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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.05.2017

spannend und ungewöhnlich

Das eherne Buch
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"Vom Ende allen Krieges" lautet etwas pathetisch der Untertitel dieses interessanten Romans. Ist sie überhaupt möglich, diese Utopie? Was ist eigentlich erlaubt, um das "Ende allen Krieges" herbeizuführen?

Der ...

"Vom Ende allen Krieges" lautet etwas pathetisch der Untertitel dieses interessanten Romans. Ist sie überhaupt möglich, diese Utopie? Was ist eigentlich erlaubt, um das "Ende allen Krieges" herbeizuführen?

Der fünfzehnjährige Jaarn ist Bücherbruder. Allein für die Erfindung dieses Ordens müsste man dem Autor schon einen Orden verleihen, findet die bibliophil veranlagte Rezensentin... Jaarn haust mit seinen Ordensbrüdern im Bücherturm der mächtigen Stadt Ghidt-Lhorr, den er noch nie verlassen hat, und hütet die altehrwürdige Bibliothek. Eigentlich hat er sich schon immer gewünscht, einmal die Welt draußen zu sehen. Allerdings nicht so, wie es ihm dann völlig unfreiwillig widerfährt...

Kann es Jaarn wirklich gelingen, mit dem Legendeneisen, einem Schwert voller faszinierender Geschichten, die Menschheit vom Krieg zu erlösen? Und wer ist der mysteriöse Narbige, der nicht mehr von seiner Seite weicht?

Die Sprache ist sehr schön. Kraftvoll und ausdrucksstark, und gleichzeitig elegant, so dass es eigentlich fast nie schwülstig wird, was in dieser Art Literatur, scheint mir, in der Regel schwierig zu vermeiden ist... Christian von Aster versteht es gekonnt, mit Worten umzugehen. Hin und wieder würzt er seine geschliffenen Dialoge mit einer guten Prise trockenem Humor. Und dann die Geschichten in der Geschichte! Solche Erzählkunst kenne ich sonst nur aus den Büchern Rafik Schamis. Trotzdem bin ich am Ende vom Roman enttäuscht. Zu einfach (wenn auch unerwartet) löst sich alles auf. Am Ende fragt man sich, wozu die ganzen Leichen auf dem Weg? Und man fragt sich, möchte der Autor, dass man sich das fragt?

Dennoch meine Anerkennung für ein spannendes und ungewöhnliches Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 09.05.2017

informativ

Der Bär
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David Bittner reiste zunächst nach Alaska, um Lachse zu beobachten. Eigentlich kannte er alle Verhaltensregeln, die einen vor unverhofften Bärenbegegnungen schützen. Und dann passierte es doch: müde von ...

David Bittner reiste zunächst nach Alaska, um Lachse zu beobachten. Eigentlich kannte er alle Verhaltensregeln, die einen vor unverhofften Bärenbegegnungen schützen. Und dann passierte es doch: müde von der anstrengenden Kajaktour, versäumte er, sich vor der Flussbiegung durch lautes Rufen bemerkbar zu machen und scheuchte unversehens eine Bärenmutter mit zwei Jungen auf. Die Begegnung mit der Bärenmutter war ein Schock, aber anders als erwartet hatte sie kein Interesse daran, den Eindringling zu töten, sondern bedrohte ihn nur (was wirkungsvoll gelang) und brachte dann ihre Jungen in Sicherheit. Dieses Verhalten faszinierte den Biologen, und er wollte mehr über diese wunderbaren Tiere erfahren. So campte er wochenlang in der Wildnis Alaskas, um sich an die Spuren von Meister Petz zu heften. Dabei ließ er seine Protagonisten stets bestimmen, wie nah sie ihn heranlassen wollten. Dadurch entstand allmählich ein Vertrauensverhältnis, durch das David Bittner unglaubliche Aufnahmen gelangen, die man sonst so noch nicht gesehen hat. Alleine diese Fotos sind den Preis wert. Auch die abenteuerlichen Begegnungsberichte von David Bittner sind eine spannende Lektüre. Diese werden ergänzt durch drei andere Berichts-Ebenen, die jeweils farblich dezent anders gekenntzeichnet sind: Ursula Amstutz und Chlaus Lötscher haben Historisches, Artenspezifisches und Volkskundliches zum Thema Bär zusammengetragen, und Reinhard Schnidrig erzählt vom Umgang der schweizerischen Umweltbundesamtes mit den gelegentlich wieder in die Schweiz einwandernden Bären. So erfahren wir auch ganz nebenbei eine Menge Brisantes über unseren 2006 in Bayern abgeschossenen Liebling Bruno, dass er nämlich ein Sohn von Jurka war, die ihrerseits zu den kroatischen Bären gehörte, die Anfang der Jahrtausendwende von den italienischen Behörden im Trentino angesiedelt wurden, um der dort vom Aussterben bedrohte Bärenpopulation den Fortbestand zu sichern... Wir erfahren, dass Bären eigentlich menschenscheu und ungefährlich sind und wie sie - durch Fehler von Menschen - zu Risiko- und Problembären werden.
Ein unglaublich reiches, informatives, spannendes, anrührendes, wichtiges Buch. Der Preis ist stolz, aber die Investition lohnt sich.

Veröffentlicht am 05.05.2017

einfach nur außergewöhnlich

Gefangen in Abadonien
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Alex lebt in Deutschland, Akio in Abadonien. Beide schreiben Geschichten. Abadonien ist ein karges Fantasieland, in dem ein blutdurstiger Drache sein Unwesen treibt und in dem grausame Blutjäger unschuldige ...

Alex lebt in Deutschland, Akio in Abadonien. Beide schreiben Geschichten. Abadonien ist ein karges Fantasieland, in dem ein blutdurstiger Drache sein Unwesen treibt und in dem grausame Blutjäger unschuldige Menschen verfolgen und töten. Die Menschen mit goldenem Blut sind selten und besonders gefährdet, da ihr Blut den Drachen für längere Zeit satt macht. Diese arglosesten und gutherzigsten Einwohner Abadoniens werden von ihren Angehörigen versteckt, um den Bluthäschern zu entgehen. Und dann passiert es doch: Akios kleine Schwester wird von Blutjägern entführt. Gemeinsam mit Silva, deren Bruder ebenfalls gefangen wurde, macht er sich auf den Weg, um seine Schwester zu befreien.

In dem Thema (Blutopfer...) liegt natürlich die Gefahr, dass es irgendwann extrem unappetitlich, sprich blutrünstig, wird. Könnte man vermeiden. Scheint aber nicht beabsichtigt zu sein. Aber genau dort, wo die Handlung zum ersten Mal so richtig zu entgleisen scheint, realisiert man, dass sich hier nicht der wahre Autor verrannt hat, sondern der fiktive Autor der Geschichte in der Geschichte. Und das mit Methode. Und dann nimmt die Geschichte so eine atemberaubende Wendung, dass - naja, irgend so etwas Ähnliches hatte man ja schon erwartet, aber so dann auch wieder nicht... Insgesamt eine sehr schöne, wenn auch gewagte Idee. Irgendwann wird es dann aber ganz schön abgedreht. Die sehr spannende Fragestellung "Wer erschafft eigentlich wen" wird, nachdem sie geschickt eingeführt wurde, etwas zu langatmig ausgewalzt. Kurz darauf befinden wir uns in einem handfesten theologischen Anschauungsunterricht. Auch wenn die Idee sehr faszinierend ist: mir ist das ein bisschen zu doll. Manchmal macht der Autor einfach zu viele Worte. Der Leser sitzt die ganze Zeit im "Freeze"-Zustand dabei und wartet darauf, dass die Handlung weiter geht. Und weiß eigentlich schon, wie. Oder nicht? Ja, und dann geht die Handlung weiter. Und dem Leser geht es ein bisschen wie dem unfreiwillig aufgeklärten Protagonisten; er ist skeptisch geworden, ob er wirklich noch so viel Lust auf die Geschichte hat wie am Anfang.

Wobei die Fragestellung ja schon spannend ist. Was ist wirklich an der Wirklichkeit? Und was ist nur ein Roman, in dem man als hilflose Spielfigur eines Autors hin- und hergeschoben wird? Oder ist das die Wirklichkeit? Aber das Problem dieser Fragestellung liegt in ihrer Konsequenz für die Kunstform Roman. Was bleibt von einem Roman, der sich selbst seziert, noch übrig? - Zunächst einmal Bibelzitate. Die Art und Weise, in der von Zeit zu Zeit Bibelstellen absolut unkonventionell in die Handlung eingeflochten werden, ist teilweise aufsehenerregend, teilweise anrührend, aber manchmal auch sehr grenzwertig. Und auf Dauer, ehrlich gesagt, verliert diese Methode an Faszination und an Schlagkraft. Erst bei der Stillung des Sturmes wird die Sache für mich wieder glaubwürdiger, gibt es wieder diesen Funken mitreißender Spannung. Aber dann kommt schon wieder so ein zum Orakel degradiertes Paulus-Zitat; das finde ich dann schon etwas kühn und beginne leicht mit den Augen zu rollen.

Viele Dialoge wirken leider arg konstruiert. Aber nicht alle. Das Gespräch zwischen Mortum und Alexander zum Beispiel, das seine Parallele in den drei biblischen Versuchungen hat, fand ich außergewöhnlich gut.

Am Schluss hatte mich dann die Geschichte wieder. Obwohl genau das eintrat, was ich vermutet hatte, las ich mit gespannter Neugier und konnte das Buch auch nicht mehr aus der Hand legen. Ich glaube, man muss das biblische Vorbild kennen, um sich an diesem Ende zu freuen. Und wer hätte das gedacht, dass einen nach einer so durchwachsenen Geschichte ein paar Bratwürstchen zu Tränen rühren können? Eine wirklich originelle Idee.

Aber ganz so viele Kübel Blut und an die Wände klatschende Fleischbrocken hätte ich dann auch nicht gebraucht. Und - müssen diese Dracolepide wirklich jedesmal so unappetitlich aufplatzen? Mann. Mir scheint, der Autor wollte mich persönlich für die schlechte Angewohnheit bestrafen, beim Abendbrot zu lesen.

Insgesamt empfinde ich die literarische Qualität als sehr schwankend. Daher nur drei Sterne. Aber diese drei leuchten besonders hell... und, merkwürdig, trotz einer für mich hin und wieder ermüdenden Schreibweise, trotz entsetzlich plakativer Blutlachen und meiner gelegentlichen Genervtheit fühlt es sich gut an, das Buch gelesen zu haben, irgendwie wie ein Segen. Vielleicht liegt es an Stellen wie dieser: "Ich kenne es, den Glauben an das Gute zu verlieren, weil das Böse nach einem greift. Und ich kenne es, die Hoffnung auf das Gute wiederzufinden, wenn ein anderer einem Vertrauen schenkt, wo es nichts zu vertrauen gibt. Und ich weiß, dass das Zweite sich besser anfühlt."

Also - wenn Euch ein wenig Augenrollen und ein paar Blutlachen nicht zu sehr abschrecken - dann empfehle ich Euch, das Buch zu lesen. Außergewöhnlich ist es allemal.

Veröffentlicht am 05.05.2017

etwas zu grausam

Die Tribute von Panem 3. Flammender Zorn
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Auch der dritte Band ist so phantastisch geschrieben wie die beiden ersten. Abgründig, tief.
Neben all dem Kriegsgetümmel geht es wie nie zuvor um die aufreibende Selbstfindung der Hauptfigur. Wie denken ...

Auch der dritte Band ist so phantastisch geschrieben wie die beiden ersten. Abgründig, tief.
Neben all dem Kriegsgetümmel geht es wie nie zuvor um die aufreibende Selbstfindung der Hauptfigur. Wie denken andere über Katniss? Wie ist sie wirklich? Wieviel kann ein Mensch ertragen, ohne zu zerbrechen? Die Erzählung ist hier sehr glaubwürdig.

In diesem Band wird es militärisch, denn es ist Krieg. Zynisch und kritisch lässt die Autorin ihre Protagonistin die Kriegsvorbereitungen der Rebellen beobachten. Schonungslos werden Déja-vu-Momente eingeflochten - gerät das ganze Unternehmen so aus dem Ruder, dass die Guten sich den Bösen angleichen? In wie weit heiligen Hass, Rache und die Notwendigkeit, das Kapitol zu besiegen, die Mittel? Es ist so gut, dass der Roman es sich nicht einfach macht mit der Antwort.

Dann aber wird es irgendwann zu viel. Ich glaube, ich habe noch nie so etwas Grausames gelesen. Ja, es ist Krieg. Und ich bin nicht gewohnt, aufzugeben. Also lese ich weiter. Und bereue es am Ende nicht. Obwohl. So bald will ich so etwas nicht wieder lesen. Wie tief kann man als Leser von einem Packen bedrucktem Papier traumatisiert werden? Also gut. Lest die Geschichte zu Ende. Sie ist es wert. Aber sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.

Veröffentlicht am 05.05.2017

einfach nur humorvoll

Die Reise nach Trulala
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Eher durch Zufall gabelte ich diesen schon etwas in die Jahre gekommenen Kaminer in einem Berliner Szene-Antiquariat auf. Als alter Kaminer-Fan musste ich einfach zugreifen.

Bei Wladimir Kaminer kann ...

Eher durch Zufall gabelte ich diesen schon etwas in die Jahre gekommenen Kaminer in einem Berliner Szene-Antiquariat auf. Als alter Kaminer-Fan musste ich einfach zugreifen.

Bei Wladimir Kaminer kann man nie sicher sein, wohin die Reise geht. Schon gar nicht, wenn der Bestimmungsort "Trulala" heißt. So plätschert die Lektüre zunächst ein wenig vor sich hin, bis man begriffen hat, dass es sich um keine durchgehende Handlung, sondern um besonders skurrile Reisebeschreibungen handelt. Kaminer erzählt seine eigenen Reiseerlebnisse und die seiner Freunde. Wer wirklich mal ein Reisebuch der anderen Art lesen will, ist hier genau richtig. Wir erfahren zum Beispiel, dass Joseph Beuys im zweiten Weltkrieg mit seinem Kampfflieger über der Krim abgeschossen wurde und dort einen Sohn zeugte.

Das Buch hat nur fünf, recht ausführliche Kapitel, die ich der Originalität halber einmal hier aufführe.

- Verfehltes Paris
- Verdeckung Amerikas
- Verschollen auf der Krim
- Verlaufen in Dänemark
- Verdorben in Sibirien

Komisch, kaum ein moderner Reisebuchautor scheint ohne das affige Kiffen auskommen zu können. So auch Kaminer nicht. Seine Erzählungen sind allerdings so abgedreht, dass es hier nicht so stört wie andernorts. Im letzten Kapitel legt er nochmal furios los und bringt entzückte Schreie und Lachtränen am laufenden Meter hervor. Doch wieder mal ein richtiger Kaminer eben.