finden.“ (S. 7) Später ging sie zusammen mit ihrem Partner Hans zuerst nach Prag und dann nach Paris, wo sie mit tausenden anderen Frauen im Mai 1940 ins Velodrom gesperrt und nach Gurs gebracht wurde.

Lisa ist eine junge Frau, die leben, lieben, Kinder haben und ein normales Leben führen will, aber durch die Umstände daran gehindert wird. Statt aufzugeben oder nur sich selber zu retten, wächst sie über sich hinaus. Sie ist mutig, furchtlos, fürsorglich und immer wachsam und stellt das Leben Anderer oft über ihr eigenes.
Die Liebe zueinander lässt sie und Hans vieles ertragen, aber durch ihre Untergrundtätigkeit, den ewigen Hunger und die Ängste um sich selbst, Familie und Freunde, liegen ihre Nerven blank. Irgendwann scheint Hans in ihr nur noch die Genossin, aber nicht mehr die Partnerin zu sehen. Kein Wunder, dass sie sich in den smarten Louis verliebt.

Caroline Bernard schreibt sehr bildlich und fesselnd über bewegende Gänsehaut-schicksale und die damaligen Zustände. Sie schildert ein Leben in Angst mit immer neuen, gefälschten Papieren, stets knapp unter dem Radar des Feindes, aber auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die Lisa und ihre Genossen durchhalten lässt.

Basierend auf den Eckdaten von Lisas Fittkos Leben, die beispielhaft für die vielen Frauen im Widerstand steht, hat Caroline Bernard einen biographischen Roman mit hervorragend recherchierten historischen Hintergründen geschrieben und mir so eine bisher unbekannte Widerstandskämpferin und ihr gefährliches und bewundernswertes Leben nähergebracht. Ein weiteres wichtiges Buch #gegendasvergessen

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