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Veröffentlicht am 13.08.2024

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt

Der Honigmann
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Fischbach ist der wahr gewordene Traum aller, die den Großstadtmief hinter sich lassen wollen. Eine kleine Idylle, die sich zwischen Eigenheim und Grilleinladungen immer mehr ausbreitet. Auch der neue ...

Fischbach ist der wahr gewordene Traum aller, die den Großstadtmief hinter sich lassen wollen. Eine kleine Idylle, die sich zwischen Eigenheim und Grilleinladungen immer mehr ausbreitet. Auch der neue Laden mit seinem Besitzer passt hervorragend ins Bild. Eine kleine, aber feine Auswahl an Mitbringseln und Honigsorten, die nicht überall zu finden sind. Schnell wir auch dem Ladeninhaber "Der Honigmann" , den alle gut leiden können. Aber hinter vorgehaltener Hand wird plötzlich getuschelt und des Unglück nimmt seinen Lauf....


Peter Huth zieht seine Leserschaft magisch in den Bann und entführt sie regelrecht mit dem Duft von gegrillten Würstchen, Grillgemüse und gemütlichen Feierabendrunden unter Nachbarn nach Fischbach. Die Beschreibungen des Ortes gehen ihm dabei so leicht von der Hand, dass sich das idyllische Bild direkt aus den Seiten entfaltet und wie eine Pop-up-Kulisse Gestalt annimmt. Es ist aber auch einfach zu schön, von all den netten und freundlichen Menschen zu lesen, die sich gegenseitig helfen, unterstützen und füreinander da sind.

Und dann wendet sich das Blatt und mit dieser Kehrseite häklt der Autor seiner Leserschaft den Spiegel vor. Wie schnell verbreitet sich heute ein Gerücht, denn das Wort, einmal ausgesprochen oder über die sozialen Medien verbreitet, lässt sich nicht mehr zurücknehmen und zieht, wie ein ins Wasser geworfener Kiesel, unaufhörlich seine Kreise.

Das kleine Paradies verwandelt sich im Handumdrehen zu einem Vorort der Hölle und mittendrin Fine, die nicht weiß, wie ihr geschieht. Nach dem Motto "Gut gemeint, ist nicht unbedingt gut gemacht" hat sich ihre Whatsapp-Gruppe verselbständigt und sie steht im Fokus der Anfeindungen. Dabei will sie doch nichts anderes, als auf gewisse Dinge aufmerksam machen. Dinge, die sie nur vom Hörensagen kennt und an denen doch etwas dran sein muss.

Was dann passiert, ist vom Autor ein sehr gut inszeniertes Drama, das voller überraschender Wendungen, Lügen, Intrigen und Hinterlist steckt. Es ist, wie bei einem Unfal - man will nicht hingucken, tut es aber unweiglerich und genau das passiert beim Lesen der Kapitel. Sind wir wirklich so sensationsgeil, so voller Doppelmoral und lassen uns von Gerüchten umgarnen...denn es muss doch ein Körnchchen Wahrheit drin enthalten sind, oder ?!

Willenstarke Charaktere, liebevolle Figuren, undurchsichtige Persönlichkeiten und mittendrin immer wieder der Honigmann, der erst von allen geliebt und dann von allen verachtet wird. Aktuelle Diskussionen, politische wie gesellschaftliche, finden ebenso den Weg in den Roman wie der subtile Hinweis, die eigene Handlungsweise und den Umgang mit den neuen Medien zu überdenken.

Emotional aufwühlend und mit einem eiskalt kalkulierten Plan versehen, ist dieser Roman ein Lesehighlight 2024 !

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Veröffentlicht am 19.07.2024

Heideidylle der Unschuld beraubt

Von Norden rollt ein Donner
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Jannes führt die Familientradition weiter und ist Jungschäfer geworden. Seine Schnucken prägen und formen das Landschaftsbild der Lüneburger Heide. Aber die Idylle bekommt einen jähen Riss, als die Rückkehr ...

Jannes führt die Familientradition weiter und ist Jungschäfer geworden. Seine Schnucken prägen und formen das Landschaftsbild der Lüneburger Heide. Aber die Idylle bekommt einen jähen Riss, als die Rückkehr des Wolfes im Heideland vermeldet wird. Schnell schließen sich die Reihen zu einer Art Bürgerwehr gegen den natürlichen Feind der Schafe, doch es sind Wölfe im Schafspelz unter ihnen, die die Stimmung mit ihrem braunen Gedankengut vergiften...


Markus Thielemann erzählt in leisen, aber sehr eindringlichen Worten von Familientraditionen, Heimatverbundenheit und Heideidylle und die Leserinnen fühlen sich wie in einer Art Heimatfilm. Es ist nämlich in keinerlei Art und Weise erkennbar, was hinter dem vermeintlichen Idyll schwelt und wie weit zurück in die Vergangenheit Jannes blicken muss, um die Zusammenhänge von heute zu verstehen.

Heimatverbundenheit, Traditionen und Brauchtumspflege wecken auf der eine Seite positive Assoziationen und lassen die Heide wie in den Versen des Heidedichters Löns romantisch und angenehm erscheine. Doch wer genau hinsieht, entdeckt hinter dieser Leibe zur Region einen klugen Schachzug der Ewiggestrigen, die auf Beutezug gehen. Das Bild des Wolfes, der die Schafes reißt, steht hier sinnbildlich für die Machenschaften, die nicht immer auf den ersten Blick zu durchschauen sind - es sind eben Wölfe im Schafspelz, die sich unter die ahnungslosen Dorfbewohner:innen mischen.

Geheimnisse der Großelterngeneration, das damit verbundene Schweigen, die Zusammenhänge kriegsbedingter Ereignisse und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Kriegsenkel werden vom Autor in eine fast schon poetisch-mystische Geschichte verpackt. Daraus entsteht ein Roman, den man nur sehr schwer wieder zur Seite legen kann. Die Figuren sind allesamt überzeugend und nehmen die Lesenden an die Hand, um ihnen ein Begleiten auf Augenhöhe zu ermöglichen. Einfühlsame Szenen wechseln sich mit schwerwiegenden Ereignissen ab und bedienen so die ganze Klaviatur der Gefühle.

Ein sehr tiefsinniges und gedankenreiches Buch, das an Aktualität nichts verloren hat.

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Veröffentlicht am 16.07.2024

Sozialkritische Studie statt Krimi

Gier ist ein Luder
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Der Gang in den Wellnessbereich endet mit einer doch eher unentspannten Entdeckung, denn eine Leiche sitzt auf der Ruhebank. Die Ermittlungen beginnen und damit startet auch der Wettlauf gegen die Zeit, ...

Der Gang in den Wellnessbereich endet mit einer doch eher unentspannten Entdeckung, denn eine Leiche sitzt auf der Ruhebank. Die Ermittlungen beginnen und damit startet auch der Wettlauf gegen die Zeit, denn es scheint, als wäre diese Leiche nur der Beginn eines größeren Skandals. Die Veranstaltung eines profitgeilen Hoteliers soll zunächst die Bevölkerung beschwichtigen, doch je mehr Gerüchte durchsickern, desto mehr verdichtet sich die Raffgier. Der Ausverkauf einer ganzen Region hat bereit vor Jahrzehnten begonnen und es sieht so aus, als würde sich der Großinvestor durch nichts und niemand stoppen lassen. Aber er ist doch eigentlich einer von ihnen....oder doch nicht ?


Ralph Neubauer nimmt den Ausverkauf einer ganzen Region als sozialkritisches Grundthema seines Regionalkrimis und baut darauf seine Handlung auf. Wer einen extrem spannenden Plot und Nervenkitzel hinter den fiesen Machenschaften vermutet, wird enttäuscht sein, denn hinter dem Titel verbirgt sich das Bohren in einer offenen Wunde, die sich Overtourism nennt, verursacht durch das Ausschlachten der Ressourcen durch eine regelrechte Schwemme von zahlungskräftigen Tourist:innen und der daraus resultierenden, besorgniserregenden Entwicklung.

Die Thematik an und für sich ist extrem interessant und aktuell, hält sie doch den Leser:innen den Spiegel vor. Wir alle an diesem Verramschen von beliebten Urlaubsregionen beteiligt. Die Ansprüche an die modernen Annehmlichkeiten werden immer größer und so beginnt das regelrechte "Wettrüsten" um größer, höher, exklusiver, ohne dabei Rücksicht auf diejenigen zu nehmen, die dort leben, und arbeiten wo wir Urlaub machen.

Die Figuren sind nicht immer überzeugend, wirken manchmal hilflos und wie Statisten in ihrer eigenen Geschichte. Manche Nebenhandlungen hätte es nicht bedurft, da sie nichts weiter zum Verlauf des eigentlichen Geschehens beitragen. Auch ist relativ leicht zu erkennen, wer die Taten verübt hat, denn eingefleischte Krimifans können die Fährten geschickt miteinander kombinieren und erhalten daher recht früh die Auflösung. Damit ist die Luft raus und selbst der fragwürdigste Kontaktmann und der Hinweis auf nicht ganz einwandfreie Aktionen können den Spannungsbogen nicht mehr straffen.

Als sozialkritische Studie sehr gut geeignet, gut recherchiert und aufbereite, aber als Krimi leider nur 3 neutrale Sternchen

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Veröffentlicht am 14.07.2024

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum

Sommertage im Veneto
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Flora befindet sich gerade in einer Sinnkrise und sucht verzweifelt nach dem lebhaften Ich, das einmal in ihr gesteckt hat. Irgendwie hat sie das Leben ausgebremst und sie hat vergessen, auf ihre Träume ...

Flora befindet sich gerade in einer Sinnkrise und sucht verzweifelt nach dem lebhaften Ich, das einmal in ihr gesteckt hat. Irgendwie hat sie das Leben ausgebremst und sie hat vergessen, auf ihre Träume zu hören und ihnen zu folgen. Der Weg zurück zum eigenen Ich führt Flora nach Italien, in einem kleines Dorf, abseits jeglichen Trubels. Und dann kommt erstens alles anders und zweitens sowieso...


Aktuell wir der Buchmarkt geradezu von Romanen überschwemmt, die von alten Familiengeheimnissen, Sinn- und Identitätssuche sowie schicksalsträchtigen Erkenntnissen in Italien handeln. So reiht sich auch "Sommertage im Veneto" von Frederike Hieronymi in die Riege ein und verströmt einen Hauch von mediterranem Lebensgefühl, begleitet von Hits aus der Italo-Disco.

Die Charaktere sind zwar schön gezeichnet, aber genau wie die Handlung des Romans auch, sind es keine einzigartigen Persönlichkeiten, sondern eher bekannte Beschreibungen von männlichen und weiblichen Figuren, die ihren Leidenschaften und Fähigkeiten nachhängen. Es fehlt das Alleinstellungsmerkmal und das gewisse Etwas, damit sich dieser Sommerroman von den bereits veröffentlichten Büchern in dieser Sparte so richtig abheben kann. Irgendwie kommt einem alles bekannt vor, da die Leserschaft es so oder ähnlich bereits aus anderen Geschichten kennt.

Vielen Dinge und Ereignisse sind schon auf den ersten Blick erkennbar, was die eigentliche Handlung recht vorhersehbar macht. Zwar kommt die Idee, aus dem Casa Rosa so eine Art Achtsamkeitshaus mit vielen unterschiedlichen Verwirklichungssaspekten werden zu lassen, sehr gut an, aber das liegt hauptsächlich am Haus selbst. Denn dieses Gemäuer lebt und atmet, erzählt seine Geschichte und kann die Leser:innen von sich einnehmen. Im Gegensatz zu den Figuren des Buches, die eher austauschbar und eindimensional wirken.

Es kommt wie es kommen muss- das Rad der Liebes- und Familiengeschichte wird nicht neu erfunden, aber an manchen Stellen neu interpretiert. Schnell und flüssig zu lesen und für einen lauen Sommerabend auf der Terrasse geeignet. Aber leider ohne nachhaltige Wirkung. 2,5 Sternchen

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Veröffentlicht am 14.07.2024

Wenn aus Fremden Freunde werden

Komm, wir trösten den kleinen Stern
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Es gibt zum Glück immer mehr Kinderbücher, die die Vielfalt unseres kunterbunten Lebens feiern. Freundschaft ist ein kostbares Geschenk und sollte die Entfernung noch so groß sein, kann sie doch mit liebevollen ...

Es gibt zum Glück immer mehr Kinderbücher, die die Vielfalt unseres kunterbunten Lebens feiern. Freundschaft ist ein kostbares Geschenk und sollte die Entfernung noch so groß sein, kann sie doch mit liebevollen Gedanken und Gesten Brücken bauen. Mira Schönegge nimmt Kinder und Vorlesende mit auf eine abenteuerliche Reise, die in kurzen, aber leider nicht immer ganz stimmigen Reimen von dem erzählt, was durch die Kraft der Freundschaft alles möglich wird.

Die Illustrationen sind herzallerliebst und gleichen Wimmelbildern, denn es sind viele liebevolle Details auf den einzelnen Seiten versteckt, damit das Anschauen des Buches immer wieder neu und aufregend ist. Die Geschichte selbst wird behutsam aufgebaut und ermöglicht Kindern ab drei Jahren, sich selbst als Schnipsel oder Rolf zu sehen, um gemeinsam das Leben auf Ometepe zu genießen und das große Abenteuer zu erleben.

Der Text beinhaltet alters- und kindgerecht formulierte Botschaften, die durch die Zeichnungen liebevoll transportiert werden.Das Buch nimmt die Gefühle aller Charaktere ernst und vermittelt Kindern, wie leicht es ist, ein achtsames, einfühlsames und rücksichtsvolles Miteinander zu leben. Offen für Vielfalt und Diversität, aufgeschlossen gegenüber anderen zu sein, damit aus Fremden Freunde werden, die sich gegenseitig mit einer Umarmung trösten und Kraft spenden. Das Sternenfunkeln kommt ein bisschen zu kurz, geht etwas unter...hier gäbe es auch die Möglichkeit, den Glitzereffekt mit nachhaltigen Materialien ins Buch zu bringen, um das kleine Sternchen wirklich funkeln und strahlen zu lassen.

Ein sehr modernes Bilderbuch, das Kindern die Möglichkeit bietet, zu aufgeschlossenen Menschen heranzuwachsen.

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