Atmosphärischer Heide-Roman
Jannes ist 19 und Schäfer in der Lüneburger Heide.
Doch die Idylle wird nicht nur von der Rückkehr des Wolfes getrübt, sondern auch die Sorge um Jannes’ demenzkranken Vater macht ihm zu schaffen.
Als er ...
Jannes ist 19 und Schäfer in der Lüneburger Heide.
Doch die Idylle wird nicht nur von der Rückkehr des Wolfes getrübt, sondern auch die Sorge um Jannes’ demenzkranken Vater macht ihm zu schaffen.
Als er dann noch eine mysteriöse Frauengestalt im Wald sieht, beginnt er, an seinem eigenen Verstand zu zweifeln.
“Von Norden rollt ein Donner” ist vor allem eins: eine Desillusionierung der Heiden-Idylle. Denn der Roman zeigt auf, mit welchen Problemen die Schäferinnen zu kämpfen haben, dass der Ton und die Arbeit hart sind, dass es aus wirtschaftlicher Sicht schon lange nicht mehr reicht, einfach Schafe durch die Landschaft zu treiben.
Hinzu kommt die Wolfsproblematik: in der Gegend gab es schon die ersten Risse, nun wollen die Anwohnerinnen ihr Vieh schützen und diskutieren über geeignete Maßnahmen, fühlen sich alleingelassen von der Politik.
Besonders anhand dieses Beispiels behandelt der Autor hier sehr anschaulich ein weiteres Thema: Generationskonflikte. Jannes’ Opa hat noch mitbekommen, wie auf Wölfe geschossen wurde, er sieht dies als die einzig vernünftige Lösung. Aber rechtfertigt Heimatschutz das Töten des gefährdeten Tieres?
Auch bei der Behandlung anderer Schwierigkeiten sieht man die unterschiedlichen Lösungsansätze verschiedener Generationen, z. B. im Rückblick, als Jannes’ Großmutter an Demenz erkrankt.
Außerdem behandelt der Roman die Themen Identität, Herkunft, die Schatten der (NS-)Vergangenheit, den Umgang mit dem immer mehr aufkommendem Tourismus und sogar eine Geistergeschichte findet ihren Platz.
Trotz der ruhigen Erzählweise erschafft Markus Thielemann unterschwellig Spannung, die hohe Dichte an Themen lässt die Stimmung immer düsterer werden.
Ich mochte außerdem die Landschaftsbeschreibungen und die wörtliche Rede sehr gern, durch die regionale Mundart sorgen die Anwohner ganz automatisch für ein atmosphärisches Lokalkolorit.
Am Ende bleiben einige Fragen offen, das Wolfsproblem ungelöst. Viele Erzählstränge werden nicht auserzählt und man muss sie selbst verbinden, um auf eine eigene Lösung zu kommen. ⭐️5/5⭐️