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Veröffentlicht am 24.07.2024

Eine eindrückliche Erzählung über das Erwachsenwerden, die kaum Aktualität eingebüßt hat

Unterm Rad
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Inhalt: Hans Giebenrath ist Klassenprimus, gleichzeitig aber auch ein Einzelgänger. Von den Erwachsenen in seinem Umkreis – seinem Vater, dem Rektor und dem Priester – wird er zum intensiven Lernen angehalten, ...

Inhalt: Hans Giebenrath ist Klassenprimus, gleichzeitig aber auch ein Einzelgänger. Von den Erwachsenen in seinem Umkreis – seinem Vater, dem Rektor und dem Priester – wird er zum intensiven Lernen angehalten, damit er das Landesexamen besteht, um in der Klosterschule Maulbronn zum Landesbeamten ausgebildet werden zu können. Dies gelingt ihm auch, allerdings erwarten ihn in Maulbronn erneut intensive Lernphasen – und langsam, aber sicher wird alles zu viel für Hans…

Persönliche Meinung: „Unterm Rad“ ist eine 1906 erschienene Erzählung von Hermann Hesse, die man heute dem Coming of Age-Genre zuordnen würde. Eine große Rolle innerhalb der Erzählung spielt die Selbstfindung von Hans, der in seinem Heimatdorf und in der Klosterschule permanent unter Druck steht: Seine – durchweg männlichen – Erzieher/Lehrer sehen Hans nur vor dem Hintergrund des Leistungsaspekts; wie Hans innerlich ist bzw. was er tatsächlich möchte, wird nicht berücksichtigt. Ein weiteres Coming of Age-Element, das in „Unterm Rad“ eine wichtige Rolle spielt, ist die (erste) Liebe: Zwei Mal verliebt sich Hans, wobei die eine Liebe eher eine geistige, die andere eine körperliche ist. Innerhalb der Erzählung findet sich zudem scharfe Kritik am Schulwesen um 1900, das, so der Erzähler und einzelne Figuren, zu verkopft sei und lediglich dazu diene, obrigkeitstreue Staatsdiener zu formen. Druck ist das Signum dieses Schulwesens – und die Erzählung zeigt, dass man durch diesen Druck zerbrechen kann. Erzählt wird „Unterm Rad“ von einem auktorialen Erzähler, der oft in die Perspektive von Hans schlüpft. Dabei wird ein vergleichsweise komplexer, leicht verschnörkelter Sprachstil mit häufiger Hypo- und Parataxen-Verknüpfung genutzt (das tut dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch). Insgesamt ist „Unterm Rad“ eine eindrückliche Erzählung über das Erwachsenwerden, die auch ein Jahrhundert nach ihrem Erscheinen kaum Aktualität eingebüßt hat.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein fesselnder Thriller

Das Baumhaus
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Inhalt: Henrik und Nora reisen mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn nach Västernorrland, um den Alltag hinter sich zu lassen. Während Henrik Inspiration für sein neues Kinderbuch sucht, möchte Nora Abstand ...

Inhalt: Henrik und Nora reisen mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn nach Västernorrland, um den Alltag hinter sich zu lassen. Während Henrik Inspiration für sein neues Kinderbuch sucht, möchte Nora Abstand gewinnen. Denn: Sie hat einen Fehler begangen, von dem niemand erfahren soll. Anderswo in Västernorrland gibt sich Rosa Lundqvist ihren forensischen Forschungen hin, um sich davon abzulenken, dass sie ihren Bruder pflegen muss. Bei einer Grabung entdeckt sie unvermittelt das Skelett eines Kindes. Als Fynn plötzlich verschwindet, wird Rosa von der Polizei als Ermittlerin eingesetzt, um den Fall zu lösen. Denn: Nur sie kennt sich wirklich in den Wäldern Schwedens aus.

Persönliche Meinung: „Das Baumhaus“ ist ein Thriller von Vera Buck. Erzählt wird der Thriller aus mehreren Ich-Perspektiven: So wird neben den Perspektiven Henriks, Noras und Rosas auch die Sichtweise von Marla, einem jungen Mädchen, das in einem Baumhaus lebt, eingenommen. Der Thriller ist durchweg spannend: Das Haus, in dem Henrik und Nora den Urlaub verbringen möchten, sowie die Wälder Västernorrlands werden atmosphärisch dicht beschrieben und weisen eine gewisse Bedrohlichkeit auf. Zusätzlich gibt es mehrere potentielle Täterfiguren, die für die Entführung Fynns verantwortlich sein könnten, wodurch man mehrmals auf falsche Fährten geführt wird. Daneben erweist Henrik sich als unzuverlässiger Erzähler: Mehrfach dichtet er seine Erlebnisse aus, lügt offen und scheint Erinnerungslücken zu besitzen. Zuletzt finden sich innerhalb der Handlung auch einige richtig überraschende Wendungen, die einen eiskalt erwischen. Der Schreibstil von Vera Buck ist sehr lebendig und anschaulich, sodass während der Lektüre ein schönes Kopfkino entsteht. Insgesamt ist „Das Baumhaus“ ein spannender sowie rätselhafter Thriller, in dem wenig so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein spannender Cosy Crime

Mord im Antiquitätenladen
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Inhalt: Als Antiquitätenhändler Siggi vom Angeln zurück in sein Geschäft kommt, traut er seinen Augen nicht. Jemand ist in sein Geschäft eingebrochen und hat eine Leiche mitten in einem Verkaufsraum drapiert. ...

Inhalt: Als Antiquitätenhändler Siggi vom Angeln zurück in sein Geschäft kommt, traut er seinen Augen nicht. Jemand ist in sein Geschäft eingebrochen und hat eine Leiche mitten in einem Verkaufsraum drapiert. Schnell ruft Siggi die Polizei, doch als diese eintrifft, befindet sich in dem Raum keine Leiche mehr (dafür allerdings eine seltsame Bildweberei). Die Polizei geht von einem Streich Siggis aus und verweigert die Ermittlungen; Siggi hingegen fühlt sich nicht mehr wohl in seinem Laden, sodass er – gemeinsam mit ein paar Freunden – dem Geheimnis der Bildweberei und der verschwundenen Leiche auf die Spur kommen möchte…

Persönliche Meinung: „Mord im Antiquitätenladen“ ist ein Kriminalroman des „Bares für Rares“-Händlers Waldi Lehnertz, den dieser mit Miriam Rademacher geschrieben hat. Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive von Siggi. Eine große Stärke des Romans ist seine atmosphärische Dichte: Besonders Siggis Antiquitätenladen (ein vollgestelltes Sammelsurium an Antiquitäten und Trödelschätzen) wird bildhaft und anschaulich beschrieben. Ähnlich dicht ist die Beschreibung des fiktiven Eifeldorfes, in dem sich Siggis Antiquitätenladen befindet. Die Handlung wird – einem Cosy Crime folgend – eher langsam erzählt, wodurch der Krimi für mich teilweise kleinere Längen besaß. Dennoch ist die Handlung von einer latenten Spannung durchzogen: So fragt man sich permanent, wer die Leiche ist, wo sie abgeblieben ist und was es mit der Bildweberei auf sich hat. Mit der Zeit finden sich einzelne Mosaikstücke, die diese Fragen schrittweise beantworten, sodass nach und nach ein Gesamtbild entsteht. Die Auflösung ist dabei durchaus überraschend und kaum vorhersehbar. Die Figuren, die in „Mord im Antiquitätenladen“ auftreten, sind eher unkonventionell: Jede Figur besitzt eine Charaktereigenschaft, wodurch sie aus dem Rahmen fällt und teilweise ins Karikatureske abdriftet (dies führt teilweise dazu, dass die Figuren innerhalb der Handlung nicht immer logisch handeln). Der Erzählstil des Romans ist anschaulich, sodass man sich insbesondere die Handlungsorte dreidimensional vorstellen kann. Insgesamt ist „Mord im Antiquitätenladen“ – trotz einzelner Längen – ein spannender Kriminalroman mit unkonventionellen Figuren. Wenn man Waldi, Antiquitäten, Trödel und „Bares für Rares“ mag, wird man auch „Mord im Antiquitätenladen“ mögen.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein spannend konstruierter Kriminalroman

Das Dorf der acht Gräber
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Inhalt: Um das „Dorf der acht Gräber“ rankt sich eine blutige Legende: Im 16. Jahrhundert suchten acht Samurai Zuflucht im Dorf, wurden anfangs von den Dorfbewohnern auch freundlich aufgenommen, doch mit ...

Inhalt: Um das „Dorf der acht Gräber“ rankt sich eine blutige Legende: Im 16. Jahrhundert suchten acht Samurai Zuflucht im Dorf, wurden anfangs von den Dorfbewohnern auch freundlich aufgenommen, doch mit der Zeit trachteten die Dorfbewohner nach dem Reichtum der Samurai – und töteten sie. Seitdem soll ein Fluch auf dem „Dorf der acht Gräber“ liegen: Immer wieder kommt es zu grausamen Massakern innerhalb der Gemeinschaft – zuletzt vor 26 Jahren. Doch nun scheint der Fluch erneut zuzuschlagen…

Persönliche Meinung: „Das Dorf der acht Gräber“ ist ein Kriminalroman von Seishi Yokomizo. Es handelt sich um den dritten Band der „Kosuke Kindaichi“-Reihe, die sich um einen eher unkonventionellen Privatdetektiv dreht. Anders als in den vorherigen beiden Bänden spielt Kindaichi in „Das Dorf der acht Gräber“ allerdings eher eine Nebenrolle: Zwar tritt er manchmal in das Geschehen ein und löst am Ende der Handlung auch den Fall, allerdings ist Hauptfigur und Ich-Erzähler der Handlung ein junger Mann namens Tatsuya, der eher unverhofft in die Mordserie, die sich im „Dorf der acht Gräber“ ereignet, hineingezogen wird. Tatsuya nimmt – aus Gründen, die ich hier nicht spoilern möchte – die Rolle der Ermittlerfigur ein und erzählt aus der Retrospektive von den Ereignissen, die sich im Dorf der acht Gräber zugetragen haben. Selbst ist er kein professioneller Ermittler, sodass er teilweise unbedarft und blauäugig auftritt, was einen ganz besonderen Charme hat. Die Handlung des Romans entfaltet sich behutsam: Man lernt schrittweise die einzelnen Dorfbewohner und den Handlungsort kennen, wobei recht früh deutlich wird, dass mehrere Figuren Geheimnisse verbergen. Nach und nach entfaltet sich eine Mordserie, die einerseits Rätsel aufgibt, andererseits mit falschen Fährten gespickt ist, sodass nicht leicht zu durchschauen ist, was im Dorf gespielt wird. Zudem findet sich in der Handlung die ein oder andere überraschende Wendung. Der Erzählstil des Romans ist unaufgeregt: Es wird nicht reißerisch erzählt, das Tempo des Romans ist – trotz seiner spannenden Handlung – eher bedächtig. Einziger Wermutstropfen: Das Ende wurde recht schnell abgehandelt. So behutsam die gesamte Handlung konstruiert und entfaltet wird, so abrupt wird sie aufgelöst. Insgesamt ist „Das Dorf der acht Gräber“ ein spannender, schön konstruierter Kriminalroman, der durch seine eher unbedarfte Ermittlerfigur reizvolle Wege geht, die man nicht so häufig liest.

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Veröffentlicht am 17.07.2024

Ein spannender und vielversprechender Reihenauftakt

Die Sehenden und die Toten
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Inhalt: Die ehemalige Mordermittlerin Carla Seidel möchte es ruhiger angehen – auch für ihre hochsensible Tochter Lana. Deshalb hat sie sich von Hamburg ins Wendland versetzten lassen, wo sich, im Vergleich ...

Inhalt: Die ehemalige Mordermittlerin Carla Seidel möchte es ruhiger angehen – auch für ihre hochsensible Tochter Lana. Deshalb hat sie sich von Hamburg ins Wendland versetzten lassen, wo sich, im Vergleich zum trubeligen Hamburg, Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Doch mit der Ruhe ist es plötzlich vorbei: Ein 18-jähriger junger Mann, Sohn eines lokalen Geldadeligen, wird tot aufgefunden; die Augen durch Spiegelscherben ersetzt. In der Schule sowie innerhalb der Familie galt der junge Mann als unauffällig, doch je weiter Carla ermittelt, desto mehr erfährt sie über die dunkle Seite des Mannes…

Persönliche Meinung: „Die Sehenden und die Toten“ ist ein Kriminalroman mit Lokalbezug von Sia Piontek. Es handelt sich um den Auftakt einer neuen Krimireihe, die sich um die Ermittlerin Carla Seidel dreht. Erzählt wird die Handlung des Romans aus zwei personalen Perspektiven: Carlas Perspektive bildet die Hauptperspektive, daneben findet sich aber in einzelnen Kapiteln auch die Sichtweise von Lana, die ihre Mutter bei dem Fall unterstützt. „Die Sehenden und die Toten“ ist insgesamt eine fesselnde Lektüre: Der Fall ist spannend konstruiert, es passiert ziemlich viel (sodass es wirklich kein Längen gibt) und das Erzähltempo ist hoch. Zusammen mit dem anschaulichen sowie lebendigen Erzählstil ist „Die Sehenden und die Toten“ daher ein Schmöker der besten Art, den man gar nicht weglegen möchte. Die Auflösung des Falls mit einem überraschenden Twist rundet dabei das Lektüreerlebnis ab. Sehr gut hat mir auch die Gestaltung der Figuren gefallen: Die Bandbreite der Figuren ist groß – vom schusseligen Polizeichef, über wichtigtuerische Lokalprominenz zur hochsensiblen Tochter, die über sich hinauswächst. Dabei sind alle Figuren – trotz leichterer Überzeichnungen – lebensnah. Insgesamt ist „Die Sehenden und die Toten“ ein vielversprechender, spannender Reihenauftakt, der neugierig auf die Folgebände macht.

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