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Veröffentlicht am 18.09.2024

Gelungene Neuinterpretation

Was die Toten bewegt (Eine packende und atmosphärische Nacherzählung von Edgar Allan Poes Klassiker „Der Untergang des Hauses Usher“)
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Da ich mich an die Geschichte von E.A. Poe partout nicht erinnern konnte (das wird natürlich beizeiten nachgeholt), fand ich es eine gute Idee mit dieser Neuerzählung erneut in das Haus der Ushers zurückzukehren. ...

Da ich mich an die Geschichte von E.A. Poe partout nicht erinnern konnte (das wird natürlich beizeiten nachgeholt), fand ich es eine gute Idee mit dieser Neuerzählung erneut in das Haus der Ushers zurückzukehren. Der Anfang gestaltete sich erst einmal ausgesprochen zäh und ich bereute meinen Entschluss bereits ein wenig. Zugleich war ich maßlos enttäuscht, hatte ich die Autorin nach dem Genuß von "Wie man einen Prinzen tötet" doch gerade erst in die Riege meiner neuen Lieblingsschreiberlinge erhoben, wild entschlossen jedes ihrer Werke zu lesen. Ob es an der klassischen Vorlage lag, dass die Geschichte so dröge, ja ich wage es auszusprechen: derart langweilig, sein konnte, denn was interessierte mich die langatmige Geschichte der gallazinischen Eidsoldaten?
Doch ich liess mich durch diesen für mich unnötig langen Exkurs nicht entmutigen, denn bereits die Begegnung mit der rüstigen Pilzexpertin Miss Potter entschädigte mich schon für diese anfängliche Lesehürde. Und so wurde Miss Potter für mich zu einer heimlichen Heldin, die mit ihrem umfangreichen Wissen immer zur rechten Zeit aufzutauchen schien.
Im Haus Usher selbst ist alles so wie erwartet: gruselig und absolut 'gothic', dem Verfall anheim gegeben und von Schimmel und Pilzen befallen. Alex Eastons Bemühungen, die Ursache für die Krankheit der Geschwister Usher, unter der vor allem Madeline zugrunde ging, herauszufinden, werden von einem amerikanischen Arzt unterstützt, der allerdings auch schon mit seinem Latein am Ende war. Gibt es einen Zusammenhang zu dem merkwürdigen, wie tot wirkenden See gleich am Haus? Was hat es mit den zombie-ähnlichen Hasen auf sich, die als einzige Tiere durch die Gegend taumelten und sehr an die schlafwandelnde Madeline erinnern? Und wieso wachsen überall diese ekligen Pilze? Schritt für Schritt enthüllt Alex das Geheimnis des Hauses Usher.
Die Geschichte fängt die gruselige Stimmung, die im und um das Haus herrscht, hervorragend ein, und doch blitzt immer wieder ein Funken Humor durch, der das ganze Leid und Elend zumindest für die Leserschaft erträglicher macht, auch wenn er ob der Ernsthaftigkeit der Lage unangemessen scheint. Doch Alex leichte Tollpatschigkeit und Miss Potters scharfe Zunge haben mir zu viel Spaß bereitet - für mich der perfekte Ausgleich zur klammen Gänsehaut, die das kalte und unwirtliche Gemäuer des Hauses Usher hervorrief.
Fazit: diese Neuerzählung hat die klassische Geschichte nicht nur wiederbelebt, sondern gänzlich neu geboren.

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Königliche Teestunde

Tee auf Windsor Castle
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Eigentlich ist Kate nur ihrer Freundin zuliebe auf die Besichtigungstour des Windsor Castle mitgekommen. Denn eigentlich hat sie für die Royals so gar nichts übrig, die sich den lieben langen Tag bedienen ...

Eigentlich ist Kate nur ihrer Freundin zuliebe auf die Besichtigungstour des Windsor Castle mitgekommen. Denn eigentlich hat sie für die Royals so gar nichts übrig, die sich den lieben langen Tag bedienen lassen und im Luxus schwelgen. Doch als Kate die Tour verlässt und hinter einer versteckten Tür nach einem gewissen Örtchen sucht, landet sie im wahrsten Sinne des Wortes auf der geheimen Seite des Palastes: hier ist es gar nicht so edel, denn dies sind die Schleichwege und Räumlichkeiten der Bediensteten. In einer kleinen Küche trifft Kate auf die rüstige Betty, die sie sogleich - ganz britisch - auf eine Tasse Tee einlädt. Und so erfährt Kate nicht nur vieles über das Leben der Hoheiten und Bediensteten auf Windsor Castle, sondern vor allem auch vieles über das Leben der Queen. Und muss zugeben, dass dieses vielleicht nicht in jeder Hinsicht das Paradies war.
Die Dialoge mit Betty und vor allem deren unternehmungslustige Art, die sie und Kate in ein sehr spontanes unglaubliches Abenteuer führen, und Sprüche zu allen Lebenslagen sind einfach herrlich und haben mich genauso wie Kate mitgerissen. Dass Kate erst ganz am Ende ein Licht aufgeht, fand ich leider unglaubwürdig, aber das war wohl nötig um die Ereignisse genau so präsentieren zu können.
Fazit: zu gerne würde ich auch einmal eine Tasse des vorzüglichen 'Wilson's Finest' auf Windsor Castle trinken und mit Hund Henry eine Runde durch den Park drehen...

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Kurz und gut

Schillerwiese - Longlist des Crime Cologne Awards
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Zwar fehlt an einigen Stellen die Tiefe, man möchte mehr erfahren über die Hintergründe einzelner Personen und tiefer eintauchen in die historischen Machenschaften, die zum grausamen Mord an einer jungen ...

Zwar fehlt an einigen Stellen die Tiefe, man möchte mehr erfahren über die Hintergründe einzelner Personen und tiefer eintauchen in die historischen Machenschaften, die zum grausamen Mord an einer jungen Mutter führten. Aber dafür hält das Buch Spannung und Tempo konstant hoch und so fliegt man über die Zeilen, um nach einigem Rätseln über Motiv und Täter die erschreckende Auflösung zu erfahren. Fazit: ein historischer Krimi, der sich sehr flüssig und spannend liest.

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Veröffentlicht am 16.09.2024

Werwölfe in Vorpommern!

Lupus
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Der neue Roman von Tibor Rode nimmt sich gleich mehrerer spannender Themen an: zum einen die Rückkehr der Wölfe in Deutschland und der damit verbundene Human-Wildlife-Konflikt. Zum anderen die Anwendung ...

Der neue Roman von Tibor Rode nimmt sich gleich mehrerer spannender Themen an: zum einen die Rückkehr der Wölfe in Deutschland und der damit verbundene Human-Wildlife-Konflikt. Zum anderen die Anwendung von KI - hier in Verbindung mit Zäunen für Nutztiere, die verhindern sollen, dass etwas hinein - oder auch hinaus - kommt. Zudem wird die deutsche Geschichte aufgearbeitet, über die Zeiten der DDR bis hin zum Nazi-Regime und dessen gefährliche Forschungsarbeiten.
Die Handlung ist unglaublich differenziert und verwoben, so dass man bis zum Ende mit überraschenden Wendungen konfrontiert wird, was die Spannung permanent am Anschlag hält.
Mit der Tierärztin, Wolfsbeauftragten und Jägerin Jenny Rausch hat der Autor eine nicht bedingungslos sympathische, aber glaubwürdige und sehr menschliche Protagonistin geschaffen. Ihr zur Seite steht Staatsanwalt Frederik Bach, der auf Jenny ebenso anziehend wie geheimnisvoll wirkt.
Und so ermitteln die beiden und legen die ungeheure Wahrheit "wie bei einer Zwiebel Schicht um Schicht und mit vielen Tränen" frei, bei der es gleichermaßen um die Gier nach Geld und Macht geht.
Fazit: einmal mehr erschafft Tibor Rode eine erschreckende Zukunftsvision, die vielleicht gar keine mehr ist.

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Reale Vision

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Als von der vermissten Lena ein verstörendes Video viral geht, wird das BKA eingeschaltet. BKA-Kommissarin Yasira Saad übernimmt den Fall, der jedoch schon bald aus dem Ruder läuft: es gibt keine verwertbaren ...

Als von der vermissten Lena ein verstörendes Video viral geht, wird das BKA eingeschaltet. BKA-Kommissarin Yasira Saad übernimmt den Fall, der jedoch schon bald aus dem Ruder läuft: es gibt keine verwertbaren Spuren, und eine rechtsradikale Gruppe nutzt das Video für ihre eigenen rassistischen Zwecke. Bald ist nichts mehr so wie es scheint, und Yasira selbst gerät ins Fadenkreuz des "Aktiven Heimatschutzes".
Äusserst spannend beginnt dieser temporeiche Thriller, der jedoch viele Fragen am Ende unbeantwortet lässt. Das "Finale" bot eine nicht ganz überraschende, aber durchaus schlüssige Wendung, die sich im Vorfeld bereits ankündigte. Halb futuristisch, aber mit einem Bein bereits im Hier und Jetzt, löst sie erschreckende Gedanken darüber aus, was heutzutage bereits alles denkbar oder machbar ist. Wem kann man noch trauen - den eigenen Augen jedenfalls nicht. Leider musste ich ich mich mehrfach fragen, wieso gewisse Ermittlungsansätze nicht schon von Anfang an verfolgt wurden. Dass einfach keiner darauf gekommen ist finde ich schlicht unglaubwürdig und dilettantisch. Spannend war es trotzdem.
Fazit: dieser sehr konsequent umgesetzte, provozierende Thriller war für meinen Geschmack zu plakativ umgesetzt.

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