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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.11.2018

Aufwühlend und berührend

Marie
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Die Autorin Anja Lehmann hat schon viel Leid erlebt und das schlägt sich auch in ihrem Buch „Marie“ nieder. Mit viel Gefühl schreibt sie über die Erlebnisse eines Mädels im 2. Weltkrieg.

Marie wird von ...

Die Autorin Anja Lehmann hat schon viel Leid erlebt und das schlägt sich auch in ihrem Buch „Marie“ nieder. Mit viel Gefühl schreibt sie über die Erlebnisse eines Mädels im 2. Weltkrieg.

Marie wird von einem Augenblick zum anderen aus der behüteten Fürsorge ihrer Mutter gerissen. Vater und Bruder sind bereits von den Nazis deportiert und ihre Mutter stirbt bei der Geburt ihres Sohnes. Allein auf sich gestellt, versuchen Marie und ihre Schwester bei einer guten Bekannten unterzukommen. Da sie Halbjuden sind, leben sie in ständiger Angst, welche auch leider berechtigt ist. Im Jahr 1941 wird sie als Arbeiterin nach Berlin gebracht, wo die sogenannten Ostarbeiterinnen keinerlei Rechte sondern nur Pflichten haben. Sie erlebt was es heißt, gefangene eine bösartigen Mannes zu sein und flüchtet immer wieder. Ihre Schwester fristet ihr Dasein in einem Konzentrationslager. Ob Marie und Sarah (so heißt die Schwester) die Qualen überleben und was sie alles auf ihrem Weg erfahren, das müssen Sie selbst lesen.

Das Buch „Marie“ gefiel mir sehr gut, weil es nicht nur Schlechtes berichtet. Hier werden auch Menschen beschrieben, die sich gegen Hitler wandten und den geknechteten Seelen halfen. Dennoch ist es ein sehr berührendes Werk, welches von der Empathie der Autorin zeugt. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass die Geschichte um Marie irgendwann und irgendwie weiter geht. Danke sage ich der Autorin, dass sie mir wertvolle Gedanken ins Herz legte.

Veröffentlicht am 21.11.2018

Farbenfroh und abseits des Mainstreams

Dunkelgelb
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Eva Altjohann war auf dem Weg vom Chiemsee nach Lübeck und ihre Gedanken formulierten die Handlung zu einem neuen Roman. So beschreibt sie selbst, wie es zu diesem Buch kam. Mit dunkelgelb geht sie neue ...

Eva Altjohann war auf dem Weg vom Chiemsee nach Lübeck und ihre Gedanken formulierten die Handlung zu einem neuen Roman. So beschreibt sie selbst, wie es zu diesem Buch kam. Mit dunkelgelb geht sie neue Wege im Genre Liebesroman. Schon der Anblick des Covers zeigt das. Schlicht, ohne schmachtende Blicke oder „Nackenbeißer“, so wird dem Betrachter das Äußere des Buches präsentiert.

Einfühlsam und ganz anders als vergleichbare Bücher, kommt „Dunkelgelb“ beim Leser an. Hauptpersonen sind Benedikt und Sophia. Zwei Menschen, die sich bereits viele Jahre kennen, aber nicht den Mut fanden, sich aneinander zu binden. Im Zeitraffer wird ihr Leben mit anderen Partnern beschrieben und auch die Fraueninsel im Chiemsee hat ihren Platz in den Erinnerungen. Warum Sophia den Heiratsantrag Benedikts nicht annahm und wie sich ihr Leben so fern voneinander gestaltet, das beschreibt Eva Altjohann in ihrer einzigartigen Weise. Farben spielen bei den Gedanken und Erlebnissen Benedikts eine tragende Rolle.

Es dauerte eine Weile, bis ich mit der Eigenart Benedikts zurechtkam. Ich kenne dieses Farbempfinden nicht, ließ mich aber ohne Vorurteile darauf ein. Das war auch gut so, denn dadurch konnte ich in den Roman eintauchen. Ich folgte den beiden Hauptpersonen auf ihrem Weg und durch die klare Sprache und die exakten Beschreibungen der Orte und Personen, konnte ich mir alles sehr genau vorstellen. Mit „Dunkelgelb“ ist Frau Altjohann ein wunderbares Buch gelungen.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Ein literarischer Hochgenuss

Die Tagesordnung
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Die Tagesordnung von Èric Vouillard ist ein dünnes Buch, welches es in sich hat. Das liegt nicht alleine an der eindrucksvollen Sprache des Schreibers. Auch die hier geschilderten Vorgänge zur Zeit der ...

Die Tagesordnung von Èric Vouillard ist ein dünnes Buch, welches es in sich hat. Das liegt nicht alleine an der eindrucksvollen Sprache des Schreibers. Auch die hier geschilderten Vorgänge zur Zeit der Nationalsozialisten lässt den Leser sprachlos und nachdenklich zurück.

Der Autor berichtet von einem Tag im Februar 1933. Herr Göring lädt die Creme de la Creme der deutschen Wirtschaft zu einem Gespräch ein. Unter anderem folgen Opel und Krupp seiner Einladung und innerhalb weniger Minuten schafft es Göring, dass die Herren bereit sind, die Nationalsozialisten finanziell zu unterstützen. Und nicht nur das. Auch der Einmarsch ins Nachbarland Österreich wurde hier am grünen Tisch entschieden.

Sieben Jahre dauerte es, bis Vouillard genug Fakten sammelte, um sein Buch zu schreiben. Als studierter Historiker kennt er sich in der Materie aus und bekam daher nicht ohne Grund den höchsten literarischen Kulturpreis Frankreichs. Mir gefiel „Die Tagesordnung“ sehr gut, weil der Stil gehoben ist und die Story trotzdem gut lesbar war. Für mich war erschreckend, wie leicht sich die damaligen Wirtschaftsbosse einwickeln ließen. Ein wenig Furcht kommt bei dem Gedanken an das Buch noch immer bei mir auf. Ich frage mich nämlich, ob das wohl heute auch noch so passieren könnte?

Veröffentlicht am 19.11.2018

Spannend und nah an der Realität

Flucht in die Schären
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Viveca Sten ist eine schwedische Autorin, die mit Thrillern rund um die Hauptperson Thomas Andreasson spannende Unterhaltung schuf. Sie scheut sich dabei nicht, auch „heiße Eisen“ anzupacken. Ihre Sandham ...

Viveca Sten ist eine schwedische Autorin, die mit Thrillern rund um die Hauptperson Thomas Andreasson spannende Unterhaltung schuf. Sie scheut sich dabei nicht, auch „heiße Eisen“ anzupacken. Ihre Sandham Serie wurde sogar vom ZDF verfilmt. Ein Hinweis im Buch, welcher bemerkenswert ist, wurde von Frau Sten vermerkt. Sie zeigt Betroffenen auf, an wen sie sich wenden können, um dort Hilfe zu erfahren. Die Flucht in den Schären ist der 9. Band um den Ermittler Thomas Andreasson.

In dem Buch „Flucht in die Schären“ geht es um ein sehr heikles Thema. Gewalt gegen Frauen wird leider nicht nur in Schweden immer noch totgeschwiegen. Die Betroffenen haben Angst und lassen sich lieber schlagen als dass sie ihren Mann verlassen würden. Dass besonders die Kinder darunter leiden, ist ihnen bekannt. Trotzdem haben sie keine Kraft, diese zu schützen. Das Buch erzählt von Mina und ihrem Sohn. Mina ist eine junge Frau, welche von Andreis, ihrem Mann fast totgeschlagen wird, bis sie den entscheidenden Schritt der Flucht geht. Sie hat Rückhalt in der Familie und ist das einzige Kind. Wie schwierig die Anzeige gegen den Ehemann ist und was auch die Anwältin der Gegenseite an Trümpfen in der Hand hat, wird bestens gezeigt. Neben der Gewalt gegen Mina wird Andreis auch der Steuerhinterziehung und des Drogenhandels verdächtigt.

Viveca Stein erzählt auf zwei Zeitebenen und in zwei Ländern. Da ist einmal der Jugoslawienkrieg, den Andreis miterleben musst sowie die Situation im Hier und Jetzt. Andreis floh mit seinen Eltern und dem kleinen Bruder nach Schweden.

Mir hat das Buch gefallen, weil es nah an der Realität berichtet. Die Schwierigkeiten der Ermittler, der Staatsanwaltschaft und der Kampf der Ehefrau wird gut beschrieben. Der Thriller ist spannend und die Sprache gehoben. Rund um Thomas Andreasson gibt es weitere Bände, die ebenfalls spannend geschrieben sind.

Veröffentlicht am 18.11.2018

Ein literarisches und mitmenschliches Highlight 2018

Malva
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Die niederländische Autorin Hagar Peeters wurde im Jahr 2016 mit dem Fintro Literaturpreis ausgezeichnet. Und das genau für diesen Roman „Malva“. Der belgische Preis gilt für Literatur, welche im Original ...

Die niederländische Autorin Hagar Peeters wurde im Jahr 2016 mit dem Fintro Literaturpreis ausgezeichnet. Und das genau für diesen Roman „Malva“. Der belgische Preis gilt für Literatur, welche im Original in niederländischer Sprache geschrieben wurde.

Malva ist mehr als „nur“ ein Roman. Das Buch beschreibt die Gedanken toter Kinder, die zu Lebzeiten von ihren berühmten Vätern verstoßen wurden. Nicht etwa, weil es sogenannte Bastarde waren, sondern da sie „unnormal“ auf die Welt kamen. Kurzum, sie entsprachen nicht der Norm, sie galten als Missgeburten. Malva war die Tochter eines berühmten chilenischen Autors. Sie wuchs in einer Pflegefamilie auf und ihr Vater leugnete vehement ihre Existenz. Nur die Mutter kümmerte sich, konnte aber gegen die Stärke des Ehemanns nichts ausrichten. Im Jenseits trifft Malva auf Seelenverwandte und freundet sich unter anderem mit Oskar Matzerath an. Aber auch die Herren Göthe und Seneca traf sie in der Ewigkeit. Hin und wieder reitet sie mit ihren Freunden auf die Erde um jene Menschen zu betrachten, die noch unter den Lebenden weilen.

Das Buch ist mehr als eine Geschichte, welche der Phantasie der Autorin entsprungen ist. Ob sie mich als Betroffene mehr berührte als andere Leser, das wage ich kaum zu beurteilen. Nicht nur zur Zeit des Nationalsozialismus wurden Behinderte als Versuchskaninchen missbraucht und getötet. Das war bereits viel früher der Fall. Und sogar in der heutigen Zeit dürfen Babys mit Trisomie 21 bis kurz nach der Geburt getötet werden. Das Buch rüttelt auf und gibt das zum Ausdruck, was Kinder von Berühmtheiten denken, deren Väter sie verstießen. Ein Satz blieb mir präsent und daher zitiere ich ihn auch hier: "Vielleicht hätte mein Vater mich sehen müssen, wie ich als Tote aussah, nicht als Lebende; vielleicht hätte er mich dann lieben können".