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Veröffentlicht am 02.01.2023

Eine Geschichte über Rassismus aus Sicht der Opfer - anklagend und provozierend einseitig, kein Vergnügen für den "weißen" Leser.

Drei Kameradinnen
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Ein Zeitungsartikel über einen Brandanschlag mit mehreren Toten. Beschuldigt wird Saya M., die mutmaßlich ein islamistisches Motiv für ihre Tat hatte.
Saya ist anlässlich der Einladung zu einer Hochzeit ...

Ein Zeitungsartikel über einen Brandanschlag mit mehreren Toten. Beschuldigt wird Saya M., die mutmaßlich ein islamistisches Motiv für ihre Tat hatte.
Saya ist anlässlich der Einladung zu einer Hochzeit in ihrer Heimatstadt zu Besuch. Dort trifft sie sich mit ihren beiden Freundinnen Hani und Kasih, mit denen sie aufgewachsen ist. Alle drei haben Migrationshintergrund und seit ihrer Kindheit mit Vorurteilen, Ausgrenzung und ihrer Andersartigkeit zu kämpfen.

Kasih ist die Ich-Erzählerin, die eine Woche zusammen mit ihren Freundinnen schildert, die offenbar mit einem von Saya gelegten Brand endet. Saya ist eine wütende junge Frau, die impulsiv auftritt und aggressiv Streit sucht. Ihre Feindbilder sind die Nazis und eigentlich alle "Weißen". Sie hat eine aufgestaute Wut in sich, die Kasih Sorgen macht. Auch die obsessive Beschäftigung mit einem Prozess gegen Nazis, die wegen Mordes angeklagt sind, empfindet Kasih als bedenklich. Hani hingegen ist zurückhaltend und ruhig. Sie führt ein angepasstes Leben, ist pflichtbewusst und möchte nicht auffallen. Kasih steht in ihrer Persönlichkeit zwischen ihren beiden Freundinnen.

Kasih ist eine unzuverlässige Erzählerin. Sie gibt unumwunden zu, die/ den Leserin zu "verarschen". Sie beschreibt ihre eigene Realität, nicht alle geschilderten Episoden sind wahr. Sie beschreibt zudem nur das, was sie möchte, spart beispielsweise ihre Herkunft sowie die ihrer Freundinnen aus, um die/ den Leserin im Ungewissen zu lassen.
Ihre Gedanken schweifen oft ab, wenn sie rückblickend aus der Vergangenheit berichtet. Die Sprünge zwischen den Zeiten machen es gerade zu Beginn schwer, ihr zu folgen und einen Zusammenhang zu erkennen, was noch dadurch unterstützt wird, dass der Roman in keine Kapitel unterteilt ist.
Roter Faden ihrer Schilderungen ist der Alltagsrassismus, mit dem sich die drei Freundinnen konfrontiert sehen. Besonders unbequem ist, dass Kasih die/ den Leserin direkt anspricht, vielmehr direkt angreift. In ihren Augen scheint jeder weiße Deutsche Rassist oder Nazi zu sein, Polizei und Verfassungsschutz wird misstraut. In dem Buch wird bewusst provoziert, denn die Kameradinnen präsentieren ein Schubladendenken und Vorurteile, die sie umgekehrt den Weißen zum Vorwurf machen.

Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig die Frauen sich in Deutschland beheimatet fühlen, auch wenn sie in hier aufgewachsen sind und sehr gute Schul- und Studienabschlüsse haben. Es stimmt nachdenklich, ob die Erzählung, die auch ausgedachte Episoden von Kalih enthält, übertrieben ist, oder ob sie in Konfliktsituationen auch fälschlicherweise Rassismus unterstellt.

Die Erzählung ist extrem einseitig. Das Buch fordert heraus und lässt durch die Anschuldigungen und wenn "deutsch" als Schimpfwort benutzt wird, nicht kalt. Die Erzählweise und bewusste Provokation machen den Roman besonders. Zudem wird durch die Aussparungen Spannung aufgebaut, denn bis zum Schluss bleibt offen, was es mit dem Brandanschlag auf sich hat, wie es dazu kommen konnte und wie viel Schuld Saya trifft. Der Roman schürt Erwartungen, die nicht erfüllt werden und lässt die/ den (weißen) Leser
in mit ihren/ seinen Vorurteilen irritiert zurück.

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Veröffentlicht am 31.12.2022

Lebendige und witzige Geschichte, die aufgrund der schwermütigen Themen viele ernste Töne hat - keine gehaltlose RomCom.

Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt
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Edie ist zur Hochzeit von zwei Kollegen aus ihrer Werbeagentur eingeladen. Mit Jack hatte sie per Chat geflirtet und hatte deshalb eigentlich keine Lust ihn und Charlotte beim Ja-Wort zuzusehen und mit ...

Edie ist zur Hochzeit von zwei Kollegen aus ihrer Werbeagentur eingeladen. Mit Jack hatte sie per Chat geflirtet und hatte deshalb eigentlich keine Lust ihn und Charlotte beim Ja-Wort zuzusehen und mit ihnen zu feiern. Als sich Edie nach alkoholgeschwängerten Reden eine Auszeit an der frischen Luft nimmt, wird sie von Jack überrumpelt und geküsst - und von Charlotte dabei beobachtet. Die Braut trennt sich noch am selben Abend vom Ehegatten und Edie wird öffentlich an den Pranger als die allein schuldige Ehebrecherin gestellt. Ihr Chef legt ihr deshalb nahe, drei Monate für ein Projekt in ihre alte Heimat nach Nottingham zu ziehen, bis sich die Wogen im Büro in London geglättet haben. Edie soll dort als Ghostwriterin eine Biographie über einen berühmten Schauspieler verfassen, der seine letzte Co-Autorin verprellt hatte. Edie ist wenig begeistert, schließlich wollte sie nicht wieder in ihr altes Kinderzimmer ziehen und mit ihrer streitlustigen Schwester zusammenleben und auch von dem schönen Serienhelden hält sie nicht viel. So hatte sich die 35-Jährige ihr Leben nicht vorgestellt.

Edie ist ein liebenswerter Charakter, dem übel mitgespielt wird. Während der Bräutigam mit einem blauen Auge davon kommt, sieht sich Edie wüsten Beschimpfungen ausgesetzt und muss schmerzhaft feststellen, wie wenig wahre Freunde sie wirklich hat. Die Ungerechtigkeit, ihre Wut und Hilflosigkeit kann man gut nachvollziehen. Auf der anderen Seite fragt man sich aber auch, ob ein Kuss wirklich so einen Wirbel verursachen kann.

Die Geschichte wird, wie von der Autorin gewohnt, turbulent und unterhaltsam erzählt, ist voller Wortwitz und schlagfertiger Dialoge. Die Charaktere sind originell und individuell gezeichnet. Da ist Edies skurrile jüngere Schwester Meg, die militante Veganerin, der schwule "beste" Freund Louis, der in Wahrheit ein fieses und hinterhältiges Lästermaul ist oder die ältere exzentrische Nachbarin in Nottingham mit den unerwartet klugen Ratschlägen.

Auch wenn der Schreibstil lebendig und witzig ist, hat die Geschichte mit einigen schwermütigen Themen doch viele ernste Töne. Cyber-Mobbing, die Unterscheidung von echten und falschen Freunde, die Nachteile eines Lebens als Prominenter, Einsamkeit, Entwurzelung, Verlust und Depression sind fast schon zu viele Dramen, mit denen sich Edie in diesem Lebensabschnitt konfrontiert sieht.
Von dem bunten Cover und dem ironischen Titel soll man also nicht auf unbeschwerte ChicLit oder eine gehaltlose RomCom schließen. Die andauernde Online-Schlammschlacht und Verunglimpfungen Edies wirken angesichts nur einen Kusses jedoch etwas zu ausschweifend, weshalb der Roman nicht ohne die ein oder andere Länge bei über 500 Seiten auskommt, bis letztlich alle Missverständnisse und Fehlinterpretationen, für die Edie so anfällig ist, ausgeräumt und beseitigt sind.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Spannungsarme Darstellung des Schicksal eines Dorfes in der Eifel, das nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges ausgelöscht wurde.

Ginsterhöhe
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Nach Beendigung des Großen Krieges kehrt Albert Lintermann in seien Heimatdorf Wollseifen in der Nordeifel zurück, wo er wenig später den Bauernhof seines Vaters übernimmt. Seine Ehefrau Bertha bleibt ...

Nach Beendigung des Großen Krieges kehrt Albert Lintermann in seien Heimatdorf Wollseifen in der Nordeifel zurück, wo er wenig später den Bauernhof seines Vaters übernimmt. Seine Ehefrau Bertha bleibt auf Distanz, denn Albert ist nach einem Granatenangriff im Gesicht schwer gezeichnet. Auch wenn sie nach Sohn Karl noch zwei weitere gemeinsame Kinder bekommen und Albert mehrmals zur Wiederherstellung seines Gesichts operiert wird, ist die Ehe und das Zusammenleben nicht glücklich.
Leni, deren Verlobter Hennes im Krieg gefallen ist, heiratet Johann Meller, der ihr den Hof macht. Er ist Mitglied der NSDAP und unterstützt als einer der wenigen im Dorf die Nationalsozialisten.
Als diese in der Nähe von Wollseifen die Ordensburg Vogelsang als Schulungsstätte für ihre Kader errichten, kommen immer mehr Fremde ins Dorf. Die Ordensburg und weitere militärische Einrichtungen sorgen dafür, dass Wollseifen zu einem Luftangriffsziel der Alliierten wird. Viele Dorfbewohner überleben den Zweiten Weltkrieg nicht und danach überlebt auch das Dorf nicht.

"Ginsterhöhe" erzählt die Geschichte des Dorfes Wollseifen in der Eifel von Beendigung des Ersten Weltkriegs im Jahr 1919 bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr. 1949 anhand von fiktiven Bewohnern des Ortes.
Während zu Beginn der Fokus auf den Kriegsheimkehrer Albert und seine Familie gerichtet ist, dehnt sich die Geschichte im weiteren Verlauf auf viele weitere Einwohner, darunter Leni, die in die Fänge des Vorzeige-Nazis gerät oder die Gräfin mit ihrer behinderten Tochter Fine, aus. Dabei fällt es schwer, eine Nähe zu den Charakteren zu entwickeln, da die Einzelschicksale aufgrund ihrer oberflächlichen Darstellung kaum berühren können. So entsteht auch keine Spannung, wenn die Protagonisten schlicht gleichgültig bleiben und der Roman ohne große Höhen und Tiefen verbleibt. Sämtliche Themen wie Antisemitismus, Euthanasie, Flucht und Vertreibung werden anhand von Einzelschicksalen angerissen, aber nicht weiter vertieft.

Historische Romane aus dieser Zeit gibt es zu Hauf, jedoch fand ich die Idee, eine Geschichte um den Ort Wollseifen, der nach dem Zweiten Weltkrieg von alliierten Truppen besetzt und am Ende dem Erdboden gleichgemacht wurde, sehr interessant und hat mich neugierig gemacht.
Aufgrund der großen Zeitsprünge über die Jahre hinweg, der blassen Charaktere und der spannungsarmen Erzählweise kann der Roman jedoch nicht fesseln und wird trotz der Besonderheit des Schicksals eines ganzen Dorfes nicht lang im Gedächtnis verbleiben.

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Veröffentlicht am 28.12.2022

Spannende und warmherzige Geschichte, die sich von einem Familiendrama und einer Liebesgeschichte bis zu einem Thriller entwickelt.

Ein Nest voller Träume
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Nachdem Joanna ihre Mutter an den Krebs verloren hat und selbst eine Brustkrebserkrankung überstanden hat, setzt sie nach zwei Jahren ihre Promotion fort. Als Ornithologin betreibt sie Feldforschung in ...

Nachdem Joanna ihre Mutter an den Krebs verloren hat und selbst eine Brustkrebserkrankung überstanden hat, setzt sie nach zwei Jahren ihre Promotion fort. Als Ornithologin betreibt sie Feldforschung in Illinois, wo sie die Hütte eines Professors angemietet hat und einsam die Nester der Indigofinken aufsucht. Ihre Routine wird durch ein kleines Mädchen unterbrochen, das eines Tages vor ihrer Tür steht und behauptet, von den Sternen zu kommen und in den Körper eines toten Mädchens geschlüpft zu sein, um fünf Wunder auf der Erde zu erleben. Joanna glaubt der Kleinen, die sich Ursa Major nennt, kein Wort und macht sich Sorgen wegen ihres Zustandes, der schmutzigen Kleidung und der blauen Flecken. Der von ihr gerufene Sherif handelt nicht und so sucht sich Jo Unterstützung ihrem Nachbarn Gabe, den sie als Eierverkäufer von der Straße kennt. Die beiden versuchen das Vertrauen von Ursa zu gewinnen, um herauszufinden, wo sie herkommt und was der Grund für ihre offensichtliche Flucht ist. Während Ursa ihre Wunder erlebt, bewirkt sie selbst ein kleines Wunder, indem sie Jo und Gabe, die beide ihre Narben tragen und sich in die Einsamkeit zurückgezogen haben, zusammenbringt. Sie verbringen zu dritt viel Zeit gemeinsam in der freien Natur und verdrängen dabei, dass sie bis zum Ende von Jos Aufenthalt eine Entscheidung getroffen haben müssen.

Das Buch beginnt mysteriös mit dem Erscheinen des Mädchens, das sehr überzeugend seine Geschichte darlegt. Jo nimmt sich ihrer gezwungenermaßen an, möchte sie beschützen und knüpft dabei ein immer engeres Band. Sie integriert den kleinen Alien in ihren Alltag, ohne mehr über ihre wahre Herkunft zu erfahren und nähert sich dabei ihrem Nachbarn an, der auch unschlüssig ist, was sie mit Ursa unternehmen sollen.

Die Geschichte driftet im weiteren Verlauf der Handlung weg von der Frage nach Ursas Herkunft und legt den Fokus verstärkt auf Jo und Gabe, die Entwicklung ihrer Beziehung, aber insbesondere auch auf die Schicksalsschläge, die sie erlebt haben und die seelische und körperliche Narben hinterlassen haben.

Die persönlichen Dramen bewegen und erklären die Zurückgezogenheit der Charaktere. Sie nähern sich einander an und beginnen sich zu öffnen, wobei Ursa weiterhin verschlossen bleibt und sich allerhöchstens durch ihre Zeichnungen ausdrückt.

Der Roman ist spannend und emotional und entwickelt sich von einem Familiendrama und Liebesgeschichte hin zu einem Thriller, als die Schwierigkeiten von Ursa, die so lange ausgeblendet wurden, zu einer Gefahr für alle drei werden.

Obgleich der Mystik, die das kleine Mädchen umgibt, ist die Geschichte nicht wirklichkeitsfremd, sondern originell. Authentisch wird beschrieben, wie sich die gebrochenen Charaktere einander annähern und eine Einheit bilden und sich mit den Problemen der Vergangenheit auseinandersetzen. Es ist eine Geschichte über Freundschaft, Vertrauen und Liebe, die herzerwärmend und magisch erzählt wird, Hoffnung schenkt und an Wunder glauben lässt. Sie zeigt, dass Menschen trotz schlimmer Erfahrungen Stärke zeigen können und den Mut haben, auf ihr Herz zu hören, um schier unbezwingbare Hürden zu überwinden. Ohne kitschig oder rührselig zu werden, findet die Geschichte ein rundes Ende.

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Veröffentlicht am 26.12.2022

Schmales Büchlein, das schwer und bitter wiegt und Tatsachenbericht, Drama und Kriminalfall zu einem wechselvollen und unbequemen Roman - ein Ausdruck von Wut und Verzweiflung.

Gestapelte Frauen
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Die namenlose Ich-Erzählerin ist Rechtsanwältin und nimmt für ihre Kanzlei als Prozessbeobachterin an Gerichtsverfahren über Gewalt an Frauen teil. Dafür ist sie von São Paulo in den Bundesstaat Acre gereist, ...

Die namenlose Ich-Erzählerin ist Rechtsanwältin und nimmt für ihre Kanzlei als Prozessbeobachterin an Gerichtsverfahren über Gewalt an Frauen teil. Dafür ist sie von São Paulo in den Bundesstaat Acre gereist, wo die Zahl der Frauenmorde am höchsten ist. Sie ist nicht nur beruflich, sondern auch persönlich an den Verfahrensausgängen und der Sammlung statistischer Informationen über Opfer und Täter interessiert, denn ihre Mutter wurde von ihrem Vater ermordet, als sie vier Jahre alt war und zuletzt wurde sie selbst Opfer ihres gewalttätigen Freundes.
In Acre kann sie nur fassungslos verfolgen, wie am laufenden Band Femizide abgeurteilt werden, wobei sie der Fall einer 14-jährigen Indigenen besonders erschüttert, als die offensichtlichen Täter freigesprochen werden. In Kontakt mit den indigenen Völkern flüchtet sich die Ich-Erzählerin in einen Drogenrausch, der Wirklichkeit und Einbildung verschwimmen lassen. Währenddessen rückt die bedrohlich Gewalt näher und bringt auch sie in die Schusslinie.

"Gestapelte Frauen" sind die Dokumente über die Frauenmorde, die die Ich-Erzählerin für die Veröffentlichung eines Buches ihrer Chefin in der Anwaltskanzlei sammelt. Der Roman verbindet Fakten und reale Gewaltakte mit der fiktiven, persönlichen Geschichte der Ich-Erzählerin. Die Gewalttaten und Morde an den brasilianischen Frauen werden zum Teil bis ins Detail geschildert und sind nichts für schwache Nerven. Die Autorin berichtet schonungslos und brutal und gibt den toten Frauen, denen oftmals nicht einmal durch eine Verurteilung der Täter Gerechtigkeit geschieht, einen Namen. Die Verrohung der Männer wird dabei genauso plakativ und in aller Deutlichkeit angeprangert wie die Korruption des Staatsapparats und das Versagen von Polizei und Justiz.
Der Roman ist damit weniger Fiktion als vielmehr ein Tatsachenbericht über einen nicht nachvollziehbaren Frauenhass und eine Gewalt an Frauen, die überwiegend aus dem persönlichen Umfeld stammt.

Die Autorin rüttelt wach und richtet mit ihrem Buch die Aufmerksamkeit auf Misogynie und den unbefriedigenden Umgang damit. Die Thematik ist wichtig und lesenswert, persönlich konnte ich mich jedoch nicht immer mit der Art der Darstellung anfreunden. Insbesondere die Drogentrips und die daraus resultierenden gewaltverherrlichenden (Wahn-)vorstellungen der Ich-Erzählerin fand ich etwas irritierend, auch wenn der Wunsch nach Rache verständlich ist. Die folgende Gewaltspirale zeigt jedoch, dass Gegengewalt und Selbstjustiz selbst in einem System, in dem benachteiligte Bevölkerungsgruppen ungerecht behandelt werden, auch keine Lösung sein können.
Während sich Frauenleichen stapeln und Geschlechtsteile in Gewaltfantasien zu Waffen werden, tritt die fiktive Geschichte in den Hintergrund und kann wenig fesseln, da die Charaktere blass und wie Statisten erscheinen.
"Gestapelte Frauen" ist ein Ausdruck von Wut und Verzweiflung, ein schmales Büchlein, das schwer und bitter wiegt und Tatsachenbericht, Drama und Kriminalfall zu einem wechselvollen und unbequemen Roman vereint.

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