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Veröffentlicht am 06.03.2019

Kurzweilige, originelle, aber absolut schräge Unterhaltung voller Wortwitz und fantastischer Einfälle

Scharnow
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Scharnow ist ein Dorf nördlich von Berlin, in dem es bis auf ein paar Wohnhäuser, darunter der "Silo", einem 17-stöckigen Plattenbau, einen Supermarkt und eine Polizeistation nicht viel Nennenswertes gibt. ...

Scharnow ist ein Dorf nördlich von Berlin, in dem es bis auf ein paar Wohnhäuser, darunter der "Silo", einem 17-stöckigen Plattenbau, einen Supermarkt und eine Polizeistation nicht viel Nennenswertes gibt. An einem Tag X überschlagen sich allerdings die Ereignisse, als ein Buchblogger stirbt, der Supermarkt von drei Nackten überfallen wird und Hund Cloudy, eine Schwester von Bo, dem Hund der ehemaligen US-amerikanischen Präsidenten-Familie Obama, sowie zwei Polizeireservisten getötet werden. Das alles ereignet sich in dem verschlafenen Ort, ausgelöst durch eine Gruppe von Verschwörungstheoretikern, während eine Gestalt in der benachbarten Kreisstadt Sahsenheim durch die Lüfte fliegt und für Zerstörung sorgt.

"Scharnow" ist der Debütroman von "Die Ärzte"-Schlagzeuger und Sänger Bela B., der auf absurd-witzige, sehr unterhaltsame Art und Weise einen Tag und dessen Auswirkungen in dem fiktiven Ort in der Provinz Brandenburgs beschreibt.
Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln, um den zahlreichen handelnden Personen und der sich überschlagenden Ereignissen gerecht zu werden. Auch wenn das vorangestellte Personenverzeichnis zunächst mehr verwirrt als weiterhilft und die vorgestellten Charaktere zu Beginn in keinem Zusammenhang zu stehen scheinen, hängen sie im weiteren Verlauf dann doch eng zusammen. Die vielen einzelnen Geschichten werden dabei so geschickt miteinander verknüpft, dass man als Leser nie den Überblick über Personen und Handlung verliert.

Das Erstwerk von Bela B. ist so ironisch und skurril wie mancher seiner Liedtexte und abseits des literarischen Mainstreams erfrischend anders zu lesen. Die Charaktere wirken auf den ersten Blick überzeichnet und klischeehaft, bei genauerer Betrachtung - sei es der trinkende einfache Arbeiter aus Brandenburg, das nach Berlin verzogene Manga-Girlie, der argwöhnisch beobachtete syrische Asylbewerber, der im Kiosk mit Internetcafé, aber ohne Alkoholverkauf arbeitet oder die fluchende Oma mit Berliner Schnauze - aber doch aus dem Leben gerissen.

"Scharnow" bietet eine kurzweilige, originelle, aber absolut schräge Unterhaltung, besticht durch eine Vielfalt an skurrilen Charakteren und einer zu keinem Zeitpunkt vorhersehbaren, überdrehten Handlung, die voller Wortwitz und fantastischer Einfälle erzählt wird.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Sehr gelungene Mischung aus Drama, Kriminalgeschichte und Mysterythriller

Die schwarze Frau
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Fiona Sheridans ältere Schwester Deb wurde vor 20 Jahren ermordet und ihre Leiche auf dem Grundstück von Idlewild Hall gefunden. Idlewild Hall war ein Mädcheninternat, das von 1919 bis 1979 bestand. Seit ...

Fiona Sheridans ältere Schwester Deb wurde vor 20 Jahren ermordet und ihre Leiche auf dem Grundstück von Idlewild Hall gefunden. Idlewild Hall war ein Mädcheninternat, das von 1919 bis 1979 bestand. Seit über dreißig Jahren stehen die Gebäude leer, weshalb umso verwunderlich ist, dass sich nun im Jahr 2014 eine Investorin gefunden hat, die dort, wo es seit Jahrzehnten spuken soll, wieder in Internat für Mädchen eröffnen möchte, wo es in der Gegend um Barrons keinen Bedarf für eine solche schulische Einrichtung gibt. Fiona ist Journalistin, leidet bis heute unter dem frühen Tod ihrer Schwester und möchte vor allem aus persönlichen Gründen einen Artikel über Idlewild Hall schreiben. Als dann bei den Bauarbeiten eine Mädchenleiche gefunden wird, ist Fiona bei ihrem journalistischen Ehrgeiz gepackt und erfährt bei ihren Recherchen von vier Freundinnen, die 1950 in dem Mädcheninternat gewohnt haben und von denen eine die 15-jährige Französin Sonia Gallipeau ist, die spurlos verschwunden war und deren Leiche nun gefunden wurde.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen, in der Gegenwart im November/ Dezember 2014 aus der Sicht Fionas und in der Vergangenheit im Winter 1950 abwechselnd aus der Perspektive einer der vier Freundinnen. Die Geschichte vermittelt durch die Jahreszeit und die gruselige Stimmung in dem Anwesen von Idlewild Hall, das von dem Geist von Mary Hand heimgesucht wird, eine düstere, aber sehr stimmige Atmosphäre.

Die Schicksale der Mädchen auf Idlewild Hall, die exemplarisch durch die vier Freundinnen vermittelt werden, sind anrührig, da es sich bei allen um ausgegrenzte, von den Familien aus unterschiedlichen Gründen verstoßene Kinder handelt, die in vielen Fällen traumatisiert waren und in dem Internat alles andere als herzlich behandelt worden sind. So ist auch Fionas Ansinnen, die den Tod der eigenen Schwester nicht verwunden hat, nachvollziehbar, mehr über das Schicksal der ihr unbekannten Sonia zu erfahren, deren Verschwinden nie als Verbrechen deklariert und aufgeklärt wurde. Unweigerlich vermischt sich dabei ihre eigene Geschichte, denn Unregelmäßigkeiten bei den Ermittlungen im Jahr 1994 lassen die Polizeiarbeit aufgrund von Korruption, Standesdünkel, Willkür und Vertuschung in einem fragwürdigen Licht erscheinen.

Die beiden Erzählebenen sind fließend miteinander verbunden und haben beide das mystische Erscheinen von Mary Hand gemeinsam, die auch 2014 noch nicht in Frieden zu ruhen scheint.
"Die schwarze Frau" ist eine sehr gelungene Mischung aus Drama, Kriminalgeschichte und Mysterythriller, der durch den immer tieferen Einstieg in die Vergangenheit von Idlewild Hall, die Aktenrecherche und dem Suchen nach Zeitzeugen spannend erzählt ist und bis zum Ende fesselt, bis die Wahrheit über das ungeklärte Verschwinden der 15-Jährigen nach über sechzig Jahren ans Licht kommt und auch Fiona endlich alle Hintergründe zum Mord an ihrer Schwester in Erfahrung bringen kann.

Veröffentlicht am 02.03.2019

Unblutiger, düsterer Psychothriller, bei dem die Lügen und Geheimnisse innerhalb der Familie nach und nach aufgedeckt werden

Mörderhaus
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Seit dem Tod ihrer Mutter vor wenigen Monaten leidet Sarah an Depressionen. Als sie mit einer Überdosis Schlaftabletten ins Krankenhaus kommt, beteuert sie, dass es ein Unfall war, was von ihren Kindern ...

Seit dem Tod ihrer Mutter vor wenigen Monaten leidet Sarah an Depressionen. Als sie mit einer Überdosis Schlaftabletten ins Krankenhaus kommt, beteuert sie, dass es ein Unfall war, was von ihren Kindern Joe und Mia bezweifelt wird. Ihr Mann Patrick beschließt, dass es Zeit für einen Neuanfang ist und schlägt voller Euphorie vor, sein Elternhaus an der Küste von Wales zurückzukaufen. Er schwärmt von seinem Aufwachsen in der Einfamilienhausidylle, während Sarah skeptisch ist, da sie sich das Haus eigentlich nicht leisten können und weil in dem Haus vor 15 Jahren eine ganz Familie von einem Messerstecher ausgelöscht wurde.
Weder Sarah noch die jugendlichen Kinder fühlen sich in dem kalten und feuchten Haus wohl. Insbesondere Mia leidet unter Albträumen und Sarah fühlt sich verfolgt und beobachtet. Zudem findet sie immer wieder Spielzeug oder andere Gegenstände, die belegen, dass jemand ums Haus schleicht oder auch schon darin eingedrungen ist. Auch Patrick beginnt sich zu verändern, ist aggressiv und die Erzählungen seiner perfekten Kindheit scheinen auch nicht der Wahrheit zu entsprechen.
Aufgeschreckt durch Erzählungen der Bewohner der Kleinstadt und diverse Zeitungsartikel über das "Mörderhaus" fürchtet Sarah, dass es das Haus ist, das Patricks Verhalten beeinflusst.

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Sarah erzählt, so dass man als Leser nicht genau weiß, was Wirklichkeit ist und was sie sich - noch unter Medikamenten stehend - nur einbildet. Ihre Unsicherheit und Angst ist nachvollziehbar, da sich die diversen "Geschenke" nicht erklären lassen. Es geht eine Bedrohung aus, die aber stets im Verborgenen bleibt. Ist es der Mörder, der aus der Haft entlassen wurde oder entsteht die Gefahr durch das Haus selbst? Wie gefährlich kann Patrick seiner eigenen Familie werden?

Es ist ein unblutiger, düsterer Psychothriller, bei dem die Spannung langsam aufgebaut wird. Nach und nach werden Lügen und Geheimnisse aufgedeckt, die innerhalb der Familie Walker schwelen. Der Leser wird von der Geschichte derart gepackt, dass man die naive Sarah am liebsten schütteln will und sich fragt, wie viel sie noch bereit ist, von ihrem Mann zu ertragen. Durch die Veränderung des Ehemanns ging gleichzeitig aber die von dem Haus ausgehende gruselige Atmosphäre verloren, die den Nervenkitzel des Romans zu Beginn auslöste, was ich schade fand und was das Ende für mich ein wenig in die Länge zog.

Veröffentlicht am 01.03.2019

Düstere, ungesunde Liebesgeschichte über Eifersucht, Rache und Obsession, umgeben von den atmosphärischen norwegischen Fjorden

The Hurting
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Nell und ihre Schwester Harper wurden früh von ihrer Mutter verlassen. Nell war noch so klein, dass sie keine Erinnerung an sie hat. Sie ist inzwischen ein Teenager und lebt zusammen mit ihrer Schwester ...

Nell und ihre Schwester Harper wurden früh von ihrer Mutter verlassen. Nell war noch so klein, dass sie keine Erinnerung an sie hat. Sie ist inzwischen ein Teenager und lebt zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Vater in Norwegen. Sie sind von England hergezogen, in der Hoffnung eine bessere Therapie für Harper zu bekommen, die an Krebs erkrankt ist.
Nell träumt von einer Karriere als Songwriterin und möchte sich deshalb an einer Schule in Manchester bewerben. Ihr strenger Vater, der zudem ein massives Alkoholproblem hat, lässt dies nicht zu. Nell muss sich stattdessen um ihre wehleidige Schwester kümmern, die eifersüchtig auf Nells Gesundheit ist. Nell lebt in einem permanenten Zwiespalt aus Sorge um ihre Schwester, einem schlechten Gewissen und dem Bewusstsein, dass sie immer nur die zweite Geige in der Familie spielen wird.
Auf ihrer Flucht nach Manchester begegnet sie Lukas, einem wilden, mysteriösen Jungen, der bei Wölfen aufgewachsen ist. Sie fasst Vertrauen zu ihm und verliebt sich. Blind vor Liebe sieht sie nicht, was für ein gemeines Spiel er mit ihr treibt.

"The Hurting" ist eine moderne Fassung von Emily Brontës "Sturmhöhe". Lukas ist ein Findelkind, dem das Erbe eines Öl-Tycoons in Aussicht steht und der alles dafür tut, die Wölfe in der Wildnis Norwegens zu schützen, nachdem das Rudel, bei dem er aufgewachsen ist, getötet wurde. Warum er auf Nell stößt und zu welcher Tat er sie benutzt, entwickelt sich zu einem packenden Psychothriller. Das düstere und kalte Norwegen passt dabei perfekt zu der Geschichte, die durch Drehungen und Wendungen und die zunächst unergründliche, rätselhafte Art von Lukas Spannung erzeugt. Nell erkennt dabei viel zu spät, welche Intrige Lukas gesponnen hat und welche Gefahr ihr droht und kämpft am Ende nicht nur um das nackte Überleben, sondern auch gegen ihre romantischen Gefühle, die sie nach wie vor für Lukas hegt. Umso faszinierender ist zu lesen, wie sie auf sich allein gestellt im Kampf gegen die Natur über sich hinauswächst.
Der Roman erzählt eine düstere, ungesunde Liebesgeschichte über Eifersucht, Rache und Obsession, umgeben von den atmosphärischen norwegischen Fjorden, bei der die Grenzen zwischen Liebe und Wahnsinn verschwimmen und ein Familiengeheimnis gelüftet wird.

Veröffentlicht am 27.02.2019

Unblutiger Psychothriller, der mit der Angst der Protagonistin spielt und der ein glaubwürdiges, nicht zu schnell vorhersehbares Ende hat.

Einer wird sterben
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Stella ist mit Kater Paulchen allein in der Villa in der eigentlich ruhigen Blumenstraße. Ihr Mann Paul ist Frachtpilot und wie so häufig unterwegs.
Als Stella auf der gegenüberliegenden Straßenseite ...

Stella ist mit Kater Paulchen allein in der Villa in der eigentlich ruhigen Blumenstraße. Ihr Mann Paul ist Frachtpilot und wie so häufig unterwegs.
Als Stella auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Fahrzeug auffällt, ein Oldtimer wie ihr Mann ihn früher gefahren hat, besetzt mit einem Pärchen, das stunden-, bald tagelang einfach nur dasitzt und wartet, wird sie zunehmend nervöser. Sie fühlt sich beobachtet und passiv bedroht. Auch den Nachbarn fällt das Fahrzeug mit den fremden Menschen unangenehm auf, aber auch die hinzugerufene Polizei ist machtlos.
Stella fürchtet, dass das Paar etwas über die Nacht vor sechs Jahren weiß, in der sich ein Unfall ereignete, an dem sie und ihr Mann beteiligt waren. Gestützt wird ihre These durch anonyme Anrufe, die Stella erhält und Farbschmierereien an der Villa. Unruhig und verzweifelt bittet sie Paul, früher nach Hause zu kommen, doch der kann seinen Dienstplan nicht so schnell ändern.

"Einer wird sterben" ist in ein unblutiger Psychothriller, bei dem die Spannung nach und nach gesteigert wird. Zunächst wirkt Stella wie eine neureiche, hysterische Hausfrau, die mangels Ablenkung "die Flöhe husten hört". Mit steigender Angst und gefangen in ihrem Gedankenkarussell erfährt man mehr über die Unfallnacht, die sich gerade zum sechsten Mal gejährt hat und die Schuld, die Stella und Paul auf sich geladen haben. Mit einer Lüge haben die beiden sich erpressbar gemacht und offensichtlich möchte jemand, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Doch warum ausgerechnet jetzt, nach sechs Jahren? Und warum zeigt sich der vermeintliche Erpresser nicht?
Der Psychoterror, dem sich Stella ausgesetzt sieht, ist subtil, wirkt deshalb aber besonders authentisch und bedrohlich. Als Leser kann man sich mit Stella identifizieren, da man jederzeit in eine Situation wie sie sie erlebt, hineingeraten kann. Auch die Nachbarschaft voller Neid, Missgunst und Querulanten, die Stella, die bisher eine Außenseitern war, durch diese Situation erst näher kennenlernt, ist voller Charaktere, die nur schwer einzuschätzen sind.
"Einer wird sterben" ist ein fesselnder Thriller mit einem glaubwürdigen Ende, das man, begrenzt auf die subjektive Sicht von Stella, so nicht vorhersehen konnte.