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Veröffentlicht am 23.07.2023

Hoch drob'n auf dem Berg

Erlebnis Pilatus Experience
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Der Pilatus wartet mit unzähligen Sagen, Mythen und Abenteuern auf seine Besucher:innen und bietet schon gleich mit der Pilatusbahn ein echtes Superlativ an Bergerlebnis. "Die steilste Zahnradbahn der ...

Der Pilatus wartet mit unzähligen Sagen, Mythen und Abenteuern auf seine Besucher:innen und bietet schon gleich mit der Pilatusbahn ein echtes Superlativ an Bergerlebnis. "Die steilste Zahnradbahn der Welt" ist Faszination, Wunderwerk der Technik und Ingenieurskunst und klettert durch das Felsmassiv, um mit grandiosen Eindrücken und Aussichten zu verwöhnen.

Das vorliegende Buch - nicht unähnlich einem Coffe-Table-Book- entführt in Wort und Bild an und auf den Berg und ermöglicht eine Augenreise der ganz besonderen Art. Schon beim Betreten der Bahn oder der Kabinen des Dragon Ride ist Herzklopfen pur angesagt, denn die Rundumsicht gräbt sich mit eindrucksvollem Bergpanorama direkt einen Platz im Herzen.

"Erlebnis Pilatus" erzählt in begeisternden Worten von der Idee bis zur Ausführung der Zahnradbahn, begleitet von nostalgischen Aufnahmen, die eine Zeitreise ermöglichen. Historische Werbeplakate, Originalzeichnungen und Schwarz-Weiß-Fotografien machen die Erfolgsgeschichte der Pilatusbahn lebendig und lassen die Lesenden den Zeitgeist des ausgehenden 19. Jahrhunderts spüren. Der Brückenschlag in das 21. Jahrhundert gelingt wie von Zauberhand und ermöglicht hautnah mitzuerleben, wie der Wandel der Zeit auch das Gesicht und die Technik der Pilatusbahn verändert hat.

Es sind wunderbar gestaltete Buchseiten, die Informatives und Wissenswertes kurzweilig und interessant vermitteln, aber auch zum Genießen, Träumen und Seele baumeln lassen einladen. Eine mehr als gelungene Mischung aus Begeisterung, Bergromantik, Abenteuerlust und Pioniergeist - sehr lesenswert !

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Veröffentlicht am 21.07.2023

Und wenn sie tanzt ist sie wer anders, lässt alles los, nur für das Gefühl (Max Giesinger)

Als Großmutter im Regen tanzte
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Das Haus ihrer Großmutter bedeutet für Juni Geborgenheit und diese braucht sie gerade mehr denn je. Ihr gewalttätiger Ehemann ist eindeutig einen Schritt zu weit gegangen und Juni will endlich die Reißleine ...

Das Haus ihrer Großmutter bedeutet für Juni Geborgenheit und diese braucht sie gerade mehr denn je. Ihr gewalttätiger Ehemann ist eindeutig einen Schritt zu weit gegangen und Juni will endlich die Reißleine ziehen. Beim Sichten von Unterlagen entdeckt Juni ein Foto, auf dem ihre Großmutter gemeinsam mit einem deutschen Soldaten abgebildet ist. Doch wer ist dieser Mann ? Und in welcher Beziehung hat ihre Großmutter zu ihm gestanden ? Es scheint, als würde sie keine Antworten auf ihre Fragen erhalten, denn sowohl ihre Großmutter als auch ihre Mutter sind verstorben und es sieht so als, als würden die Geheimnisse im Verborgenen bleiben. Aber Juni gibt nicht auf und stellt Nachforschungen an, die alles bisher Gewesene in einem vollkommen neuen Licht erscheinen lassen....


Es gibt Bücher über die dunkelsten Zeit unserer Geschichte, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen und dann gibt es "Als Großmutter im Regen tanzte", das mit einem sehr feinsinnigen Schreibstil und dem Gespür für Zwischentöne von ersten Augenblick an die Leser;innen an die Seiten fesselt. Als Generationenroman erzählt, gelingt es Trude Teige, dunkle Geheimnisse aus dem Nebel des Verdrängens hervorzuholen und mit jedem Kapitel mehr Klarheit zu verschaffen.

Juni steht am Wendepunkt ihres Lebens und versucht Entscheidungen zu treffen, die Weg weisend sind. Ihre eigene Unsicherheit lässt sie mehr als einmal wanken, die Suche nach ihrer Identität und den familiären Wurzeln verleiht ihre aber eine unglaubliche mentale Stärke, die sie wachsen lässt.

Teige lässt die furchtbare Fratze des Zweiten Weltkrieges aus ihren Seiten blicken und führt ihre Leser;inne zurück in die Zeit, als Hass, Hetze und Antisemitismus die Atmosphäre vergiftet haben. Es sind schreckliche Bilder, die vor dem inneren Augen mehr als lebendig werden und das Martyrium von tausenden Frauen unmittelbar nach Kriegsende schonungslos aufzeigen. Auch wenn Tilda das Schlimmste widerfährt, kann sie sich dennoch aufraffen und sucht einen Weg zurück nach Norwegen, um dort die Narben auf ihrer geschundenen Seele heilen zu lassen.

Es sind die vielen ungesagten Worte, die zwischen Tilda und ihrer Tochter Lilla stehen und die eine halbwegs vernünftige Mutter-Tochter-Beziehung unmöglich machen. Gerade weil sich ein Ereignis wiederholt, müsste gerade Tilda mehr Verständnis für ihre Tochter aufbringen. Es ist die Generation unserer Großmütter, die viel Leid und Elend gesehen und ertragen, diese aber mit keinem Wort erwähnt haben. Das Schweigen ist ohrenbetäubend, zerbricht jeden Versuch der Annäherung quasi schon, bevor der erste Schritt getan ist und doch scheint eine emotionale Verbindung zu entstehen, die alles Gewesene verdrängen, aber nicht vergessen lässt.

Teige erschafft drei widersprüchliche, aber trotzdem starke Frauenfiguren, die ihren Lebensweg meistern und die Steine, die sich darauf befinden, zwar nicht immer wegräumen, aber dennoch gut aufzuschichten wissen. Es ist ein Buch gegen das Vergessen, da die Generation der Zeitzeug:innen bald nicht mehr vorhanden sein wird, um Fragen zu beantworten. Es ist ein Roman, der zeigt, das Schweigen nie der richtige Weg in der Beziehung zwischen Menschen ist.

Und doch sind da immer wieder Hoffnungsfunken, kleine Lichtpunkte und ganz viel Liebe, die trotz aller bedrückenden Szenen dem Roman eine gewisse Emotionalität und Tiefe verleihen. Sehr lesenswert !

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Veröffentlicht am 20.07.2023

Ein rechtes Wort zur rechten Zeit bricht manches große Herzeleid (Unbekannt)

Saubere Zeiten
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In den letzten Jahren hat Jakob Auber den Kontakt zu seinem Vater mehr als schleifen lassen, denn ihre Verbindung war nicht gerade herzlich, sondern eher zweckmäßig. Als Jakob die Nachricht erhält, dass ...

In den letzten Jahren hat Jakob Auber den Kontakt zu seinem Vater mehr als schleifen lassen, denn ihre Verbindung war nicht gerade herzlich, sondern eher zweckmäßig. Als Jakob die Nachricht erhält, dass sein Vater im Krankenhaus ist, lässt er aber alles stehen und liegen, reist an die Mosel und sieht sich plötzlich seiner eigenen Kindheit gegenüber gestellt. Neben Erinnerungen kommen ganz viele Gefühle hoch, als Jakob das Vermächtnis seines Vaters in Augenschein nimmt, welches dieser extra für ihn auf Tonband aufgenommen hat. Es ist der Versuch einer Erklärung, warum alles so ist, wie es ist und die Geschichte vom Aufstieg und Fall einer Unternehmerfamilie...


"Saubere Zeiten" ist ein sehr intensives Leseerlebnis, das sich nicht nur mit der Vergangenheitsbewältigung und der Identitätssuche befasst, sondern es zeigt uns auch all zu deutlich, wie wenig wir Kinder eigentlich von unseren Eltern wissen. Es sind viele unausgesprochene Fragen, Worte und unklare Angelegenheiten, die nach dem Ableben eines Elternteils zurückbleiben und uns innehalten lassen.

Andreas Wunn verwebt einen Teil seines eigenen familiären Hintergrundes mit fiktiven Begebenheiten zu einer neuen Realität, bei der die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion komplett verschwimmen. Der Blick durchs Schlüsselloch in die florierende Drogerie Stein lässt die 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts aufleben. Der braune Sumpf verbreitet ungehindert seine hirnverbrannten Ideologien und enteignet Stein, damit fortan Auber die Drogerie führen kann. Dieser Vorfall ist der Beginn einer einzigartigen Erfolgsgeschichte, die bis in die Zeit des Wirtschaftswunders und das Hier und Jetzt reicht und ihre Blüten treibt. Auch das Augenverschließen vor den Kriegsereignissen ("Wir haben davon nichts gewusst") spricht Wunn an und zeigt, wie einfach es gewesen ist, den eigenen Erfolg auf dem Unglück eines anderen aufzubauen.

Der Wechseln zwischen Gegenwart und Erinnerungen geschieht fließend, sodass die Leser;innen immer direkt vor Ort und auf dem aktuellsten Stand sind, einen Hauch von Melancholie verspüren und trotzdem mit dem Verlauf der Zeitgeschichte hadern. Es ist eine Gefühlsachterbahn, die der Autor seine Leser:innen durchlaufen lässt und die in einfühlsamen Worten faszinierende Fakten freilegt.

Die Gespenster der Vergangenheit schleichen aus den Seiten und lassen die saubere weiße Weste der Familie Auber nach und nach ergrauen. Nicht, um sie zu Tätern werden zu lassen und das erfolgreiche Image zu beschmutzen, sondern um die vielen Handlungsstränge und Ereignisse miteinander zu verweben, um daraus ein ganz besonderes Familienkonstrukt entstehen zu lassen, das von Liebe, Verlust, Leid, Hoffnungen und großen Träumen erzählt.

Das Buch besitzt eine unglaublich Tiefe, zeigt, wie fragil eine ohnehin belastete Vater-Sohn-Beziehung sein kann und belegt, dass miteinander reden der Schlüssel ist, der nicht nur Türen, sondern auch Herzen öffnet.

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Veröffentlicht am 19.07.2023

Viele Seiten, wenig Thrill

Brandmal
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So sieht also das Ende eines Jobs aus - unspektakulär, nichtssagend und selbst die Pflanzen Zuhause auf der Fensterbank lassen den Köpfe hängen. Saana packt ihre Koffer, flüchtet regelrecht zu ihrer Tante ...

So sieht also das Ende eines Jobs aus - unspektakulär, nichtssagend und selbst die Pflanzen Zuhause auf der Fensterbank lassen den Köpfe hängen. Saana packt ihre Koffer, flüchtet regelrecht zu ihrer Tante aufs Land und versucht dort erste Schritte im neuen Leben. Sie stößt dabei auf einen ungeklärten Todesfall. Ihre Neugier ist geweckt und so stellt Saana Nachforschungen an, die weit zurück in die Vergangenheit reichen. Es scheint, als habe sie schlafende Hunde geweckt, denn plötzlich taucht ein eine männliche Leiche auf, die mit einer Dornenkrone regelrecht gebrandmarkt wurde....


Ich muss zugeben, dass mich der Klappentext angefixt hat und ich kann einfach nicht anders, als dieses Buch zu lesen. Es klingt alles sehr mystisch, aufregend und geheimnisvoll und mit dem Zusatz Thriller versehen werden hier her große Erwartungen geweckt. Lese ich die ersten Kapitel noch mit Elan und Eifer, bremst mich das Buch aber immer mehr aus, weil ich alles zu gewollt, zu dick aufgetragen und manchmal vollkommen unstrukturiert finde.

Es tauchen Figuren auf, die für den Fortgang der Handlung keinerlei Bewandnis haben, verschwinden dann ebenso sang- und klanglos wieder von der Bildfläche und ich frage mich, warum sie überhaupt einen Auftritt erhalten haben, wenn sie eigentlich keine nennenswerte Rolle spielen. Auch finde ich die auffällig oft erwähnten Produktplatzierungen eher störend als hilfreich und überlege, ob hier eine Finanzierung des Buches durch Werbemittel erfolgt ist, da ich mir ansonsten die Schleichwerbung nicht erklären kann.

Eine Lovestory im Thriller - oder auf neudeutsch Romantic-Thrill - hätte ich nicht unbedingt gebraucht, da sie dem ohnehin schon fehlenden Nervenkitzel noch den Rest an Spannung raubt und das ganze nich seichter werden lässt. Es wirkt so, als habe sich die Autorin nicht entscheiden können, welches Genre sie nun bevorzugt behandeln möchte und geht daher diesen Mittelweg. Das Buch hat knapp 600 Seiten, die mal mehr, mal weniger abwechslungsreich gestaltet sind. Mir fehlen einfach zündende Ideen, ein spannendes Spiel mit den Ungewissheiten und das Gefühl einer unterschwelligen Bedrohung, die sich zwischen den Seiten breit macht.

Ich habe manche Seiten einfach quer gelesen, weil der gesamte Verlauf der Handlung kein Nagelbeißer, sondern eher eintönig und langatmig gewesen ist. Schade um die verschenkte Lesezeit.


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Veröffentlicht am 18.07.2023

Tödliches Schachspiel im Eis

Eisjagd
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Es soll der sportliche Höhepunkt des Jahres werden, denn das Langlaufrennen lockt nicht nur Sportler:innen, sondern auch viele Zuschauende in die winterliche Kälte. Der Favorit scheint auch dieses Mal ...

Es soll der sportliche Höhepunkt des Jahres werden, denn das Langlaufrennen lockt nicht nur Sportler:innen, sondern auch viele Zuschauende in die winterliche Kälte. Der Favorit scheint auch dieses Mal seiner Rolle gerecht zu werden, aber er bricht plötzlich tot zusammen. Zunächst sieht alles nach einem tragischen Unglücksfall aus, aber die Ermittelnden stoßen schon bald auf Ungereimtheiten. Es beginnt ein tödliches Schachspiel im Eis, bei dem der Täter sogar bereit ist, mehr als einen "Bauern" zu opfern....


Wow, wow, wow, was für ein rasanter und packender Krimi. Madita Winter kombiniert die bizarre Schönheit aus Eis und Schnee mit schwarzen Seelen, blutroten Einsprengseln und vielen frischen Ideen, die ihren Krimi zu einem echten Pageturner werden lassen. Schon gleich zu Beginn fesselt der atmosphärisch dichte Schreibstil die Leser:innen an die Seiten und versetzt sie in eine atemlose Spannung, die ihre eiskalten Klauen nach ihnen ausstreckt und sie bis zum letzten Buchstaben nicht mehr los lässt.

Dabei gelingt es der Autorin, vielschichtige Charaktere in ihrer winterlichen Welt zu platzieren, die von charmant bis Kotzbrocken reichen und somit die Klaviatur von Sympathie und Antipathie in Vollendung beherrschen. Die Stille und das unschuldige Weiß der Winterlandschaft trügen und unter der Schneedecke brodelt es gewaltig, denn das Opfer hatte längst nicht die weiße Weste an, wie er immer glauben machen wollte.

Die Jagd nach dem Täter überführt so manche Maskerade und auch hier gilt, je strahlender die Oberfläche, desto schwärzer der Abgrund. Was scheinbar wie zufällig geschieht, ist in Wahrheit ein perfider Plan, der - ähnlich einem Schachspiel - viel Kombinationsgabe, Geschick und unterschiedliche kluge Varianten in der Ausführung benötigt, um das tödliche Spiel zu beenden.

Überraschende Wendungen wechseln sich mit ruhigen Parts zum Durchatmen ab, bevor der Nervenkitzel wieder dermaßen anzieht, dass die wilde Hatz durch die Winterlandschaft den Leser;innen den Atem raubt. Ein kleines Geheimnis wird zum Schluss gelüftet und sorgt für einen runden und sehr stimmigen Abschluss.

Das Buch schreit geradezu nach einer Verfilmung und bekommt von mir 5 Sternchen

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