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Veröffentlicht am 12.09.2021

Shuggies Mission

Shuggie Bain
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Glasgow in den 1980er-Jahren: Seine Mutter Agnes ist Alkoholikerin, sein Vater Shug geht erst fremd und verlässt dann die Familie. Als schmächtiger, schüchterner und feminin anmutender Junge hat es Hugh ...

Glasgow in den 1980er-Jahren: Seine Mutter Agnes ist Alkoholikerin, sein Vater Shug geht erst fremd und verlässt dann die Familie. Als schmächtiger, schüchterner und feminin anmutender Junge hat es Hugh Bain, genannt Shuggie, schwer. Das Leben in der Arbeitersiedlung ist hart, der Absturz der Mutter nicht leicht zu verkraften. Trotzdem versucht Shuggie alles, um Agnes zu retten. Das macht er zu seiner Mission…

„Shuggie Bain“ ist der mit dem Booker-Preis 2020 ausgezeichnete Debütroman von Douglas Stuart.

Meine Meinung:
Sprachlich ist der Roman sehr eindrucksvoll. Wortgewaltig, atmosphärisch, intensiv, eindringlich und - dank vieler gelungener Metaphern - bildstark, das zeichnet den besonderen Schreibstil aus. Anzumerken ist, dass im Original viel schottischer Dialekt und Slang vertreten ist. Dies macht die Übersetzung nicht einfach und an einigen wenigen Stellen etwas unrund. Im Großen und Ganzen hat Sophie Zeitz beim Übertragen ins Deutsche jedoch hervorragende Arbeit geleistet.

Die Handlung umfasst die Jahre 1981 bis 1992, wobei es immer wieder größere Zeitsprünge gibt. Die Jahre 1981, 1982, 1989 und 1992 stehen im Fokus und gliedern den Roman. Dabei geht es 1992 los, bevor der Roman an den Beginn der 1980er-Jahre wechselt und ab dann chronologisch erzählt. Des Weiteren besteht das Buch aus 32 Kapiteln. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Anders als der Titel vermuten lässt, konzentriert sich der Roman nicht nur auf die Sicht von Shuggie, sondern nimmt auch die Perspektive seiner Mutter und weiterer Personen ein. Die Protagonisten wirken authentisch. Man kommt nicht nur Agnes Bain und ihren Kindern nahe, sondern lernt das Arbeitermilieu Glasgows in der Thatcher-Ära kennen.

Inhaltlich ist der Roman recht düster und deprimierend. Armut, Alkoholsucht, Vernachlässigung, Perspektivlosigkeit und weitere tragische Themen, die ich hier nicht vorwegnehmen möchte, haben es mir zunächst schwer gemacht, mich auf die Lektüre komplett einzulassen. Immer wieder aufs Neue zu lesen, mit welchen Schwierigkeiten Shuggie in dem tristen Milieu zu kämpfen hat, ist nicht einfach zu ertragen. Trotzdem hat es der Autor geschafft, mich immer stärker zu fesseln und für die emotional herausfordernde Geschichte einzunehmen.

Wie aus den Danksagungen am Ende des Buches zu entnehmen ist, beinhaltet der Roman autobiografische Züge. Der Schriftsteller verweist auf die Erinnerungen an seine Mutter, deren Kampf gegen die Sucht und seine Verbindung zu den Geschwistern. Das Wissen um die tatsächlichen Hintergründe des Romans hat die Geschichte für mich ganz besonders bewegend gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Lektüre noch länger nachhallen wird.

Erfreulicherweise hat der Verlag den Originaltitel 1:1 übernommen. Das deutsche Cover gefällt mir ausgesprochen gut und weist einen inhaltlichen Bezug auf.

Mein Fazit:
Mit seinem berührenden und sprachlich herausragenden Roman „Shuggie Bain“ hat mich Douglas Stuart gefordert, aber auch begeistert. Die Auszeichnung mit dem renommierten Literaturpreis ist mehr als verdient. Ein sehr empfehlenswertes Lesehighlight 2021.

Veröffentlicht am 12.09.2021

Bis zur Honigwabe-Doppelhelix

Der perfekte Kreis
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Südengland im Sommer 1989: Nacht für Nacht machen sich Redbone und Ivan Robin Calvert an die Arbeit. Heimlich legen die beiden jungen Männer kreisrunde Muster auf den Feldern an. Die komplexen Kornkreise ...

Südengland im Sommer 1989: Nacht für Nacht machen sich Redbone und Ivan Robin Calvert an die Arbeit. Heimlich legen die beiden jungen Männer kreisrunde Muster auf den Feldern an. Die komplexen Kornkreise lösen zunehmend Aufregung aus. Gerüchte entstehen, Medien berichten: Sind es bloß Streiche oder deuten sie auf Außerirdische hin? Ungerührt von den Spekulationen setzen die beiden Freunde ihr Vorhaben fort. Ihr Ziel: Sie wollen ein Meisterwerk erschaffen, das sie „Honigwabe-Doppelhelix“ nennen…

„Der perfekte Kreis“ ist ein Roman von Benjamin Myers.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einer Art Prolog. Daran schließen sich zehn Kapitel mit kreativen Überschriften an, benannt nach der jeweiligen Kreisformation, die die Männer in diesem Kapitel erschaffen. Die Handlung erstreckt sich über einen Sommer - von Ende Juni bis Ende August.

Besonders auf sprachlicher Ebene hat mich der Roman beeindruckt. Der Ton ist unaufgeregt und geradezu poetisch. Der Schreibstil ist wortgewaltig und atmosphärisch stark. Der Roman enthält viele, teils ungewöhnliche Metaphern und Vergleiche. Vor allem in den Landschaftsbeschreibungen zeigt sich das schriftstellerische Können des Autors. Eingefügt sind mehrere Zeitungsartikel.

Die Zahl der Figuren ist übersichtlich. Redbone und Calvert stehen klar im Fokus der Geschichte. Die beiden Protagonisten sind interessant dargestellt und echte Sympathieträger. Die zwei Charaktere weisen psychologische Tiefe auf. Sie kommen authentisch, aber nicht zu gefällig daher.

Inhaltlich kann der Roman ebenfalls überzeugen. Die Idee mit den heimlich geschaffenen Kornkreisen hat mich gleich angesprochen. Die Umsetzung der Geschichte ist ebenfalls geglückt. Das Vorgehen und die Motivation der beiden Männer haben mich berührt. Zudem passt die Geschichte zum Zeitgeist und ist erstaunlich aktuell, weil auch die Themen Naturschutz und Zerstörung der Umwelt auftauchen.

Auf den kaum mehr als 200 Seiten ist die Geschichte wenig ereignisreich und spannungsärmer als erwartet. Das Erzähltempo bleibt gemächlich. Trotzdem habe ich mich beim Lesen überhaupt nicht gelangweilt.

Auch die Gestaltung des Hardcovers ist nach meiner Ansicht sehr gelungen. Die goldene Prägung der Schrift, das farblich passende Lesebändchen sowie das reduzierte, aber gut gewählte Design sind ansprechend und wirken sehr hochwertig. Erfreulicherweise wurde der englische Originaltitel („The Perfect Circle“) wortgetreu ins Deutsche übersetzt.

Mein Fazit:
„Der perfekte Kreis“ von Benjamin Myers ist ein Roman, der mich in mehrfacher Hinsicht begeistert hat. Ein Lesevergnügen mit leisen Tönen, das mir Lust darauf gemacht hat, weitere Bücher des Autors zu entdecken.

Veröffentlicht am 12.09.2021

Eine grausige Kettenreaktion

Die Nacht – Wirst du morgen noch leben?
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Während eines Gewitters verläuft sich Hanna Carlsen im Dunkeln. Sie stürzt und verletzt sich dabei. Ein Fremder erscheint ihr als Retter. Doch sie ahnt nicht, dass ihr nun erst recht eine große Gefahr ...

Während eines Gewitters verläuft sich Hanna Carlsen im Dunkeln. Sie stürzt und verletzt sich dabei. Ein Fremder erscheint ihr als Retter. Doch sie ahnt nicht, dass ihr nun erst recht eine große Gefahr droht. Nur wenige Stunden später tritt der „Nachtmann“ an die Öffentlichkeit. Er hat fünf Menschen in seiner Gewalt und will sie umbringen, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden. Inga Björk und Christian Brand nehmen die Ermittlungen auf…

„Die Nacht - Wirst du morgen noch leben?“ ist ein Thriller von Jan Beck und der zweite Band der Reihe um Brand und Björk.

Meine Meinung:
Der Thriller besteht aus 80 angenehm kurzen Kapiteln. Erzählt wird erneut aus wechselnden Perspektiven. Angaben zu den Personen erleichtern die Übergänge. Allerdings fällt die örtliche und zeitliche Orientierung anders als im Auftaktband manchmal schwer, weil es dieses Mal keine entsprechenden Hinweise zu Beginn der Kapitel gibt. Das macht das Geschehen zum Teil etwas verwirrend.

Der Schreibstil ist anschaulich und dank vieler Dialoge recht lebhaft. Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte unabhängig vom ersten Band gelesen werden kann. Vorkenntnisse sind zum Verständnis nicht zwingend notwendig.

Wie schon beim Reihenauftakt taucht eine Vielzahl an Charakteren auf. Obwohl mir die beiden ermittelnden Protagonisten schon bekannt waren, konnten mich die Figuren überraschen. Inga und Christian sind erneut interessant, authentisch und mit psychologischer Tiefe ausgestaltet. Die weiteren Personen werden ebenfalls vielschichtig und glaubwürdig dargestellt.

Etwas enttäuschend ist, dass die kreative Idee des ersten Bandes in abgewandelter Form noch einmal verwurstet wurde. Die zwei Fälle weisen viele Parallelen auf. Das hat mich anfangs nicht gestört, mit zunehmendem Ausmaß dann aber schon etwas. Wie bereits der erste Teil ist dieser Thriller nichts für Zartbesaitete. Ich war zwar darauf eingestellt, hätte mir manche Szenen jedoch mit wenigen brutalen und blutigen Details gewünscht, da diese nichts zur Spannung beigetragen haben.

Dennoch ist der rund 450 Seiten umfassende Thriller fast durchgängig kurzweilig und unterhaltsam. Die Handlung konnte mich fesseln, bis zum Ende mehrfach überraschen und zum Miträtseln animieren. Leider war die Auflösung für mich nicht ganz schlüssig.

Das Cover gefällt mir sehr. Es passt prima zum Genre und zur Optik des Auftaktbandes. Das Motiv erscheint aber wieder willkürlich ausgesucht. Gut durchdacht ist dagegen der Titel.

Mein Fazit:
Mit „Die Nacht - Wirst du morgen noch leben?“ ist Jan Beck erneut ein solider Thriller gelungen, der mich jedoch weniger überzeugt hat als der Reihenauftakt. Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich die Reihe weiter verfolgen möchte.

Veröffentlicht am 09.09.2021

Die unheilvolle Begrüßungsgeste

Der falsche Gruß
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Erck Dessauer will als Schriftsteller groß rauskommen. Als junger Mann ist er von Leipzig nach Berlin gezogen. Zwar hat er sein Studium nicht abgeschlossen. Doch nun hat er den Vertrag mit einem Verlag ...

Erck Dessauer will als Schriftsteller groß rauskommen. Als junger Mann ist er von Leipzig nach Berlin gezogen. Zwar hat er sein Studium nicht abgeschlossen. Doch nun hat er den Vertrag mit einem Verlag in der Tasche. Wenn da nur nicht der berühmte Autor Hans Ulrich Barsilay wäre. Bei einer zufälligen Begegnung konfrontiert Erck den Juden aus dem Affekt mit dem Hitlergruß. Das kann nicht ohne Folgen bleiben - oder?

„Der falsche Gruß“ ist ein Roman von Maxim Biller.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwölf Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Erck, und zwar rückblickend aus dem Jahr 2012. Die eigentliche Handlung spielt vorwiegend um die Jahrtausendwende. Durch ständige Zeitsprünge fällt es nicht leicht, die einzelnen Episoden zu sortieren. Mal geht es um Ercks Kindheit, mal die Teenagerjahre, mal die Studienzeit und mal die jüngere Vergangenheit.

Auch der Schreibstil macht es den Leserinnen und Lesern nicht einfach. Verschachtelte Sätze werden kombiniert mit Anglizismen, Abkürzungen und Fachtermini. Zudem werden immer wieder unnötig viele Namen in den Raum geworfen. Positiv stechen allerdings kreative Wortschöpfungen und -witze heraus.

Der Protagonist ist eine Art Antiheld. Erck ist ein recht feiger Einzelgänger ohne Freunde, ein leicht zu beeinflussender Unsympath mit Minderwertigkeitskomplexen und starker Unsicherheit, der aber zugleich ein großes Geltungsbedürfnis hat. Kaum besser gefallen hat mir der Gegenpart Barsilay, den wir jedoch nur durch Ercks Brille kennenlernen.

Die Handlung an sich mutet teilweise etwas übertrieben und absurd an. Vielleicht ist mir an einigen Stellen der spezielle Humor des Autors entgangen. Vielleicht darf man das Gelesene nicht immer allzu wörtlich nehmen. Mir hat sich jedenfalls nicht alles erschlossen.

Inhaltlich soll es nach Verlagsangaben um Opportunismus, neuen Nationalismus und politische Korrektheit gehen. Diese Aspekte konnte ich aus der Geschichte jedoch nicht herauslesen. Für mich sind vor allem extreme politische Anschauungen im rechten und linken Spektrum sowie historische Debatten hängen geblieben. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass der Autor noch sehr viel mehr in den Roman packen wollte, mit dem er mich aber nicht erreichen konnte. Obwohl der Roman nur 120 Seiten umfasst, haben mich einige Passagen gelangweilt.

Das Cover finde ich passend. Der prägnante Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Der falsche Gruß“ von Maxim Biller ist ein Roman, der mich etwas ratlos zurücklässt. Eine schwer zugängliche, etwas chaotisch erzählte Lektüre, mit der ich leider wenig anfangen konnte.

Veröffentlicht am 08.09.2021

Was vor 25 Jahren geschah

Dein dunkelstes Geheimnis
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Was ist vor 25 Jahren mit ihrer besten Freundin Elsie Button passiert? Kathryn Starling (30) stellt diese Frage immer wieder ihrem Vater Patrick Bowen. Als Kindermörder sitzt er im Gefängnis. Doch ein ...

Was ist vor 25 Jahren mit ihrer besten Freundin Elsie Button passiert? Kathryn Starling (30) stellt diese Frage immer wieder ihrem Vater Patrick Bowen. Als Kindermörder sitzt er im Gefängnis. Doch ein Geständnis verweigert er nach wie vor. Und: Die Leiche der Fünfjährigen wurde nie gefunden…

„Dein dunkelstes Geheimnis“ ist ein Psychothriller von Jenny Blackhurst.

Meine Meinung:
Der Thriller besteht aus 58 angenehm kurzen Kapiteln. Erzählt wird einerseits im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Kathryn und andererseits aus der Sicht von Maggie. Später kommen die Perspektiven weiterer Personen hinzu.

Der Schreibstil ist unspektakulär, aber anschaulich und - dank vieler Dialoge - lebhaft. Beim Korrektorat weist das Buch jedoch noch ein paar Schwachstellen auf.

Die Charaktere bleiben etwas undurchsichtig, wie es sich für das Genre gehört. Die Figuren sind interessant ausgestaltet.

Inhaltlich ist der Thriller kurzweilig und facettenreich. Auf 350 Seiten ist die Geschichte nicht durchgängig spannend. Aber es gibt falsche Fährten und einige Anhaltspunkte zum Miträtseln. Dabei schafft es die Geschichte zu überraschen. Die Auflösung ist weitestgehend schlüssig, wenn auch nicht in Gänze.

Das deutsche Cover hat zwar keinen direkten Bezug zum Inhalt. Es passt aber sowohl gut zum Genre als auch zu den übrigen Büchern der Autorin. Das Schmetterlingsmotiv verschafft ihm einen hohen Wiedererkennungswert. Der deutsche Titel ist ebenfalls treffend formuliert.

Mein Fazit:
Zwar ist „Dein dunkelstes Geheimnis“ nicht das beste Buch von Jenny Blackhurst. Dennoch hat mich die Geschichte gut unterhalten. Ein solider Psychothriller für spannende Stunden.

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