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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2022

Der Titel ist Programm

Chaos im Märchenhimmel
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„...Verzogen!“, schnalzt in diesem Moment die Ratte missbilligend mit ihrer Zunge. „Du hast die Mädchen vollkommen verzogen!“ „Aber ich habe ihnen doch nur Liebe und Zuneigung entgegengebracht. Wie kann ...

„...Verzogen!“, schnalzt in diesem Moment die Ratte missbilligend mit ihrer Zunge. „Du hast die Mädchen vollkommen verzogen!“ „Aber ich habe ihnen doch nur Liebe und Zuneigung entgegengebracht. Wie kann das falsch sein?“...“

Gevatter Tod hat drei Mädchen in seinem Zwischenreich willkommen geheißen: die kleine Meerjungfrau, das Sterntalermädchen und das Mädchen mit den Schwefelhölzern. Die aber haben nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig anzuzicken. Also schickt sie Gevatter Tod mit der Aufgabe auf die Erde, die Seele von Schneewittchen zu holen. Das passt ihnen auch nicht. Sie retten ihr dreimal das Leben. Dabei treffen sie auf drei Wölfe, die gegebenenfalls kurzzeitig zu jungen Männern mutieren. Auch hier geht es nicht ohne Streit und Geschrei.
Die Autorin hat etliche Märchen zu einer neuen Geschichte zusammengefügt. Manchmal ist das Originalmärchen noch zu erkennen, manchmal ist außer den Protagonisten nicht viel übrig. Übrigens: Der Titel des Buches ist Programm und auf jeder Seite erlebbar.
Der Schriftstil ist ausgereift. Neben guten Beschreibungen der Handlungsorte zeigt sich das insbesondere an den vielfältigen Gesprächen. Die können ernsthaft und tiefgründig sein, aber auch nur aus gegenseitigen Beschuldigungen und Gezicke bestehen.
Gevatter Tod sieht eine letzte Möglichkeit, um die Situation in den Griff zu bekommen. Jeweils ein Mädchen wird zusammen mit einem Wolf zu seinen Pokerfreunden geschickt. Bei der guten Fee, dem Sandmännchen und der Zahnfee müssen sie sich beweisen.
Über die weitere Handlung möchte ich mich bedeckt halten. Mir gefallen die vielen humorvollen Stellen. Die gibt es zum Beispiel im Gespräch der Ratte mit Gevatter Tod. Die Ratte sieht nämlich manches realistischer und spitzt das gekonnt zu.
Nebenbei werden im Buch einige philosophische Themen gestreift. Das klingt dann zum Beispiel so:

„...Als Ratte ist man immer eine von vielen und damit ersetzbar. So ist nun einmal das Leben. Es ist grausam und kurz, und wer nicht schwimmen kann, der geht eben unter...“

Sie ist also sehr pragmatisch. Doch zum Thema Tod gibt es unterschiedliche Meinungen. Schicksal öder Zufall? Beides klingt an und wird diskutiert. Dabei geht es auch um den Sinn des Lebens.

„...Der Tod ist weder der Anfang noch das Ende. Er ist vergleichbar mit dem Zustand des Glücks, in dem man das Gefühl hat, alles oder nichts zu sein...2

Beim Treffen mit den Wölfen geht es um eine anderes Problem.

„...Jede Münze hat zwei Seiten, und wer böse und wer gut ist, ist nicht immer eindeutig...“

Wann ist Hilfe sinnvoll, wann nicht? Auch das wird anschaulich vermittelt. Einerseits ist keine Hilfe unwichtig, wie klein sie auch sein mag. Andererseits gilt
.
„...Eine aufgezwungene Hilfe ist keine Hilfe...“

Es gäbe noch viel über die Geschichte zu sagen. Das würde aber den Rahmen dieser Rezension sprengen. Mit enormer Phantasie ist es der Autorin gelungen, spannende und unerwartete Episoden zu gestalten und manche Überraschung in der Hinterhand zu haben. Auch wenn das Gezicke ab und an nervt, es passt perfekt zur Handlung.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist eine gelungene Mischung aus Phantasie, Humor und Philosophie.

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Veröffentlicht am 12.12.2022

Mal ein anderes Weihnachtsbuch

Alle Jahre wieder
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„...“Kommst du Weihnachten nach Hause, Große? Nach Berlin? Und was wünschst du dir?“, frage ich meine Tochter Martha am Telefon...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Telefongespräch zwischen einem Vater und ...

„...“Kommst du Weihnachten nach Hause, Große? Nach Berlin? Und was wünschst du dir?“, frage ich meine Tochter Martha am Telefon...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Telefongespräch zwischen einem Vater und seiner 21jährigen Tochter, die in Heidelberg studiert. Bei diesem Gespräch kommen die beiden vom Hundertsten ins Tausendste. Als Leser fühlt man sich mitgenommen.
Und wie es Telefongespräche so an sich haben, kann es manchmal ganz schnelle Themenwechsel oder Brüche geben.
Angesprochen werden Familientradition, aber auch alte Weihnachtsbräuche und ihre Veränderungen.

„...Zu uns in den Kindergarten und in die Schule kam der Nikolaus in Begleitung von Knecht Ruprecht. Der als Waldschrat verkleidete Ruprecht hatte eine Rute dabei...“

Nicht einfach ist es, die Familienmitglieder, deren Namen so nach und nach auftauchen, auseinander zu halten. Marthas Eltern sind geschieden. Bei jedem Elternteil wird Weihnachten anders gefeiert.
Viele bekannte Weihnachtslieder werden in Erinnerung gerufen. Ab und an klingt eine feine Ironie durch.

„...Bringt sie Gnade, Papa? Müsste es nicht geschenkebringende Weihnachtszeit heißen?...“

Auf Reisen hat vor allem der Vater Weihnachten auch in anderen Ländern kennengelernt. Manchmal war es wie eine Art Flucht vor dem Fest. Doch die Erinnerungen bleiben.

„...Weihnachten hat seine Gerüche und seinen ganz besonderen Duft: der trockene Adventskranz, die Apfelsinenschalen, Plätzchen im Ofen, Zimtsterne...“

Und dann gab es ide Päckchen, die in die DDR geschickt wurden. Zurück kam zumeist eine Dresdner Christstollen.
Das Buch enthält ein paar wenige Fotos, deren Qualität aber eher den sonst positiven Eindruck von dem Büchlein schmälert.
Das Gespräch hat mir sehr gut gefallen. Es vermittelt eine gewisse Leichtigkeit.

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Veröffentlicht am 11.12.2022

Sehr schönes Kinderbuch

Wie der Schneemann einen Freund bekam
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„...Der kleine Bär erwachte viel zu früh aus seinem Winterschlaf. Er gähnt, reckte und streckte sich und blinzelte müde aus seiner Höhle...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch, in dem es um Freundschaft ...

„...Der kleine Bär erwachte viel zu früh aus seinem Winterschlaf. Er gähnt, reckte und streckte sich und blinzelte müde aus seiner Höhle...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Kinderbuch, in dem es um Freundschaft und Zusammenarbeit geht.
Die Geschichte ist kindgerecht. Die Texte sind kurz, in großer Schrift und klar gegliedert.
Der kleine Bär freut sich, dass er im Schnee spielen kann. Nach einer Weile aber macht das allein keinen Spaß. Er rollt einen Schneeball zu einer großen Kugel. Dass sieht der Otter und hilft ihm dabei. Versehentlich verdeckt die Kugel kurzzeitig den Höhleneingang eines kleinen Häschens. Das hat nun weitere Ideen, was mit der Schneekugel geschehen soll.
Das Buch enthält viele Glitzereffekte zum Befühlen. Es ist wunderschön illustriert.
Ich mag die Geschichte. Sie ist niedlich und doch inhaltsreich.

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Abwechslungsreiche Anthologie

Ein Reigen - Erzählungen und Kurzgeschichten
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„...Ein leises Summen und Brummen hunderter menschlicher Stimmen wurde langsam lauter und immer lauter. Dann standen sie auf dem kleinen Platz mit dem monumentalen Fontana di Trevi...“

Kommissar Jörgensen ...

„...Ein leises Summen und Brummen hunderter menschlicher Stimmen wurde langsam lauter und immer lauter. Dann standen sie auf dem kleinen Platz mit dem monumentalen Fontana di Trevi...“

Kommissar Jörgensen macht mit seiner Frau Urlaub in Rom. Vor sieben Jahren waren Frau und Tochter schon einmal in der Stadt. Damals konnte er sie aus beruflichen Gründen nicht begleiten. Die Geschichte gehört zu den längeren in der Anthologie. Was wie eine Reisebeschreibung von Rom beginnt, entwickelt sich bald zu einem spannenden Suchspiel und letztendlich zu einem Krimi. Als die Frau des Kommissars eine ehemalige Marktfrau wieder treffen will, ahnt sein nicht, was dabei auf sie zukommt.
Insgesamt 11 Geschichten hat der Autor in dem Bändchen gesammelt. Manche sind nur knapp zwei Seiten lang. Die letzte Erzählung ist schon vor mehreren Jahren entstanden.
Einige der Geschichten führen mich in die Vergangenheit, andere spielen im Heute und Jetzt. Häufig geht es um zwischenmenschliche Beziehungen und ihre Grenzen. Auch philosophische Gedanken spielen eine Rolle.

„...“Vielleicht steckt beides in den Menschen“, sagt Sabrina schließlich. „Was meinst du, Schatz?“ „Das Gute und das Böse. In jedem von uns. Auch in uns beiden.“...“

In einigen Erzählungen sind die Akteure Tiere. Diese Fabeln halten den Menschen einen Spiegel vor, so wie in der letzten Geschichte. Dort steht der Schakal vor der rettenden Oase.

„...Nein, Fremdling, wir haben kein Wasser für dich. Geh! Mach, dass du fortkommst! Für dich gibt es in Zerzura kein Wasser!...“

Die Mischung der unterschiedlichsten Themen macht das Besondere dieser Anthologie aus.
Das Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Es regt zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Die Stärke der Frauen

Weil die Zukunft uns gehört
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„...Toni machte das nichts aus. Sie hatte ein Ziel, und das ließ aus lauter Vorfreude ihr Herz höher schlagen und sie über die Pfützen des Bahnhofplatzes springen: die Universität...“

Wir schreiben das ...

„...Toni machte das nichts aus. Sie hatte ein Ziel, und das ließ aus lauter Vorfreude ihr Herz höher schlagen und sie über die Pfützen des Bahnhofplatzes springen: die Universität...“

Wir schreiben das Jahr 1919. Toni ist aus einem kleinen Dorf nach München gekommen, um Medizin zu studieren. Unterkunft findet sie in der Damenpension von Ida Petersen, ihrer Cousine.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Im Mittelpunkt stehen Frauen, die das gesellschaftliche Korsett, das man ihnen so gern anlegen will, sprengen wollen.
Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet. Positiv fallen auch die tiefgründigen Diskussionen auf.
Toni hat es in der Universität nicht einfach. Besonders Professor Hartmann legt es darauf an, die weiblichen Studenten zu demütigen. Aber Toni beißt sich durch. Sie möchte nebenbei in ihre Arbeit auch das von der Mutter übernommene Kräuterwissen mit einbringen. Der Tod der Mutter im Kindbett war die Grundlage für Tonis Studienwunsch.
In der Villa wird viel über die Rechte der Frauen diskutiert. Dabei kann es schon einmal heftiger zugehen:

„...Wie scheinheilig ihr seid! Einerseits kämpft ihr hier in der Villa für die Frauenrechte, geht wählen und studieren und arbeiten. […] Doch wenn es um sexuelle Selbstbestimmung geht gelten wieder die alten Gesetze?...“

Emilia, die aus Spanien stammt, nimmt sich, was sie braucht. Dabei hat sie eine heftige Geschichte hinter sich, die ich als Leser aber erst relativ spät kennenlerne.
Die Autorin nutzt ein zusätzliches Stilmittel. Am Ende jedes Kapitels steht einBrief, den Ida an ihre Tochter schreibt, ohne ihn je abzuschicken. Dadurch erfahre ich von Idas bisheriges Leben, ihren Wünsche und ihren Träume. Die Tochter lebt beim Vater. Als schuldig geschiedene Frau darf Ida sie nicht mehr sehen. Hier ist ein Ausschnitt aus einem Brief:

„...Und immer der Vergleich mit den Männern, wer hat das nur erfunden? Ich fürchte, das ist ein Missverständnis unserer Zeit, dass wir Frauen uns an ihnen messen, sie als Maß der Dinge nehmen. Anstatt dass wir unsere eigenen Ideale entwickeln...“

Im Buch werden weitere Lebensgeschichten eingebunden, die ein Schlaglicht auf die Verhältnisse der Zeit werfen. Ab und an wird angesprochen, dass die Männer, die aus dem Krieg zurückgekehrt sidn, nun wieder ihre angestammten Plätze wollen. Mit selbstbewussten Frauen haben sie nicht gerechnet.
In Tonis Leben gibt es zwei Männer. Beide sind in ihren Einstellungen unterschiedlich wie Tag und Nacht. Toni muss sich nicht nur in der Liebe entscheiden. Auch die Frage, ob sie aufs Dorf zurück geht, macht ihr Kopfzerbrechen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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