Profilbild von mrs-lucky

mrs-lucky

Lesejury Star
offline

mrs-lucky ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mrs-lucky über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2024

sprachlich überzeugend, inhaltlich für meinen Geschmack zu abstrakt

Cascadia
0

In ihrem Roman Cascadia erzählt Julia Phillips die Geschichte der Schwestern Sam und Elena, die mit ihrer pflegebedürftigen Mutter im Nordwesten der USA auf der Insel San Juan leben. Die Schwestern versuchen ...

In ihrem Roman Cascadia erzählt Julia Phillips die Geschichte der Schwestern Sam und Elena, die mit ihrer pflegebedürftigen Mutter im Nordwesten der USA auf der Insel San Juan leben. Die Schwestern versuchen mit einfachen Jobs ihr Leben zu bestreiten und gleichzeitig die Arztrechnungen ihrer Mutter zu begleichen, während sie von einer besseren, unbeschwerteren Zukunft träumen. Als eines Tages ein Bär in der Nähe ihres Hauses auftaucht, gerät das Leben der Schwestern und ihr eingespieltes Verhältnis aus den Fugen.
Die Geschichte wird erzählt aus der Sicht der 28-jährigen Sam, die mit ihrem Leben und ihrer Chancenlosigkeit hadert, sie wirkt verbittert und reagiert anderen Mitmenschen gegenüber ablehnend und voreingenommen. Ihre nur weniger als 2 Jahre ältere Schwester Elena musste früh die Verantwortung für die kleine Familie übernehmen, da die alleinerziehende Mutter zunächst viel Zeit bei der Arbeit verbracht hat und dann früh schwer erkrankt ist. Als der Bär in ihr Leben tritt, reagiert Sam mit Angst, während Elena fasziniert ist von der Magie des Tieres. Diese mystische Komponente wird in dem Roman aufgegriffen mit Bezügen zu dem Märchen Schneeweißchen und Rosenrot.
Die Geschichte ist spannend erzählt, sie berührt einerseits durch die intensiven Schilderungen aus der Sicht von Sam, andererseits machte es Sams schroffe und verschlossene Art schwierig, Sympathien für sie zu entwickeln. Sie wirkt sehr kindlich und unselbstständig, je weiter die Entwicklungen voranschreiten, umso mehr wird deutlich, wie sehr sie sich auf ihre Schwester Elena verlässt und sich ihr Leben zusammen träumt, wie er ihr am besten gefällt, dabei aber die Realität und auch die Bedürfnisse ihrer Schwester ausblendet. Elenas Faszination für den Bären blieb für mich bei der Lektüre ebenso wenig greifbar wie für Sam.
Der Roman ist einerseits sprachlich glänzend erzählt, spannend und bewegend, dennoch lässt er mich am Ende etwas ratlos zurück. Vielleicht ist das Szenario für mich zu fremd, bieten die Charaktere für mich persönlich zu wenig Fläche zur Identifikation. Es gibt sehr viel Spielraum für Interpretationen, insbesondere zu den Bindungen und der Schwestern, ihrem Schicksal, ihrer Zukunft und ihren Träumen, mir ist das am Ende zu abstrakt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.07.2024

interessantes Szenario aber zu viele Längen

Im Unterholz
0

‚Im Unterholz‘ ist der Auftaktband einer Krimireihe, zu der in Schweden bereits drei Bände erschienen sind, für die Autorin Sara Strömberg mehrere Auszeichnungen erhalten hat.
Schauplatz ist die von weiten ...

‚Im Unterholz‘ ist der Auftaktband einer Krimireihe, zu der in Schweden bereits drei Bände erschienen sind, für die Autorin Sara Strömberg mehrere Auszeichnungen erhalten hat.
Schauplatz ist die von weiten Wäldern geprägte Region um Åre im Norden Schwedens, im Mittelpunkt stehen in dieser Reihe keine polizeilichen Ermittler, sondern die ehemalige Journalistin Vera Bergström. Vera hat viele Jahre als Lokalredakteurin in der Region Jämtland gearbeitet, bis vor drei Jahren ihre Stelle wegrationalisiert wurde. Zur selben Zeit ist ihre langjährige Beziehung zerbrochen, Vera kämpft seither nicht nur mit beginnenden Wechseljahren sondern hadert auch mit dem Leben, das sie verloren hat. Als in der Nähe die Leiche einer Frau aufgefunden wird, und ihr ehemaliger Chef sie um eine Reportage zu Reaktionen der Anwohner bittet, übernimmt Vera den Fall zunächst nur widerwillig. Im Laufe ihrer Recherchen wird sie jedoch immer besessen er davon, mehr über den Hintergrund des Opfers herauszufinden, wer sie getötet hat und vor allem warum. Dabei wird Vera immer tiefer in die Geschichte hineingezogen, sie entdeckt in der Vergangenheit der ermordeten Frau Ereignisse, die im Zusammenhang mit der aktuellen Tat stehen könnten und begibt sich selbst in Gefahr.
Die Krimireihe wird in Schweden hoch gelobt, mich konnte das Debüt nicht wirklich überzeugen. Vera als Hauptfigur steht für meinen Geschmack mit ihren Befindlichkeiten zu sehr im Mittelpunkt, das nimmt der Geschichte die Spannung, die Passagen um ihre depressiven Stimmungen und ihre Schwierigkeiten, ihrem Leben eine Perspektive zu geben, wiederholen sich und sorgen für Längen. Sprachlich finde ich das Buch überzeugend, die düstere Atmosphäre der weitläufigen Region um Åre, in der das alltägliche Leben für die Bevölkerung immer schwieriger wird, ist gut getroffen. Die Rückblenden aus der Vergangenheit sorgen für eine beklemmende Stimmung, aber auch wenn die Geschichte in sich stimmig ist, bleibt für mich die Motivation hinter den Taten nicht wirklich nachvollziehbar.
Ich kann die Begeisterung über die Reihe nach diesem Auftakt nicht nachvollziehen, da gibt es andere skandinavische Krimireihen, die mich deutlich mehr überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.07.2024

spannend und düster

Teufelsgabe (Ewert Grens ermittelt 4)
0

Die Krimis von Anders Roslund aus der Reihe um Kriminalkommissar Ewert Grens und seinem Freund Piet Hoffmann sind düster und nichts für zartbesaitete Seelen, der neuste Band ‚Teufelsgabe‘ macht da keine ...

Die Krimis von Anders Roslund aus der Reihe um Kriminalkommissar Ewert Grens und seinem Freund Piet Hoffmann sind düster und nichts für zartbesaitete Seelen, der neuste Band ‚Teufelsgabe‘ macht da keine Ausnahme.
Kommissar Ewert Grens hat seine verstörende Psychose überwunden und wagt einen Neuanfang. Sein Leben definiert sich seit Jahren durch seine Arbeit bei der Mordkommission, doch hat er mittlerweile nicht nur das Pensionsalter erreicht, sondern wurde nach seinem Selbstmordversuch vor einem Jahr vom Dienst suspendiert. Polizeichef Wilson gibt ihm sieben Tage Bewährungszeit, in der Grens seine frühere Kollegin Mariana bei der Aufklärung eines brutalen Mordes unterstützen soll. Die Ermittlungen verlaufend jedoch zunächst zermürbend schleppend, eine DNA-Probe bringt dann neue Erkenntnisse und führt zu weiteren, einige Jahre zurück liegenden Morden. Gibt es in Schweden tatsächlich einen Serienmörder? Als ein Tatverdächtiger identifiziert wird, ist Grens fassungslos und setzt alles daran, dessen Unschuld zu beweisen. Unterstützt wird er von Piet Hoffmann, der wie Grens selbst in diesem Band an einem Wendepunkt in seinem Leben steht und einiges aufs Spiel setzt.
Wie von Anders Roslund gewohnt ist auch dieser Krimi komplex und temporeich erzählt mit einigen unerwarteten Wendungen. Mit Ewert Grens und Piet Hoffmann hat er zwei sehr spezielle Charaktere geschaffen, die für ihre Sache brennen und bei der Wahl ihrer Mittel regelmäßig auch wenig legale Wege einschlagen. Realistisch sind die Geschichten damit nicht aber dafür ausgesprochen spannend. An Grens fasziniert mich, wie er manchmal naiv wirkt wie ein zu groß geratenes Kind, andererseits aber intelligent und mit allen Sinnen auf die Auflösung der Fälle fokussiert. Der Band ist in sich abgeschlossen, eine Kenntnis der Vorgeschichten halte ich für hilfreich, um Grens Entwicklung und seine besondere Beziehung zu Piet Hoffmann in vollem Umfang zu verstehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2024

spannend und hochaktuell

VIEWS
0

Anfangs war ich zugegebenermaßen skeptisch: Ein ersthafter Krimi aus der Feder von Marc-Uwe Kling, kann das funktionieren? Je mehr ich in die Geschichte eingetaucht bin, umso mehr hat sich bei mir die ...

Anfangs war ich zugegebenermaßen skeptisch: Ein ersthafter Krimi aus der Feder von Marc-Uwe Kling, kann das funktionieren? Je mehr ich in die Geschichte eingetaucht bin, umso mehr hat sich bei mir die Überzeugung verfestigt, dass das sogar sehr gut funktioniert.
Marc-Uwe Kling hat schon in den Känguru-Chroniken und Qualityland seinen kritischen Blick auf die Gesellschaft bewiesen, und dass er dieser gerne einen Spiegel vorhält. Während in den Känguru-Geschichten Kritik in Satire und skurrile Aktionen verhüllt ist, dient sie in ‚Views‘ als Basis für einen spannenden und hochaktuellen Krimi. Der Roman wird als Thriller vermarktet, das finde ich etwas hochgegriffen trotz einiger sehr brutaler Szenen.
Im Internet geht ein Video viral, dass in verstörenden Bildern die Vergewaltigung der 16-jährigen Lena Palmer durch drei farbige junge Männer zeigt. Lena ist bereits seit drei Tagen verschwunden, BKA-Kommissarin Yasira Saad und ihr Kollege Michael werden mit der Aufgabe betreut, Lena zu finden und die Täter festzusetzen. Der Druck auf die Ermittler wächst, als es kurz darauf gewalttätige Demonstrationen gibt und die rechtsradikale Gruppierung ‚Aktiver Heimatschutz‘ als selbsternannte Rächer schnell Zulauf gewinnt. Es folgen unerwartete Entwicklungen und Erkenntnisse, die die Ermittler zwingen, in neuen Bahnen zu denken und ihre etablierten Methoden in Frage zu stellen. Die beschriebenen Eskalationen sind nicht nur erschreckend aufgrund ihres Gewaltpotentials sondern auch durch die Erkenntnis, dass diese nach den aktuellen politischen Entwicklungen eine sehr reale Bedrohung darstellen.
Die Charaktere wirken lebensnah, trotz des ernsten Themas blitzt hier und da Humor auf, es werden gleich mehrere Themen miteinander verknüpft, die in der aktuellen politischen Diskussion gerade in den Fokus rücken.
Aus meiner Sicht kann sich manch hochgelobter deutscher Thrillerautor, bei dem ich den Hype um die Bücher noch nie verstanden habe, hier in Punkto Brisanz, Aktualität und Originalität eine Scheibe abschneiden.
Die Hörbuchfassung, vom Autor selbst gelesen, bekommt meine volle Empfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.06.2024

eine wundervolle Geschichte, großartig erzählt

In den Farben des Dunkels
0

Chris Whitakers neuer Roman ‚In den Farben des Dunkels‘ ist für mich ein Lesehighlight des Jahres.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1975 in einer Kleinstadt im mittleren Westen der USA und begleitet die ...

Chris Whitakers neuer Roman ‚In den Farben des Dunkels‘ ist für mich ein Lesehighlight des Jahres.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1975 in einer Kleinstadt im mittleren Westen der USA und begleitet die Hauptfiguren über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren. Der 13-jährige Patch ist nicht nur aufgrund der Tatsache, dass er mit nur einem Auge geboren wurde und eine Augenklappe trägt, ein Außenseiter im Ort. Als er eines Morgens Zeuge wird, wie sein Schwarm Misty Meyer im Wald von einem Mann bedroht wird, greift er beherzt ein und wird selbst entführt. Seine beste Freundin Saint ist verzweifelt und gibt die Suche nach Patch nicht auf. Während der 307 Tage in Gefangenschaft im Dunklen ist das junge Mädchen Grace sein Rettungsanker, sie erzählt ihm Geschichten und beschreibt in bunten Farben die Schönheit vieler Plätze in den USA, die sie besucht hat.
Nach Patchs Befreiung gibt es keine Spur von Grace, die anderen halten sie für ein Produkt seiner Fantasie, doch Patchs Verlust wiegt so schwer, dass die Suche nach Grace zu seinem obsessiven Lebensziel wird, während gleichzeitig Saint alles versucht, ihren besten Freund von damals zurückzugewinnen.
Die Schicksale der Hauptfiguren sind eng miteinander verwoben, die Stimmung ist mal düster und dann wieder erhellt von farbenfrohen Beschreibungen. Trotz der Kriminalgeschichte, auf dem der Roman aufbaut, ist es weniger die Handlung, die hier fesselt, sondern vielmehr die emotionale Entwicklung und Verbindung der Figuren. Die Geschichte ist komplex und bietet immer wieder überraschende Wendungen, die Sprache ist oft bildhaft, fast poetisch, und sehr berührend. Gleichzeitig runden auch humorvolle Szenen die Erzählung ab und sorgen mit dafür, dass die Charaktere authentisch und lebensnah wirken.
Der Roman bietet ein sehr intensives Leseerlebnis, in meinem Fall ist es dem Autor gelungen, enge Gefühle für seine Figuren zu wecken, während ich ihre Siege und Niederlagen mit Freude und Bangen mitverfolgt habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere