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Veröffentlicht am 10.03.2018

Leider noch immer Realität

Samy
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Zdenka Becker hat einen wahren, sehr ähnlichen Fall, als Grundgerüst für ihr neues Buch "Samy" angewendet. Diese Aussage hat mich umso betroffener gemacht, denn in diesem Roman geht es um Rassismus in ...

Zdenka Becker hat einen wahren, sehr ähnlichen Fall, als Grundgerüst für ihr neues Buch "Samy" angewendet. Diese Aussage hat mich umso betroffener gemacht, denn in diesem Roman geht es um Rassismus in vielen Formen. Der Inhalt macht bestürzt und nachdenklich und hält uns allen einen Spiegel vor.

Die Geschichte beginnt vor der Wende in der kommunistischen Tschechoslowakei, genauer in Bratislava, der heutigen Hauptstadt der Slowakei. Dort wurde auch die Autorin geboren und gibt uns deshalb einen sehr authentischen Blick in die Zeit von 1970 bis heute.

Samy Slowak ist der uneheliche Sohn einer tschechischen und linientreuen Studentin und einem indischen Medizinstudenten, der in Wien lebt und studiert. Die beiden lernen sich in Ostberlin kennen, doch der Kontakt bricht nach einer kurzen Romanze ab. Olga stellt fest, dass sie schwanger ist und zieht ihren Sohn alleine auf.
Als Mischlingskind mit dunkler Hautfarbe wird er von klein auf abgelehnt. Sogar seine Großeltern wollen anfangs nichts mit dem Kind zu tun haben. Die immer wiederkehrende Feindseligkeit gegen "Zigeuner", wie Samy oft beschimpft wird, erfährt er bereits als Kleinkind und versteht sie nicht. Egal ob im Kindergarten, wo die Kindergärtnerin die Ausgrenzung bewusst herbeiführt, als auch in der Schule, bleibt Samy ein Außenseiter. Olga, seine Mutter, die nach der Wende als Sozialarbeiterin mit sozial schwachen Kindern, die auf die schiefe Bahn geraten zu tun hat, erkennt die Nöte und Hilflosigkeit ihres eigenes Sohnes nicht. Sie verharmlost das Verhalten der anderen Kinder ebenso, wie die der Erwachsenen. Dies macht den Leser sprachlos! Samy hat eigentlich von Anfang an keine Chance, obwohl er ein aufgeweckter und intelligenter Junge ist. Alleine durch sein andersartiges Aussehen ist er immer derjenige, der Schwierigkeiten macht und sofort als Täter abgestempelt wird.
Einzig die kurze Zeit mit seiner Freundin verschafft ihm etwas Glück und sein Selbstvertrauen wird gestärkt. Aber auch dieser Liebe stehen andere Menschen negativ gegenüber...

Samys Suche nach seiner Identität, nach Liebe und Freundschaft, wird ihm immer wieder unmöglich gemacht. Diese erschütternde Geschichte macht sprachlos und traurig.
Immer wieder findet man Parallelen zur heutigen Zeit - die Verhaltensweisen vieler Menschen hat sich seit der 1970er nicht wirklich verändert.

Einzig der zu schnelle Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, der oft übergangslos mitten im Geschehen passierte, hat mich öfters verwirrt zurückgelassen. So wurde man hin und wieder unsanft aus der Geschichte gerissen. Auch zum Ende hin konnte ich Samys Verhalten nicht mehr ganz verstehen, der sich der Wirklichkeit immer mehr entfernte. Trotzdem lässt dieser Roman von Zdenka Becker den Leser erschütternd und sprachlos zurück. Ich wünsche der Autorin viele Leser für ihre eindringliche Geschichte!

Fazit:
Erschütternd, verstörend und leider noch immer brandaktuell. Kein einfacher Roman, der einem wütend, traurig und sprachlos zurücklässt.

Veröffentlicht am 10.03.2018

Toller historischer Wien-Krimi

Der zweite Reiter
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Wien 1919 - kurze Zeit nach Ende des 1. Weltkrieges. Die Monarchie ist Geschichte, die Menschen leiden unter Hunger und Kälte. Viele sind an der Spanischen Grippe gestorben oder haben ihr Zuhause verloren. ...

Wien 1919 - kurze Zeit nach Ende des 1. Weltkrieges. Die Monarchie ist Geschichte, die Menschen leiden unter Hunger und Kälte. Viele sind an der Spanischen Grippe gestorben oder haben ihr Zuhause verloren. Der Schleichhandel auf dem Schwarzmarkt blüht.
Auch Rayonsinspektor August Emmerich ist ein Kriegsversehrter. In seinem Bein steckt noch immer ein Granatsplitter, der ihm oftmals Beschwerden macht. Doch Emmerich hat den dringenden Wunsch in die Abteilung "Leib und Leben" zu wechseln. Noch muss er "niedrige" Polizeiarbeit verrichten, die ihm gar nicht schmeckt. Sein verletztes Bein ist ihm nur hinderlich. Deswegen hilft er sich mit Heroin, das zu dieser Zeit noch als Husten- bzw. Schmerzmittel verschrieben wurde.
Sein Chef setzt ihn auf Schleichhändler an und bekommt den jungen Assistenten Ferdinand Winter zur Seite gestellt, der aus verarmten Adel stammt. August Emmerich ist alles andere als erfreut darüber.
Als ein Toter im Stadtwald gefunden wird, der Selbstmord verübt haben soll, glaubt Emmerich nicht an Suizid. Der Tote war nämlich "Kriegszitterer". Wie wäre es diesen armen Mann möglich gewesen sich selbst zu richten? Doch sein Chef glaubt nicht an Mord und so ermittelt Emmerich auf eigene Faust weiter.....schließlich möchte er in Zukunft sowieso nicht mehr im Innendienst arbeiten, sondern Mordfälle bearbeiten. Emmerich und Winter kommen nach und nach einigen seltsamen Vorfällen auf die Spur und geraten, schneller als ihnen lieb ist, in Gefahr.
Neben seiner schmerzenden Kriegsverletzung und seinen unüberlegten Schnüffeleien hat der Rayonsinspektor bald ein weiteres Problem. Als der totgeglaubte Ehemann seiner Lebensgefährtin aus der Kriegsgefangenschaft unvermutet zurückkehrt, verliert er nicht nur seine Geliebte, sondern auch sein Heim. Doch das ist erst der Beginn seiner Schwierigkeiten....

August Emmerich hat nämlich auch im Job seine eigenen Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Es dauert nicht lange und er selbst steht auf der Liste der Verdächtigen. Ferdinand Winter hat anfangs seine Problem mit Emmerichs Auslegung der Gesetze, doch bald erkennt er, dass sein Kollege den richtigen Riecher hat....

Mit viel Vergnügen habe ich August Emmerich und Ferdinand Winter bei ihren Recherchen begleitet. Die Spannung setzt schon bei den ersten Kapiteln ein und bleibt bis zum Ende bestehen. Mit einigen überraschenden Wendungen kann die Autorin den Spannungsbogen zum Ende hin noch heben.

Alex Beer versteht es, nicht nur die stimmige Atmosphäre aus dieser Zeit wiederzubeleben, sondern auch ein Bild der Adeligen zu zeichnen, die nicht an den Zerfall der k.u.k. Monarchie glauben wollten. Die Menschen sind unentschlossen, versuchen so gut es geht zu überleben und träumen von einem besseren Leben. Die Stimmung wird wunderbar eingefangen und auch auf August Emmerichs Nöte und Sorgen wird eingegangen und machen die Figur noch lebendiger.

Hinter dem Pseudonym Alex Beer steckt die österreichische Autorin Daniela Larcher. Mit "Der zweite Reiter" hat sie den Auftakt zur neuen Krimireihe rund um Ermittler August Emmerich vorgelegt. Die Fortsetzung "Die rote Frau" erscheint im Mai und wird definitiv von mir gelesen werden.

Schreibstil:
Alex Beer hat einen sehr intensiven und flüssigen Schreibstil. Man wird automatisch in die Zeit nach der Jahrhundertwende versetzt und hat die Schauplätze vor Augen, die sehr bildhaft beschrieben sind. Der Leser unternimmt eine Reise durch die Straßen und Ecken von Wien, die teilweise auch heute noch ein Begriff sind. Die Autorin hat wunderbar recherchiert. Durch eingestreute Dialektwörter erhält der Krimi mehr Lokalkolorit. Die Figuren sind facettenreich und haben Ecken und Kanten.

Fazit:
Ein absolut gelungener Auftakt zu einer historischen Krimireihe, die in der Wiener Zwischenkriegszeit spielt. Tolle Atmosphäre und eine spannende Verfolgungsjagd durch die Straßen von Wien mit einem sehr speziellen Ermittler. Ich freue mich schon auf Teil 2!

Veröffentlicht am 04.03.2018

Witziger Roadtrip durch Kuba

Mit Hanna nach Havanna
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Theresia Graw's neuer Roman lädt uns zum Träumen ein, denn sie entführt uns in die
Karibik ?. Gerade bei der sibirschen Kälte der letzten Woche träumt man sich gerne in wärmere Gefilde.

Bis wir uns aber ...

Theresia Graw's neuer Roman lädt uns zum Träumen ein, denn sie entführt uns in die
Karibik ?. Gerade bei der sibirschen Kälte der letzten Woche träumt man sich gerne in wärmere Gefilde.

Bis wir uns aber auf den Weg nach Kuba machen, lernen wir Katrin kennen, die beim Sender "Hello TV" Moderatorin ist. Als sie ihre Sendung "Spaziergang mit Katrin" wegen zu geringer Einschaltquoten verliert, bricht für sie eine Welt zusammen. Ihre neue Aufgabe ist die Moderation des Seniorenmagazines "Kaleidoskop" - und das mit Mitte Dreißig! Doch dann erreicht sie ein Leserbrief einer alten Dame. Die fast 80-jährige Hanna Maria Henriette Wagner von Trottau ist begeisterte Anhängerin ihrer alten Sendung und unterbreitet ihr ein Angebot: Katrin soll sie nach Kuba begleiten und dort ihre große Liebe Julian aufspüren. Dieser wanderte vor 50 Jahren von einem Tag auf den anderen aus und schloss sich der Revolution an. Jeder andere würde hier sofort zugreifen, doch Katrin hat weder Lust auf Sonne, Sand und Meer, Salsarythmen und Cubra Libres, noch auf die Aussicht sich mit einer Renternin auf einen Roadtrip zu begeben. Katrin möchte einzig und allein ihre Jobchancen forcieren und den Journalistenpreis, den "Goldener Griffel", gewinnen. Erst Freundin Trixie kann sie überzeugen nach Kuba zu fliegen und schlägt ihr vor mit einem Interview von Julian über die politische Lage Kubas für den Preis anzutreten. Mit einem pinken Cadillac machen sich die beiden Frauen auf eine Rundreise von Havanna nach Santiago de Cuba.......

Katrin ist eine eher untypische Protagonistin, die auch nicht wirklich sympathisch rüberkommt. Sie ist total von sich selbst überzeugt und lebt nur für ihre Arbeit. Sie ist mehr Wissenschaflerin als Journalistin; ihr Leben ist durchgeplant und besteht aus Logik, Gefühle kommen darin nicht vor. Auch Freizeit ist ein Wort, das für Katrin völlig überbewertet wird. So hat sie auch nur eine Freundin, Trixie, die ebenfalls beim Sender arbeitet und ihre Kollegin ist. Trixi ist das totale Gegenteil von Katrin: ein bunter Vogel voller Ideen und Optimismus.
Mit der fast 80-jährigen Hanna lernt sie ebenfalls eine sehr positive und weltoffene Frau kennen. Diese genießt die Reise mit all ihren Sinnen, tanzt Salsa, trinkt Mojitos, genießt die abenteuerliche Reise.
Wie die beiden so unterschiedlichen Frauen zurechtkommen, ist sehr unterhaltsam. Dabei hilft noch die eine oder andere unvorhersehbare (Auto) Panne....

Die Rundreise durch Kuba beschreibt die Autorin großartig. Man bemerkt sofort, dass sie selbst vor Ort war. Am liebsten hätte ich mit Hanna diverse Cuba Libres getrunlen, den Sonnenuntergang am Strand unter Palmen genossen und in der Tabakplantage Zigarren gedreht. Während Hanna voller Lebenslust sprüht und die Reise genießt, hat Katrin nur das Interview mit Julian vor Augen. Ihr Ziel ist es einzig und allein den Journalistenpreis "Goldener Griffel" zu gewinnen.. Doch nach und nach wächst ihr Hanna ans Herz und sie beginnt ihren Horizont etwas zu erweitern. Die langsame persönliche Entwicklung von Katrin wird überzeugend und nicht übertrieben dargestellt. Sie wird keine vor Lebenslust sprühende Frau wie Hanna, jedoch beginnt sie endlich auch andere Alternativen, als ihren Job, wahrzunehmen und beginnt die schöne Landschaft und die Einwohner von Kuba ins Herz zu schließen.

Schreibstil:
Theresia Graw schreibt mit viel Humor, sehr lebendig und lässt die Reise auf Kuba zu einem wahrhaft abenteuerlichen Roadtrip werden. Die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen, die Tücken von Touristenfallen und die Herzlichkeit der Kubaner werden von der Autorin authentisch dargestellt. Man bemerkt sofort, dass Thereisa Graw vor Ort gewesen ist und einige Erfahrenswerte in ihre Geschichte eingeflossen sind.
Die Kapitel sind eher kurzgehalten, Katrin erzählt aus der Ich-Perspektive.
Zu Beginn gibt es eine Landkarte von Kuba zur Orientierung und am Ende einige leckere Rezepte.

Fazit:
Ein launiger Roadtrip durch das unbekannte Kuba, der mich die sibirische Kälte draußen vergessen ließ. Mit viel Witz und Humor erzählt die Autorin über eine ungewöhnliche Freundschaft und über den Sinn des Lebens. Absolut gelungen!

Veröffentlicht am 03.03.2018

Prächtige Landschaftsbeschreibungen, aber zu vorhersehbar

Die Kamelien-Insel
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Sylvia ist eine richtige Karrierefrau, die mit ihrem ebenso erfolgreichen Ehemann Holger in einem Penthaus in München wohnt. Meistens sehen sich die Beiden nur zwischen Tür und Angel, doch sie sind mit ...

Sylvia ist eine richtige Karrierefrau, die mit ihrem ebenso erfolgreichen Ehemann Holger in einem Penthaus in München wohnt. Meistens sehen sich die Beiden nur zwischen Tür und Angel, doch sie sind mit ihrem luxuriösen Leben zufrieden. Als Sylvia überraschend eine Gärtnerei in der Bretagne erbt, erfährt sie erst davon, als ihr Ehemann sie vor vollendende Tatsachen stellt und ihr erzählt, dass er diese bereits zum Verkauf angeboten hat. Sylvia ist anfangs erleichtert nicht noch mehr Arbeit aufgehalst zu bekommen, doch dann fällt ein Kunde aus und sie hat endlich einige Wochen Freizeit. Ihre verstorbene Tante Lucie spukt ihr im Kopf herum und so macht sie sich kurzentschlossen auf nach Frankreich. Dort findet sie keineswegs eine heruntergekommende Gärtnerei vor, wie ihr Holger berichtet hat, sondern eine atemberaubende Kamelienzucht. Sylvia ist gefangen von der Pracht der Blumen, der wildromantischen Szenerie und den urtypischen Bretonen. Doch dann erfährt sie, dass hier ein Hotelkomplex gebaut werden soll und sie diejenige ist, die die Zukunft der Insel zerstören wird....

Das erste Drittel des Romans hat mich bezaubert und ich fand wunderbar in die flüssig geschriebene Handlung. Die örtlichen Beschreibungen, insbesonders die der wildromantischen Bretagne und der Kamelieninsel, waren einfach prächtig und verzauberten alleine beim Lesen des Buches. Gemeinsam mit Sylvia verliebt man sich in die Blumenschönheiten und die liebenswerten Menschen der Insel.
Während die Autorin die Gezeiten, die Blumen und die atemberaubende Landschaft mit viel Gefühl und Liebe beschrieb, fehlte mir dies bei einigen ihrer Figuren. Manche Charaktere waren greifbar, andere wiederum kaum. Ebenso hatten die meisten kaum Ecken und Kanten, sondern waren einfach gut oder böse. Auch Sylvia war für mich nicht glaubswürdig. Sie war für mich ein sehr gegensätzlicher Charakter, den ich einige Handlungen im späteren Verlauf der Geschichte nur schwer abnahm. War sie doch anfangs die toughe Karrieferau mit Durchblick, mutieret sie plötzlich zu einer Figur, die äußerst naiv handelt und sich von ihrem Ehemann für dumm verkaufen lässt.

Der Roman lebt vom Schreibstil der Autorin. Die Landschaften werden sehr bildhaft beschrieben und man wähnt sich beim Lesen auf der Insel umgeben von Meeresrauschen. Ich hörte das Tosen der Wellen, roch den Duft der Blumen und war überwältigt von der Wildheit der Gezeiten. Doch nach einiger Zeit kam mir vieles der Handlung zu vorhersehbar und zu gewollt vor. Der große Minuspunkt ist die unnötige Liebesgeschichte zu Mael. Diese hätte der Roman weder gebraucht, noch war für mich dieser Charakter greifbar. Ich konnte mir weder ein Bild von Mael machen, noch konnte ich die sehr plötzlichen Gefühle für ihn nachvollziehen.

Ich lese gerne Geschichten wie diese, doch sollten sie nicht zu gewollt sein, zu vorhersehbar (Happy End lasse ich gelten, aber nicht, wenn ich schon 100 Seiten vorher weiß, was passieren wird!) oder unbedingt eine Liebesgeschichte beinhalten....
Die Kamelieninsel wäre ohne diese drei Punkte ein wirklich wunderbarer Roman geworden, da sowohl das Setting, als auch der Schreibstil passen. Die Umsetzung ist aber leider nur teilweise gelungen...

Fazit:
Ein kurzweiliger Roman mit bezaubernden Landschaftsbeschreibungen für zwischendurch. Leider etwas zu vorhersehbar und gewollt. Die Liebesgeschichte fand ich unnötig und meiner Meinung nach wäre der Roman ohne dieser überzeugender gewesen.

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Veröffentlicht am 27.02.2018

Zwei sehr unterschiedliche Schwestern

All die Jahre
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rland 1957. Nora und Theresa sind gemeinsam mit Bruder Michael auf einem Bauernhof im irischen Malbay aufgewachen. Als die Mutter viel zu früh stirbt, übernimmt Nora als Älteste der Kinder ihre Pflichten. ...

rland 1957. Nora und Theresa sind gemeinsam mit Bruder Michael auf einem Bauernhof im irischen Malbay aufgewachen. Als die Mutter viel zu früh stirbt, übernimmt Nora als Älteste der Kinder ihre Pflichten. Sie ist mit dem Nachbarjungen Charlie verlobt, der in den USA bei seinen irischen Verwandten Fuß zu fassen versucht und Geld für die Hochzeit spart. Nora soll später nach Boston nachkommen. Die jüngere Schwester Theresa ist aufgeweckt und schreibt gute Noten, deshalb will Nora sie ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten mitnehmen. Theresa bekommt in Amerika die Möglichkeit eine gute Ausbildung erhalten, während Nora ihren Charlie heiraten soll. Doch Nora ist sich unsicher und nicht wirklich verliebt, Theresa ist wild und unerfahren. Als sie schwanger wird, trifft Nora eine folgenschwere Entscheidung....

Der Roman beginnt im Jahr 2009 mit einer Todesnachricht, die das Leben von Nora und Theresa gehörig aufwirbelt. Die einzelnen Kapitel wechseln zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Über Jahrzehnte hinweg begleiten wir die Flynns und Raffertys mit all ihren Eigenheiten und Geheimnissen. So fügt sich Puzzlesteinchen um Puzzlesteinchen, während man abwechselnd mehr über die Zeitspanne zwischen 1957 bis 2009 erfährt. Einiges lässt sich erahnen, anderes wiederum ließ mich staunend zurück.

Anfangs hatte ich noch kleine Schwierigkeiten die einzelnen Charaktere näher kennenzulernen, was sich mit der wachsenden Seitenzahl allerdings gibt. Obwohl der Roman sehr ruhig ist, hatte ich immer das Gefühl, dass ich weiterlesen muss, um mehr über die Vergangenheit zu erfahren. Gleichzeitig wartete ich aber auch auf den großen Knall in der Gegenwart, der leider nicht wirklich passierte und mich am Ende ein klein bisschen enttäuscht zurückgelassen hat.
Die sehr komplexe Familiengeschichte zeigt besonders die familiäre Unfähigkeit auf, sich Problemen zu stellen und darüber zu reden. Man verschweigt und ignoriert, Gefühle werden ausgespart.
Mit Nora und Theresa hat die Autorin zwei sehr gegensätzliche Charaktere erschaffen, die ich oft nicht wirklich verstehen konnte. Dies bezog sich aber nicht auf alle Entscheidungen, die die beiden Frauen getroffen haben. Als Leser fühlt man sich abwechselnd einmal mehr der einen und dann wieder der anderen mehr zugetan bzw. kann man nur den Kopf schütteln über Entschlüsse, die sie treffen. Man muss sich allerdings an der Nase nehmen und sich fragen, ob man nicht selbst schon gedacht hat, das Beste für einen anderen Menschen zu wollen und im Endeffekt genau das Verkehrte gemacht hat?
Es geht um Hoffnungen und Träume und wie diese langsam wie eine Seifenblase zerplatzen. Fehler, die schon die Eltern gemacht haben und die auch deren Kinder wiederholen. In "In all den Jahren" zeigt dies sehr genau auf - mit allen erdenklichen Folgen...

Das Leben der irischen Einwanderer in den USA wird sehr authentisch dargestellt. Die erste Generation, wie Nora, Charlie und Theresa leben noch sehr nach ihren irischen Traditionen, während ihre Kinder schon als typische Amerikaner heranwachsen.
Auch der religiöse Aspekt nimmt im Roman eine größere Rolle ein. Nicht nur durch den Weg, den Theresa geht, sondern auch die gelebte Religion aus dem erzkatholischen Irland, das oft in der Fremde noch mehr praktiziert wird. Hier kann man aber auch die leise Kritik an der Kirche zwischen den Zeilen lesen.
Den größten Raum und das eigentliche Thema des Buches ist aber die "Sprachlosigkeit" zwischen den Menschen, insbesondere der eigenen Familienmitglieder.
Ein tiefsinniger Roman an dessen Ende man sich die Frage stellt, wie viel Einfluss die Herkunft und die Erziehung innerhalb einer Familie hat...

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist eindringlich und detailliert, die Figuren tiefgründig. Die Geschichte ist komplex angelegt und trotzdem eher ruhig. Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und entfalten erst nach und nach ihre Eigenheiten.
Der Roman ist in acht Teile gegliedert und auf zwei Zeitebenen geschrieben. Die Jahreszahlen stehen am Anfang des Abschnittes.

Fazit:
Ein leiser und tiefsinniger Roman über das Schicksal einer irischen Einwandererfamilie und ihren Familiengeheimnissen, der noch lange nachwirkt. Für mich blieben am Ende dieser komplexen Geschichte einige Fragen offen, die ich gerne aufgelöst gehabt hätte, doch im Großen und Ganzen konnte mich "In all den Jahren" überzeugen.