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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2024

Großartig erzählt

Reichlich spät
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Diese Erzählung über einen Tag im Leben von Cathal ist nicht wirklich lang, aber vollkommen ausreichend, damit ich das Gefühl habe, ihn bereits seit langer Zeit zu kennen. Dies ist der Erzählkunst von ...

Diese Erzählung über einen Tag im Leben von Cathal ist nicht wirklich lang, aber vollkommen ausreichend, damit ich das Gefühl habe, ihn bereits seit langer Zeit zu kennen. Dies ist der Erzählkunst von Claire Keegan geschuldet, die es zustande bringt, auf wenigen Seiten so unglaublich viel zu erzählen.

„Das war das Problem mit Frauen, denen die Liebe abhandenkommt: Der Schleier romantischer Gefühle fällt von ihren Augen, und sie schauen dich an und können in dir lesen.“ (Seite 41)

Bereits auf den ersten Seiten kann ich mich in den Protagonisten hineinversetzen, solche Tage kennt wahrscheinlich jeder zur Genüge. Je weiter die Erzählung aber voranschreitet, umso mehr schwindet meine Sympathie und macht einer leichten Abneigung Platz. Mit minimalem Aufwand erzielt die Autorin eine große Wirkung, ein solches Talent ist nur wenigen gegeben. Am Ende bin ich fast genauso erschöpft wie Cathal und habe das Gefühl, noch länger ertrage ich ihn nicht. Zufrieden klappe ich das Buch zu und lasse die Geschichte wirken. Absolut meisterhaft!

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Veröffentlicht am 08.07.2024

Suche nach Antworten

In den Augen meiner Mutter
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Georgies Mutter Nancy verschwand vor zwanzig Jahren, ließ Sohn und Tochter zurück beim Vater und ging weg. Anhand eines Artikels erfährt Georgie den Aufenthaltsort von Nancy und macht sich auf den Weg ...

Georgies Mutter Nancy verschwand vor zwanzig Jahren, ließ Sohn und Tochter zurück beim Vater und ging weg. Anhand eines Artikels erfährt Georgie den Aufenthaltsort von Nancy und macht sich auf den Weg nach Schottland, um sie zu finden. Als sie wegen eines Bus- und Bahnstreiks im Bahnhof strandet, ruft sie ihren Bruder Dan an und gemeinsam machen sich die Geschwister auf den Weg, um Antworten zu bekommen von der Frau, die sie vor so vielen Jahren verließ. Der Ausflug wird zu einer emotionalen Reise in die Vergangenheit, denn viele Geheimnisse kommen ans Licht, die rückblickend eine völlig andere Geschichte ergeben, als gedacht.

„Ihr Kopf ist plötzlich weit weg, treibt fort, entfernt sich von Frank und seinen grausamen Worten. Genau genommen fühlt sich alles an ihr leicht wie Luft an, ohne jede Substanz. Und sie wünscht sich, sie könnte davonschweben, diesen Ort hinter sich lassen, diese Worte, die er nun endlich laut ausgesprochen hat.“ (Seite 189)

Zwei Perspektiven bemüht Jo Leevers, um ihren Figuren Leben einzuhauchen, und das gelingt ihr mit Mutter und Tochter ausgesprochen gut. Springend zwischen den zwei Frauen sowie den Jahren, was nicht chronologisch erfolgt, entspinnt sich ein Familiendrama, das weit zurückreicht. Hierbei weiß die Autorin, wie man Spannung erzeugt, denn durch unklare Hinweise und Andeutungen wird gerade so viel verraten, dass ich unbedingt wissen will, was dahintersteckt, und dadurch das Buch ungerne aus der Hand lege.

Erst allmählich komme ich dahinter, was geschah, nach und nach lichtet sich der Nebel und dahinter kommt eine Tragödie zum Vorschein, die ich nicht erwartet habe. Einige unerwartete Wendungen später lässt Jo Leevers die sprichwörtliche Bombe platzen und ich fasse es kaum, wie falsch alles gewesen ist. Es hätte vieles vermieden werden können, einige Korrekturen hätten Wunder gewirkt. Aber im Nachhinein weiß man bekanntlich alles besser, was im entscheidenden Moment nicht klar gewesen ist. Die Auflösung gefällt mir, ich war gespannt, wie die Autorin etwas kitten will, was nicht zu kitten ist, gelungen ist ihr ein passendes Ende, mit dem ich sehr zufrieden bin. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Interessant und lehrreich

Gebrandmarkt
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Ibram X. Kendi ist einer der prominentesten Rassismus-Historiker der Welt, mit dem Bestseller Gebrandmarkt hat er eine fundierte und leicht verständliche Kulturgeschichtliche des Rassismus in Amerika geschrieben. ...

Ibram X. Kendi ist einer der prominentesten Rassismus-Historiker der Welt, mit dem Bestseller Gebrandmarkt hat er eine fundierte und leicht verständliche Kulturgeschichtliche des Rassismus in Amerika geschrieben. Dieses Buch hat der bekannte Comiczeichner Joel Christian Gill adaptiert und illustriert, entstanden ist diese tolle Graphic Novel. Das Buch ist nichts für Kinder, auch für Jugendliche erscheint es mir fast zu anspruchsvoll. Es ist gespickt mit vielen Fremdwörtern und Begriffen, bei denen auch ich immer wieder zur Übersetzung gezwungen worden bin. Dies fand ich bei dieser hochinteressanten und lehrreichen Lektüre nicht tragisch, selten habe ich beim Lesen so unfassbar viel gelernt.

„…ich habe einen Traum, dass eines Tages die Leute, die mich als Aufrührer beschimpft haben, so tun werden, als hätten sie mich immer unterstützt. Und ich habe einen Traum, dass konservative Politiker überall in diesem großartigen Land mich falsch zitieren, um politische Auseinandersetzungen zu gewinnen. Ich habe einen Traum, dass weisse Mädchen an meinem Geburtstag >BLACK LIVES MATTER< twittern und ihre Social Media-Profilfotos durch Fotos von mir ersetzen, aber sonst nichts für die Umsetzung unserer Ziele tun. Ich sagte, ich habe einen Traum…“ (Seite 198)

Die Graphic Novel geht auf geschichtliche, thematisch wichtige Dinge ein, was dazu führt, dass man ohne Vorwissen viele Einzelheiten schlicht und ergreifend nicht versteht, jedenfalls ging es mir so. Berühmte Personen der amerikanischen Historie habe ich natürlich erkannt, dennoch blieben mir eine Vielzahl der Figuren fremd, sodass ich auch den Zusammenhang nicht hundertprozentig verstanden habe. Dies finde ich nicht tragisch, denn die Kernaussage versteht man auch unabhängig davon. Ich sehe nun eine Menge Dinge anders, hervorheben möchte ich hier als Beispiel den ein oder anderen berühmten Film, der mit Preisen überhäuft wurde und als Klassiker gilt, bei näherer Betrachtungsweise allerdings so rassistisch ist, dass es mir heute den Magen umdreht. Eine Fülle Denkanstöße nehme ich aus der Lektüre mit und bin froh, meinen Horizont erweitert zu haben. Eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

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Veröffentlicht am 04.07.2024

Vergangene Zeiten

Der verwunschene Fels
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Im Jahr 2023 wäre Willa Cather, die Grande Dame der amerikanischen Literatur, 150 Jahre alt geworden. Dies nahm der Verlag mit dem wunderbaren Namen Die Andere Bibliothek zum Anlass, einen Gesamtband mit ...

Im Jahr 2023 wäre Willa Cather, die Grande Dame der amerikanischen Literatur, 150 Jahre alt geworden. Dies nahm der Verlag mit dem wunderbaren Namen Die Andere Bibliothek zum Anlass, einen Gesamtband mit ihren besten Erzählungen herauszugeben. Die wunderschöne Ausgabe durfte hier einziehen und ich war sehr gespannt auf das überwiegend zum ersten Mal von Agnes Krup übersetzte Werk der ungewöhnlichen Autorin und Pulitzer Preisträgerin, die als eine der bedeutendsten amerikanischen Schriftstellerinnen gilt.

Das Lesen der insgesamt acht Erzählungen hat mir großen Genuss bereitet, die Beschreibungen der Landschaften haben mir das Gefühl gegeben, mittendrin zu sein, die Natur mit allen Sinnen zu erleben und zu fühlen. Ihre Figuren waren so außergewöhnlich wie normal gleichermaßen, der Blick auf sie und die Geschehnisse ein spannender Ausflug in eine längst vergangene Zeit. Das großartige Nachwort von Agnes Krup über das Leben und das Werk der Autorin vervollständigte das Gesamtbild, ergänzt wurde es durch schwarzweiß Bilder und einige Seiten mit Anmerkungen, die ich äußerst interessant fand. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 03.07.2024

Würdiger Nachfolger des Weltbestsellers

Die Entführung
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Fünfzehn Jahre ist es her, dass Mitch McDeere in Memphis eine Erfahrung machte, die er bis heute nicht vergessen hat. Zwischenzeitlich lebt er mit seiner Frau Abby und seinen Söhnen in New York und arbeitet ...

Fünfzehn Jahre ist es her, dass Mitch McDeere in Memphis eine Erfahrung machte, die er bis heute nicht vergessen hat. Zwischenzeitlich lebt er mit seiner Frau Abby und seinen Söhnen in New York und arbeitet in einer der größten Anwaltskanzleien der Welt, in der er mittlerweile Partner ist. Als ein Kollege in Italien erkrankt, soll Mitch ihn in einem Routinefall vertreten; die libysche Regierung schuldet der türkischen Firma Lannak mehr als vierhundert Millionen Dollar für ein Bauwerk in der Wüste, bei dem der libysche Regierungschef Gaddafi das Budget völlig überzogen hat und sich weigert, zu zahlen. Der italienische Anwalt bittet Mitch, seine Tochter Giovanna, die in einer britischen Niederlassung der Kanzlei in London arbeitet, mitzunehmen. Eine erste Besichtigung der Baustelle in der Wüste geht schief, Giovanna, ihre zwei libyschen Fahrer sowie vier türkische Leibwächter von Lannak werden entführt. Nach einiger Zeit taucht das erste Video auf mit der Hinrichtung eines der Fahrer. Es steht zu befürchten, dass dies erst der Anfang war.

John Grishams Debütroman „Die Jury“ war 1989 für mich der Beginn einer jahrzehntelangen und bis heute ungebrochenen Leidenschaft für seine Bücher. Er ist ein Meister des Justizthrillers, seine Bücher wurden weltweit mehr als 300 Millionen Mal verkauft, dabei in 42 Sprachen übersetzt, und er ist den Informationen auf der Verlagsseite nach einer von nur drei Autoren, von denen zwei Bücher mehr als eine Million Mal als E-Book verkauft wurden. Mehrere seiner Werke wurden erfolgreich verfilmt und ich hoffe, dass ich noch viele seiner Geschichten werde genießen können. Den Protagonisten des vorliegenden Buches, den Anwalt Mitch McDeere, kenne ich bereits aus dem im Jahr 1992 in Deutschland erschienenen Buch „Die Firma“, das 1993 sehr erfolgreich verfilmt wurde mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Man muss es nicht zwingend gelesen haben, um den aktuellen Roman genießen zu können, sollte aber wissen, dass hier alle wichtigen Details aus dem vorherigen Buch verraten werden.

Ich habe mich oft gefragt, was aus Mitch geworden ist, und mich auf ein Wiedersehen mit ihm gefreut. Anfangs empfand ich die Geschichte dennoch etwas zäh, nicht uninteressant, aber unspektakulär und nicht ungemein fesselnd. Das Vorgeplänkel nahm über fünfzig Seiten ein und ich befürchtete schon, dass es so bleibt, als Bewegung in die Sache kam. Das Mandat von Lannak entpuppte sich als ein Bauwerk, das tatsächlich existiert, was ich bei meiner Recherche kaum glauben konnte. Niemals hätte ich erwartet, dass jemand eine solche wahnwitzige Idee umsetzen würde, aber da wurde ich tatsächlich eines Besseren belehrt. Diesen Mix aus Fakten und Fiktion fand ich einfach großartig und ab da ging es ab mit einer rasanten Story, die mich dermaßen gefesselt hat, dass ich vollkommen versunken bin im Buch. Teilweise war es so nervenaufreibend, dass ich von einem Thriller sprechen würde. Ich habe dem Showdown entgegengefiebert, war gespannt darauf, welchen Abschluss mir der Autor präsentiert, und wurde nicht enttäuscht. Wieder einmal hat John Grisham mich bestens unterhalten, vielen Dank dafür.

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