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Veröffentlicht am 31.05.2018

Auch in der idyllsischen Wachau wird gemordet

Jenseits auf Rezept
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Ich liebe es Bücher zu lesen, die dort spielen, wo ich wohne?. Sehr viele gibt es ja nicht, aber dieses Jahr ist es schon der zweite Roman/Krimi, der in der Wachau spielt, den ich lesen durfte.
"Jenseits ...

Ich liebe es Bücher zu lesen, die dort spielen, wo ich wohne?. Sehr viele gibt es ja nicht, aber dieses Jahr ist es schon der zweite Roman/Krimi, der in der Wachau spielt, den ich lesen durfte.
"Jenseits auf Rezept" ist ein klassischer Regionalkrimi, der den Leser miträtseln lässt. Es ist Band 2 rund um Major Paul Eigner, den ich schon in "Faule Marillen" kennenlernen durfte. Der Krimi kann aber auch ohne Vorkenntniss zu Teil 1 gelesen werden.

Als die alte Rosl Nienführ tödllich die Kellertreppe hinunterstürzt und Tobias Fischer im Bett eines "natürlichen" Todes stirbt, glaubt noch niemand an Mord. Doch dann wird die attraktive Sonja König, die im neuen Therapiezentrum für einen Anstieg der männlichen Patienten verantwortlich ist, als vermisst gemeldet. Bald darauf wird die Leiche der sportlichen jungen Frau aus der Donau gefischt. War es ein Mord aus Eifersucht? Oder Konkurrenzneid? Oder ist jemand aus Sonjas Vergangenheit aufgetaucht, die sie seltsamer Weise unter Verschluss hält? Major Paul Eigner ermittelt....

Nach der Versetzung vom Posten in Klein Dürnspitz, wo Major Paul Eigners Wiedersacher Stierschneider endlich seinen Chefposten bekommen hat, ist Paul eigentlich sehr zufrieden mit seinem Job im kriminalpolizeilichen Beratungsdienst bei der Kremser Kriminalpolizei. Als er zur Leiche von Sonja König gerufen wird, ist er sich sicher, dass es sich um Mord handelt. Und es gibt auch einige Personen, die nicht so begeistert von der wunderhübschen Sonja sind. Auch Rosl Nienführs Tochter glaubt nicht an einem normalen Sturz über die Kellertreppe ihrer Mutter, die erst operiert wurde und sich sicherlich nicht über die steilen Treppen in den Keller wagen würde. Hängen etwa die Todesfälle doch zusammen?

Die Autorin versteht es immer wieder falsche Spuren zu legen. Es gibt jede Menge Verdächtige, trotzdem habe ich bis zum Schluss gerätselt, wer der Täter ist. Der Krimi ist eher unblutig, bietet aber auf einigen Seiten einige grausige Szenen, bei denen die Autorin ihre Fortbildung bei diversen Body Farms in den USA miteinfließen lassen konnte. (Anmerkung Wikipädia: Als Body Farm wird im Allgemeinen ein Gelände bezeichnet, auf dem wissenschaftliche Studien zu postmortalen Veränderungen an Menschen, also über Verwesungsprozesse von Leichen, an freier Luft erfolgen können). Nun lässt eure Fantasie spielen....

Der Krimi beinhaltet viel Atmosphäre und Lokalkolorit. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Man bemerkt eindeutig eine Steigerung zum ersten Fall. Der Spannungsbogen beginnt zwar auch diesmal eher spät anzusteigen, jedoch mochte in den Krimi kaum aus der Hand legen. Der Autorin gelang es eine gelungene Mischung zwischen Polizeiarbeit und Major Eigners Privatleben zu vermitteln.

Charaktere:
Die Figuren sind sehr lebendig gezeichnet und kommen sicher jedem Leser auch im realen Leben unter, wie die geschwätzige Gebetspielerin oder die etwas von oben herab agierende Mutter von Doktor Donaubaumer. Pauls Schwester Hanni, ist eine gutmütige Seele, die ihren Bruder verwöhnt, den Vater pflegt und einheimisches Produkte erntet, verarbeitet und verkauft. Sie ist immer mit Rat und Tat zur Stelle. Dabei hat sie mit ihrem Mann nicht gerade das große Los gezogen, der als schmieriger Politiker zu Hause keinen Finger krümmt und sich lieber im Dorfwirtshaus herumtreibt. Hanni gerät diesmal auch an ihre Grenzen.... Auch der Enkel von Paul, Simon, spielt wieder eine kleine Rolle und die Ex-Kollegin aus "Faule Marillen" Dorothea Dürr, arbeitet lieber mit Paul zusammen, als mit ihrem neuem Chef Stierschneider.
Auch die Figuren im Therapiezentrum sind sehr authentisch beschrieben.

Schreibstil:
Lisa Lerchers Schreibstil lässt sich einfach sehr gut lesen. Man fühlt sich mitten im Geschehen und lebt mit den Figuren mit. Da ich die Gegend, in der dieser Krimi spielt selbst kenne, hatte ich alle Plätze sofort vor Augen. Ich denke aber, dass sich jeder Leser die wunderschöne Umgebung der Wachau durch die detaillierten und bildhaften Beschreibungen der Autorin wunderbar vorstellen kann. Auch der manchmal trockene Humor kommt nicht zu kurz.
Der Krimi wird aus der Sicht von Major Paul Eigner in der 3. Person erzählt. Es gibt keine Kapitel, die einzelnen Abschnitte sind durch Sternchen getrennt.

Fazit:
Lisa Lercher ist mit diesem klassischen Regionalkrimi eine großartige Milieustudie gelungen. Der Krimi beginnt langsam und trotzdem kann man ihn schwer aus der Hand legen. Die Geschichte lebt vorallem durch die bildhafte Beschreibung der Gegend und den ausgezeichneten Charakterdarstellungen. Eine eindeutige Steigerung zu Band 1 und eine Leseempfehlung für alle Krimifreunde!

Veröffentlicht am 30.05.2018

Wo geht es hier bitte zum Strand??

Der kleine Brautladen am Strand
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Der Titel und das süße Cover versprechen hier einen leichten Liebesroman rund um Brautmode/Hochzeiten und einem sommerlichen Feeling am Meer. Bekommen habe ich einen seichten Liebesroman, der zwischen ...

Der Titel und das süße Cover versprechen hier einen leichten Liebesroman rund um Brautmode/Hochzeiten und einem sommerlichen Feeling am Meer. Bekommen habe ich einen seichten Liebesroman, der zwischen Kühen und Farmhäusern spielt und wo unsere Protagonistin, die eigentlich Hochzeitstorten bäckt, von einem Tag auf den anderen Hochzeiten organisieren soll. Ich habe mir hier keine höhere Literatur erwartet, sondern leichte und romantische Unterhaltung - die suchte ich allerdings vergeblich.
Wo bitte ist das Meer und der Strand, der im Titel vorkommt? (ebenso im Originaltitel!) Der einzige Hinweis darauf ist die Erwähnung, dass Poppys Wohnung über den Brautsalon einen Meerblick hat, danach kommt das Wort "Meer" auf den 400 Seiten allerdings nicht mehr vor. Wäre der Roman richtig toll geschrieben..... mit berührenden Momenten, einem Hauch Romantik und humorvollen Szenen, dann hätte ich noch ein Auge zudrücken können, denn es geht ja um den Inhalt und nicht um Titel und Cover.
Aber was mich hier erwartet hat, hat mich teilweise nur den Kopf schütteln lassen: unsympathische und unrealistische Charaktere, eine sehr flache Handlung, sehr viel Alkohol, weder ein Spannungsbogen noch ein roter Faden. Tussis, die sich nur um Äußerlichkeiten sorgen und deren einzige Sorgen sind, dass der Farbton des Brautjungfernkleidchen nicht zu ihrem Teint passt...

Auch Poppy, unsere Hauptprotagonnistin, ein Stadtpflänzchen, obwohl auf dem Land aufgewachsen, aber sehr bald von dort geflüchtet, bekam von mir nicht viele Sympathiepunkte. Die etwas naive und oberflächliche Poppy hat die Trennung von ihrem langjährigen Freund und Verlobten noch nicht ganz überwunden, als sie neben ihren Job als Tortenbäckerin für die abgesprungene Hochzeitsplanerin ihrer Freundin Cate einspringen soll. Die Location für die Hochzeitsfeierlichkeiten ist ein etwas heruntergekommener Gutshof mit einem mürrischen Besitzer. Als Poppy dort aufkreuzt, teilt sie ihr Büro mit Henne Berta, die im Papierkorb ihre Eier ausbrütet. Und Poppy nimmt die neue Herausforderung natürlich mit links und verwandelt innerhalb eines halbes Jahres den Gutshof in eine hippe Hochzeitslocation...ohne Ausbildung und noch neben ihrem eigentlichen Hauptjob...eh klar! Dabei schaut sie des öfteren zu tief ins Glas und wird im kleinen Dorf gleich von zwei attraktiven Männern umgarnt.
Die besagten Freundinnen sind ziemlich oberflächlich und stereotyp. Cate gibt zu viel Geld für die Hochzeit aus, Immie wird anfangs als eher biedere Landfrau dargestellt und wird dann zum männermordenen Vamp (konnte sich die Autorin hier nicht entscheiden?), Jess, die Besitzerin des Brautladens ist eine knallharte Geschäftsfrau und Sera, die Designerin der Brautkleider, wird nur anfangs kurz erwähnt. Auch Jule, der Fotograf, entsprang dem Modejournal, sah umwerfend aus, ist aber ein Schlappschwanz.
Einzig Rafe, der grummelige Gutsbesitzer, bei dem die zukünftigen Hochzeitsfeierlichkeiten stattfinden sollen, damit etwas Geld zur Renovierung in die Kasse kommt, war mir sympathisch.
Der Großteil des Romans spielt sich auf diesen besagten Gutshof ab, wo sich Poppy um die Organisation der geplanten Hochzeiten bemüht. Statt Strand sind wir auf der Wiese oder am Bach, im Matsch vor einem Zelt oder im verstaubten Hinterzimmer. Das Rafe sehr schnell Poppys Herz höher schlagen lässt, sie sich ihre Gefühle nicht eingestehen will, ist ebenso klar, wie das ewige Hin und Her bis zum Happy End.

Zusätzlich erinnerte mich der Roman wirklich sehr an "Hinter dem Café das Meer" von der ebenfalls englischen Autorin Philippa Ashley, das von mir auch nur 2 Sterne bekommen hat. Einziger austauschbarer Punkt: statt dem Brautsalon ein Café.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist flüssig, ziemlich dialoglastig und die Beschreibung der Örtlichkeiten bildhaft. Sehr gut vorstellen konnte ich mir die Kleidung (Brautkleid, Brautjungfern, Jungesellinnenabschied), doch die Beschreibung der Charaktere war umso oberflächlicher. Diese sind sehr stereotyp, unglaubwürdig und machen auch keinerlei Entwicklung durch. Humor oder Romantik suchte ich vergebens.
Die Geschichte wird im Präsens und aus der Ich-Perspektive erzählt. Trotzdem konnten mich die Figuren nicht erreichen.


Zum kleinen Brautladen am Strand wird es noch Folgebücher geben, denn dies ist Band Eins einer Reihe rund um den Shop.
"Winter im kleinen Brautladen am Strand" erscheint im November 2018 und wird von mir definitiv nicht mehr gelesen werden.

Fazit:
Der Roman konnte mich leider gar nicht abholen, plätscherte dahin und war mir zu oberflächlich. Die Charaktere waren großteils unsympathisch und entwickelten sich nicht weiter. Romantik oder witzige Dialoge hat man vergebens gesucht. Ich werde die Fortsetzung nicht mehr lesen und kann hier auch keine Leseempfehlung abgeben.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Dry Country

Die Geschichte des Wassers
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Ich habe den ersten Teil des "Klimaquartetts" - "Die Geschichte der Bienen" - leide rnoch nicht gelesen und noch auf meinem SuB. Durch die sehr positiven Bewertungen zu Maja Lundes Debütroman war ich schon ...

Ich habe den ersten Teil des "Klimaquartetts" - "Die Geschichte der Bienen" - leide rnoch nicht gelesen und noch auf meinem SuB. Durch die sehr positiven Bewertungen zu Maja Lundes Debütroman war ich schon auf ihren zweiten Roman gespannt und habe mir das Buch aus unserer Bücherei geholt. So ganz überzeugt hat mich die Geschichte allerdings nicht.

Wasser ist für uns Menschen lebenswichtig und Maja Lunde widmet sich diesem Thema wieder sehr explizit. Es geht darum, welche aktuellen Entwicklungen dazu führen könnten, dass wir bereits in nächster Zukunft eine Wasserknappheit haben könnten und das auch in Ländern, die im Moment mehr als genug Wasser haben...

Auf zwei Zeitebenen erzählt uns die Autorin über die Auswirkungen des Klimawandels.
Norwegen 2017.
Die Norwegerin Signe ist seit ihrer Jugend Umweltaktivistin. Als in ihrem Heimatort Gletscherabbau betrieben wird, um Eis in die reichen arabischen Länder zu karren, ist Signe entsetzt. Schon als Kind hat sie sich gemeinsam mit ihrem Vater für die Natur starkt gemacht und bis heute gehört sie zu den aktivsten Umweltschützern. Ihre Mutter und ihr ehemaliger Freund Magnus standen eher auf der anderen Seite, die sich beruflich der Wirtschaft und dem Toursimus widmen. Signe stiehlt einige Kisten mit den Eisblocks und segelt in ihrem Segelboot "Blau" Richtung französischer Küste, wo sie den Verantwortlichen für diese Zerstörung vermutet, nämlich Magnus. Während ihrer Fahrt auf der rauhen See gibt es immer wieder Passagen, die aus ihrer Vergangenheit erzählen.

Frankreich 2041.
Die Länder in Süd- und Mitteleuropa leiden unter einer extremen Dürre und Wassermangel. Große Flüchtlingskolonnen bewegen sich Richtung Norden, wo die Menschen noch Trinkwasser vermuten. Unter ihnen auch David, ein junger Mann und Vater von Lou. Auf der Flucht aus seiner brennenden Stadt hat er seine Frau Anna und sein Baby August verloren und wartet im Flüchtlingslager Timbout auf die Beiden. Dort herrscht quälende Trockenheit. Es gibt viel zu wenig Nahrung und Wasser für die große Anzahl der Flüchtlinge. Bald kommt es zu Unruhen und Krankheiten. Eines Tages entdecken David und Lou ein Boot. Sie hoffen auf Regen und setzen darin ihre große Hoffnung Frankreich zu verlassen...

Im zweiten Erzählstrang werden wir direkt mit den Konsequenzen der Wasserknappheit konfrontiert und das in einem Land wie Frankreich, das in der Gegenwart sicherlich nicht weniger Wasserressourcen hat, wie Österreich, Deutschland oder die Schweiz.. Es zeigt sehr genau auf, wie furchtbar es ist, wenn man zwar von (Salz)wasser umgeben ist, aber man dieses Wasser nicht trinken kann. Der Grundwasserspiegel ist gesunken, es regnet kaum mehr und die Dürre weitet sich immer mehr aus. Auch in diesem Erzählstrang gibt es Rückblenden, wo sich David an die Zeit vor seiner Flucht erinnert und der Leser mehr über seine Vergangenheit erfährt. Zum Ende hin führen beide Erzählstränge zusammen...

Leider konnten mich beide Figuren nicht zu 100% überzeugen. Sowohl Signe, als auch David empfand ich als blass und oberflächlich. Ich konnte keine Verbindung zu den Personen aufbauen und spürte immer wieder eine Distanz zu den Charakteren.
Signe setzt sich zwar für die Umwelt ein, ist aber eine Vertreterin der Extreme. Sie geht kaum Kompromisse ein. Signe ist eine Einzelgängerin, egoistisch und engstirnig.
David, der sehr jung Vater wurde ist alleine auf sich gestellt und soll für seine Tochter Lou sorgen. Er ist in dieser Extremsituation total überfordert. Seine Verantwortungslosigkeit gegenüber Lou hat mich manchmal sprachlos gemacht. Beliebt hat er sich dadurch nicht bei mir gemacht...

Auch das Potential der Thematik fand ich nicht optimal ausgeschöpft. Globale Konsequenzen fehlten. Das Thema wurde alleine auf das Flüchlingslager konzentriert. Man fragt sich, wie es in anderen Ländern aussieht und welche globale Auswirkung der Wassermangel hat. Dadurch bleibt die Geschichte für mich etwas zu sehr an der Oberfläche.
Das Ende war gut gelöst, ebenso wie sich beide Erzählstränge schlussendlich miteinander verbinden.

Man sollte sich nicht nur nach dem Lesen dieses Buches den Kopf zerbrechen, wie wir mit Wasser umgehen, sondern bereits heute etwas unternehmen, dass es nicht zu diesem Horrorszenario, wie Maja Lunde es beschreibt, kommen kann!
Wasser ist der wichtigste Rohstoff, den wir haben und die meisten von uns gehen viel zu sorglos damit um. Die Lektüre hat mich sehr nachdenklich gemacht. Wir alle sollten versuchen mit dem Wasser so sparsam wie möglich umzugehen.

Schreibstil:
Maja Lunde schreibt eindringlich, ruhig und flüssig. Die Charaktere bleiben leider etwas flach und oberflächlich.
Die Kapitel sind kurz und es wird immer abwechselnd aus der Sicht von Signe und der von David in der Ich-Form erzählt.

Fazit:
Maja Lunde zeigt uns auch in ihrem zweiten Roman, was uns passieren kann, wenn wir weiterhin so gedankenlos mit unserer Umwelt umgehen. Das Buch regt zum Nachdenken an, überzeugt aber nicht gänzlich. Das mag an den eher blassen Figuren liegen oder an der wenig globalen Ansichtsweise. Trotzdem sollte sich jeder Mensch den Roman zu Gemüte führen und über seinen Umgang mit Wasser nachdenken!

Veröffentlicht am 26.05.2018

Sturz in den Tod

Playa de Palma
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Levke Sönkamp ist vor einem Jahr ein schwerer Schicksalsschlag widerfahren. Seitdem hat die junge Frau jeden Lebenswillen verloren und fliegt zum Jahrestag nach Mallorca um sich das Leben zu nehmen. Sie ...

Levke Sönkamp ist vor einem Jahr ein schwerer Schicksalsschlag widerfahren. Seitdem hat die junge Frau jeden Lebenswillen verloren und fliegt zum Jahrestag nach Mallorca um sich das Leben zu nehmen. Sie bereist nochmals alle Plätze, die sie mit ihrem Mann Max besucht hat, den sie auf der Insel kennen- und lieben gelernt hat. In Valldemossa erinnert sie ein junges Pärchen an sich selbst und ihren Mann. Insa, die junge Deutsche, ist jedoch am nächsten Tag tot. Sie stürzt im selben Hotel, in dem Levke abstieg, vom Balkon und fällt Rafael, einem Polizeireporter, fast vor die Füße. Als Chefinspektor Jordi Barceló eintrifft, geht er von einem Sebstmord aus. Doch Levke glaubt nicht daran. Insa war doch frisch verliebt und überglücklich. Sie nimmt mit Insas Freundin Anna Kontakt auf, die mit ihr zusammen angereist ist. Durch den sinnlosen Tod des Mädchens gewinnt Levke wieder ein bisschen Lebensmut und verbeißt sich in den Fall, der für sie eindeutig Mord war. Dabei begibt sie sich selbst in Lebensgefahr....

Mit Levke hatte ich anfangs ein bisschen Schwierigkeiten. Doch nachdem man nach und nach erfährt, welche Tragödie sie seit einem Jahr begleitet, beginnt man zu verstehen, dass sie sich auf eine Art Abschiedsreise begeben hat. Ihre Trauer fühlt sich real und greifbar an. Warum sie jedoch die Erinnerungen an die gemeinsam verbrachten Orte auslöschen möchte, war mir nicht ganz klar.
Mit Levke begibt man sich auf eine malerische Reise quer über die Insel. Die bildhaften Beschreibungen haben mich an meine beiden Urlaube auf Mallorca erinnert. Ich war mit Levke in Valldemossa und habe Chopin gelauscht, bin in Söller in die Straßenbahn gestiegen und bin in Palma durch die engen Gassen spaziert. Die Autorin hat mich mit ihrer Lektüre wieder von der Baleareninsel träumen lassen - trotz Mord- und Totschlag.
Der Krimi ist eher unblutig und der Spannungsaufbau beginnt gemächtlich. Die Ermittlungsarbeit tritt ein bisschen in den Hintergrund, den Levke nimmt ihre "Aufgabe" ernst und ist meist Kommissar Barceló einen kleinen Schritt voraus. Dieser kämpft mit den üblichen privaten Problemen eines Ermittlers...gescheiterte Ehe und Troubles mit den Kindern. Auch Polizeireporter Rafael scheint ein Geheimnis zu haben, das bis zum Ende hin nicht wirklich gelüftet wird (und hoffentlich in einem Folgeband meine Neugier befriedigt wird). Beide Männer wirken sehr authentisch. Besonders gut hat mir die konstante Entwicklung der Hauptcharaktere, besonders die von Levke, gefallen.

Der Krimi hat mich wunderbar unterhalten. Ich habe fleißig mitgerätselt und hatte bald einen Verdacht, der sich auch bestätigt hat. Hier hätte ich mir ein paar mehr überraschende Wendungen gewünscht, die den Leser in die Irre führen.
Der Krimi besticht vorallem durch seine Atmosphäre, den bildhaften Beschreibungen der Insel und den sehr authentischen Charakteren. Punkto Spannung hat er aber noch Luft nach oben.

Einen kleinen Minuspunkt muss ich erwähnen. Das Buch lässt sich furchbar schlecht lesen. Man muss es mit beiden Händen halten, um die Seiten ganz aufklappen zu können, um diese zu lesen. Es ist sehr fest gebunden und man benötigt viel Kraft, was über längere Zeit ziemlich mühsam wird.

Schreibstil:
Stina Jensen glänzt mit einem flüssigen und ansprechenden Schreibstil und hat in ihrem Debütkrimi sehr viel Lokalkolorit einfließen lassen. Man möchte am liebsten sofort den Koffer packen und der Baleareninsel einen Besuch abstatten. Auch die Charaktere sind lebendig und haben alle ihre Ecken und Kanten. Die Entwicklung jeder einzelnen Figur ist absolut gelungen.
Die Kapitel sind mit dem Namen der Person versehen, die wir als Leser in der dritten Person begleiten. Es gibt auch einige wenige Kapitel mit der Überschrift "Er", der kleine Einblicke in die Gedanken des Täters werfen lässt.

Fazit:
Ein unblutiger und ruhiger Krimi mit viel Lokalkolorit, toller Atmosphäre und sehr authentischen Figuren. Der Spannngsbogen steigt jeoch erst im letzten Drittel an. Hier gibt es noch Luft nach oben....
Für Mallorcaliebhaber und Krimifreunde sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 24.05.2018

On the Road again

Ans Meer
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Vom österreichischen Autor René Freund habe ich bereits "Liebe unter Fischen", "Niemand weiß, wie spät es ist" und seinen biografischen Roman "Mein Vater, der Desserteur" gelesen.
Mit seinem neuem Buch ...

Vom österreichischen Autor René Freund habe ich bereits "Liebe unter Fischen", "Niemand weiß, wie spät es ist" und seinen biografischen Roman "Mein Vater, der Desserteur" gelesen.
Mit seinem neuem Buch "Ans Meer" hat er auf nur 144 Seiten einen sehr bewegenden, zu Herzen gehenden, aber auch humorvollen Kurzroman geschrieben. Auf den wenigen Seiten des Roadtrips steckt sehr viel Inhalt und man findet wunderschöne Zitate, die ich mir laufend notieren musste. Trotzdem wünschte ich mir, dass der Roman mehr Seiten hätte und der Autor noch auf einige Handlungen und Personen mehr hätte eingehen können.

Anton ist Linienbusfahrer. Schon als Kind wollte er Busfahrer werden, doch die Realität hat ihn bald eingeholt. Durch die Privatisierung der Buslinie verlor er erst den Job und wurde dann von einer privaten Busgesellschaft übernommen....Auslagerung nannte man so etwas oder "Liberalisierung des öffentlichen Verkehrs". Nun fährt er mit einem alten, klappernden Fahrzeug seine tägliche Strecke und trifft auf dieselben Menschen. Anton ist ein freundlicher und gutmütiger Mensch, der das Essen, im Speziellen seine Butterbrezeln, und gute Manieren mag. Außerdem ist er in seine Nachbarin Doris verliebt und erhält täglich mehrere Anrufe seiner Mutter, die ihn kontrolliert.
An einem Tag steigt Annika mit ihrer krebskranken Mutter Carla zu, die im Rollstuhl sitzt und während der Fahrt den Wunsch äußerst vor ihrer letzten Chemo noch einmal das Meer sehen zu wollen. Die gebürtige Italienierin möchte ein allerletztes Mal in ihr Heimatdorf San Marco und dort an den kleinen Strand, den sie als Kind immer besuchte. Anton lässt sich zuerst nicht auf Carlas Wunsch ein, doch nach einem Anruf, der ziemlich sicher seinen Arbeitsplatz kosten wird und der Aussage von Doris, dass sie echte Helden mag, setzt er seine Fahrt fort...ab ans Meer...

Als Leser befindet man sich inmitten der Fahrgäste und erlebt bei diesem Roadtrip quer durch Österreich und anschließend nach Italien jede Menge Überraschungen. Man lernt die Mitfahrer, ihre Ängste und Sorgen, besser kennen und es bildet sich eine wundervolle Gemeinschaft, die einigen Widrigkeiten trotzt. Die Geschichte und der Schreibstil sind herrlich erfrischend. Anton wächst jeden Kilometer, den er zurücklegt, mehr aus sich heraus. Einzig die kleine Liebesgeschichte zwischen Anton und Doris konnte ich nicht wirklich nachempfinden. Mir fehlte es am Zwischenmenschlichen. Außerdem war mir nicht wirklich klar, warum Doris gleich zu Beginn des Romans so reagiert, wie sie es tat....mehr kann ich dazu leider nicht sagen, um nicht zu spoilern.

"Manchmal muss man vielleicht ein bisschen von der Linie abweichen, um das Glück zu finden" - Seite 29

Obwohl der Roman nicht viele Seiten hat, wird er mir trotzdem in guter Erinnerung bleiben. Die vielen wunderschönen Zitate und Sprüche laden zum Notieren ein und haben mich auch des öfteren sehr nachdenklich gemacht.
Gerne hätte ich weitere 144 Seiten mehr davon gelesen - eines der wenigen Makel des Romans: er ist eindeutig zu kurz!

Schreibstil:
Der Autor hat einen sehr bildhaften und warmherziger Schreibstil, der immer wieder durch humorvolle Passagen aufgelockert wird. René Freund schreibt erfrischend und kurzweilig. Die Charaktere sind sehr liebevoll gezeichnet, haben aber auch Ecken und Kanten.
Der Roman wird großteils aus der Sicht von Anton erzählt, manche Teile auch aus der von Doris.

Fazit:
Ein Roman, den man gerne weiterschenkt, der warmherzig und bildgwaltig erzählt wird. Die Geschichte berührt, während auch der Humor immer wieder durchblitzt. Leider ist er etwas zu kurz geraten und ich hätte mir gewünscht, dass der Autor noch etwas mehr auf einige Handlungen eingegangen wäre.
Ein berührender Roman über Mut, Freundschaft und "von der Linie abweichen"