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Veröffentlicht am 05.06.2024

Ein schönes Buch, das noch lange in mir nachhallen wird.

Sterben im Sommer
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„Sterben im Sommer“ ist vielleicht das persönlichste Buch von Zsuzsa Bánk. Mit (den ihr so eigenen) leisen, eindringlichen Tönen erzählt die Autorin von einem großen Verlust. Sie nimmt Abschied von ...

„Sterben im Sommer“ ist vielleicht das persönlichste Buch von Zsuzsa Bánk. Mit (den ihr so eigenen) leisen, eindringlichen Tönen erzählt die Autorin von einem großen Verlust. Sie nimmt Abschied von ihrem Vater, dem Stützpfeiler ihres Lebens mit dem großen Herzen, von dem fröhlichen Lachen und seinem glücklichen Gesicht beim Erzählen. Und sie nimmt Abschied von dem Sommerhaus in einem kleinen Dorf in Ungarn, dem Paradiesgarten, den Erinnerungen an heiße Tage und die jó úzsás - die Liebe zum Wasser.

Ich kann die Kritik mancher Leser durchaus nachvollziehen, welche sich an der stellenweise etwas ausufernden Trauerbewältigung störten, der großen Verzweiflung angesichts des natürlichen Kreislaufes von Leben und Tod. Andererseits - was sonst erwartet man von einem autobiografischen Buch, mit einem solchen Titel, wenn keine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben, Abschied und Trauer?

Mich haben Zsuzsa Bánks Worte sehr berührt, was vielleicht auch daran liegen mag, dass ich im selben Jahr meine Mutter an eine schwere Krankheit verloren habe. Viele Erinnerungen an diese intensive Zeit wurden geweckt, Empfindungen wach gerufen und manche ihrer Worte legten sich wie Schablonen über meine eigenen Gefühle, die ich längst nicht so gut auszudrücken vermag. Auf Seite 94 schreibt Zsuzsa Bánk den Gedanken nieder, eine Haarsträhne ihres Vaters abzuschneiden und aufzubewahren - nun, die kleine, dunkle Haarsträhne meiner Mutter ruht in einem Kästchen im Regal meiner Tochter, der Duft ist noch zu erahnen.

Ein schönes Buch, das noch lange in mir nachhallen wird.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Zu recht ein Klassiker!

Hundert Jahre Einsamkeit
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„Hundert Jahre Einsamkeit“ erzählt die Geschichte der Familie Buendía und Macondos, einem kleinen fiktiven Dorf in Kolumbien im 19. Jahrhundert, die untrennbar miteinander verwoben sind. Eine ganze Epoche ...

„Hundert Jahre Einsamkeit“ erzählt die Geschichte der Familie Buendía und Macondos, einem kleinen fiktiven Dorf in Kolumbien im 19. Jahrhundert, die untrennbar miteinander verwoben sind. Eine ganze Epoche tut sich auf diesen 500 Seiten auf - mit feinem Humor und präzisem Blick öffnet Gabriel Garcia Márquez diese für seine Leser und bannt historische Ereignisse ebenso wie die persönlichen Schicksale seiner Figuren darin. Ursula, die Urmutter der Familie und Symphatieträgerin, wirkt dabei wie ein roter Faden im Text - wie ein Spiegelbild ihres Alterns wird auch der Verfall der Familie und des Dorfes sichtbar.

Dieses Buch war mein Erstes des Autors und konnte mich sprachlich restlos überzeugen - die erzählerische, bildhafte Kraft spürt man in jedem einzelnen Satz. Auch der (Neu)Übersetzerin Dagmar Ploetz mein höchstes Lob für diese großartig Arbeit.

Wenig überraschend bei einem Klassiker wie diesem kann ich nur eine große Leseempfehlung aussprechen für alle, die diesen Roman noch nicht kennen!

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Hohes sprachliches Niveau!

Zitronen
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Die Drachs leben am Rande eines winzig kleinen Dorfes, in dem jeder jeden kennt und gleichzeitig keiner den anderen. August wächst hier umgeben von duftenden Apfelbäumen in scheinbarer Idylle auf, unter ...

Die Drachs leben am Rande eines winzig kleinen Dorfes, in dem jeder jeden kennt und gleichzeitig keiner den anderen. August wächst hier umgeben von duftenden Apfelbäumen in scheinbarer Idylle auf, unter der harten Hand des Vaters heran, die öfter ausrutscht als ermuntert, und mit einer vom Leben um die verdiente Aufmerksamkeit betrogenen Mutter, die lieber tröstet als beschützt. Liebe und Zuneigung sind hier untrennbar miteinander verbunden, das eine gibt es nicht ohne das andere, ja, beides bedingt sich sogar, und so drehen die drei sich in ihrem grausamen Mobile der Gewalt bis der Vater eines Tages einfach beschließt auszubrechen und verschwindet. Mutter und Sohn, ihres perfiden Puppenspielers beraubt, doch unfähig den ihnen zugeteilten Rollen zu entkommen, taumeln umeinander und steuern unaufhaltsam einer so ungeheuerlichen wie zwangsläufigen Tat entgegen.

Valerie Fritschs „Zitronen“ ist ein Buch, das ich Wort für Wort zitieren möchte und das ist paradoxerweise sowohl die Stärke des Textes, als auch seine Schwäche. Schmal ist der Roman und dabei extrem gehaltvoll, jedes Wort sitzt und jeder Satz lässt ein fertiges Bild in meinem Kopf entstehen. Das ist ohne Frage eine literarische Leistung, aber auch anstrengend. Ich mag es, mich in eine Geschichte hineinfallen zu lassen, ohne mich dabei konzentrieren zu müssen; die Sätze langsam in sich selbst, ihre Bedeutung hineinwachsen zu sehen. Die blumig-poetische Sprache scheint den bedrohlichen Inhalt hier fast zu erdrücken, sich über diesen zu erheben, statt ihn zu (unter)stützen. So blieben die Figuren für mich durchweg auf Distanz, nicht ganz greifbar. Nichtsdestotrotz eine große Empfehlung für alle, die sich auf das Thema „Münchhausen by proxy“ einlassen mögen und Lust auf gute Literatur hohen sprachlichen Niveaus haben!

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Vom Glück der kleinen Dinge!

Marie des Brebis
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Die französische Hochebene, die Causses du Quercy, im Herbst 1901. Ein kleines Mädchen wird inmitten einer Schafherde gefunden, zurückgelassen mit nichts als einem Blatt Papier zwischen Bauch und Wolldecke ...

Die französische Hochebene, die Causses du Quercy, im Herbst 1901. Ein kleines Mädchen wird inmitten einer Schafherde gefunden, zurückgelassen mit nichts als einem Blatt Papier zwischen Bauch und Wolldecke geschoben, auf dem steht „Sie heißt Marie“. Dies ist der holprige Beginn eines langen, von Freud und Leid erfüllten Lebens. Eines reichen Lebens, ganz ohne materiellen Wohlstand und Luxus, doch geprägt von großer Verbundenheit mit der Natur und dem eigenen Wesen, einem tief empfundenen, inneren Frieden.

Manchmal wird mir alles zu viel da draußen, schlägt so ein Gefühl in mir drin sanft aber bestimmt mit seinen Flügeln, ist da diese Sehnsucht nach einem einfacheren Dasein, klareren Strukturen, einer kleineren Welt. Ich fühle mich in solchen Momenten fast fremd in meiner Zeit, haltlos verloren im heutigen Überfluss an Dingen, die wir besitzen wollen, Möglichkeiten, die in Betracht zu ziehen sind, Problemen, die es zu lösen gilt, Wegen, die eingeschlagen werden können – oder auch nicht. All das ermüdet mich bisweilen und ich würde mich am liebsten in ein Schneckenhaus zurückziehen, der Zivilisation und all ihren Ausdünstungen entfliehen. Genau dann greife ich zu Büchern, die mich erden und innerlich ganz ruhig werden lassen, wie Edvard Hoems „Die Hebamme“ oder “Marie des Brebis“ von Christian Signol. Der französische Autor hat die Geschichte der „Schafs-Marie“ kurz vor deren Tod in den 1980er-Jahren basierend auf ihren eigenen Erinnerungen niedergeschrieben und der Nachwelt so das faszinierende Porträt einer so einfachen wie wahrhaft lebensklugen Frau hinterlassen.

Dies ist ein Buch zum Eintauchen und Verschwinden, zum Loslassen. Ein ganz leises Buch, das vom Glück der kleinen Dinge erzählt und mich voller Demut und Dankbarkeit zurücklässt, ergriffenen Herzens und feuchten Auges und mit der festen Sicherheit, dass es ganz in uns selbst liegt, was wir mit den Geschenken des Lebens, den guten wie den schlechten, anstellen.

Aus dem Französischen von Corinna Tramm.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Von einer stürmischen Eroberung!

Amrum
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Ich will ehrlich sein, ich hatte mir wirklich fest vorgenommen mein Augenmerk in nächster Zeit ganz auf die Backlist und aktuelle Nischentitel zu legen. Was nicht bedeutet, dass ich nicht trotzdem auch ...

Ich will ehrlich sein, ich hatte mir wirklich fest vorgenommen mein Augenmerk in nächster Zeit ganz auf die Backlist und aktuelle Nischentitel zu legen. Was nicht bedeutet, dass ich nicht trotzdem auch hier und da mal einen Bestseller lese, klar. Das bringt schon die Arbeit in der Buchhandlung mit sich, man will ja mitreden können. Als mir kürzlich Hark Bohms „Amrum“ über den Weg lief, nach direktem Einzug in die oberen Ränge der Spiegel Bestenliste ohne Zweifel als Bestseller zu bezeichnen, dachte ich, ach, warum eigentlich nicht? Nordsee, Inselleben im Ausnahmezustand des (endenden) zweiten Weltkriegs, doch, klingt, als könnte es mich kriegen.

Und so fing ich ohne große Erwartungen an zu lesen und ich mochte die Atmosphäre der Geschichte auf Anhieb, den knappen, lakonischen Ton, der mir Nordlicht nur allzu vertraut ist. Mochte die authentischen Beschreibungen der rauen Natur, dieser Kargheit, der die vom Krieg und den Verlusten gebeutelten Menschen, egal auf wessen Seite sie stehen, gemeinsam die letzten Ressourcen abzuringen versuchen. Ich las weiter und Hitler stirbt, der Krieg ist aus und die Amerikaner marschieren ein; alles verändert sich, kehrt sich geradezu um und ich war plötzlich mittendrin. Beobachtete mit Zärtlichkeit und wachsender Zuneigung diesen mit der Insel fest verwurzelten Jungen, der die ganze Verwirrung seiner Zeit in sich trägt, der seine regimetreue Mutter von Herzen liebt und doch die Abscheu der Insulaner, den sich drehenden Wind spürt, spürt, dass etwas nicht stimmt mit seiner Familie. Den die Liebe zu Amrum, zu bodenständiger, ehrlicher Arbeit mit den eigenen Händen und die Erwartung seiner akademischen Eltern innerlich zerreißt. Der einen riesigen Bullen mit nichts als seinem Sanftmut zähmt und sich mit seinem besten Freund Hermann furchtlos einer ungewissen Zukunft stellt. Und am Ende wusste ich genau, Bestseller hin oder her, vom lütten Nanning, der mein Herz im Sturm erobert hat, muss ich euch erzählen.

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