Würde mir das passieren – ich wäre sofort weg – oder auch warum „Die Nacht der Bärin“ einer der wichtigsten Romane diesen Jahres ist.
Die Nacht der BärinOhne große Umschweife möchte ich hier eines festhalten: Die Nacht der Bärin ist das wichtigste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Der Roman, der auf zwei Erzählebenen spielt ist ein Familienroman, ...
Ohne große Umschweife möchte ich hier eines festhalten: Die Nacht der Bärin ist das wichtigste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe. Der Roman, der auf zwei Erzählebenen spielt ist ein Familienroman, der aber eigentlich drei Generationen an Frauen einer Familie beschreibt und zwischen dem Hier und Jetzt und der Vergangenheit eine Brücke baut, die dafür sorgt, dass man das Buch kaum zur Seite legen kann. Auch wenn ich es aufgrund der wichtigen Thematik kurz zur Seite legen musste. Ein wichtiges Buch, mit einer so schwierigen Thematik, dass es mich die ganze Nacht über zum Nachdenken gebracht und wachgehalten hat. Ich habe bisher wenige Bücher gelesen, die meiner Meinung nach das Thema Gewalt in Beziehungen so eindrucksvoll und aufwühlend beschreiben, wie Kira Mohn in diesem Roman. So wie man es von der Autorin gewohnt ist, beschreibt sie dieses ernste Thema so eindrucksvoll und doch auch schonungslos ehrlich. Die tiefemotionale Thematik, gespickt mit verschiedensten Komponenten einer toxisch-gewaltvollen Beziehung wird sprachlich treffend erzählt. Und immer wieder ist da der Bär. Nicht der Bär, die Bärin. Der Bär als Stofftier, der Bär als Tier und die Bärin – als wäre die Beschreibung der Bärenmutter unter all den Tiermüttern, wie etwa der Rabenmutter, nicht aussagekräftig genug. Immer wieder die Bärin und immer wieder die Nacht. Und genauso wie dieses Motiv, hallt dieses Buch nach. Das Buch, die Kapitelüberschriften und auch die Gefühle hallen nach. Zwischen „Du bist nicht mehr die Frau, die ich geheiratet habe“ und „Kann ich vielleicht einmal nach Hause kommen, und es ist aufgeräumt?“ hallt es nach. Und man begibt sich mit der Protagonistin Jule, im Hier und Jetzt auch auf eine Suche, die mehr preisgibt als Familiengeheimnisse einer verstorbenen Großmutter. Man begibt sich auf Spurensuche in die Kindheit ihrer Mutter Anna und merkt mit jeder Seite die Narben, die Gewalt über Generationen hinweg hinterlassen kann. Und dies merkt man vor allem auch am Nachwort, das nach mehrmaligem Lesen so sehr zum Nachdenken anregt. Irgendwie passt hier das Wort Jahreshighlight nicht, es passt nicht zu dem, was dieses Buch verkörpert und wofür es steht. Es ist eher eine Form von Lebenshighlight, auch wenn eine Triggerwarnung hier für manche Leserinnen und Leser noch einmal angebracht wäre, auch wenn man es lesen sollte. Ein Buch, das wirklich häusliche Gewalt anspricht, ohne Schuldzuweisungen oder Formen der Romantisierungen, wie es auf dem Buchmarkt die letzten Jahre geschehen ist. Kira Mohn verdeutlicht, dass es mit der Gewalt nicht anfängt. Es fängt klein an und die größten Opfer sind immer die Kinder. Und in einer Zeit, in der die Zahlen der Femizide weltweit zunehmen und immer mehr Frauen dagegen aufstehen, ist es wichtig, dass diese Geschichte erzählt wird.