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Veröffentlicht am 27.04.2018

Eine Geschichte der Zitrone

Eine Geschichte der Zitrone
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In einer kleinen, aber feinen Blogger-Leserunde, haben wir zu Zweit den Kinder- und Jugendroman aus dem Königskinder Verlag gelesen, der im Frühjahr sein letztes Programm herausgebracht hat. Leider ist ...

In einer kleinen, aber feinen Blogger-Leserunde, haben wir zu Zweit den Kinder- und Jugendroman aus dem Königskinder Verlag gelesen, der im Frühjahr sein letztes Programm herausgebracht hat. Leider ist es das einzige auf Deutsch übersetzte Buch der englischen Autorin Jo Cotterill, die aus der Grafschaft Oxfordshire stammt.

Die 11jährige Calypso ist ein sehr einsames Mädchen. Seit dem Krebstod ihrer Mutter vergräbt sich ihr Vater in seinem Arbeitszimmer, wo er an seinem Buch "Eine Geschichte der Zitrone" schreibt. In seiner Arbeit versucht er den Tod seiner Frau zu überwinden und verdrängt doch nur seine Trauer. Dabei vergisst er gänzlich auf seine kleine Tochter Calypso, die auf sich selbst gestellt ist. Sie flüchtet gerne in die Welt der Bücher und besitzt ein eigenes Lesezimmer (der Traum jedes Bücherwurms), welches früher das Atelier ihrer Mutter war. Für ihr Alter ist sie sehr selbstständig. Neben ihren Hausaufgaben für die Schule übernimmt sie das Kochen, falls ihr Vater nicht wieder vergessen hat einzukaufen, ebenso wie die Wäsche. Calypso nimmt nach und nach die Elternrolle ein und kümmert sich um ihren Vater, der teilweise sogar aufs Essen vergisst. Es tat mir im Herzen weh, wie einsam Calypso ist und welche falschen Ideale ihr Vater ihr vermittelt.
Als Mae neu in ihre Klasse kommt und sich eine zarte Freundschaft zwischen den Mädchen anbahnt, entdeckt sie, dass die Worte ihres Vaters, dass man am Besten alleine klar kommt, um seine innere Stärke zu finden, vielleicht doch nicht so ganz stimmen. Mit Mae fühlt sie sich fröhlich und unbeschwert. Das Mädchen ist genauso ein Bücherwurm, genauso wie sie. Als sie immer öfters bei Mae's fröhlicher Familie ihre Freizeit verbringt, erkennt Calypso, wie wichtig es ist eine Familie zu sein und zusammenzuhalten. Sie kommt immer mehr ins Grübeln und fühlt sich vom Vater alleingelassen. Als er sein Buch beendet hat und kein Verlag es verlegen will, fällt er in ein tiefes Loch, die in eine handfeste Depression ausartet. Erst Mae's Mutter erkennt, was sich bei Calypso zuhause abspielt und schreitet ein....

Die Charaktere entwickeln sich mit der Zeit zusehends. Diese Entwicklung ist plausibel und es wird auch sehr gut erklärt, warum sich Calypso verpflichtet fühlt für ihren Vater zu sorgen. Durch eine Psychologin und einer Art "Kinderselbsthilfegruppe" lernt sie andere Kinder kennen, die sich ebenfalls um einen Elternteil kümmern müssen. Hier haben mich einzelne Schicksale wirklich zugesetzt. Doch auch für Calypso wird eines Tages diese Last zu viel...

Schreibstil:
Die bittersüße Geschichte lässt sich trotzdem sehr angenehm lesen. Sie wird aus der Sicht von Calypso in klarer und leicht kindlicher Sprache erzählt. Trotz der leichten, aber bildhaften Erzählweise erweckt die Autorin beim Lesen eine Tiefe und jede Menge Emotionen in mir. Calypsos Gedanken, ihre Ängste und ihre Traurigkeit werden genauso spürbar, wie ihre Lebensfreude. Der Roman ist warmherzig und einfühlsam.

"Ich wünschte, man könnte Gefühle in Flaschen füllen, damit man sich später daraus bedienen kann, wenn man sie braucht" - Seite 115

Mit nur knapp 256 Seiten bleibt dieser eher ruhige und tiefgründige Roman nachhaltig in Erinnerung.

Cover:

Ganz links das Originalcover, das auch von den Türken übernommen wurde. Und rechts das französische Cover

Fazit:
Eine bittersüße Erzählung über Verlust, Trauer, Depression, aber auch über Freundschaft, Zusammenhalt und Familie. Ein Coming-of-Age Roman für Jugendliche und Erwachsene, die gleichermaßen verzaubert.

Veröffentlicht am 22.04.2018

Der amerikanische Traum

Kain und Abel
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Mit der Familiensaga "Kain und Abel" gelang Jeffrey Archer ein Welterfolg, der auch verfilmt wurde. Nun wurde die Trilogie überarbeitet und vom Heyne Verlag neu herausgegeben. Dabei orientieren sich die ...

Mit der Familiensaga "Kain und Abel" gelang Jeffrey Archer ein Welterfolg, der auch verfilmt wurde. Nun wurde die Trilogie überarbeitet und vom Heyne Verlag neu herausgegeben. Dabei orientieren sich die neuen Cover an der Clifton-Saga des Autors, die mich seit 2015 bis zum Jahresende 2017 begleitet hat.

Auch diesmal geht es wieder um Erfolg, Macht und Geld. Doch nur einem der beiden Protagonisten wurde ein Großteil davon schon in die Wiege gelegt.
Die am selben Tag im Jahre 1906 in den USA und Polen geborenen Männer, William Lowell Kane und Wladek Koskiewicz, wachsen in völlig unterschiedlichen Schichten auf. Während William in Boston in eine erfolgreiche Bankiersfamilie hineingeboren wird, ist Wladek ein "Bastard". Seine Mutter stirbt bei der Geburt. Das Baby wird völlig dehydriert im Wald von einem Jungen gefunden, der das Kleinkind in sein ärmliches Zuhause mitnimmt. Dort wird Wladek aufgezogen bis der Arbeitgeber der Familie, Baron Rosnovski, den blitzgescheiten Jungen zu sich, als Freund für seinen gleichaltrigen Sohn, ins Schloss nimmt. Als der erste Weltkrieg ausbricht, gerät Wladek zuerst in deutsche und anschließend in russische Gefangenschaft. Nach einer spektakulären Flucht gelangt er auf ein Auswandererschiff in die USA und nimmt den Namen seines damaligen Gönners Baron Abel Rosnovski an. Abel arbeitet sich von ganz unten nach oben und lebt den Mythos "vom Tellerwäscher zum Millionär".

William Kane, Spross einer Bankensynastie, hat bereits mit seinem privilegierten Status den Erfolg auf seiner Seite. Doch auch er ist ehrgeizig, stolz und sehr intelligent. Sein Ziel ist es Bankpräsident zu werden, als er den Weg mit Abel kreuzt und diese zu mächtigen Feinden werden....

Jeffrey Archer schreibt wieder sehr mitreißend. Es geht um Aufstieg und Fall, Intrigen, Macht, Erfolg. Dabei dreht sich, wie schon bei der Clifton-Saga, vieles um Politik, Machenschaften und Bankgeschäfte. Der historische Hintergrund inklusive den beiden Weltkriegen und der großen Wirtschaftskrise ergeben ein sehr rundes Bild. In vielen Nebenschauplätzen erfahren wir mehr über die beruflichen und privaten Entwicklungen der beiden Männer. Besonders gefallen hat mir der Abschnitt um Wladeks Kindheit in Polen und sein Überlebenswille. Armut, Hunger, Gefangenschaft und der Krieg sind anfangs sein ständiger Begleiter. Erst in den USA beginnt der Aufstieg und wir befinden uns wieder in der Oberschicht, die wir aus den letzten Bänden der Clifton-Saga kennen. Hier gibt es wieder den einen oder anderen zu schwarz-weiß gemalten Charakter und die typischen Intrigen, die sich am Ende dann doch meistens in Wohlgefallen auflösen...

Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Man erhält sowohl Einblick in Williams, als auch Abels Leben. Anfangs erscheinen beide Protagonisten sehr sympathisch, doch mit der Macht verändern sich sowohl William, als auch Abel zu ihrem Nachteil. Die Fehde, die die beiden Männer begonnen haben, verselbstständigt sich. Nur durch ihre eigene Sturheit wandeln beide Männer sehr bald am Abgrund...

Die Charaktere sind wieder sehr lebendig ausgearbeitet. Der Wandel der Protagonisten und ihre gesamte Lebensgeschichte hat der Autorgrandios erzählt. Es wurde wieder fantastisch recherchiert und man merkt, dass Archer "vom Fach" ist. Manchmal hat man aber das Gefühl, dass Archer zu viel "Action und Drama" in den Roman packen wollte.

Im Gegensatz zur Clifton-Saga endet mit dem ersten Band auch die Lebensgeschichte von William und Abel und die Fortsetzung widmet sich der nächsten Generation....


Fazit:
Wer gerne die Clifton-Saga gelesen hat, der findet sicher auch an "Kain und Abel" gefallen. Der Schreibstil von Jeffrey Archer ist wie gewohnt mitreißend und die mehr als siebenhundert Seiten haben nur wenige kleine Längen. Eine tolle Familiengeschichte, die auch als Einzelband stehen könnte, aber nicht ganz an die Clifton-Saga herankommt.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Nur wer den Mut zu träumen hat, hat auch die Kraft zu kämpfen

Das Lied des Nordwinds
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Christine Kabus erzählt in ihrem neuen Roman über das Schicksal von zwei jungen Frauen aus unterschiedlichem Milieu, die in Schlesien und dem norwegischen Stavanger leben.

Während Karoline in die verarmte ...

Christine Kabus erzählt in ihrem neuen Roman über das Schicksal von zwei jungen Frauen aus unterschiedlichem Milieu, die in Schlesien und dem norwegischen Stavanger leben.

Während Karoline in die verarmte Adelsfamilie von Blankenburg-Marwitz eingeheiratet hat, aber unter der Gefühlskälte und dem ausschweifenden Leben ihres Ehemannes Moritz, als auch der biestigen Schwiegermutter leidet, findet die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Liv Svale Arbeit bei den Treskes. Liv muss ihre Familie mit ihrem Verdienst unterstützen, seitdem ihr Vater nach einem schweren Arbeitsunfall nicht mehr für die Familie sorgen kann, sondern sich in Selbstmitleid suhlt und zu trinken begonnen hat. Obwohl Oddvar Treske, Lehrer einer Missionsschule, in seinem Haus vorallem Strenge walten lässt, hat Liv genug zu essen und freundet sich mit der Köchin des Hauses an. Elias, der neunjährigen Sohn der Treskes, erfährt von seinem Vater keinerlei Zuneigung und wird oftmals hart bestraft. Erst zu Liv fasst er Vertrauen, die Mitleid mit dem Jungen hat. Als Elias ins Heim abgeschoben werden und Liv einen Missionar heiraten soll, wo doch ihr Herz jemand anderes gehört, fliehen die Beiden.
Auch Karolines Situation in Schlesien wird immer schlimmer. Ihr Mann ist kaum zuhause und sie soll den notwendigen Erben gebären. Als Moritz schwer erkrankt und Karoline erfährt, dass er ein uneheliches Kind in Norwegen hat, fasst sie den Entschluss nach diesem zu suchen...

Kapitelweise erfahren wir abwechselnd mehr über Karolinas und Livs Schicksal. Durch eingebaute Cliffhanger am Ende jedes Kapitels wird zusätzlich Spannung aufgebaut. Die beiden Hauptcharaktere machen eine große Entwicklung und Wandlung durch, die sehr glaubhaft wirkt. Diese findet nach und nach statt und offenbart beiden Frauen eine ganz neue Welt. Ein Thema, das dies noch mehr unterstreicht, ist die aufkommende Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts, als Frauen für ihr Wahlrecht zu kämpfen beginnen.
Während Liv erstaunt ist, dass auch sie die Möglichkeit zu einer Gratis-Schulausbildung hat, wird Karoline durch ihre Reisebegleitung ermutigt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Beide Frauen werden selbstbewusster und beginnen sich mehr zu öffnen.

"Nur wer den Mut zu träumen hat, hat auch die Kraft zu kämpfen."

Als Nebenfiguren haben mir vorallem Frau Bethge, Karolinas Reisebegleitung und Frauenrechtlerin, sowie Ida, ihre Freundin, gefallen. Zwei sehr starke Frauen, die sich durchzusetzen wissen. Außerderm gab es noch eine tierische Nebenfigur, die den Roman auflockerte.
Christine Kabus bringt dem Leser nicht nur die Frauenbewegung dieser Zeit näher, sondern auch die politische Wandlung Norwegens. Das Land steht zu dieser Zeit unter dem schwedischen König und möchte unabhängig werden.

Im letzten Drittel trifft man auf Figuren aus Christine Kanus letzten Roman "Das Geheimnis der Mittsommernacht", das ich vor 1 1/2 Jahren gelesen habe. Für mich war es ein nettes Wiedersehen mit Sofia und vorallem das Ende erschien mir dadurch viel runder. Für Leser, die diesen Roman nicht kennen, stellte dies überhaupt kein Problem dar, sondern machte eher Lust diese Geschichte nachzulesen.
Trotzdem gab es wieder einige Längen und ein Handlungsstrang blieb leider gänzlich offen. Vielleicht gibt es dazu eine Lösung im nächsten Buch....

Schreibstil:
Der Schreibstil von Christine Kabus ist sehr leicht und trotzdem oft ausschweifend und detailliert. Für Leseanfänger des historischen Romanes würde ich diesen Roman auf jeden Fall empfehlen.
Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft, vorallem die Schiffsreise und die Zeit in Roros wurde sehr bildgewaltig dargestellt. Über den jeweiligen Kapiteln steht der Ort und das Datum, als auch der Name der Protagonistin. So weiß man immer, mit wem man die nächste Stunde verbingen wird.

Fazit:
"Das Lied des Nordwindes" hat mir um einiges besser gefallen, als mein erster Roman der Autorin. Die Wandlung der beiden Frauen wurde sehr autenthisch beschrieben und die kleinen Cliffhanger am Kapitelende hielten die Spannung aufrecht. Die bildhaften Beschreibungen der norwegischen Landschaft sind ebenfalls sehr gelungen und haben wieder Fernweh in mir ausgelöst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Handlung
Veröffentlicht am 16.04.2018

Ich bin der Boss

Vier Pfoten am Strand
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Petra Schier bezaubert nicht nur mit ihren Weihnachtshundegeschichten, die ich in der Adventzeit immer sehr gerne lese, sondern auch mit ihrem zweiten Hunderoman, der im Sommer im fiktiven Ort Lichterhaven ...

Petra Schier bezaubert nicht nur mit ihren Weihnachtshundegeschichten, die ich in der Adventzeit immer sehr gerne lese, sondern auch mit ihrem zweiten Hunderoman, der im Sommer im fiktiven Ort Lichterhaven an der Nordsee spielt. Nach "Körbchen mit Meerblick", den ersten Band dieser Reihe, den ich leider nicht gelesen habe, (was ich aber definitiv nachholen werde) lernen wir den Künstler Ben Brungsdahl und seinen Hund Boss kennen. Schon nach den ersten Zeilen war ich verliebt - in "Boss", eine junge amerikanische Bulldogge. Ein junger, sehr starrköpfiger Welpe, dem bisher nichts Gutes widerfahren ist, bis ihn Ben zu sich holte. Seine Hungedanken verfolgt der Leser in kursiver Schrift und diese sind nicht nur humorvoll, sondern oftmals auch traurig und bewegend.
Ben steckt in einer Schaffenskrise und benötigt dringend eine Auszeit. Seine Managerin hat ihm in Lichterhaven eine Lagerhalle für drei Monate gemietet, wo er ungestört seine Kunstwerke herstellen kann. Ein kleines Problem stellt allerdings Boss dar, für den sein Name auch Programm ist. Da Ben auch keinerlei Erfahrung mit Hunden hat, ist er in kurzer Zeit schlichtweg überfordert und meldet Boss in einer Hundeschule an. Christina, die Besitzerin, hat der Rüde bald ins Herz geschlossen, ebenso wie sein Herrchen. Doch beide wissen, dass diese Affäre nur einen Sommer dauern kann...

Natürlich sind Geschichten in diesem Genre ähnlich aufgebaut und man erwarter sich ein Happy End. Der Weg dorthin ist bei Petra Schiers Roman allerdings keine "08/15-Sache". Die Autorin hat einige tolle Wendungen und Nebenstränge eingebaut, die sich nicht nur auf die Liebesbeziehung von Ben und Christina beziehen, sondern beide Protagonisten mit unvorhersehbaren Lebenssituationen konfrontieren. Das bringt Schwung in die Geschichte, die man kaum aus der Hand legen mag. Doch der Liebling in der Geschichte war Boss, der mich von Beginn an bezauberte.
Auch der kleine Schuss Erotik, mit dem die Autorin den Roman etwas würzt, ist gelungen und hat genau die richtige Dosis.

Die sehr liebevoll ausgearbeiteten Charaktere habe ich schnell ins Herz geschlossen.
Christina ist eine unabhängige junge Frau, deren Herz eindeutig für ihre Arbeit und ihre Familie schlägt. Sie engagiert sich für ihre Vierbeiner und springt auch bei Notfälle in der Familie sofort ein. Sie ist einfühlsam und warmherzig.
Mit dem Herrchen von Boss wurde ich nicht gleich zu Beginn warm, aber das änderte sich im Laufe des Romans. Er ist ein typischer Künstler, der in seiner Schaffensperiode schon mal alles rund um ihn vergessen lässt und bei einer Störung sehr unwillig werden kann. Dennoch ist er hilfsbereit und hat das Herz auf den rechten Fleck. Auch Starallüren sind ihm fremd. Seine Rastlosigkeit hält ihn allerdings nie länger an einem Ort....
Alle drei Hauptprotagonisten (Christna, Ben und Boss) wirken sehr selbstständig, sehnen sich aber unterbewusst nach Liebe und Zuneigung. Bis sie den Weg zueinander finden und ihr Herz öffnen, dauert es einige Zeit.

Schreibstil:
Petra Schier glänzt in ihren Hundegeschichthen mit einem flotten, lockeren Schreibstil. Die Dialoge sind sehr humorvoll und witzig, besonders die Gedanken von Boss, die in kursiver Schrift dargestellt werden. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Christina oder Ben erzählt. Auch die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft und man kann die leichte Meeresbrise beim Spaziergang am Hundestrand spüren....

Fazit:
Ein wunderbarer Sommerroman, der nicht nur Hundefreunde bezaubern wird. Aus diesem Genre ist "Vier Pfoten am Strand" sicherlich eines der besten Bücher, die ich bis jetzt gelesen habe. Ich wurde über 432 Seiten bestens unterhalten und kann den Roman für Leser dieses Genre wirklich weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 15.04.2018

Von Manipulation und Grausamkeiten

EVIL
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Über "Evil" hört man ja schon seit der Erstveröffentlichung viele Meinungen. Das Buch erschien bereits 2006 in der 4. Auflage im Heyne Hardcore Verlag (da gehört es auch hin) und es stand schon eine ganze ...

Über "Evil" hört man ja schon seit der Erstveröffentlichung viele Meinungen. Das Buch erschien bereits 2006 in der 4. Auflage im Heyne Hardcore Verlag (da gehört es auch hin) und es stand schon eine ganze Weile in meinem SuB-Regal. Da kam mir die Leserunde mit meinen lieben Bloggerfreunden gerade recht, denn das Buch soll ja harter Tobak sein...und ist es auch! Da liest es sich doch gemeinsam gleich viel "angstfreier".
Das Vorwort von Stephen King verrät leider einiges und ich würde es auf jeden Fall erst danach lesen!

Das Erschreckendste an Jack Ketchums Roman ist, dass er auf den wahren Fall von Sylvia Likens basiert.
Es ist ein Sommer in New Jersey in den 1960iger Jahren. Als erwachsener Mann blickt David auf seine Kindheit zurück und auf die Schuld, die er damals auf sich geladen hat. Eine, die er seitdem mit sich herumträgt und ihn nicht vergessen lässt.
David hatte bis zu diesem Sommer eine normale Kindheit. Meistens spielte er mit den Chandler Jungen aus dem Nachbarhaus. Ihre Mutter Ruth ist alleinerziehend und viele Kinder gehen bei ihr ein und aus. Eines Tages ziehen bei Ruth ihre zwei Nichten ein: Megan und Susan, die ihre Eltern bei einem Autounfall verloren haben. Susan ist noch immer auf ihre Krücken angewiesen, während Meg eine lange Narbe an ihrem Arm hat. David freundet sich mit Meg an, als die beiden Kinder am Bach Krebse fangen. Er verguckt sich in das etwas ältere Mädchen. Ruth ist nicht glücklich über den Neuzwachs und beginnt die beiden Mädchen zu schikanieren. Vorallem auf Meg hat sie es abgesehen. Zu Beginn noch eher harmlos, steigert sich ihr Hass auf das Mädchen rasant und wird in der zweiten Buchhälfte zur grauenhafter Folter im Bunkerkeller des Hauses. Das Schlimme daran ist, dass die alkoholkranke Ruth "nur" die Auftraggebende ist....Ausführer sind ihre Söhne und einige Nachbarkinder. David ist dabei Zuschauer, greift jedoch nicht ein.

Ich wusste bereits, dass ich hier eine sehr grausame Geschichte vor mir habe, die noch dazu auf einer wahren Begebenheit beruht. Deswegen war ich anfangs sehr überrascht, dass der Roman über lange Zeit eher ruhig war und eher an einen Coming-of-Age Roman erinnert. Als Leser stand ich ziemlich unter Spannung, weil man automatisch darauf wartet, dass das Grauen zuschlägt. Doch es schleicht sich erst langsam heran... Was als Spiel beginnt, wird zu einem Vorgang, der komplett aus dem Ruder läuft. Es wird verstörend, grausam und brutal...

Ketchum erzählt zu Beginn aus der Sicht des erwachsenen David in einer Art Rückblick, der Großteil jedoch ist aus der kindlichen Sicht des Jungen geschrieben. Man erlebt dabei Davids Gedanken und seine Gewissensbisse. Er weiß ganz genau, dass hier Unrecht geschieht, greift aber nicht ein. Hier kommen einige Aspekte zum Tragen: Manipulation, Angst, Gier, Voyeurismus und Gruppenzwang. Man kann diese Schlagworte heute genauso in anderen Situationen anwenden und wird immer wieder auf ähnliche Grausamkeiten stoßen, die in der Gemeinschaft viel schneller ausgeübt werden, als alleine.

Ketchum zeigt sehr deutlich wozu wir Menschen fähig sind. Auch beim Lesen verfällt man in eine Art Schockstarre und will doch wissen, wie es weitergeht...

Dem Autor ist hier ein Werk gelungen, das seinesgleichen sucht. Das Grauen beginnt in der Kleinstadtidylle erst unsichtbar um sich zu greifen, bis es dann ausbricht. Man kann sich in David gut hineinversetzen und Ketchum lässt einem die Frage stellen, wie man wohl selbst als 12jähriger gehandelt hätte...

In all den Jahren wurde das Buch zweimal verfilmt. Einmal mit dem gleichnamigen Titel wie die deutsche Ausgabe und einmal unter "The Girl next door". Zusätzlich gibt es noch die Verfilmung der realen Geschichte: "An American Crime". Ich weiß, dass ich mir keinen der Film ansehen werde! Ich kann in Büchern wirklich viele blutige und grauenhafte Szenen lesen, aber im Film ansehen? NEIN!


Fazit:
Ein Buch, das verdeutlicht zu welchen Gräueltaten Menschen fähig sind und welches zum Nachdenken anregt. "Evil" hinterlässt auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck, egal was man davon hält. Man sollte sich aber immer vor Augen führen, dass Jack Ketchum einen wahren Fall als Vorlage hatte! Nichts für Zartbeseitete!