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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2023

Altlasten

Joe Country
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Zum Inhalt:
Die Exfrau von Min Harper kontaktiert Louisa und appelliert an deren schlechtes Gewissen: Mins Sohn ist verschwunden, die Polizei nicht interessiert und Louisa sollte die Fähigkeiten besitzen, ...

Zum Inhalt:
Die Exfrau von Min Harper kontaktiert Louisa und appelliert an deren schlechtes Gewissen: Mins Sohn ist verschwunden, die Polizei nicht interessiert und Louisa sollte die Fähigkeiten besitzen, den Teenager aufzuspüren. Leider ist dieser einigen Leute auf die Füße gestiegen, die vor nichts zurückschrecken.

Mein Eindruck:
Schon mit dem Prolog macht Herron klar, dass einige der lahmen Gäule nicht die Ziellinie erreichen werden. Da jedoch alle den Liebhabern der Reihe inzwischen ans Herz gewachsen sind, führt das während des Lesens immer wieder zu Adrenalinschüben. Der Autor hat nicht nur ein Gespür für Dialoge, die er mit schwarzem Humor auf höchster Stufe würzt, sondern auch dafür, Charaktere weiterzuentwickeln, Umgebungen zu beschreiben und Politik und Gesellschaft einzubeziehen. Das gilt für die Helden aus der Slough Street genauso wie für die Antagonisten (nicht nur des MI5) und insbesondere auch für Jackson Lamb. Die einzige Figur, die immer noch Rätsel aufgibt, da sich Herron spart, dessen Gefühle und Gedanken zu vermitteln. Dadurch beschert der Autor nicht nur seinen Figuren manchen offenen Mund; auch die Leser fragen sich, ob Lamb wirklich so ein Fiesling ist, wie seine äußere Erscheinung und sein offenkundiges Verhalten vermuten lassen.
Ein Tipp: Dieses Buch ist zwar in sich abgeschlossen, aber wenn man britischen, unkorrekten Humor mag, sollte man sich die ganze Reihe in der korrekten Reihenfolge gönnen. Herz, Hirn und Lachmuskulatur werden es einem danken.

Mein Fazit:
Es tut immer noch weh, wenn ein Pferd den Gnadenschuss bekommt

Veröffentlicht am 20.08.2023

Vorsehung

Oracle
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Zum Inhalt:
Bevor Julian Psychopharmaka schluckte, sah er einige seiner Mitmenschen anders als andere: Manchen tropfte Nebel aus den Augen, andere wurden durch Marker verdeckt. Jetzt geht Julian auf die ...

Zum Inhalt:
Bevor Julian Psychopharmaka schluckte, sah er einige seiner Mitmenschen anders als andere: Manchen tropfte Nebel aus den Augen, andere wurden durch Marker verdeckt. Jetzt geht Julian auf die Uni und lässt sich dazu verlocken, seine Medikamente abzusetzen. Prompt sind die Marker wieder da und mit ihnen das Wissen, dass diese für Gefahren für Leib und Leben oder ein hinterlistiges Wesen stehen.

Mein Eindruck:
Fluch oder Gabe und - vor allen Dingen - Wahn oder Wirklichkeit? Vor allen in Julians Bekanntenkreis gibt es dazu durchaus differenzierte Ansichten, - und genau diesen Zwiespalt, in den Julian und seine Freunde fallen, weiß Poznanski sehr gut darzustellen. Zwar sieht man als Leser die Problematik immer durch Julians Augen - auch wenn das Buch in der dritten Person geschrieben ist - trotzdem sind die Zweifel seiner Umgebung deutlich spürbar. So gut, dass manchmal sogar Julian ins Straucheln gerät und sich diese Unsicherheit wunderbar auf die Leser überträgt. Auch die Klaviatur des Zeitgeists wird von Poznanski wunderbar bespielt; egal, ob es sich um Influencer und Geschlechtsfluidität handelt, alles ist von leichter Hand und unaufgeregt beschrieben.
Leider ist insbesondere der Personenkreis innerhalb der mit Julian gleichaltrigen Figuren etwas zu groß geraten, so dass die Autorin nur einigen Charakteren wirklich Tiefe verleihen kann und andere zwar als Namen wiederkehren, vor dem geistigen Auge jedoch ähnlich verschwommen bleiben wie verfluchte Körperteile von Opfern. Doch das Ende reißt - in jeder Hinsicht - alles wieder heraus und ist absolut großartig.

Mein Fazit:
Um Shakespeare zu zitieren: "Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio, von denen sich eure Schulweisheit nichts träumen lässt"

Veröffentlicht am 07.08.2023

Zu konstruiert

Sobald ihr mich erkennt
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Zum Inhalt:
Bulle Sheens und sein Team stehen das zweite Mal vor einem Scheiterhaufen mit Frauenleiche, dieses Mal mit einem Blutfleck, der vom Täter stammen müsste. Jeder Weg ist recht, um weitere Opfer ...

Zum Inhalt:
Bulle Sheens und sein Team stehen das zweite Mal vor einem Scheiterhaufen mit Frauenleiche, dieses Mal mit einem Blutfleck, der vom Täter stammen müsste. Jeder Weg ist recht, um weitere Opfer zu verhindern und das Team wendet sich an eine Website, die anhand von DNA Verwandte findet. So kommt die Polizei auf Aisling. Der Täter muss ein naher Verwandter von ihr sein: Entweder Vater, Bruder oder Sohn.

Mein Eindruck:
Gytha Lodge schreibt großartig und ihre Geschichten lassen einen in das Buch eintauchen und keine Luft mehr holen, bis das Ende der Story erreicht ist. Die Charaktere gehen einem an Herz und Nieren (manchmal auch an beides) und die Weiterentwicklung der Dauerfiguren gelingt ihr ebenfalls gut, glaubhaft und mit einem fiesen Cliffhanger zum Schluss. Doch durch die gewählte Ausgangslage mit der verwandtschaftlichen Nähe des Täters muss sie zugunsten des Spannungsbogens einige Volten schlagen, die in ihrer Häufigkeit dazu führen, dass die Augenbrauen der Leser gen Himmel schweben. Das ist insbesondere deshalb schade, weil man durch Lodges Kunst, den Charakteren Tiefe zu verleihen, wirklich mitleidet - mit den Opfern genauso wie mit der verantwortlichen Person.

Mein Fazit:
Spannung vom Anfang bis über das Ende hinaus

Veröffentlicht am 06.08.2023

Missbrauch

Was ich euch verschweige
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Zum Inhalt:
Seit einigen Tagen sind zwei Schwestern verschwunden. Jetzt taucht eine wieder auf. Blutverschmiert und emotionslos fordert sie das Team um Bulle Sheens auf, ihre Schwester zu finden und bietet ...

Zum Inhalt:
Seit einigen Tagen sind zwei Schwestern verschwunden. Jetzt taucht eine wieder auf. Blutverschmiert und emotionslos fordert sie das Team um Bulle Sheens auf, ihre Schwester zu finden und bietet eine Geschichte an, die weiterhelfen soll. Nach und nach zeigt sich, was mit dieser Geschichte bezweckt wird.

Mein Eindruck:
Zwei Sachen haben an diesem Buch wirklich genervt: Die vielen unterschiedlichen Probleme innerhalb des Polizeiteams (Alkohol, check, Missbrauch, check, toxische Beziehung doppelcheck) und die dauernde Thematisierung der Gesundheit von Nahrungsmitteln inklusive Gedanken über das, was sie der Figur antun. Trotzdem bekommt die Story um die Leidensgeschichte dreier Jugendlicher die volle Punktzahl. Denn das Leiden beschreibt Gytha Lodge einfühlsam, eindringlich, lebensnah und - was bei einem Krimi nun einmal überhaupt nicht fehlen darf - absolut spannend. Die Chemie unter den Polizisten stimmt, die Figuren sind allesamt vorstellbar (selbst dann, wenn man ihr Handeln nicht wirklich versteht) und Lodge baut einige Wendungen in ihren Roman ein, die unvorhersehbar sind und bis zum Schluss ein durchgehend großes Lesevergnügen gewährleisten.

Mein Fazit:
Ein bedrückendes Thema brillant präsentiert

Veröffentlicht am 03.08.2023

Wunschkind

Projekt 22
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Zum Inhalt:
Alice flieht aus ihrem Zuhause, weil sie dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden soll. Sie fürchtet, dass sie dort nicht nur Experimenten ausgesetzt wird, sondern zusätzlich Viktor, ...

Zum Inhalt:
Alice flieht aus ihrem Zuhause, weil sie dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden soll. Sie fürchtet, dass sie dort nicht nur Experimenten ausgesetzt wird, sondern zusätzlich Viktor, einem brutalen Soziopathen, ausgeliefert ist. Aufnahme findet Alice bei einem Geschwisterpaar, welches in der Genforschung arbeitet und deshalb nicht nur aus Nächstenliebe hilft.

Mein Eindruck:
Was wenn man feststellt, dass das eigene Dasein nur ein Experiment ist? Dass die eigenen Eltern keinen sicheren Hafen bieten? Man selbst ein Spielball von Wissenschaftlern, die an der DNA von Projekt 22 interessiert sind, aber nicht an dem Wesen Alice, das lebt und vor allen Dingen fühlt? So geht es Alice und genau diese Gefühle werden durch die Autorin Alexa Linell sehr gut an die Leser gespiegelt. Leider verliert sich Linell in der zweiten Hälfte des Buches in das, was sie ihren Charakteren abseits des Projekts vorwirft: Ein Verhackstücken des Genoms, um mit wissenschaftlichem Blick und dem Gebrauch viel zu vieler Fachbegriffe der Herkunft Alices und den Machenschaften ihrer Erbauer auf die Spur zu kommen. Das ermüdet nicht so aufnahmebereite Leser und das in Teilen offene Ende verführt deshalb nicht unbedingt dazu, auf eine Fortsetzung zu hoffen.

Mein Fazit:
Eine erschreckende Vision