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Veröffentlicht am 07.12.2022

Spannendes Familiendrama mit emotionalen Momenten und Sachinformationen zum Asperger Syndrom.

In den Augen der anderen
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Jacob Hunt ist 18 Jahre alt, überdurchschnittlich intelligent und beschäftigt sich in seiner Freizeit am liebsten mit Forensik, Tatorten und Fingerabdrücken. Sein Leben ist streng getaktet, um 16:30 Uhr ...

Jacob Hunt ist 18 Jahre alt, überdurchschnittlich intelligent und beschäftigt sich in seiner Freizeit am liebsten mit Forensik, Tatorten und Fingerabdrücken. Sein Leben ist streng getaktet, um 16:30 Uhr muss er seine Lieblingsserie gucken, um 18 Uhr gibt es Abendessen, wobei das Essen stets dem Wochentag entsprechend eine bestimmte Farbe haben muss, genau wie die Kleidung, die er trägt. Dies sind nur einige wenige Eigenheiten, denn Jacob leidet unter Asperger-Syndrom. Sein jüngerer Bruder Theo fühlt sich deshalb vernachlässigt, denn Jacob steht bei seiner Mutter Emma stets im Mittelpunkt, der Vater hat die Familie bereits vor Jahren verlassen, da er mit der Diagnose nicht umgehen konnte.
Emma wollte Schriftstellerin werden und arbeitet in zwischen als "Kummerkastentante" für eine Zeitung. Sie hat keine engen Freunde, da sich alle befremdet von dem autistischen Jacob abwenden, um den sich immer alles dreht. Emma kommt zurecht, liebt ihr Söhne über alles, hatte sich ihr Leben aber anders vorgestellt.
Als Jacobs Tutorin tagelang verschwunden ist und letztlich tot aufgefunden wird, gerät Jacob unter Tatverdacht, da er den Tatort arrangiert hat und wird des Mordes angeklagt. Aufgrund seiner unkontrollierten Anfälle und seinem eigenartigen Verhalten trauen Polizei und Staatsanwaltschaft Jacob ein Gewaltverbrechen zu. Emma ist zwar verunsichert, glaubt aber an die Unschuld ihres Sohnes und kämpft zusammen mit dem unerfahrenen Anwalt Oliver Bond für Gerechtigkeit.

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive der fünf handelnden Personen geschildert, so dass man sowohl tiefe Einblicke in die Familie erhält, aber auch in die Ermittlungen der Polizei eingebunden ist und die Taktik des einfallsreichen Junganwalts verfolgen kann.

Bevor die Studentin Jess verschwindet, wird der Fokus auf das familiäre Zusammenleben der Hunts gelenkt. Jacob gilt als "Freak", der von manchen ausgelacht wird und anderen Angst einjagt. Er hat keinen Sinn für Empathie, tut sich schwer im Umgang und der Kommunikation mit anderen und rastet aus, wenn etwas von seinen Gewohnheiten abweicht. Auch der 15-jährige Theo hat dadurch keine Freunde, musste als kleiner Bruder schon früh auf den Älteren aufpassen und sucht sich den Kick bei Wohnungseinbrüchen und kleinen Diebstählen, während er von einem normalen Familienleben träumt.
Emma führt ein anstrengendes Leben, kümmert sich 24/7 um ihren ältesten Sohn, ist dabei jedoch beneidenswert geduldig. Sie ist eine starke Frau, die alles allein managt und ihre Mutterliebe ist trotz aller Schwierigkeiten unerschütterlich und spürbar.

Die Geschichte ist bittersüß, denn manche skurrile Szene liest sich humorvoll, auch wenn stets die Krankheit Jacobs der Auslöser ist, die über allem steht und das Leben der gesamten Familie nachhaltig beeinträchtigt. Jeder Protagonist ist ein Unikat, wirkt authentisch und nahbar. Durch die wechselnden Perspektiven fällt es leicht, sich in jeden von ihnen hineinzuversetzen.
Neben den aufwühlenden, emotionalen Momenten, ist die Geschichte spannend, denn die Schuldfrage am Mord von Jess bleibt lange im Unklaren, wobei die Frage der Schuldfähigkeit noch viel bedeutsamer ist.
Der Prozess und der Kampf um Jacobs Rechte im Vorfeld und währenddessen sind abwechslungsreich geschildert, was insbesondere an dem jungen und unerfahrenen Rechtsanwalt Oliver liegt, der intuitiv handelt und sich mehr zunächst persönlich als professionell für die Hunts einsetzt.

"In den Augen der anderen" ist ein beeindruckendes, aufwändig recherchiertes Buch, das informativ ist und viele Sachinformationen zum Asperger-Syndrom enthält, gleichzeitig aber auch unkompliziert unterhaltsam ist und ein bewegendes Familiendrama erzählt.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Berührende Geschichte über Trauer und die Suche nach Identität, über die Individualität der Menschen, über Toleranz und Freundschaft und den Mut zur Veränderung

Vilma zählt die Liebe rückwärts
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Vilma Veierød lebt, seitdem sie 18 Jahre alt ist, allein in dem Haus in Oslo, das sie von ihrer Großtante Ruth geerbt hat, bei der sie aufgewachsen ist. Ihre Mutter Maria ist gestorben, als sie vier Jahre ...

Vilma Veierød lebt, seitdem sie 18 Jahre alt ist, allein in dem Haus in Oslo, das sie von ihrer Großtante Ruth geerbt hat, bei der sie aufgewachsen ist. Ihre Mutter Maria ist gestorben, als sie vier Jahre alt war, ihren Vater hat sie nie kennengelernt und auch nicht vermisst.
Umso überraschter ist Vilma, als wenige Wochen vor Weihnachten ein Pfarrer und ein Sektionsassistent vor ihrer Tür stehen und ihr einen Packen Briefe von ihrem Vater Vilhelm überreichen, der auf dem Weg zu ihr war und auf dem Flug nach Oslo tragischerweise verstorben ist.
Vilma liest die Briefe ähnlich wie einen Adventskalender - jeden Tag einen - und erfährt auf diese Art von der dramatischen Liebesgeschichte ihrer Eltern. Dabei verguckt sie sich in den Pfarrer mit den warmen Händen, obwohl sie in Sachen Liebe völlig unerfahren ist. Stets an ihrer Seite ist jedoch der empathische Sektionsassistent Robert, der sie immer wieder auffängt, wenn die Vergangenheit Vilma überfordert. Allmählich wird Vilma, die sich in der Hoffnung auf ein langes Leben überaus gesund ernährte, bewusst, dass es zur Erhaltung der Gesundheit auch soziale Kontakte braucht und beginnt ihr Haus und Herz zu öffnen.

Das Buch mutet wegen überall lauernder Micromorts und tatsächlicher Todesfälle, die Vilmas Leben ausmachen, zunächst traurig an, erhält aber aufgrund der Skurrilität der Charaktere einen humorvollen Anklang, so dass die Geschichte nicht deprimierend ist.
Vilma lebt ein zurückgezogenes Leben, was sie ein wenig schrullig hat werden lassen. Ihr reichen die vereinzelten Kontakte zu Kollegen und zu ihren Musikschülern. Durch ihre Unerfahrenheit sind viele Begegnungen und Dialoge unfreiwillig komisch, ohne dass Vilma ins Lächerliche gezogen wird.
Durch den unerwarteten Tod ihres unbekannten Vaters hat sie plötzlich Kontakt zu mehr Menschen, reflektiert die Beziehung ihrer Eltern und die zu ihrer Großtante und entwickelt sich damit selbst persönlich weiter. Sie wird offener und empfänglicher für andere, wird mutiger und ist nicht mehr nur auf ihren Mikrokosmos reduziert.

Die bittersüße Geschichte ist unterhaltsam geschrieben und liest sich durch den flüssigen Schreibstil, die kurzen Kapitel und den Wechsel aus gegenwärtiger Handlung und Vergangenheit in Briefform, schnell.
Für meinen Geschmack war die Vielzahl an eigenartigen Charakteren etwas übertrieben - ein vom Glauben abgefallener Pfarrer, ein Sektionsassistent mit Tourette-Syndrom, ein Ehemann, der kaum in der Lage ist, sich ein Käsebrot zu machen,... Hier hätte die Fantasie der Autorin ruhig etwas gebremst werden können und die Geschichte stattdessen etwas weniger vorhersehbar gestaltet sein können.
Auch wenn viele Hintergründe frühzeitig zu erahnen sind, ist der Roman aber nicht langweilig, sondern hat durchaus seinen Charme.

Es ist eine berührende Geschichte über Trauer und die Suche nach Identität, über die Individualität der Menschen, über Toleranz und Freundschaft und den Mut zur Veränderung. Es ist eine Geschichte, die auf ein hoffnungsvolles Ende erwarten lässt und die zeigt, dass trotz aller Eigenartigkeit und Individualität ein soziales Netz wichtig ist, um nicht nur gesund, sondern auch glücklich zu leben.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Wendungsreicher Kriminalfall mit einem Dorf voller Geheimnisse und unkonventionellen Ermittlern - spannender und unterhaltsamer Reihenauftakt, der Lust auf mehr macht

Die letzte Party
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Am Neujahrsmorgen wird die Leiche von Rhys Lloyd, einem ehemals erfolgreichen Opernsänger und Mitinhaber der umstrittenen Lodge-Reihe The Shore im Grenzgebiet Wales/ England, im See aufgefunden. Noch vor ...

Am Neujahrsmorgen wird die Leiche von Rhys Lloyd, einem ehemals erfolgreichen Opernsänger und Mitinhaber der umstrittenen Lodge-Reihe The Shore im Grenzgebiet Wales/ England, im See aufgefunden. Noch vor wenigen Stunden hatten die Bewohner der Lodges zusammen mit den eingeladenen Einheimischen ausgelassen Silvester gefeiert.
Die Waliserin DC Ffion Morgan, die in dem Dorf am Rand des Sees aufgewachsen ist, soll zusammen mit dem Engländer DC Leo Brady von der Cheshire Major Crime Unit die Ermittlungen durchführen. Bald ist klar, dass Rhys Lloyd keines natürlichen Todes gestorben ist und die Liste der Mordverdächtigen ist lang, schließlich hat sich Rhys Lloyd mit dem Bau der Luxus-Lodges Feinde im Dorfe gemacht und auch aus seinem persönlichen Umfeld gibt es mehrere Menschen, die ein Motiv haben. Selbst Ffion, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, macht sich gegenüber Leo verdächtig.

"Die letzte Party" ist der erste Band der ersten Krimireihe von Clare Mackintosh, die bisher durch Thriller bekannt war. Hauptfigur Ffion Morgan ist dabei ein interessanter Charakter, die mit ihrer unkonventionellen Art und ihrer Ruppigkeit im krassen Gegensatz zum dem sensiblen wenig durchsetzungsstarken englischen Ermittler Leo Brady ist. Beide haben ihr persönlichen Probleme, wobei die von Ffion zunächst im Verborgenen bleiben, während Leo sich im Sorgerechtsstreit mit seiner Exfrau befindet.
Die Ermittlungen in dem Mordfall gestalten die sich durch zahlreiche Verdächtige, Motive und Geheimnisse der Bewohner der Lodges und der Dorfbewohner schwierig. Ffion und Leo arbeiten weitgehend Hand in Hand, wobei Ffion immer wieder ihre Mentalität als Lone Ranger beweist und sich von Leo nicht in die Karten schauen lassen möchte. Ihre sehr selbstbewusste und brachiale Art zwischen Genie und Wahnsinn sorgt für Ungläubigkeit bei Leo und für so manchen unterhaltsamen Dialog zwischen den beiden Hauptfiguren.

Der Krimi wird abwechselnd in der Gegenwart in den ersten beiden Januarwochen aus den Perspektiven von Ffion und Leo erzählt. Daneben gibt es eine Vielzahl an Kapiteln aus der Sicht weiterer handelnder Personen, insbesondere Verdächtiger, und Rückblenden in die Zeit der Vorbereitungen der Silvester-Party ab Weihnachten bis in den Sommer. Durch diese Schilderungen, die die Ermittlungen und die Handlung in der Gegenwart bald überlagern, tun sich ungeahnte Verbindungen und Abgründe über die Nebencharaktere auf, wodurch deutlich wird, wie viele Feinde sich Rhys Lloyd im Lauf seines Lebens gemacht hat und wie viele Menschen nach Vergeltung sinnen müssen.
Trotz der Vielzahl der Personen fand ich die Handlung nicht verwirrend, denn die Personen sind in ihrem auffälligen, exzentrischen und versnobten Verhaltensweisen so plastisch dargestellt, dass es nicht schwerfällt, sie zu unterscheiden und den Überblick zu behalten. Ergänzend hilft eine Karte zu Beginn des Buches, auf der das Dorf sowie die Lodges und ihre Bewohner eingetragen sind.

Der Krimi im Stil einer Locked Room Mystery ist trotz der zähen Ermittlungen durch Wendungen und die Geheimnisse, die sich nach und nach über die Bewohner der Lodges und die Einheimischen offenbaren, spannend und bis zum Schluss wendungsreich durch zahlreiche Twists & Turns. Zudem überzeugt die Handlung im englisch-walisischen Grenzgebiet durch ihre eigenwilligen Charaktere, insbesondere Ffion und Leo, und macht damit neugierig auf weitere Bände der Krimireihe.

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Veröffentlicht am 02.12.2022

Originelle Geschichte über die unschönen Seiten der Liebe, über innere Stärke und Frauensolidarität

Fang jetzt bloß nicht an zu lieben
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Harriet Hatley arbeitet als Fotografin überwiegend auf Hochzeiten, lehnt für sich selbst die Ehe jedoch ab. Als ihr Freund Jon ihr dennoch einen Heiratsantrag macht, trennt sich Harriet entschlossen von ...

Harriet Hatley arbeitet als Fotografin überwiegend auf Hochzeiten, lehnt für sich selbst die Ehe jedoch ab. Als ihr Freund Jon ihr dennoch einen Heiratsantrag macht, trennt sich Harriet entschlossen von ihm, denn sie hatte schon längere Zeit Zweifel daran, dass sie beide zusammenpassen. Kurzfristig braucht sie eine neue Unterkunft und zieht deshalb bei Cal Clarke ein, ohne ihn zuvor mehr als durch ein Telefonat kennengelernt zu haben. Auch er hat wie Harriet eine schwierige Trennung hinter sich und entwickelt sich unerwartet zu einem Verbündeten, als Harriets Dämonen der Vergangenheit zutage treten.

Wie von der Autorin Mhairi McFarlane gewohnt, verbindet sie eine ironisch-humorvolle Liebesgeschichte mit einer ernsten Thematik, die am Ende die Stärke der jeweiligen Protagonistin hervorhebt.

Harriet hat mit ihren 34 Jahren schon viel durchgemacht, ist seit ihrem sechsten Lebensjahr Waise, hat ihre Großeltern verloren, bei denen sie aufgewachsen ist und mit ihren Beziehungen zu Männern kein glückliches Händchen bewiesen. Es ist deshalb nachvollziehbar, weshalb sie in Bezug auf die romantische Liebe und eine ewige Bindung mehr als skeptisch ist.
Ihr Vermieter Cal, von dem man zu Beginn ein falsches Bild erhält, entpuppt sich nach einigen negativ besetzten männlichen Protagonisten und diversen Missverständnissen Harriet gegenüber als verlässlicher Freund.

Der Schreibstil ist lebendig und zeugt von frechen, humorvollen Dialogen, die einen willkommenen Ausgleich zu der ernsten Thematik um toxische Beziehungen und emotionale Gewalt darstellen.

Trotz des rosafarbenen Covers und mehrerer Hochzeitsfeiern ist der Roman keine unbeschwerte Liebesgeschichte. Er handelt vielmehr von den unschönen Seiten der Liebe, von Gaslighting, von Verbindungen, die nicht auf Augenhöhe sind, die Angst und unglücklich machen und von Menschen, die lieber leiden, als allein zu sein.
Humorvolle Szenen wechseln sich ausgewogen mit ernsten Gesprächen und Offenbarungen ab. Durch raffinierte Wendungen entwickelt der Roman ungeahnte Spannung und verleiht der Geschichte, die sich der Problematik der psychischen Gewalt von allen Seiten annimmt, Tiefgang. Dabei zeigt sich, wie wichtig Freundschaften sind, dass es Mut braucht, für sich selbst einzustehen und was Solidarität unter Frauen bewirken kann.
Es ist eine originelle Geschichte, einerseits voller Witz und Esprit, andererseits mit sehr ernsten Tönen, zu der der doppeldeutige englische Titel "Mad about you" hervorragend passt. Durch den Showdown am Schluss ist es ein Buch, das die Frauenpower hochleben lässt.

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Veröffentlicht am 30.11.2022

Beklemmende und berührende Geschichte über eine junge Frau, die (fast) an ihrer Trauer um ihre Freundin zerbricht und ihr Leben nicht mehr unter Kontrolle hat.

Das Leben in Nuancen
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Eve ist 26 Jahre alt, lebt in London, hat Kunst in Oxford studiert, hält sich jedoch mit Gelegenheitsjobs als Kellnerin über Wasser. Als sie nach einem Übergriff eines Gastes einem Rausschmiss zuvorkommt ...

Eve ist 26 Jahre alt, lebt in London, hat Kunst in Oxford studiert, hält sich jedoch mit Gelegenheitsjobs als Kellnerin über Wasser. Als sie nach einem Übergriff eines Gastes einem Rausschmiss zuvorkommt und kündigt, muss sie sich gezwungenermaßen einen neuen Job suchen, um die Miete bezahlen zu können. Sie findet eine Anstellung als Aktmodell und lernt dort Annie kennen, die sie darüber hinaus als Babysitterin für ihre sechsjährige Tochter engagiert. Mit Molly fühlt sich Eve erstaunlich wohl und zeigt ein unerwartetes Talent im Umgang mit Kindern. Sie selbst leidet darunter, als Fünfjährige von ihrer Mutter verlassen worden zu sein. Den Kontakt zu ihrem Vater, der sein Dasein als Alkoholiker fristet, hat sie abgebrochen.
Halt geben Eve ihre Besuche im Museum, wo sie regelmäßig das Gemälde Manets von der Bardame Suzon betrachtet. Das Gemälde ist die Verbindung zu ihrer verstorbenen Freundin Grace. Die Erinnerungen an sie sind allgegenwärtig und ihr Tod der Grund, warum Eve ihr Leben nicht mehr auf die Reihe kriegt.

Als Aktmodell stellt sich Eve vor Fremden bloß, zeigt aber nicht einmal Freunden, wie es in ihr aussieht. Nach der enttäuschenden Erfahrung mit ihren Eltern, die sie schon als kleines Kind im Stich gelassen haben, hat sie ihre beste Freundin verloren und quält sich mit Schuldgefühlen. Eve fühlt sich innerlich leer, wie ausgehöhlt, und treibt orientierungs- und ziellos durch ihr Leben.
Der Roman schildert in Alltagsszenen, wie Eve mehr und mehr die Kontrolle verliert und weckt den Beschützerinstinkt im Leser und den Menschen, die es gut mit ihr meinen. Statt Hilfe anzunehmen, stößt sie andere vor den Kopf, insbesondere Max, deren platonische Beziehung sich zu einer Liebesbeziehung entwickelt hat. Während sie ihre eigenen Gefühle verbirgt, drängt sie in die Privatsphäre anderer ein und agiert schamlos übergriffig.

Eves Verlorenheit und Perspektivlosigkeit sind eindringlich dargestellt. In ihrer selbstzerstörerischen Art lässt sie sich treiben, ertränkt ihre Sorgen in Alkohol, verliert wiederholt Arbeitsstellen und ihre Unterkunft. Sie agiert häufig kopflos, ohne über die Folgen nachzudenken, als ob ihr eigenes Leben und ihre Würde nichts wert wären.
Durch die Einschübe in kursiver Schrift und die Rückblicke in die Vergangenheit erfährt man peu à peu, was sich mit Grace ereignet hat und was Eve so quält.

Ein Lichtblick ist ihre Beziehung zu der sechsjährigen Molly, die dem Buch Leichtigkeit verleiht und von der Melancholie ablenkt.

Durch die ungeschönte Darstellung kommt man Eve trotz ihrer Verschlossenheit rein in der Beobachtung ihrer Handlungen (und ihrer Passivität und Wehrlosigkeit) unheimlich nahe.
Es ist eine beklemmende und berührende Geschichte über eine junge Frau, die ein Trauma nicht verarbeitet hat und hilflos mit ihrer Trauer und ihrer Depression kämpft. Bei dem spannenden Drama bleibt lange ungewiss, ob es noch zu einer großen Katastrophe kommt oder ein radikales Umdenken dazu führt, dass Eve ihre Abwärtsspirale stoppt.
Das Ende ist dann versöhnlich, erscheint im Vergleich zur intensiven Vorgeschichte aber etwas lieb- und fantasielos.

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