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Veröffentlicht am 12.12.2023

Sogreich in der zweiten Hälfte

No Escape
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Mitte des Jahres haben ich von „One of the Girls“ von Lucy Clarke begeistern lassen und man kennt es, wenn eine Autorin, von der schon fleißig vorher Bücher auf dem deutschen Buchmarkt veröffentlicht wurden, ...

Mitte des Jahres haben ich von „One of the Girls“ von Lucy Clarke begeistern lassen und man kennt es, wenn eine Autorin, von der schon fleißig vorher Bücher auf dem deutschen Buchmarkt veröffentlicht wurden, die aber unter dem Radar liefen, auf einmal schlagartig bekannt ist, dann legt man die alten Dinger einfach wieder auf. Mir ist das leider schon mal unwissentlich passiert, was mich hat vorsichtiger werden lassen, aber bei „No Escape“ war es mir klar, dass es schon ein Buch von 2015 von Clarke ist. Hier war es mir aber auch egal, weil ich das Buch vor acht Jahren nicht gelesen habe und weil ich einfach mal ein anderes und gerne auch älteres Buch von der Autorin lesen wollte, um meinem Eindruck von ihr nachzuspüren.

Das Buch ist in zwei Zeitperspektiven eingeteilt, aber wir erleben die komplette Handlung jeweils nur aus der Sicht von Hauptfigur Lana. Diese enge Perspektive, die zum Beispiel in „One of the Girls“ durch die vielen verschiedenen Perspektiven ganz anders wirkte, verändert das Lesen schon. Bei „One of the Girls“ fand ich es tatsächlich genial, dass ich mir zu allen Figuren ein Bild machen konnte, was dann auch einen sehr psychologischen Schwerpunkt erlaubt hat. Das ist in „No Escape“ nun wahrlich nicht der Fall, so dass alle anderen Mitbewohner von der Blue wahre Mysterien sind, selbst eine Kitty, die seit der Kindheit Lanas beste Freundin ist. Dennoch würde ich keinesfalls behaupten, dass jetzt eine Variante besser oder schlechter ist. Denn diese enge Perspektivierung hat auch ihre Vorteile, weil es eben erst recht undurchschaubarer bleibt und so auch stetig alles möglich ist, wo man vor allem nicht so intensiv die Logik hinterfragen muss, weil man eben keinen wirklichen Gesamteindruck hat. Dazu ist eben auch die Einteilung von Vergangenheit und Gegenwart dafür verantwortlich, dass sich viele Mysterien aufbauen, wo man unbedingt Antworten zu haben will.

Dennoch muss ich sagen, dass „No Escape“ sich im Gegensatz zu „One of the Girls“ länger schwer tut, einen richtigen Sog zu entwickeln. Am Ende war er voll da und da habe ich sogar unvernünftig mit dem Lesen durchgezogen. Aber das ist für mich immer ein sicheres Zeichen, dass es mich jetzt wirklich über jedes Maß hinaus angefixt hat. Aber es ist eben das Problem, dass wir nur Lana haben, über die wir alles wissen, denn bei dem anderen Buch war es eine größere Gruppe, wo es ständig Neues zu erfahren gab. Das ist bei „No Escape“ so nicht der Fall. Natürlich lernen wir auch Denny, Aaron, Heinrich und Co. langsam kennen, aber es sind alles Figuren, die bewusst einen Teil von sich zurückhalten. Dadurch haben wir nur die Gedanken von Lana, die sich in ihrer Enttäuschung wegen ihres Vaters auch noch sehr ähneln, weswegen erst noch nicht der richtige Drive reinkommen will. Dennoch ist Lana eine gute Protagonistin. Zum einen weil sie sympathisch ist und zum anderen weil sie vor allem später auch die mit dem Gerechtigkeitsbewusstsein ist, die mir zusagt und die ich gut als meinen moralischen Kompass akzeptieren konnte.

Ein Reiz des Buchs war natürlich auch die ausführliche Darstellung des Lebens auf der Yacht. Wir haben wirklich alle Seiten präsentiert bekommen. Die Schönen mit Plantschen, Schnorcheln und einfach die Seele baumeln lassen, aber auch das eher einfache Leben, das gewisse Regeln braucht, um funktionieren zu können und dann eben wieder die wirklich harten Seiten durch Mann über Bord und die Wettereinflüsse. Das war eindeutig ein Spannungselement für sich und ich fand es sehr eindringlich, weil ich manchmal selbst dachte, ich bin am Bug der Blue und fiebere mit. Ab der Mitte des Buchs gibt es dann angesichts der Mischung aus spannendem Leben auf dem Boot und eben zig offenen Fragen, die Antworten verlangen, kein Halten mehr. Hier läuft dann alles genau zusammen und da habe ich Clarkes größte Stärke auch ausgespielt erlebt. Es gibt zig Kniffe und das zieht sich bis in den Epilog. Bei dieser Stilistik besteht immer die Gefahr, dass es am Ende zu viel auf einmal ist, aber das kann ich nicht bestätigen, es war ein angenehmes Maß und am Ende hatte ich ein wirklich zufriedenes Gefühl.

Fazit: „No Escape“ ist ein schon älteres Werk von Lucy Clarke und auch vor acht Jahren konnte sie schon unterhalten. Zwar braucht es etwas länger, um richtig in Gang zu kommen und durch nur eine Perspektive ist es keine so intensive Charakterstudie wie in „One of the Girls“. Insgesamt ist das spannende Leben auf der Blue gepaart mit den offenen Fragen aber vor allem in der zweiten Hälfte ein unwiderstehlicher Sog.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Authentischer Ausflug nach Irland

Songs of Emerald Hills
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Da ich Anabelle Stehl zunächst als Buchbloggerin kennengelernt habe, habe ich sehr genau mitbekommen, wie sie ihren Master in Linguistik in Irland absolviert hat, weil sie eben auch immer mal wieder Privates ...

Da ich Anabelle Stehl zunächst als Buchbloggerin kennengelernt habe, habe ich sehr genau mitbekommen, wie sie ihren Master in Linguistik in Irland absolviert hat, weil sie eben auch immer mal wieder Privates von der Zeit dort geteilt hat und es hat mich immer schon sehr fasziniert. Als mit „Songs of Emerals Hills“ ihre neue Reihe in Irland spielend angekündigt wurde, da hat sich für mich alles gefügt, weil ich sofort wusste, das ist ihre Herzensreihe und da sie eben solange vor Ort war, wird das eine authentische Geschichte.

Bleiben wir zum Einstieg in die Rezension gleich bei der Darstellung von Irland. Ich hatte vorher natürlich selbst schon ein Bild, weil mich das Land auch sehr reizt und ich gerne mal dorthin würde. Durch Stehl habe ich nun diese Sehnsucht noch einmal bestätigt bekommen, weil die Beschreibung der Landschaft, die Darstellung der Menschen, die dort leben sowie eben die Verweise auf Geschichte und Zukunft des Landes, das hat für mich alles sehr gut gepasst. Ein Hauptschwerpunkt der Erzählung ist dann eben auch sehr kulturell, denn es geht um das Irische, das Gälische, das auch in seinem eigenen Heimatland immer mehr verloren geht. Da ich selbst einen Hauptschwerpunkt Linguistik in meinem Studium habe, haben wir uns mit solchen Phänomenen viel beschäftigt und es ist nachvollziehbar, dass das viel Bedauern auslöst, weil Sprache eben auch viel mit Identität zu tun hat. Deswegen sind solche Diskrepanzen darüber in einer Bevölkerung auch sehr belastend, eben weil es so richtig keinen Konsens zu geben scheint. Die einen rüsten sich für die Zukunft, die anderen sind vermeintlich in der Geschichte stecken geblieben. Man merkt also, ein wirklich spannendes Thema, zumindest für mich mit entsprechenden Kenntnissen. Ich hatte auf jeden Fall großen Spaß daran, dass Stehl sich auch Mühe gemacht hat, vorweg einige Namen in Lautschrift zur Verfügung zu stellen und eben auch einige Floskeln vorzustellen. Nach Stehls Dankesworten zum Schluss musste ich auch denken, dass hier das Hörbuch wahrscheinlich echt eine spannende Geschichte gewesen wäre, um die Worte ausgesprochen zu hören.

Neben dieser inhaltlichen Einordnung kommen wir nun zu Details. Ich muss ehrlich sagen, dass ich die bisherigen Bücher von Anabelle Stehl bislang nicht unbedingt wegen ihrer Liebesgeschichten in Erinnerung behalten habe, sondern wegen ihrer Themenauswahl. Das bestätigt sich auch hier wieder. Während alles zu Irland, zu dem Festival wirklich top ist, so lässt mich die Liebesgeschichte zwischen Conor und Caro eher gleichgültig. Ich mochte beide Figuren im Grundkern, daran liegt es also nicht. Es ist tatsächlich eher, dass diese Geschichten keine puren Leidenschaften, keine übersprühenden Funken haben. Aber wie gesagt, da es nur ein Teil immer von Stehls Phantasie ist, ist das gar nicht so schlimm. Viel schlimmer wäre es, wenn mich die Paare nerven würden, wenn es toxische Entwicklungen etc. gäbe. Aber das ist hier nicht. Conor und Caro werden genau im richtigen Moment füreinander ins Leben gewürfelt, weil beide auf unterschiedliche Art und Weise nicht mit etwas abschließen können und eben durcheinander dann wieder eine Zukunft sehen, wofür es sich lohnt, den emotionalen Ballast loszuwerden oder zumindest zu reduzieren. Diese Idee dahinter fand ich auf jeden Fall toll. Natürlich haben sie sich auf dem Weg dorthin auch gegenseitig verletzt, wobei Conor sich mehr geleistet hat, aber Caro war auch oft unbedacht übergriffig. Das hat wieder deutlich gezeigt, dass man mit dem eigenen Päckchen seine Perspektive oft auf die von anderen legt, obwohl es einfach nicht passt. Aber das ist eben nur realistisch.

Abseits der beiden als Paar gab es aber auch viele andere kleine tolle Momente, wie beispielsweise Caro und ihre Mitbewohnerin Roisin, die sich wirklich erstmal mit langem Anlauf aneinander gewöhnen müssen, aber wie es sich später dann entwickelt: eine so schöne Freundschaftsgeschichte über die Generationen hinweg. Aber auch der Trauerprozess von Caro mit Nadine wurde authentisch dargestellt. Ich mochte auch die ganzen Freundschaften, die dargestellt wurden. Caro und Olivia, aber auch Conor und Eoin. Das alles passte ganz hervorragend auf den Eindruck, der auch zu Irland vermittelt worden ist.

Fazit: „Songs of Emerald Hills“ ist für mich eine NA-Geschichte, die mich aufgrund meines persönlichen Interesses und auch mit dem Wissen um die Geschichte der Autorin mit dem Land sehr gut zu unterhalten wusste. Die Liebesgeschichte sticht zwar für mich wiederholt nicht raus, aber es hat mir das Lesevergnügen dennoch nicht arg geschmälert, denn alles andere war rund und vor allem authentisch.

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Veröffentlicht am 01.12.2023

Auftakt einer neuen vielversprechenden Reihe in San Diego

Kaltblütige Lügen
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Ich habe wirklich schon lange nichts mehr von Karen Rose gelesen, aber nicht aus dem Grund, weil ich des Genres Erotikthriller überdrüssig geworden wäre, tatsächlich habe ich leider eher den Überblick ...

Ich habe wirklich schon lange nichts mehr von Karen Rose gelesen, aber nicht aus dem Grund, weil ich des Genres Erotikthriller überdrüssig geworden wäre, tatsächlich habe ich leider eher den Überblick über ihre verschiedenen Reihen verloren und die Bücher von meiner Mutter gelesen einfach gesammelt und mir gesagt, irgendwann passt es. Jetzt hat es aber noch viel idealer gepasst, denn mit „Kaltblütige Lügen“ haben wir einen neuen Reihenauftakt, wo die Figuren wirklich isoliert sind vom Rest ihrer Bücher, also wirklich eine Art Neustart, wo ich nicht sofort das Gefühl habe, etwas verpasst zu haben.

Es ist jetzt wirklich einige Jahre seit meinem letzten Karen Rose her, weswegen ich gemerkt habe, dass ich wohl auch ein wenig das Gefühl für ihren speziellen Stil verloren habe. Aber ich habe mich zumindest schnell daran erinnert, dass bei ihr Thriller trotz des Liebesanteils wirklich immer Programm war. Das ist hier nun nicht anders, denn ihre Fälle sind immer auf eine Art brutal und atemraubend, so dass es nichts für zimperliche Nerven ist. Zudem war bei ihr die psychologische Ebene immer schon sehr entscheidend. Das war vor allem dadurch gegeben, dass zunächst die jeweiligen Protagonisten auf ihrer Gefühlsebene sehr intensiv beleuchtet werden. Aber natürlich auch die Reihenverbindung hat dafür gesorgt, weil je intimer so ein Personenkreis wirkt, desto tiefer kann man auf der persönlichen Ebene auch gehen. Gleichzeitig war das Psychologische auch immer durch den Fall selbst bedient, denn die Psyche des Täters ist immer ein Hauptschwerpunkt gewesen. Hier wird es nun auch doppelt bedient, denn der männliche Protagonist, Sam Reeves, ist Psychologe und dementsprechend gelingt mit ihm natürlich auch noch einmal eine sehr fundierte Betrachtung diese Inhaltsebene. Was mir nur auffällt, das ist definitiv, dass „Kaltblütige Lügen“ kein EROTIKthriller ist. Sam und Kit McKittrick entwickeln zwar zarte Schwärmereien füreinander, aber das bleibt auf einer wirklich sehr kinderfreundlichen Ebene. Das Ende des Buchs deutet aber an, dass das auf jeden Fall noch mehr von diesen beiden kommen wird und dann kann sich da natürlich noch etwas entwickeln. Mir hat es aber auch nicht gefehlt, dass es keine erotischen Szenen gab. Natürlich verbinde ich die mit der Autorin, aber die Geschichte hatte ohne auch keine Lücken und das zählt letztlich.

Ich fand die Grundidee, wie Sam und Kit aufeinandertreffen, extrem spannend. Es ist nämlich nicht direkt ein beruflicher Zusammenhang, was durchaus logisch gewesen wäre, weil Polizei und Psychologen durchaus öfters enger zusammenarbeiten, sondern es ist tatsächlich individuell der Fall, wodurch Sam selbst in das Fadenkreuz der Ermittlung geraten ist. Es war extrem gut dargestellt, wie Sam sich mit seinem Gerechtigkeitssinn in eine Situation manövriert, die er sich wohl niemals so ausgemalt hätte, aber sein Inneres hätte auch nicht einfach abwarten können. Ich finde auch, dass Sam ein extrem sympathischer Charakter ist, der manches Mal, gerade wenn Kit und ihre Kollegen ihn objektiv durchleuchten, zu gut für die Welt wirkt, aber durch seine Perspektive merkt man ja auch wirklich, wie er ist. Er ist auch überraschend sensibel, in anderen Genres würde man ihn wohl als etwas nerdy bezeichnen, aber für mich hat das wunderbar in das Bild eines Psychologen gepasst. Natürlich muss er mit seiner Art aufpassen, von diesem Job nicht aufgefressen zu werden, weil er eben sich schwer mit einer Ebene zum Wegpacken von Emotionen tut, aber ihm sind seine Patienten und generell Menschen und ihr Schicksal wichtig. Daher wurde auch gut dargelegt, was es mit ihm macht, ins Visier zu geraten und wie ihr dann aber auch den Ehrgeiz entwickelt, seine Unschuld zu beweisen, indem er den wahren Täter schnappt. Zwar war es vielleicht etwas übertrieben, dass sich ihm alle viel leichter als Kit anvertraut haben, weil es sie doch etwas unfähig aussehen ließ, aber es war sicher auch hier Mittel zum Zweck, um die nächsten Bände vorzubereiten.

Kit als Protagonistin hat mir aber ebenso gut gefallen. Ihre Vergangenheit macht sie speziell interessant und ich fand auch sofort, dass die McKittricks als Familie von zusammengewürfelten Menschen einfach ans Herz gehen mussten. Sie waren eine wunderbare Ergänzung, wie ich aber auch Sams Menschen an seiner Seite nicht vergessen will. Es hat so alles etwas Heimeliges in einer doch angespannten Situation und wo alle dem Bösen ins Auge geguckt haben. Die Geschichte rund um den Mord an Kits Pflegeschwester wird sicherlich auch noch wichtig werden, aber ich fand es gut, dass hier nicht unnötig Pulver schon verschossen wurde, denn so macht man auch wirklich Lust auf mehr und dass man die Reihe unbedingt weiterverfolgen will. Kit hat vor allem bei einem Fall ein aktuelles Pflegegeschwisterkind betreffend gute Instinkte bewiesen, aber es wäre auch übertrieben zu behaupten, dass in dem Fall mit Sam sie nicht auch ihren Beitrag hatte. Sie musste ihn eben auch als potenziellen Kandidaten wirklich ausschließen, auch wenn ihr ihr Bauchgefühl was anderes gesagt hat, aber sie hat da professionell agiert und das hat eben auch gezeigt, wie sie ihrem Job wirklich verschrieben ist. Bei den Partnern an ihrer Seite gab es einiges an Bewegung, ich bin gespannt, wie sich das auch weiterentwickelt, ob es später nur noch Sam sein wird, aber sie hat auf jeden Fall genug Biss. Der Fall an sich, der uns geboten wurde, der hatte es auf jeden Fall in sich und auch wenn ich zwischendurch ein komisches Gefühl hatte wegen des Täters war es mir nicht zu früh aufgelöst. Aber es war auch zuvor erfreulicherweise keine gradlinige Ermittlung. Stattdessen wurden mehrere Ebenen miteinander verknüpft und auch irreführende Spuren gefunden. Die Spannung war also durchweg da.

Fazit: „Kaltblütige Lügen“ hat mir auf jeden Fall gezeigt, dass ich Karen Rose wieder mehr Lesezeit widmen möchte. Ich bin ihr literarisch noch keinesfalls entwachsen und finde auch, dass sie hier einen Reihenauftakt bietet, der für die weiteren Bände genauso viel anbietet wie für sich selbst. Es ist nicht alles rund, es gibt noch Luft nach oben, aber die Unterhaltung, die Spannung und das Potenzial der beiden Protagonisten macht mich hoffnungsfroh.

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Veröffentlicht am 17.11.2023

Aufgebauscht, aber immens spannend anhand wichtiger Themen

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Alle zwei Jahre wieder liefert Nele Neuhaus verlässlich einen neuen Taunus-Krimi ab und „Monster“ ist nun schon das zehnte Buch der Reihe. Wenn ich bedenke, dass es eigentlich die einzige Krimireihe bis ...

Alle zwei Jahre wieder liefert Nele Neuhaus verlässlich einen neuen Taunus-Krimi ab und „Monster“ ist nun schon das zehnte Buch der Reihe. Wenn ich bedenke, dass es eigentlich die einzige Krimireihe bis heute ist, die ich mittendrin für mich entdeckt habe, dann ist das schon beachtlich, weil ich es sonst echt hasse, wenn mir der größere Kontext fehlt. Aber hier war die Geschichte auch einfach zu spannend und es ist über all die Bände hinweg wirklich eine Familie aufgebaut worden und mir hat es als zentrales Thema dieses Buchs auch echt gut gefallen, wie das nochmal betont wurde.

Im zehnten Jubiläumsband, „In aller Freundschaft“, hatte ich als Kritikpunkt angebracht, dass die Fallgestaltung mir zu typisch Nele Neuhaus war. Oft ein kleiner Personenkreis, wo man dann eben weiß, irgendwie muss es einer von denen sein. Das ist in „Monster“ wieder ganz anders und das ist erstmal positiv, denn Neuhaus zieht diesmal zwei Fälle auf, der eine mit großer Reichweite, der andere eher ein klassischer Mordfall, die letztlich auch einen Zusammenhang finden. Das hat der Autorin viel Material geliefert, womit sie auch gute Arbeit geleistet hat. Dennoch konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Handlungsverlauf sehr künstlich in die Länge gezogen wurde. Sowas würde mich normalerweise sehr stören, aber Neuhaus hat dann als Ausgleich geschafft, dass es am Ende so verwinkelt alles wirkte, dass es auch so spannend war, weil man nun überall die Antworten haben wollte, dass man einfach weiterlesen musste. Dennoch waren zwischendurch die kritischen Gedanken da und ich habe mich auch noch nicht richtig durchringen können, wie ich das abschließend bewerten soll. Es ist auf jeden Fall so, dass die Verzweigung der Fälle das Buch gut gemacht haben, aber teilweise hat sich alles mal mehr zur einen Seite verschoben, dann wieder zu anderen und wenn man wirklich drüber nachdenkt, dann spricht das nicht für die K11, denn manches Mal wurde Spuren so nachlässig nachgegangen, dass ich mich innerlich etwas gerauft habe. Das ist also der Schwachpunkt von „Monster“: es wirkt sehr groß, aber wenn man genauer hinsieht, dann wird die Arbeit nicht so professionell dargestellt.

Lassen wir das aber mal beiseite, so hatten beide Fälle etwas für sich. Der Mord an Larissa war eher so der Klassiker, aber er hat durch den anderen Fall eine Eigendynamik entwickelt, wodurch von den klassischen Spuren in so einem Fall abgelenkt wurde, so dass ich das Geschehen null durchsichtig fand. Ich war immer gespannt, wie vor allem Sara als beste Freundin die Spuren lenkt und ich bin da gedanklich immer mitgegangen. Der Personenkreis war für mich hier wirklich groß genug, ohne dass es aber wirklich konkret wurde und das hat es auf jeden Fall gefördert. Richtig gigantisch ist aber der andere Fall, zu dem ich gar nicht so viel sagen kann, weil es sonst alles vorweg nehmen würde. Aber hier sind einige Dinge involviert wurden, die ich richtig positiv fand. Zum einen hat Neuhaus auf eine wirklich lange Sicht geplant mit dieser Entwicklung. Das ist richtig genial, weil das beweist langen Atem und erlaubt dann tatsächlich auch richtig spektakuläre Entwicklungen. So brav es manches Mal bei der Autorin auch zugehen mag, immer mal wieder haut sie Dinge raus, wofür ich sie sehr bewundere und viele richtige aus dem Nichts kommende Momente in „Monster“ haben das für mich unterstrichen. Es war stellenweise schon wieder Thriller-würdig für mich.

Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass das Geschehen vor wenigen Jahren spielt, aber die verwendete Thematik total aktuell ist. So geht es um Kriminalität bei Flüchtlingen, wozu Neuhaus am Ende auch einiges an Material zum Nachlesen anbietet, was auch positiv ist, weil sie sich wirklich da reingelesen hat und somit auch unterstreicht, ich schreibe nicht auf Basis von eigenen Vorurteilen, sondern ich habe mich wirklich auf einer wissenschaftlichen Grundlage reingearbeitet. Aber da erst in diesem Herbst heftig die Regulierung von Zuwanderung diskutiert wurde, könnte man echt meinen, dass viele Passagen aus dem Buch aus diesem Herbst stammen. Das ist auf jeden Fall ein Geschenk für „Monster“, denn es wirkt so brandaktuell. Dazu wurde das Thema Selbstjustiz gepaart. Auch extrem spannend und sicherlich auch irgendwo aktuell, weil sich immer mehr Leute bewaffnen (nicht nur Schusswaffen, sondern auch Messer, Pfefferspray etc.), um auf alles vorbereitet zu sein, aber wie weit geht dann die Selbstverteidigungen? Das sind alles spannende Fragen und auch hier wirft „Monster“ eine wichtige Perspektive drauf.

Die private Ebene ist da fast ein wenig ein Auf und Ab. Bodenstein ist diesmal vor allem auf der Grundlage eines zentralen Erlebnisses wichtig, womit das Thema PTBS in den Fokus genommen wird, nur etwas stiefmütterlich, gerade weil er schon mal größere Probleme deswegen hatte. Pia ist der eigentliche Fokus der Geschichte und bei ihr ging es um Beziehungsprobleme, die mich sehr an Bodenstein und entsprechende Bände erinnerte, aber dennoch wurde ein etwas anderer Fokus gefunden. Dennoch muss man hier vielleicht wirklich aufpassen, wie man alles darstellt, damit auch nicht das Privatleben zu wiederholend wirkt. Letztlich waren es aber vor allem die Ermittlungen, die groß im Fokus waren und die Kollegen waren so fast nur zusammen und angesichts einiger Ereignisse muss man wirklich sagen, dass sie zusammengewachsen sind. Es ist vielleicht keine Familie, aber es ist doch so viel Vertrauen da, dass man auch streiten und am Ende des Tages dennoch zusammen weitermacht.

Fazit: „Monster“ ist in meinen Augen einer der spektakuläreren Bände der Reihe, wenn auch die Verbindung zweier Fälle manches Mal etwas unprofessionell wirkte und das Geschehen sehr aufgebauscht hat. Mir war aber das Spannungselement, die spektakulären Entwicklungen und die gewählten Themen viel wichtiger, so dass ich insgesamt zufrieden bin.

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Veröffentlicht am 16.11.2023

Nervenaufreibende Unterhaltung

The Institution
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Die Reihe von Helen Fields rund um Ava Turner und Luc Callanach habe ich bislang vollständig verschlungen. Deswegen war ich sofort neugierig, als ich ein ganz neues Buch von der Autorin angekündigt sah, ...

Die Reihe von Helen Fields rund um Ava Turner und Luc Callanach habe ich bislang vollständig verschlungen. Deswegen war ich sofort neugierig, als ich ein ganz neues Buch von der Autorin angekündigt sah, das losgelöst von den beiden bekannten Figuren ist. Dennoch ist für Fans von Fields die neue Protagonistin Connie Woolwine wohl keine unbekannte, denn die Autorin hat diese Rolle schon in ihrer vorherigen Reihe auftauchen lassen. Aber ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich leider keine Erinnerungen an sie habe, aber wer so viel liest und parallel auch noch an Serien und Filmen schaut, da ist einfach eine gewisse Kapazitätsgrenze erreicht. Somit also Hauptargument, dass ich der Autorin weiterhin gerne die Treue halte, aber „The Institution“ klang auch so auf Anhieb super spannend und ich wäre wohl ohne den bekannten Autorennamen darauf aufmerksam geworden.

Dieses Hochsicherheitsgefängnis, das weit abgelegen ist und deswegen gar nicht über so krasse Maßnahmen verfügen muss, weil die Flucht nahezu unmöglich ist, das ist für die Atmosphäre schon mal ein Ausrufezeichen. Als großer Fan von „Prison Break“ ist das sicherlich auch ein gutes Vergleichsmoment, um eben die verschiedenen Konzepte in Kontext zu bringen. Fakt ist aber auch, in einem solchen Gefängnis da begegnet man sicherlich keinen guten Menschen, denn mit solchen Menschen, die so dunkle Verbrechen begangen haben, Zeit verbringen zu müssen, das kann nur belasten. Dementsprechend hat auch das dazu beigetragen, sofort etwas Schauriges entstehen zu lassen. Dennoch muss ich auch sagen, dass man den Inhalt mit einem gewissen Augenzwinkern sehen muss. Wenn es um das Leben eines zu früh geborenen Kindes geht und dann auf eine Undercover-Mission setzt, die mit Vorsicht aufgebaut werden muss, damit niemand Verdacht schöpft, dann passt das nicht richtig zusammen. Vor allem mit der Aufklärung im Hinterkopf muss ich doch sagen, dass eine klassische Polizeiermittlung sicherlich kein Fehler gewesen wäre. Aber gut, wir haben Profilerin Connie mit ihrem Kollegen Baartha, der ein Ex-Cop ist und gemeinsam stellen sie sich dieser belastenden Aufgabe, das Baby zu retten sowie die grausamen Täter zu finden. Wenn man den etwas unlogischen Aspekt also wegdenkt, dann kann man das Buch auch direkt ganz anders angehen.

Fields fackelt mit dem Einstieg von „The Institution“ nicht lange, denn es geht sofort los. Das hat mir gut gefallen, denn es gibt kein langes Hin und Her, wo noch aufwendig Connie eingeführt wird, sondern es geht sofort ans Eingemachte. Die Protagonistin wird auch bewusst etwas mysteriös gehalten, denn nach und nach wird einiges über sie enthüllt, was einen ganz bestimmten Zweck hat, nämlich auch ihr zu misstrauen. Das ist sicherlich eine gute Taktik, denn wenn man so schon kaum etwas vertrauen kann und dann zunehmend völlig den Bezug zur Realität verliert, dann wird es auch für die Leserschaft belastend und das war ganz eindeutig beabsichtigt. Auch die Umstände rund um Baartha werden nicht sofort verraten, sondern in der Enthüllung eingeflossen. Es ist also generell die Stilistik, dass die großen Enthüllungen nicht mit umständlichem Anlauf für uns präsentiert werden, sondern eher spontan aus der Hüfte geschossen. Das hat sehr gut gepasst und hat die Lektüre auch sehr spannend gemacht. Connie ist wie gesagt als Anker auf jeden Fall kein simpler Gutmensch, sondern sie ist bewusst etwas seltsam, sehr dickköpfig und selbstbewusst, auch unangenehm nachbohrend angelegt. Dennoch kann man sich sicher sein, dass sie eine gute Sache erreichen will. Aber für so ein Buch ist Connie natürlich perfekt gewählt.

Was mich auch an dem Buch sehr gereizt hat, das waren die sehr intensiven Studien zu den verschiedenen Straftätern. Ich lese Thriller so gerne, weil ich die menschliche Psyche als Themenfeld sehr spannend finde und das eben besonders bei Straftätern, die moralisch gesehen ganz anders gepolt sind. Da ist „The Institution“ natürlich ein echtes Geschenk, denn hier wird wirklich sehr intensiv damit gearbeitet und dann eben nicht nur mit einem, sondern mit vielen. Aber letztlich waren nicht nur die Strafgefangenen interessant, sondern eben auch die Angestellten, weil diese auch sehr unterschiedlich waren und es auch bei ihnen für uns durch Connies Augen viel zu entdecken gab. Das war sicherlich mein Highlight, weil so viel abgebildet wurde. Aber die Spannung an sich war natürlich auch konsequent da. Es gab zwar kleine Durchhänger in der Mitte, wo ich wirklich den Eindruck hatte, jetzt wird es unnötig hinausgezögert, aber dann wurde es doch wieder für die Handlung genutzt. Richtig belastend ist kurz vor dem richtigen finalen Showdown noch eine Episode, die war psychisch sehr anstrengend, da hätte ich die Seiten gerne gefressen. Ansonsten aber bis zum Ende in vielen Facetten wirklich atemraubend. Ein paar Sachen habe ich vermutet, aber Fields hat es auch größer aufgezogen, so dass es nicht schlimm war, wenn man etwas erraten konnte, denn dann gibt es immer noch ein paar Enthüllungen. Insgesamt war es etwas am Rande der Logik wieder, aber sei es drum.

Fazit: „The Institution“ hat ein beeindruckendes Setting, ganz, ganz viel Psychoanalyse und das an zig Fällen, für mich quasi ein Paradies. Ein kleiner Durchhänger zwischendurch ist schnell vergessen, aber auch mit ein paar unlogischen Voraussetzungen bzw. Entwicklungen muss man schon auch leben. Aber die Spannung wurde sehr unterschiedlich sehr effektiv erzeugt. Da bleibt man leicht bis zum Ende am Ball.

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