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Veröffentlicht am 31.03.2021

Konfliktgeladene Mutter-Tochter-Beziehungen über alle Generationen hinweg - empathisch, aber leider auch etwas oberflägen über alle Generationen hinweg - empathisch, aber leider auch etwas oberflächlich geschrieben

Die Frauen von Kilcarrion
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Kate ist Mitte 30 und alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter. Im Streit hatte sie schwanger mit 18 Jahren ihr Elternhaus verlassen und sich geschworen, mit ihrer Tochter alles anders zu machen. ...

Kate ist Mitte 30 und alleinerziehende Mutter einer 16-jährigen Tochter. Im Streit hatte sie schwanger mit 18 Jahren ihr Elternhaus verlassen und sich geschworen, mit ihrer Tochter alles anders zu machen.
Als Kate ihren langjährigen Freund Geoff verlässt, um mit einem jüngeren Partner wieder neu anzufangen, nehmen die Konflikte mit ihrer Tochter Sabine zu, die dafür kein Verständnis mehr hat. Sabine fährt zu ihren Großeltern nach Irland, die sie vor zehn Jahren zum letzten Mal gesehen hat. Sie weiß nicht, was zwischen ihnen und ihrer Mutter vorgefallen ist und wird von Joy und Edward wenig herzlich in Empfang genommen. Die strengen Regeln auf Gut Kilcarrion schrecken sie ab, dass sie ihren Aufenthalt vorzeitig beenden möchte. Doch dann findet sie alte Fotos von ihren Großeltern und ihrer Mutter und findet damit nach Startschwierigkeiten einen Zugang zu ihrer Großmutter, die ihr von ihrer Liebe zu ihrem Ehemann, einem stattlichen Offizier, und der aufregenden Zeit in den 1950er- und 1960er-Jahren in der britischen Kronkolonie Hongkong erzählt.
Doch erst als Edward im Sterben liegt und auch Kate auf Gut Kilcarrion eintrifft, schafft es Joy sich den Ereignissen der Vergangenheit zu stellen und Kate ein wohl gehütetes Geheimnis zu verraten, das ursächlich für ihr schwieriges Verhältnis zueinander ist.

"Die Frauen von Kilcarrion" ist einer der ersten Romane von Jojo Moyes, der bereits 2002 in Deutschland erschienen ist und nun neu veröffentlicht wurde.
Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt angenehm leise. Die Hauptfiguren sind facettenreich gezeichnet und so empathisch geschildert, dass man sich sehr gut in die drei unterschiedlichen Frauen hineinversetzen kann.
Sabine ist ein typischer Teenager, die gegen ihre Mutter rebelliert und bei den Großeltern hofft, endlich das zu finden, wonach sie sich all die Jahre gesehnt hat: Stabilität und Geborgenheit in einer Familie. Kate ist eine Frau mit Bindungsängsten, die sich nicht festlegen kann, sich gleichzeitig aber nach einem starken Mann an ihrer Seite sehnt. Joy ist eine toughe ältere Dame, die in Edward ihre große Liebe gefunden hat. Doch in der Vergangenheit hat sich ein Schatten auf sie gelegt, den sie nie überwunden hat und der auch das Verhältnis zu ihrer Tochter so schwierig machte.

Das Buch handelt von konfliktgeladenen Mutter-Tochter-Beziehungen über alle Generationen hinweg: Joy mit Alice, Kate mit Joy, Sabine mit Kate. Mangelndes Verständnis für einander, Missverständnisse und eine fehlende Kommunikationsbereitschaft erschweren die Verbindung und errichten Mauern zwischen den Generationen.
Die Geschichte, die auch Rückblenden in die Vergangenheit enthält, ist lebensnah dargestellt. Gerade zu Beginn ist sie jedoch etwas langatmig, da wenig passiert und sich mehr in den Gedanken der Figuren abspielt, die ihre Probleme wälzen.
Das Geheimnis, das am Ende aufgedeckt wird und schon sehr früh zu einem sehr angespannten Verhältnis zwischen Kate und Joy geführt hat, ist wenig spektakulär. Dass eine einzelne Entscheidung für eine Sechsjährige so drastisch ist, um dafür zu sorgen, als Erwachsene den Kontakt zu einander fast vollständig einzustellen, fand ich nicht einleuchtend. Das versöhnliche Ende ging mir dann zu schnell, auch wenn alle Charaktere eine merkliche Entwicklung durchgemacht haben und eine zaghafte Annäherung stattgefunden hat.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Roman über Freundschaft und die Wertschätzung des Lebens, über Familie, Fürsorge und das Loslassen können - rührend, aber nicht sentimental geschrieben

Das Leben ist zu kurz für irgendwann
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Als Terry erfährt, dass ihre beste Freundin Iris, die an Multiple Sklerose erkrankt ist, auf dem Weg in die Schweiz ist, um dort ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, möchte sie sie davon abhalten und begleitet ...

Als Terry erfährt, dass ihre beste Freundin Iris, die an Multiple Sklerose erkrankt ist, auf dem Weg in die Schweiz ist, um dort ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, möchte sie sie davon abhalten und begleitet Iris kurzerhand ungefragt auf ihrer Reise. Da sie ihren dementen Vater am selben Tag aufgrund eines Ungezieferbefalls im Seniorenheim abholen musste, nimmt sie ihn mit auf die Fahrt, die die drei von Dublin über Wales, England und Frankreich nach Zürich führt. Für beide Frauen wird die Reise anders als erwartet und gerade Terry gelangt unterwegs zu neuen Einsichten, die sie ihr eigenes, bisher so geordnetes Leben, kritisch hinterfragen lässt.

"Das Leben ist zu kurz für irgendwann" handelt von Tod und Sterbehilfe, von Krankheiten wie MS und Alzheimer, ist aber alles andere als deprimierend zu lesen, da die Autorin sich den Themen mit Leichtigkeit annähert. Zudem stehen weder Iris' Krankheit noch der Akt der Sterbehilfe drängend im Vordergrund, da der Roman aus der Perspektive von Terry geschrieben ist. Der Fokus liegt vielmehr auf der Sorge um die Freundin und den egoistischen Wunsch, sie am Leben zu erhalten, aber auch die Sorge um den Vater und Terrys Rollentausch, wenn sie sich verhalten muss, als wäre sie seine Mutter.

In beide Frauen kann man sich gut hineinversetzen. Iris ist eine starke Frau und keine depressive Selbstmörderin. Sie hat ihre Entscheidung getroffen und möchte sich nicht umstimmen lassen. Sie möchte ihr Leben beenden, solange es noch lebenswert ist. Gleichzeitig versteht man aber auch Terry, die ihre beste Freundin nicht verlieren möchte und bis zum Ende aufopferungsvoll für sie da wäre. Im Gegensatz zu Terry hat Iris den Mut, dem Tod ins Auge zu blicken, der für sie zum Leben dazu gehört.

So traurig der Grund für die Reise ist, so unbeschwert ist die Zeit, die sie miteinander verbringen durch ihre abwechslungsreichen Erlebnisse während ihrer Zwischenstropps. Es ist ein unterhaltsamer, gerade in Frankreich sehr bildhaft beschriebener Roadtrip, auf dem sie sogar aufblühen und vom Ziel ihrer Reise abgelenkt werden. Auch Terry Vater Eugene nimmt wieder aktiver am Leben teil.

Es ist ein Roman über Freundschaft und die Wertschätzung des Lebens, über Familie und Fürsorge und das Loslassen können. Dabei ist es insbesondere die sonst so ängstliche Bedenkenträgerin Terry, die Verantwortung übernimmt und über sich selbst hinauswächst. Sie reflektiert ihr eigenes Leben, überdenkt ihre Rolle als Ehefrau und Mutter und erkennt mit dem Tod vor Augen, dass sie mehr aus ihrem Leben herausholen kann.
Die Geschichte ist nicht sentimental geschrieben. Kritisch könnte man allerdings anmerken, dass sie sich nur oberflächlich mit den Krankheiten Multiple Sklerose und Alzheimer auseinandersetzt und dass das schwierige Thema Sterbehilfe, der Umgang damit und die Folgen für die Angehörigen als Aufhänger für den Roman zu sehr im Hintergrund bleiben.

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Veröffentlicht am 27.03.2021

Eine Großstädterin während des Lockdowns in der Provinz: ein bittersüßes Porträt unserer Gesellschaft - treffend formuliert und sehr unterhaltsam

Über Menschen
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Dora lebt mit ihrem Freund Robert zusammen in Berlin-Kreuzberg und arbeitet als Werbetexterin. Es ist Frühjahr 2020 und die erste Welle der Corona-Pandemie. Robert, der sich in den letzten Monaten zu einem ...

Dora lebt mit ihrem Freund Robert zusammen in Berlin-Kreuzberg und arbeitet als Werbetexterin. Es ist Frühjahr 2020 und die erste Welle der Corona-Pandemie. Robert, der sich in den letzten Monaten zu einem extremen Klimaschützer und Anhänger Greta Thunbergs und der "Fridays for Future"-Demonstrationen entpuppt hat, stresst Dora nun auch noch mit seinen Prophezeiungen als selbst ernannter Epidemiologe. Das zeitgleiche Homeoffice wird unerträglich, Dora fühlt sie wie ein Fremdkörper in der gemeinsamen Wohnung, für ihre übertrieben häufigen Spaziergänge mit ihrem Hund wird sie kritisiert. Dora zieht die Reißleine und flüchtet in das alte Gutsverwalterhaus, das sie sich von dem Erbe ihre Mutter gekauft hat. Dort, im 284-Seelendorf Bracken, ticken die Uhren anders. Der Nachbar stellt sich als "Dorf-Nazi" vor, skandiert das Horst-Wessel-Lied, Ausländer werden abwertend als "Pflanzkanacken" bezeichnet, die Einwohner wählen die AfD und schimpfen auf "die in Berlin", die Infrastruktur ist ein Witz.
Der Gegensatz Berlin und Provinz in Brandenburg ist überwältigend, sämtliche Vorurteile und Klischees scheinen sich zu bestätigen, so dass es Dora zeitweise Angst wird. Doch nicht alles ist Schwarz-Weiß, Dora lernt auch das andere Gesicht des Dorfes und seiner Bewohner kennen und beginnt ihr eigenes Leben neu zu sortieren.

Wie schon bei "Unterleuten" ist auch "Über Menschen" ein treffender Titel für diesen Roman. Er handelt von allerlei skurrilen Charakteren, die einerseits bekannte Stereotypen darstellen und damit die Wirklichkeit zeichnen, wie man sich ein Leben in einem abgelegenen Dorf in Brandenburg vorstellt. Menschen, die sich von den Politikern "da oben" nicht wahrgenommen fühlen und dann auch noch durch eine Pandemie und den Lockdown verunsichert werden. Durch die linksliberale Dora, die diesen Menschen begegnet, erhält man einen Blick auf all diese Menschen und bei näherem Betrachten stellt man fest, dass es dort mehr als nur den arbeitslosen, rechtsradikalen, vorbestraften Dorf-Nazi, den resignierten AfD-Wähler oder die überforderte alleinerziehende Mutter gibt, die im Existenzminimum lebt. Es herrscht hier auch eine ungefragte Solidarität, Nachbarschaftshilfe und Zusammenhalt. Jeder kennt jeden und hilft, wo er kann. Auch Dora gelangt so unvermittelt zu neuen Möbeln, gestrichenen Wänden und einem bestellten Beet. Selbst wenn sie sich politisch korrekt lieber von diesen Menschen fernhalten möchte, fühlt sie sich doch zu ihnen hingezogen und wird ein Teil der Dorfgemeinschaft.

Das Buch beschreibt den Alltag, wie sich die Großstädterin Dora in ihrem neuen Leben in der Provinz neu einfinden muss, ist durch ihre Begegnungen mit den Menschen vor Ort jedoch äußerst unterhaltsam, erschreckend, aber auch amüsant und immer wieder verblüffend. Die Lebenswirklichkeit in dem fiktiven Ort Bracken ist überspitzt beschrieben, enthält bei aller Ironie aber auch einen wahren Kern.
Wie Dora schwankt man, ob man die Menschen verurteilen soll oder mögen darf.
"Über Menschen" ist lebensnah und abwechslungsreich geschildert, unterhält durch die facettenreichen Figuren und die hintergründigen bewegenden Schicksale, die nachdenklich machen und ganz deutlich zeigen, dass man sich nicht von Vorurteilen lenken lassen, sondern sich stets ein eigenes Bild machen sollte.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Eine Mutter auf der Suche nach der Tochter und die Frage, wie weit darf man für die Rettung des Planeten gehen? Heiligt der Zweck die Mittel?

Ungehorsam
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Als die fünfzehnjährige Lara spurlos verschwindet, macht sich ihre Mutter Rebekka auf eigene Faust auf die Suche nach ihrer Tochter, nachdem sie von der Berliner Polizei keine Unterstützung erhält. Ein ...

Als die fünfzehnjährige Lara spurlos verschwindet, macht sich ihre Mutter Rebekka auf eigene Faust auf die Suche nach ihrer Tochter, nachdem sie von der Berliner Polizei keine Unterstützung erhält. Ein fehlender Rucksack sowie eine Isomatte deuten darauf hin, dass Lara freiwillig abgehauen ist, schließlich hatten sich die Streitigkeiten mit ihrer Mutter gehäuft.
Bei ihren Nachforschungen findet Rebekka heraus, dass sich Lara militanten Klimaschützern angeschlossen hat und sich vermutlich bei einer Gruppe von Aktivistinnen versteckt hält. Doch selbst als Rebekka es schafft, sich der Gruppe anzunähern und eine Freundin von Lara kennenlernt, findet sie den Aufenthaltsort ihrer Tochter nicht heraus. Durch den Kontakt zu der Gruppe und einem Aufkommen von Verständnis für das Ziel, für das sie kämpfen, reflektiert Rebekka ihr Verhalten gegenüber ihrer Tochter und bereut, wie wenig Mühe sie sich gegeben hat, Verständnis für deren Ängste um die drohende Klimakatastrophe aufgebracht zu haben. Auf ihrer Suche kommt sie Lara damit zumindest mental näher.

Der Roman beginnt mit der Sorge einer Mutter um ihre verschwundene Tochter. Dabei wird die Entfremdung der beiden deutlich, denn Rebekka hat keine Ahnung, mit welchen Freunden sich Lara umgeben hat und eine falsche Erwartungshaltung an den Tag gelegt, indem die Schule und ein gutes Abitur wichtiger waren, als ein Engagement für Umwelt- und Tierschutz.
Bei der Suche nach Lara rückt der Fokus des Romans bald auf die die Zerstörung der Umwelt durch den Menschen, auf den Klimawandel und die Angst um die Zukunft des Planeten. Die junge Generation geht erschrocken von den Bränden in Brandenburg auf die Straße, um ein Zeichen zu setzen und durch einen friedlichen Protest, Menschen zum Nachdenken und Umdenken zu bewegen und von den Politikern Maßnahmen statt alleiniges Lamentieren zu fordern. Rebekka ist plötzlich mittendrin - nicht bei den friedlich Protestierenden sondern bei einer Gruppe extremer Klimaschützer, die in den Medien bereits als Ökoterroristen bezeichnet werden. Sie schüren durch Gewalt Ängste, um Aufmerksamkeit für ihre Sache zu erlangen.

"Ungehorsam" ist das Verhalten der Extremisten. Ihr Ziel - die Rettung des Planeten - ist für uns alle relevant und ohne Frage bedeutungsvoll und unterstützenswert. Ihre Aktionen, bei denen unschuldige Menschen gefährdet werden, sind es dagegen nicht.
Der Roman dreht sich um die Entfremdung der Generationen von einander, aber auch um die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt. Er handelt vom Loslassen können und zeigt auf, dass es ausreichend sein kann, seinen Kindern den Weg zu ebnen, sie letztlich aber ihren eigenen Weg gehen zu lassen.
Es ist ein aktueller, aufwühlender Roman, der zum Nachdenken anregt und die Umweltzerstörung anprangert. Er zeigt dabei, wie weit Menschen für ihre Ideale gehen und dass im Kleinen und im Großen ein Umdenken geschehen muss, um die Generationen nicht weiter auseinanderdriften zu lassen und Maßnahmen zu ergreifen, damit die Generation Z noch eine Zukunft hat, die erstrebenswert ist. Eine derart massive Vorgehensweise, wie sie in dem Roman beschrieben ist, kann nicht die Lösung sein.
Während die Umweltthematik und die damit verbundene Gewalt eindringlich dargestellt sind, hatte ich mir die Suche nach Lara spannender vorgestellt. Sie als Person, ihre Motivation, Wut und/ oder Verzweiflung, die sie dazu veranlasst haben, ihr Elternhaus klammheimlich zu verlassen, bleiben etwas außen vor.

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Veröffentlicht am 23.03.2021

Authentischer Roman, der die Metoo-Thematik von drei Seiten beleuchtet und erschütternd rau, aber auch feinfühlig-empathisch geschrieben ist

Das Licht ist hier viel heller
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Maximilian Wenger ist Schriftsteller, dessen letzte Erfolge lange zurückliegen. Inzwischen ist er von seiner Ehefrau getrennt, wohnt in einer Junggesellenwohnung und bemitleidet sich selbst. Seine fast ...

Maximilian Wenger ist Schriftsteller, dessen letzte Erfolge lange zurückliegen. Inzwischen ist er von seiner Ehefrau getrennt, wohnt in einer Junggesellenwohnung und bemitleidet sich selbst. Seine fast erwachsenen Kinder kommen notgedrungen alle vierzehn Tage am Wochenende zu Besuch und würde sich seine Schwester nicht um Wenger kümmern, würde er komplett verwahrlosen.
Wenger blüht erst wieder auf, als er Briefe von einer Frau erhält, die an den Vormieter der Wohnung schreibt. Diese inspirieren ihn zu einem neuen Roman, der den Nerv der Zeit trifft. Was er nicht ahnt, ist, dass auch seine Tochter Zoey die Briefe heimlich gelesen hat und von den Inhalten erschüttert ist - denn sie hat ähnliches erlebt, wie die fremde Frau.

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Wenger und seiner 17-jährigen Tochter Zoey geschrieben, so dass man einen Einblick in beide Leben erhält. Beide machen im Verlauf der Geschichte eine Entwicklung durch. Während man Wenger zunächst noch aufgrund seiner Arbeitslosigkeit und dem Verlust seiner Familie bemitleiden mag, zeigt sich bald, dass er doch noch Biss hat, Ehrgeiz entwickelt und von einem Comeback träumt. Dabei ist ihm jedes Mittel recht - über Plagiate oder Ideenraub denkt er gar nicht nach, auch ist seine abwertende Einstellung gegenüber Frauen äußerst fragwürdig.
Zoey ist eine Einzelgängerin, die sensibel ist und künstlerisch begabt ist. Sie möchte Fotografin werden und arbeitet ehrgeizig an ihrem Ziel, ohne dass ihre Eltern eine Ahnung davon haben. Ein Ereignis wirft sie dann jedoch zurück und scheint all ihre Träume zu vernichten sowie ihre negative Einstellung gegenüber ihren Eltern zu manifestieren. Doch auch Zoey lernt zu kämpfen und lässt sich weder von ihrem übergriffigen Chef kleinkriegen, noch von Eltern, die sie nicht verstehen und nicht für sie da sind, wenn sie sie einmal braucht.

Der Schreibstil ist direkt und rau. Die Protagonisten sind frech und nehmen kein Blatt vor den Mund. Während Wenger sarkastisch ist und selbstverliebt nur auf sich und seinen eigenen Vorteil bedacht ist, ist Zoey rebellisch und trotzig gegenüber ihren Eltern, aber feinfühlig in Bezug auf ihren Bruder, mit dem sie ein enges Band verbindet.
Durch die drei unterschiedlichen Erzählstränge um Wenger, Zoey und die anonyme Verfasserin der Briefe ist der Roman abwechslungsreich gestaltet und zieht in seinen Bann. Dabei stellt sich erst im Laufe der Geschichte heraus, was die drei Handlungsstränge mit einander verbindet.

In Zeiten von #metoo-Debatten greift der Roman ein aktuelles Thema auf und zeigt es schonungslos aus Sicht der Opfer. Erschreckend dabei ist, wie schnell Grenzen verschwimmen können und wie wenig Handlungsspielraum bei der Verteidigung oft bleibt. Es ist ein Roman mit polarisierenden Charakteren, der gerade deshalb so einnehmend ist und nachdenklich macht.
Etwas einseitig empfand ich jedoch das vermittelte Männerbild. Bis auf Zoeys homosexuellen Bruder und seinen Freund, erscheinen alle anderen männlichen Protagonisten unsympathisch und frauenfeindlich.

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