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Veröffentlicht am 31.03.2021

Melancholie

Die Telefonzelle am Ende der Welt
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Eine einsame Telefonzelle - sie steht eine Tagesfahrt von Tokio entfernt. Telefonieren kann man hier nicht, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Aber Gespräche kann man führen, wenn man den Hörer abnimmt, ...

Eine einsame Telefonzelle - sie steht eine Tagesfahrt von Tokio entfernt. Telefonieren kann man hier nicht, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Aber Gespräche kann man führen, wenn man den Hörer abnimmt, und den Stimmen seiner verstorbenen Angehörigen lauschen, die der Wind auf Reisen schickt. 
Die Radiomoderatorin Yui hat 2011 im Tsunami ihre Liebsten verloren. Daher kommt auch sie zur Telefonzelle am Ende der Welt, um an diesem magischen Ort ihrer Tochter und ihrer Mutter näher zu sein. Dort in Bell Gardia, dem Garten am Meer lernt sie den Arzt Takeshi kennen, der ebenfalls einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat. 

Laura Imai Messina, die in Rom geboren wurde und mit dreiundzwanzig Jahren nach Japan zog, hat mit "Die Telefonzelle am Ende der Welt" einen wunderbaren Roman geschrieben, der in Italien und Großbritannien wochenlang auf der Bestsellerliste stand.
Inspiriert von einer wahren Geschichte ist ein leises Buch entstanden, das einen sehr berührt und verzaubert. Sprachlich ganz fein und sehr melancholisch erleben wir, wie Menschen mit ihrer Trauer umgehen und wieder zurück ins Leben finden. 
Selten habe ich einen so dezenten und trotzdem intensiven Roman gelesen.
Es ist eine ganz besondere Lektüre voller Zärtlichkeit, die ich sehr empfehlen kann. 

Das Buch ist im btb Verlag erschienen, wurde von Judith Schwab aus dem Italienischen übersetzt und hat 352 Seiten. 


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Veröffentlicht am 26.03.2021

Leider zu oberflächlich

Gespenster
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Nina George Dean trägt ihren zweiten Vornamen nach George Michael von der Band Wham, denn deren Song "The Edge Of Heaven" war auf Platz 1, als Nina geboren wurde. An ihrem 32. Geburtstag macht sie sich ...

Nina George Dean trägt ihren zweiten Vornamen nach George Michael von der Band Wham, denn deren Song "The Edge Of Heaven" war auf Platz 1, als Nina geboren wurde. An ihrem 32. Geburtstag macht sie sich wieder einmal Gedanken über ihr Leben, ihre Zukunft, vor allem über ihre Beziehungen. Auf einer Dating Plattform lernt sie Max kennen, der sie vom ersten Moment an begeistert. Alles scheint perfekt, doch dann verschwindet Max ohne Erklärungen wieder von der Bildfläche. Dieses Phänomen nennt man Ghosting.

Glaubt man der Presse, so handelt es sich bei dem "Sunday Times-Bestseller" um einen tollen Wohlfühlroman, um ein unterhaltsames Buch für Frauen jeden Alters.

Also ich muss gestehen, ich fand den Roman eher langweilig und unspektakulär.

Ich hatte schon Probleme, in die Geschichte reinzukommen und nicht immer abzuschweifen, obwohl sie leicht geschrieben ist. Aber mir passierte einfach zu wenig. Zudem fand ich auch so gar keinen Zugang zu der Protagonistin.

Einzig der Erzählstrang um Ninas demenzkranken Vater hatte etwas Berührendes.

Alles in allem ist "Gespenster" kein schlechter Roman, aber ich selbst konnte einfach so gar nichts damit anfangen. Vermutlich ist die Lektüre doch nicht für Frauen aller Altersgruppen gemacht. Wenn man über 20 Jahre glücklich verheiratet ist und nahezu erwachsene Kinder hat, kann man mit dieser Art von Büchern vielleicht nicht mehr viel anfangen. Zumindest geht es mir so.

Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass man an dem Roman Gefallen findet, wenn man leichte Unterhaltung sucht und sich lediglich berieseln lassen möchte.

"Gespenster" von Dolly Alderton ist ein Atlantik Buch aus dem Hoffmann und Campe Verlag, hat 384 Seiten und wurde aus dem Englischen von Eva Bonné übersetzt.


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Veröffentlicht am 26.03.2021

Einfach großartig!

Der große Sommer
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Um es schon mal vorweg zu nehmen - dieser Roman ist einfach wunderbar, ein Highlight am Bücherhimmel!

Unbeschreiblich - dieses Gefühl, wenn einen ein Buch ab der ersten Seite berührt, ja, regelrecht ...

Um es schon mal vorweg zu nehmen - dieser Roman ist einfach wunderbar, ein Highlight am Bücherhimmel!

Unbeschreiblich - dieses Gefühl, wenn einen ein Buch ab der ersten Seite berührt, ja, regelrecht von einem Besitz ergreift, in die Geschichte hineinzieht. Man fühlt mit den Protagonisten auf eine dermaßen intensive Art mit. So ging es mir bei Ewald Arenz' neuem Roman "Der große Sommer", der heute erscheint. Ich hatte das Glück, ein Leseexemplar zu bekommen und das Buch somit schon vorab genießen zu dürfen.

Frieder ist 16. In der Schule kämpft er erfolglos mit Mathe und Latein, was dazu führt, dass er schließlich in die Nachprüfungen muss.
Während seine Familie im Süden Urlaub macht, verbringt er die Sommerferien zu Hause bei seinen Großeltern und muss mit seinem Großvater lernen.

"Der große Sommer" ist ein tiefgehender Coming-of-Age-Roman, der Anfang der 80er-Jahre spielt und zwischendurch in kurzen Abschnitten in unsere gegenwärtige Zeit springt und hier Friedrich Büchner als Erwachsenen erzählen lässt.
Ewald Arenz ist wieder einmal ein melancholischer, kluger und berührender Roman gelungen, der - durchaus auch gespickt mit Humor - vom Erwachsenwerden erzählt, von diesem einen Sommer, von der ersten großen Liebe, von Freundschaft, aber auch von Trauer.
Geschickt gewählt finde ich die Jahreszeiten der beiden Zeitebenen, auf denen die Geschichte spielt. Der Sommer steht für die Jugend, der Herbst für das Erwachsenenalter.
Es ist eine Lektüre, die lange nachklingt und die mich, nachdem ich selbst in den 80ern Teenie war, ganz besonderes berührt hat.

Ja, und wenn ein Buch dann noch dazu ein so wunderschönes Cover hat, dann ist es wirklich rundum gelungen.

"Der große Sommer" ist im DuMont Verlag erschienen und hat 320 Seiten.

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Ein absolutes Lese-Highlight

Über Menschen
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Dora, eine erfolgreiche Werbetexterin, erträgt die Großstadt nicht mehr und zieht mit ihrer Hündin von Berlin weg nach Brandenburg, wo sie sich in dem kleinen Dorf Bracken ein altes Haus gekauft hat. Hinter ...

Dora, eine erfolgreiche Werbetexterin, erträgt die Großstadt nicht mehr und zieht mit ihrer Hündin von Berlin weg nach Brandenburg, wo sie sich in dem kleinen Dorf Bracken ein altes Haus gekauft hat. Hinter sich lässt sie nicht nur die Metropole, sondern auch ihren Freund Robert, der sich durch seine extremen Ansichten, unter anderem die Klimapolitik und den Lockdown betreffend, mehr und mehr von ihr entfernt.
Auf dem Land erhofft sich Dora Ruhe und Abstand, merkt aber schnell, dass es alles andere als idyllisch ist in ihrem neuen Wohnort.
Die Nachbarn entpuppen sich als rechtsgerichtet und entsprechen allen Vorurteilen. Und doch fühlt sich Dora zu diesen Menschen, die ihr auf ganz eigene Art Hilfe, Geborgenheit und Nähe geben, hingezogen.

Juli Zeh, die für ihr Werk bereits vielfach ausgezeichnet wurde, hat mit "Über Menschen" wieder einen wuchtigen Roman geschrieben, der einen sofort packt. Sie schafft es, dass man hin- und hergerissen ist zwischen Abneigung und Sympathie, was die Menschen in der Geschichte betrifft. Menschen, von denen man sich im wirklichen Leben ganz klar distanzieren würde.
Die Geschichte ist sehr berührend und bewegend, aber durchaus auch gespickt mit Witz und Ironie. Und je näher man zum Ende des Buches kommt, desto mehr wünscht man sich, dass es nie enden möge.

Eine großartige Lektüre, die lange nachklingt und einen sehr nachdenklich zurücklässt.
Absolut empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Ein absoluter Pageturner

Lebenssekunden
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1956 in Kassel: Angelika ist fast 16, geht aufs Gymnasium und hat eine Leidenschaft für die Fotografie. Eine Ausbildung in diesem Bereich zu machen, scheint aussichtslos, als die Schülerin von der Schule ...

1956 in Kassel: Angelika ist fast 16, geht aufs Gymnasium und hat eine Leidenschaft für die Fotografie. Eine Ausbildung in diesem Bereich zu machen, scheint aussichtslos, als die Schülerin von der Schule fliegt.
Gleichzeitig in Ostberlin: Christine wird ebenfalls bald 16. Ihr Alltag ist bestimmt vom Leistungssport in der DDR. Als erfolgreichreiche Kunstturnerin soll sie darauf getrimmt werden, ihr Land bei den Olympischen Spielen zu vertreten.
Geprägt von einschneidenden Erlebnissen müssen beide Mädchen ihren Alltag meistern und den richtigen Lebensweg finden in einer Zeit, die nicht einfach ist.
Als schließlich 1961 in Berlin die Mauer gebaut wird, treffen die zwei jungen Frauen aufeinander.

Die Bestseller-Autorin Katharina Fuchs hat mit "Lebenssekunden" ein beeindruckendes Buch geschrieben - ein Buch, das berührt, bewegt, das einen aufwühlt und auch zornig macht, wenn man sich das damalige Zeitgeschehen bewusst vor Augen führt.

Der Roman springt in einzelnen Kapiteln zwischen den Protagonistinnen hin und her, wodurch ein enormer Spannungsbogen entsteht. Durch diesen gewinnt das Buch unheimlich an Fahrt und wird zu einem regelrechten Pageturner.
Absolut empfehlenswert!

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