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Veröffentlicht am 17.11.2024

Wallis Simpson will Königin werden

Wallis Simpson
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“Wallis Simpson“ von Michaela Lindinger erzählt die Geschichte von Edward VIII. und Wallis Simpson, dem berühmtesten Liebespaar des vorigen Jahrhunderts, die bei den Royals einen Skandal verursachten, ...

“Wallis Simpson“ von Michaela Lindinger erzählt die Geschichte von Edward VIII. und Wallis Simpson, dem berühmtesten Liebespaar des vorigen Jahrhunderts, die bei den Royals einen Skandal verursachten, weil ein englischer König keine zweimal geschiedene Amerikanerin mit einem schlechten Ruf heiraten konnte. Dem König war seine Liebe wichtiger als sein Status. Er dankte 1936 ab und lebte nach der Hochzeit mit Wallis im Exil u.a. in Frankreich.
Wallis wuchs in sehr einfachen Verhältnissen mit ihrer verwitweten Mutter Alice, unterstützt von ihrer Tante Bessie in Baltimore auf. Schon früh hatte sie das Ziel, durch die Heirat mit einem reichen Mann sozialen Aufstieg und Ansehen zu erlangen. Dabei spannte sie auch schon mal einer Freundin den Partner aus. Ihre erste, mit 20 geschlossene Ehe hielt nur kurz, und auch die zweite scheiterte. Durch ihre Kontakte hoffte sie, am englischen Hof vorgestellt zu werden. Damit hatte sie Erfolg und konnte so auch den bei Frauen beliebten Edward für sich gewinnen. Das Paar quartierte sich mehrfach bei reichen Freunden ein und hatte keine Skrupel, die gewährte Gastfreundschaft reichlich zu strapazieren. Wallis ging es stets um die Außenwirkung. Sie gab sehr viel Geld für Kleidung und ihr Äußeres aus und ließ sich ihr Leben lang Unmengen von wertvollem Schmuck schenken, der ein Jahr nach ihrem Tod für 50 Millionen Dollar versteigert wurde. Nur einmal in ihrem knapp 90 Jahre dauernden Leben tat sie auch etwas für andere: Sie finanzierte eine Stiftung auf den Bahamas und kümmerte sich dort aktiv um Notleidende und Kranke.
Die Autorin sieht Wallis Simpson sehr kritisch und vermittelt auch dem Leser den Eindruck, dass die Beziehung keine romantische Liebesgeschichte war und weder Wallis noch Edward besonders sympathische Menschen. Dennoch ist die kenntnisreiche Biographie lesenswert und interessant, gerade weil man die meisten Details nicht kannte zum Beispiel, dass Wallis´ eher männliches Aussehen wohl auf ihrer Intersexualität beruhte und Edward vermutlich bisexuell war. Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen.

Veröffentlicht am 20.10.2024

Patricia und ihr unkonventionelles Liebesleben

Ex-Wife
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In Ursula Parrotts Roman “Ex-Wife“ verlieben sich Patricia und Peter ineinander und heiraten sehr jung. Die Ehe hält nur vier Jahre, weil Peter seine Frau verlässt, als er erfährt, dass sie ihn betrogen ...

In Ursula Parrotts Roman “Ex-Wife“ verlieben sich Patricia und Peter ineinander und heiraten sehr jung. Die Ehe hält nur vier Jahre, weil Peter seine Frau verlässt, als er erfährt, dass sie ihn betrogen hat, obwohl die Eheleute eine offene Beziehung vereinbart hatten und Peter auch reichlich von seinem Recht Gebrauch macht. Als Peter Patricia verlässt, leidet sie sehr darunter und hofft jahrelang, dass er zu ihr zurückkehrt, obwohl es während der Ehe auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist. Es sind die Goldenen 20er in New York, und Patricia geht nach der Arbeit in Restaurants, Bars und Flüsterkneipen, flirtet, feiert und trinkt sehr viel und gibt ihr ganzes Geld für ihr attraktives Äußeres aus. Sie hat eine Vielzahl von sexuellen Kontakten, aber ihr Wunsch, noch einmal die große Liebe zu erleben, geht nicht in Erfüllung. Die Geschichte, die Parrott erzählt, weist viele Parallelen zu ihrem eigenen Leben auf. Vermutlich wurde der Roman deshalb 1929 auch anonym veröffentlicht. Ex-Wife wurde mit über 100.000 verkauften Exemplaren zum Bestseller. Heute kann die Darstellung eines sexuell freizügigen Lebens niemand mehr schockieren. Es sind andere Zeiten. Interessant bleibt das Porträt einer vergangenen Epoche dennoch, weil der Leser sieht, dass sich vieles, aber längst nicht alles geändert hat, vor allem nicht die zugrundeliegenden Machtstrukturen, die verhinderten, dass Patricia alias Ursula wirklich frei sein konnten.
Ich habe das Buch gern gelesen.

Veröffentlicht am 29.09.2024

Warum starb Claire Gravesend?

Bis in alle Endlichkeit
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In James Kestrels im Original unter dem Namen des Autors Jonathan Moore unter dem Titel „Blood Relations“ bereits 2019 erschienenen Roman “Bis in alle Ewigkeit“ findet Privatdetektiv Lee Crowe in einem ...

In James Kestrels im Original unter dem Namen des Autors Jonathan Moore unter dem Titel „Blood Relations“ bereits 2019 erschienenen Roman “Bis in alle Ewigkeit“ findet Privatdetektiv Lee Crowe in einem gefährlichen Viertel San Franciscos die Leiche einer attraktiven, elegant gekleideten jungen Frau auf dem Dach eines erheblich beschädigten Rolls Royce. Die Polizei und der Gerichtsmediziner sind überzeugt, dass sie sich selbst umgebracht hat. Ihre Mutter, die sehr reiche Olivia Gravesend, glaubt das nicht und schaltet den Anwalt Jim Gardner ein, der Lee Crowe mit den Ermittlungen beauftragt. Als Crowe nach Boston fliegt, um in Claire Gravesends Haus nach Hinweisen zu suchen, wird er von einem Unbekannten mit einem Messer angegriffen. Er wehrt sich und tötet den Angreifer. Zurück in San Francisco will er eine Wohnung von Claire untersuchen und trifft auf eine junge Frau namens Madeleine Adair, die Claire so verblüffend ähnlichsieht, dass er sie für Claire hält. Von ihr erfährt er nicht nur, dass sie und Claire eineiige Zwillinge waren, sondern auch, dass Claire Nachforschungen über ihre unbekannte Herkunft angestellt hat, denn beide waren als Kinder vor Kirchen ausgesetzt und adoptiert worden.
Im Laufe seiner Ermittlungen fühlt sich Crowe immer wieder beobachtet und bedroht. Irgendjemand will nicht nur verhindern, dass Claires Tod aufgeklärt wird, sondern auch, dass im Zusammenhang damit Dinge ans Licht kommen, die mit der Herkunft der Frauen zu tun haben. Keiner soll erfahren, warum beide kreisförmige Narben entlang der Wirbelsäule haben. Lee findet auch heraus, dass sich sein Chef Jim Gardner gegen üppige Bezahlung mit sehr dubiosen Leuten eingelassen hat und in kriminelle Machenschaften verwickelt ist. Trotz vorübergehender Spannungen zwischen Lee und Jim vermittelt ihm dieser am Ende einen neuen Auftrag, der vermutlich Thema einer Fortsetzung sein wird.
Ich habe den sehr spannenden Roman sehr gern gelesen und bin auf weitere Romane des Autors sehr gespannt. Ich spreche eine klare Empfehlung aus.

Veröffentlicht am 29.09.2024

Wer bin ich, und wer will ich sein?

Juli, August, September
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Ich-Erzählerin Lou, eigentlich Ludmilla, ist Kunsthistorikerin und lebt mit ihrem Mann Sergej, einem erfolgreichen Pianisten, in Berlin. Ursprünglich stammt die Familie aus der ehemaligen Sowjetunion. ...

Ich-Erzählerin Lou, eigentlich Ludmilla, ist Kunsthistorikerin und lebt mit ihrem Mann Sergej, einem erfolgreichen Pianisten, in Berlin. Ursprünglich stammt die Familie aus der ehemaligen Sowjetunion. In den 90er Jahren wanderte der größte Teil der Familie nach Israel aus, Lous Mutter mit ihrer Tochter jedoch als einzige nach Berlin. Lous Ehe ist nicht glücklich. Ihr Mann gibt ständig irgendwo Konzerte und verbringt wenig Zeit mit seiner Frau und der kleinen Tochter Rosa. Lou schreibt seit langer Zeit an einem Buch, mit dem sie nicht vorankommt. Auch ihr Mann durchlebt eine Krise. Dann bittet Lous Mutter sie eines Tages, die Einladung zu einer großen Familienfeier in einem All-Inclusive-Hotel auf Gran Canaria mit ihr zusammen anzunehmen, wo der 90. Geburtstag von Lous Großtante Maya, der jüngeren Schwester ihrer verstobenen Großmutter Rosa gefeiert werden soll. Nach einigem Zögern stimmt Lou zu. Man kennt sich kaum oder gar nicht, und es gibt bei diesem Treffen viele Spannungen und Missverständnisse. Lou hört sich Mayas Version der Vergangenheit an und staunt über die vielen Lügen von Maya und den anderen. Es scheint eine Menge zu geben, was sie nicht weiß, vor allem nicht die Ursache für das schlechte Verhältnis der Schwestern Rosa und Maya. Lou beschließt, nach Israel zu reisen, um endlich Antworten auf all ihre Fragen zu bekommen.
Die drei Monate des Titels spiegeln nicht nur die zeitliche, sondern auch die räumliche Abfolge: Berlin, Gran Canaria, Israel. Der Leser verfolgt, wie Lou sich mit ihren jüdischen Wurzeln auseinandersetzt, sich fragt, was genau ihre Identität ausmacht und welche Rolle jüdisches Leben und Religion bei der Erziehung ihrer Tochter spielen sollten. Das ist interessant und packend dargestellt und hat mir gut gefallen – allerdings nicht ganz so gut wie vor Jahren “Der Russe ist einer, der Birken liebt.“

Veröffentlicht am 24.09.2024

So geht bedingungslose Liebe

In den Farben des Dunkels
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Der 13jährige Joseph Macauley genannt Patch wächst im kleinen Ort Monta Clare im Mittleren Westen auf. Den Namen verdankt er der Augenklappe, die er immer schon trägt, denn er wurde mit nur einem Auge ...

Der 13jährige Joseph Macauley genannt Patch wächst im kleinen Ort Monta Clare im Mittleren Westen auf. Den Namen verdankt er der Augenklappe, die er immer schon trägt, denn er wurde mit nur einem Auge geboren. Deshalb spielt er auch den Piraten. Er ist ein Außenseiter, der von den anderen Jungen gemobbt und verprügelt wird. Seine Freundin Saint ist in ihn verliebt, aber er ist nur an der von allen umschwärmten Misty Meyer interessiert. Eines Tages sieht er im Wald, wie Misty von einem maskierten Mann angegriffen wird. Er attackiert den Mann und ermöglicht dem Mädchen so die Flucht. Er selbst wird von dem Angreifer entführt und 307 Tage lang an einem unbekannten Ort eingesperrt. In einem dunklen Raum hilft ihm ein unbekanntes Mädchen namens Grace zu überleben, indem sie ihm Geschichten erzählt und von Orten überall in der Welt berichtet, an denen sie gewesen ist. In all der Zeit gibt Saint – im Gegensatz zur Polizei - die Suche nach dem Freund nicht auf, bis sie eines Tages das Haus eines von ihr verdächtigten Mannes aufsucht und Patch befreit. Der Entführer kann entkommen, und auch von Grace gibt es keine Spur. Drei Jahrzehnte seines Lebens wird Patch damit verbringen, nach Grace und anderen verschwundenen Mädchen zu suchen. Er geht nie einer geregelten Tätigkeit nach, wird stattdessen Bankräuber, wobei er den größten Teil seiner Beute spendet. Außerdem stellt sich heraus, dass er ein begabter Maler ist, der vom Verkauf seiner Bilder leben könnte. Dreißig Jahre wird es schließlich dauern, den Serientäter zu stellen. Saint ist Polizistin geworden und hat genau diese Suche zu ihrem Lebensziel gemacht.

Die sehr intensive, aber nicht durchweg spannende Geschichte um Liebe und Freundschaft ist sehr berührend und liest sich gut. Es geschehen Verbrechen, aber das Buch ist viel mehr als ein Krimi. Vor allem überzeugt die Darstellung von bedingungsloser Liebe, die die Lebenswege der zentralen Figuren bestimmt. Auch der neue Roman von Chris Whitaker hat mir gut gefallen.