Ist meine Realität auch die deine ?
UmlaufaufzugAntons Markenzeichen als Mörder - er taucht leise auf der Bildfläche auf, mordet fast geräuschlos und verschwindet auch wieder, ohne sich bemerkbar zu machen - fast wie ein Geist. Kein Wunder, denn Anton ...
Antons Markenzeichen als Mörder - er taucht leise auf der Bildfläche auf, mordet fast geräuschlos und verschwindet auch wieder, ohne sich bemerkbar zu machen - fast wie ein Geist. Kein Wunder, denn Anton ist ein Killer, der nur in den Gedanken seinen "Schöpfers" Torsten Todenhöfer existiert, denn der Autor hat sich den eiskalten Killer als Hauptfigur seines neuen Romans ausgedacht. Das Gespräch mit dem Verleger verläuft nicht nach Todenhöfers Plan und er springt sichtlich aufgewühlt in den eigentlich stillgelegten Pasternoster. Die Fahrt mit dem altertümlichen Aufzug hat es in sich, denn plötzlich ist nichts mehr, wie es wahr....
Es gibt Romane, die auf den ersten Blick etwas unscheinbar daherkommen und es dann doch faustdick hinter den Ohren, oder besser gesagt, Seiten haben. "Umlaufaufzug" ist genau solch ein Buch, das zum einen die Verlagswelt aus Korn und sich dabei selbst nicht ganz so ernst nimmt und zum anderen einen spannenden Lesegenuss bereitet, der das Spiel mit dem Kopfkino zu einhundert Prozent beherrscht.
Während Autor Reiner Jansen die schreibende Zunft gehörig durch den Kakao zieht, verbale Seitenhiebe auf diverse Kolleg:innen ( u.a Eckart Fitz alias Sebastian Fitzek), eine als Gesundheitskasse bekanntgewordene Krankenversicherung und seinen Verlag verteilt, fühlen sich die Lesenden zunächst sicher auf dem Terrain. Das ändert sich jedoch schlagartig, als diverse Fahrten mit dem Paternoster in Scheinwelten und verschobene Realitäten führen, in denen es scheinbar blinde Gänge gibt, die sich bei näherer Betrachtung als echter Irrgarten der eigenen Sinne herausstellen.
Es entsteht ein klaustrophobischer Nervenzerrer, auf den sich die Leser:innen wirklich einlassen müssen, um die komplette Genialität hinter dieser teilweise verworren anmutenden Erzählung zu entdecken. Wem das gelingt, erlebt Panik in Echtzeit, amüsantes Kräftemessen und verbale Schlagabtausche. Dem folgen schriftstellerische Feinheiten, mit denen sich der Autor immer wieder in das Gehirn der Leserschaft schleicht und so deren Wahrnehmen bewusst, jedoch für alle anderen kaum merklich, beeinflusst.
Die Handlung ist raffiniert gesponnen, bietet ihren Figuren eine faszinierende Kulisse, um immer wieder vor der Frage zu stehen, ob die soeben gelesene Realität auch tatsächlich der entspricht, die der Autor für seine Lesenden vorgesehen hat. Der Pasternoster als Fahrstuhl in eine Welt der Ängste, Zwänge und Bedrohungen, die mal mörderisch, mal sarkastisch ist und am Ende doch irgendwie das Gefühl vermittel, dass das Leben mitunter ein einziger Irrgarten ist, bei dem es gilt, die richtige Abzweigung zu finden.
Ein außergewöhnlicher und fesselnder Lesegenuss für alle, die auch mal um die Ecke denken ;)