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Veröffentlicht am 26.06.2024

Bewegende Sammlung

Nachbarn
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Diane Oliver wurde 1943 in North Caroline geboren. Schon früh schrieb sie Kurzgeschichten. Tragischerweise starb sie bereits mit 22 Jahren an einem Unfall. Nun wurden Jahrzehnte später erstmals ihre gesammelten ...

Diane Oliver wurde 1943 in North Caroline geboren. Schon früh schrieb sie Kurzgeschichten. Tragischerweise starb sie bereits mit 22 Jahren an einem Unfall. Nun wurden Jahrzehnte später erstmals ihre gesammelten Kurzgeschichten ins Deutsche übersetzt und in diesem Band veröffentlicht. Ich habe das Buch als Hörbuch gehört.

Die Geschichten spielen allesamt in den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Die vierzehn Geschichten behandeln alle ein zentrales Thema, das Leben als Schwarze in den Vereinigten Staaten der damaligen Zeit und den Rassismus, dem die Menschen damals ausgesetzt waren. Leider ist das Thema auch heute, fast 60 Jahre nach dem Tod der Autorin, genauso präsent. Die Kurzgeschichten sind eindrücklich, meist zeigen sie sehr alltägliche Situationen. Nachbarn behandelt eine Familie, deren kleiner Junge als erster schwarzer Schüler in eine weisse Schule gehen soll. Die Geschichte hat mich sehr berührt. Manche der Geschichten fand ich weniger ergreifend; eine scheint eher eine Stil-Übung zu sein und war zum Hören nicht besonders geeignet. Insgesamt fand ich die Geschichten sehr bewegend. Gerne würde ich die Geschichten auch noch lesen, anstatt sie zu hören.

Veröffentlicht am 30.08.2023

Eine eindrückliche Zusammenfassung über die Behandlung der Frau in der Medizin

Die kranke Frau
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"Die Hysterie subsummierte alles, was männliche Ärzte und Gelehrte darunter verstehen wollten, und das einzige klare diagnostische Kriterium war das weibliche Geschlecht."

Die promovierte Kulturhistorikerin ...

"Die Hysterie subsummierte alles, was männliche Ärzte und Gelehrte darunter verstehen wollten, und das einzige klare diagnostische Kriterium war das weibliche Geschlecht."

Die promovierte Kulturhistorikerin Elinor Cleghorn gibt in diesem Buch einen Überblick über die Behandlung von Frauen in der Medizin, vom antiken Griechenland bis heute. Manches war mir bekannt, vieles hat mich erschüttert. Sie behandelt unter anderem die "Hysterie", die seit jeher in der Medizin als Diagnose vorhanden war - und deren Therapie teils bis hin zur Lobotomie führte. Viele Erkrankungen, die überwiegend Frauen betreffen, wurden unter Hysterie subsummiert. Auf diese geht Cleghorn zum Teil mit eindrücklichen Beispielen ein. Sie behandelt die Anästhesie in der Geburtshilfe, die Erfindung und Bedeutung der Pille, die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium, die Behandlung von Frauen in der Psychiatrie, die unkritische Anwendung von Beruhigungsmitteln und Östrogenpräparaten bei Hausfrauen und vieles mehr. Sie endet mit ihrer eigenen Geschichte: nach jahrelangen unspezifischen Symptomen, die nicht ernst genommen wurden, wurde bei Cleghorn schliesslich systemischer Lupus erythematodes diagnostiziert. Nicht ohne dass bereits Komplikationen wie ein AV Block bei ihrem zweiten Kind und eine Perikarditis mit Perikarderguss auftraten.

"Die Erfindung der Pille bedeutete für die Frauen, für ihren Körper und ihr Leben nichts weniger als eine Revolution. Sie war aber zugleich ein Experiment, das auf dem Verstoß gegen ethische Grundsätze und Informationsunterdrückung beruhte."

"Die kranke Frau" ist keine leichte Kost, und auch teilweise sehr dicht zu lesen, jedoch sehr, sehr lohnenswert. Für mich als Ärztin war es auch interessant, eine andere Seite von bekannten Ärzte der Geschichte zu sehen, die so im Studium nie behandelt wurde. Es ist Zeit, dass Mediziner - sowohl Frauen als auch Männer - sich mit dieser Geschichte befassen und aktiv dagegenwirken, weiter Geschlechterstereotypen in der Medizin zu verbreiten. Es ist Zeit, dass der Paternalismus in der Medizin Geschichte wird. Dieses Buch bzw. diese Themen sollte im Medizinstudium behandelt werden und von Ärzten gelesen werden. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 23.08.2023

Eine Frau an einem Wendepunkt

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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"Es spielte keine Rolle, was für eine Frau diese Mutter war, was sie konnte und brauchte, was sie erlebt hatte, was sie wusste. Es war egal, was sie geleistet hatte und weiter leisten wollte. Ihr Körper ...


"Es spielte keine Rolle, was für eine Frau diese Mutter war, was sie konnte und brauchte, was sie erlebt hatte, was sie wusste. Es war egal, was sie geleistet hatte und weiter leisten wollte. Ihr Körper gehörte ihr nach der Geburt ihres Kindes nicht mehr, genauso wie mein Körper mir vor zwanzig Jahren nicht mehr gehört hatte. Sie hatte ihn aufzugeben, ganz ihrem Kind zur Verfügung zu stellen, wie ich damals. Ich hatte geglaubt, das habe sich seither geändert, aber nichts hat sich geändert."

Doris Knecht erzählt in diesem Roman von einer namenlosen Protagonistin, die an einem Wendepunkt im Leben steht: die Kinder sind im Begriff, auszuziehen. Die Schriftstellerin ordnet ihr Leben neu, wird in eine kleinere Wohnung ziehen. Welche Gedanken kommen da auf? Geboren und aufgewachsen in Vorarlberg ging sie bei der ersten Gelegenheit so weit weg wie es ging, nach Wien. Sie zieht Bilanz über ihr Leben - ihre Kindheit, Beziehung zu Eltern und Geschwistern, ihre Beziehungen, Ehe, Geburt der Kinder, Scheidung, das aktuelle Leben. Wie wird sich das nun verändern, und ist dies positiv zu sehen?

Ich habe dieses Buch sehr gern gelesen. Die sympathische, nahbare Protagonistin erzählt mit Humor und einem gewissen Sarkasmus aus ihrem Leben. Mit einfachen Worten lässt sie uns an Begegnungen, Erinnerungen und alltäglichen Gedanken teilhaben. An der Beziehung mit ihren Kindern und dem Hund. Obwohl ich deutlich jünger bin als die Protagonistin habe ich mich ihr dennoch stets sehr nah gefühlt. Ein stilles, schönes, beglückendes Buch.

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Veröffentlicht am 22.08.2023

Ein ehrliches Porträt der Postpartalen Zeit

Milchbar
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"Wenn da niemand ist, der dir zeigt, dass Mutterschaft für immer ist, kann die Erkenntnis etwas anderes als ein völliger Schock sein? Wie kann sich dieser Zustand überhaupt Mutterschaft nennen?"


In "Milchbar" ...

"Wenn da niemand ist, der dir zeigt, dass Mutterschaft für immer ist, kann die Erkenntnis etwas anderes als ein völliger Schock sein? Wie kann sich dieser Zustand überhaupt Mutterschaft nennen?"


In "Milchbar" erzählt Szilvia Molnar von einer jungen Frau, die gerade ihr erstes Kind geboren hat. Abwechselnd berichtet die Ich-Erzählerin, deren Namen wir nicht kennen, von der Vorfreude während der Schwangerschaft, und den ernüchternden Wochen nach der Geburt. Wochen mit Schlafmangel, Hormonchaos, Wunden, Schmerzen, Fremdbestimmtheit, Konflikten in der Partnerschaft und mit viel Zärtlichkeit und Liebe. Wochen, auf die einen niemand vorbereiten kann. Gefühle, die Nicht-Gebärende nicht nachvollziehen können. Ich habe so viel aus diesem Buch ähnlich erlebt. Szilvia Molnar schafft es, all diese verwirrenden Gefühle ganz offen und verwundbar zu benennen. Ein tolles Buch, das für mich die postpartale Zeit erstaunlich akkurat beschreibt. Ich würde das Buch jedoch nicht während der Schwangerschaft empfehlen.

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Veröffentlicht am 05.07.2023

Eine feministische Perspektive auf die bürgerliche Kleinfamilie der Achtziger Jahre

Lügen über meine Mutter
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Daniela Dröscher erzählt vom Aufwachsen in einer typischen Kleinfamilie im Deutschland der 1980er Jahre. Der Vater ist der Ernährer, die Mutter Mädchen für alles - sie erzieht die Kinder, schmeisst den ...

Daniela Dröscher erzählt vom Aufwachsen in einer typischen Kleinfamilie im Deutschland der 1980er Jahre. Der Vater ist der Ernährer, die Mutter Mädchen für alles - sie erzieht die Kinder, schmeisst den Haushalt, arbeitet nebenbei als Sekretärin, versucht mit zusätzlichen Jobs noch mehr Geld reinzuholen - und nichts davon wird gesehen. Stattdessen nörgelt der Vater nur an ihr rum, kritisiert endlos oft ihr Gewicht. Von Gleichberechtigkeit (wie zu erwarten) keine Spur.

Dröschers Erzählung ist unglaublich stark. Der Schreibstil ist gut zu lesen, flüssig, aus der Sicht der Tochter, die vieles nicht versteht und dennoch alles beobachtet. Eingesprenkelt sind Kapitel aus der Gegenwart, Gedanken der Autorin und Gespräche mit ihrer Mutter heute. Vieles wird nicht explizit gesagt, vieles muss man sich dazu denken. Was für ein besonderer, feministischer Roman. Klare Leseempfehlung.