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Veröffentlicht am 04.06.2022

Wann ist es Sterbehilfe und wann Mord?

Die sieben Schalen des Zorns
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Bisher habe ich jeden Roman von Max Thiele aus dem Benevento Verlag gelesen. Seine Bücher sind von realen Justizfällen inspiriert. Man erkennt als Leser sehr schnell, dass der Autor selbst promovierter ...

Bisher habe ich jeden Roman von Max Thiele aus dem Benevento Verlag gelesen. Seine Bücher sind von realen Justizfällen inspiriert. Man erkennt als Leser sehr schnell, dass der Autor selbst promovierter Rechtsanwalt ist.

In seinem neuen Justizroman hat sich der Autor einem hochsensiblen Thema angenommen. Es geht um Sterbehilfe und die Frage, wo das Recht auf einen selbstbestimmten Tod aufhört. In Österreich, wie auch in Deutschland, ist Sterbehilfe eine rechtliche Grauzone und die Justiz hat viele Schlupflöcher. Als Laie hat man meistens eine doch vorgefertigte Meinung dazu, doch schon ein kleiner Handgriff kann einem vom "Helfer" zum "Mörder" degradieren, denn nur wenn der Sterbewillige die tödlichen Substanzen eigenständig einnnimmt, bleibt der Vorgang straffrei.
Als die Tante von Dr. Max Keller an Alzheimer erkrankt, lässt sie zu Beginn ihrer Krankheit ihren Wunsch schriftlich festhalten, dass sie sterben möchte, bevor sie niemanden mehr erkennt und keine Tätigkeit mehr selbst ausführen kann. Max verabreicht ihr die tödliche Dosis und wird angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, dass seine Tante nicht mehr in der Lage war, die tödliche Substanz eigenständig einzunehmen. Max droht eine Freiheitsstrafe, sowie der Verlust seiner Arztlizenz. Der Grad zwischen Recht, Rechtsprechung und Mord ist klein.

Die Vorgängerromane des Autors haben mich beide begeistert. In "Die Schalen des Zorns" hat er jedoch ein Meisterwerk geschaffen. Mich hat die Geschichte rund um Max, Jonas, Agnes und ihre Mutter Maria richtig mitgenommen. Der Autor erzählt wieder auf zwei Zeitebenen. Dem Leser gibt dies Einblicke in das Innenleben sämtlicher Protagonisten und Antagonisten.
Max als Angeklagter, der auf Wunsch seiner Tante Sterbehilfe geleistet hat und Jonas, der als Staatsanwalt das Verfahren eröffnet, sind sehr vielschichtige Figuren. Durch die Rückblicke in die Vergangenheit lernt man die beiden Freunde, die Verstorbene und ihre Tochter sehr gut kennen. Ihre interessanten Vergangenheiten, zerstörten Hoffnungen und Träume werden sehr bildhaft erzählt.
Mehr will ich zum Inhalt gar nicht mehr sagen, denn Max Thiele versteht es großartig immer wieder neue Sachverhalte aufzudecken, überraschende Wendungen einzubauen und viele Facetten der Charaktere zu zeigen.

Egal, wie man zur Sterbehilfe steht, man erkennt wie schwierig dieses Thema ist und wieviele Grauzonen es hat. Der Autor gibt viele Denkanstöße, wertet nicht und hebt dabei nie den Zeigefinger. Unaufdringlich flicht er dabei auch das Thema Glauben und Religion ein. Als Leser fragt man sich willkürlich, wie man selbst gehandelt hätte.
Mit seiner Art das Gesetz auch für Laien verständlich zu machen kann der Autor immer wieder mit seinen Romanen bei mir punkten. Der Titel wird im letzten Drittel des Buches für den Leser verständlich, wenn er wie ich keine Ahnung von der Bibel hat.

Markus Thiele schreibt über Themen, die ich in früheren Büchern von Jodie Picoult geliebt habe, die aber leider kaum mehr in ihren letzten Romanen Platz finden. Umso mehr freue ich mich in Zukunft auf weitere spannende Romane des Autors.


Fazit:
Ein Roman mit einem sehr herausfordernden Thema, der mich von der ersten Seite an gefesselt und emotional mitgenommen hat. Die Geschichte hallt noch lange nach und gibt viele Denkanstöße. Für mich ist "Die sieben Schalen des Zorns" der bisher beste Roman des Autors. Natürlich gibt es eine riesige Leseempfehlung von mir!
Ein Tipp: Wer gerne Ferdinand von Schirach liest, könnte auch mit Markus Thiele Freude haben.

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Veröffentlicht am 31.05.2022

Düstere Machenschaften in St.Pölten

Blutgrund
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Letztes Jahr habe ich vom Autor "Finsterdorf" gelesen und war richtig begeistert. Deshalb habe ich mich schon sehr auf sein neues Werk gefreut, welches in St.Pölten, unserer niederösterreichischen Landeshauptstadt ...

Letztes Jahr habe ich vom Autor "Finsterdorf" gelesen und war richtig begeistert. Deshalb habe ich mich schon sehr auf sein neues Werk gefreut, welches in St.Pölten, unserer niederösterreichischen Landeshauptstadt spielt. Ich wohne selbst nur 20 km entfernt, war in St.Pölten in der Oberstufe und im Internat und habe später auch lange Zeit dort gearbeitet. Ich kenne also die Stadt sehr gut.

In seinem neuen Krimi hat der Autor sehr aktuelle Themen aufgegriffen: Korruption, Wanderarbeiter und dessen Ausbeutung, sowie unlautere Machenschaften im Baugewerbe.
Als Radu Tirla, ein rumänischer Wanderarbeiter, auf offener Straße angegriffen und schwer verletzt wird, tippt die Polizei zuerst auf einen Überfall von Rechtsradikalen. Kurze Zeit später wird Valentin Gebert, ein junger Journalist ebenfalls überfallen und getötet. Er hat sich zuletzt mit dem Thema Wanderarbeiter auseinandergesetzt, was Radek und seinen Kollegen Neumann stutzig werden lässt. Sie beginnen im Umkreis des verletzten Rumänen nachzuforschen und entdecken in den Ausländerquartieren, in denen Radu mit anderen Wanderarbeiten wohnt, menschenunwürdige Bedingungen. Bald erkennen die Polizeibeamten, dass es sich um eine weitaus komplexere Geschichte handelt, als zuerst angenommen. Die Ermittlungen ziehen immer weitere Kreise, bis in die höchsten Ebenen von Politik und Wirtschaft. Die Suche nach den Hintermännern entwickelt sich äußerst schwierig. Gemeinsam mit Sonja, der Schwester des ermordeten Journalisten, die brisante Aufzeichnungen ihres Bruders findet und Klaus Winkler, Aktivist einer linken Partei, versucht Radek mehr über die Hintergründe der beiden Überfälle zu erfahren. Winkler hatte sowohl Kontakt zu Radu Tirla, als auch zu Valentin Gebert. Der Parteigenosse traut der Polizei jedoch nicht wirklich und hält entscheidene Hinweise zurück. Dies bringt nicht nur ihn, sondern auch Sonja und Radek in Gefahr....

"Blutgrund" ist so ganz anders als Peter Glanningers letztes Werk "Finsterdorf". Hier handelt es sich viel mehr um einen Polit- und Wirtschaftskrimi, bei dem es um Korruption und Machtspielchen geht, und nicht um einen mysteriösen Krimi mit Gruselfaktor. Die Ermittlungsarbeit wird groß geschrieben, wobei Radek und Neumann sehr lange Zeit im Dunkeln tappen. Dadurch ergaben sich für mich in der Mitte doch einige Längen. Die Spannung kommt erst wieder im letzten Viertel auf. Die oftmaligen Perspektivwechsel und inneren Monologe, statt auflockernden Dialogen, lassen den Leser oftmals etwas außen vor.

Hingegen bin ich mit den beiden Ermittlern sehr gerne durch bekannte Straßen und Plätze der Landeshauptstadt gewandert. Ich hatte jede Ecke von St. Pölten im Kopf, die die beiden Ermittler besuchten und richtiges Kopfkino. Die Charaktere sind ebenfalls gut gezeichnet und lebendig.
Außerdem erkennt man wirklich sehr gut, dass Peter Glanninger selbst Polizeibeamter war und ganz genau weiß, wovon er schreibt. Auf seinen nächsten Krimi bin ich shcon sehr gespannt...

Fazit:
Ein topaktueller und düsterer Krimi, der Korruption und diverse Machenschaften anprangert. Der Spannungsaufbau ist eher langsam und die Ermittlerarbeit wird groß geschrieben. An "Finsterdorf" kam der Krimi für mich leider nicht heran. Trotzdem habe ich es sehr genossen in meiner Heimt "mitermitteln" zu dürfen.

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Bittersüße Geschichte

Ein Lied für Molly
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Als die alleinerziehende Bonnie Milligan mit ihrem kleinen Sohn Josh im Bus eine blaue Mappe mit Noten findet, fasst sie spontan den Entschluss den Besitzer ausfindig zu machen. Zwischen den handschriftlichen ...

Als die alleinerziehende Bonnie Milligan mit ihrem kleinen Sohn Josh im Bus eine blaue Mappe mit Noten findet, fasst sie spontan den Entschluss den Besitzer ausfindig zu machen. Zwischen den handschriftlichen Notenblättern findet sie einen Zeitungsartikel über dem berühmten Pianisten Robert Brenner und macht sich quer durch Dublin auf den Weg zum Haus des Professors. Als er die Noten sieht, reagiert er eigentümlich. Obwohl er abstreitet, dass es seine Mappe ist, erkennt er, wer eines der Lieder geschrieben hat und möchte sie Bonnie abkaufen. Bonnie reagiert ungehalten und macht sich mit der Mappe wieder auf dem Weg nach Hause. Als jedoch ein Wasserrohrbruch ihre Wohnung für einige Tage unbewohnbar macht, denkt sie nochmals über Brenners Angebot nach. Doch diesmal hat Brenner einen anderen Vorschlag: Bonnie soll ihn an einem ganz bestimmten Ort führen, wo er den Komponisten vermutet. Gemeinsam mit Josh und seinem Kater Sir Francis machen sich Bonnie und der Professor auf dem Weg entlang der Westküste Irlands nach Ballystone, einem kleinen Ort an dem jährlich ein großes Musikfestival stattfindet. Dort vermutet Brenner den geheimen Verfasser der Musikstücke.....

Claudia Winter erzählt die Geschichte rund um die Komposition von "Ein Lied für Molly" und dessen Hintergrund auf zwei Zeitebenen. Dabei lernen wir im Vergangenheitsstrang aus dem Jahr 2001 den deutschstämmigen Musiklehrer und Pianisten Robert Brenner kennen, der seinen Schülern die Musik näher bringen möchte.
Neben dem wunderbaren Schreibstil der Autorin, den ich bereits kenne, war für mich das Thema Musik ein weiterer Grund das Buch anzufragen. Ich liebe Musik und bin auch beruflich damit verbunden.
In der Gegenwart begleiten wir Robert Brenner, Bonnie und Josh auf ihren Roadtrip und der weiteren Suche nach dem Komponisten des Liedes "Für Molly".
Die äußerst eigenwilligen Dorfbewohner von Ballystone spielen dabei eine weitere große Rolle.
Mir hat - wie fast immer - der Teil aus der Vergangenheit ein kleines bisschen besser gefallen, als die Handlung in der Gegenwart.

Claudia Winter bezauberte mich ein weiteres Mal mit ihrem neuen Roman, der diesmal in Irland spielt. Sie fängt den Charme der Grünen Insel ganz wunderbar ein. Die bildhafte Landschaftsbeschreibung und das Dorfleben wird von der Autorin sehr lebendig dargestellt. Ich sah die grünen Hügel vor mir und hörte die Wellen an die Klippen schlagen. Am liebsten hätte ich mir beim Lesen noch ein Glas Whiskey gegönnt...einen irischen selbstverständlich..und dabei "Bittersweet Symphony" gehört.
Wem dies noch nicht genug ist, kann sich die Playlist der Autorin anhören oder die am Ende niedergeschriebenen Rezepte zum Nachkochen ausprobieren. Béile!

Mit ihrem bezaubernden und bildhaften Schreibstil hat mich die Autorin ein weiteres Mal überzeugt.

Fazit:
Ein wunderbarer Wohlfühlroman, der einem in die Welt der Musik und nach Irland entführt. Mir hat diese berührende Geschichte über das Leben, die Musik, die Liebe und den Mut zum Neuanfang sehr gut gefallen und empfehle diesen Roman sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Wenn die Erinnerung zermürbt

Eine andere Zeit
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Nachdem mir "Luzies Erbe" von Helga Bürster sehr gut gefallen und mich der Klappentext ihres neuen Romanes sehr angesprochen hat, habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei der Lovelybooks Leserunde mitlesen ...

Nachdem mir "Luzies Erbe" von Helga Bürster sehr gut gefallen und mich der Klappentext ihres neuen Romanes sehr angesprochen hat, habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei der Lovelybooks Leserunde mitlesen durfte.

Helga Bürster erzählt in ihrem neuen Roman eine ruhige Geschichte über eine Familie in Vorpommern, deren Welt sich kurz vor dem Mauerfall für immer verändert. Die Autorin berichtet auf zwei Zeitebenen, die nicht wie üblich voneinander getrennt sind, sondern oftmals unkontrolliert hin und herspringen, was ein konzentriertes Lesen erfordert. Man gewöhnt sich aber schnell daran, während Rückblicke und Erinnerungen der einzelnen Familienmitglieder die Handlung ergänzen.

Wir lernen als Leser die Familie Jendrich mit ihren beiden Töchtern Enne und Suse kennen. Letztere ist ein kränkliches Kind, das alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, während Enne immer zurückstecken muss und eher "mitläuft". Als Suse Jahre später bei einem Urlaub in Ungarn an der österreichischen Grenze plötzlich spurlos verschwinder, bringt dieser Vorfall einen großen Keil und Sprachlosigkeit in die Familie. Dreißig Jahre nach Suses Verschwinden zieht eine geheimnisvolle Frau im Nachbarhaus ein, die kaum jemand zu Gesicht bekommt. Die Gerüchteküche beginnt zu brodeln…

Das zurückgezogene und ruhige Landleben in Pommern wird sehr bildhaft beschrieben. Christine, die Kusine aus dem Westen, die jedes Jahr mit ihrer Mutter in den Sommerferien die Verwandtschaft im Osten besucht, liebt die Gegend. Sie fühlt sich am Land viel wohler, als in der grauen Stadt im Westen, wo sie mit ihrer Mutter in einem seelenlosen Wohnblock wohnt.

Gerne habe ich das Leben der Familie in Ost- und West vor dem Mauerfall begleitet. Die Sprachlosigkeit der einzelnen Familienmitglieder übt eine gewisse Distanz aus und auch die Atmosphäre eher erdrückend. Düsternis und Traurigkeit herrschen vor, aber es scheint auch immer wieder Hoffnung durch. Man spürt deutlich, dass ein Ereignis nicht nur das Leben eines Einzelnen verändert, sondern auch dessen Umkreis.

Die Darstellung der Lebensverhältnisse im geteilten Deutschland wurden von der Autorin sehr eindringlich dargestellt. Dabei verzichtet sie auf Klischees oder Beurteilung.

Leider gibt es auch einen Kritikpunkt, der auch vielen Mitlesern nicht gefallen hat. Das Geheimnis um Suse wird nicht aufgeklärt und bleibt offen. Das finde ich sehr schade, auch wenn es die Fantasie des Lesers anregen soll. Für mich war das Verschwinden von Suse ein sehr wichtiger Punkt im Roman, der den roten Faden bildet.
Durch den Klappentext und der Lektüre von "Luzies Erbe" hatte ich eindeutig mehr erwartet. Trotzdem war der Roman lesenswert.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist schnörkellos und passt zur kargen Gegend in der Nähe der Ostsee. Helga Bürster bleibt dem Leser gegenüber auf Distanz. Trotzdem sind die Beschreibungen des Dorfes und der Landschafts sehr bildhaft. Die plattdeutschen Dialoge geben dem Roman mehr Authentizität und versprühen Lokalkolorit.

Fazit:
"Eine andere Zeit" kommt leider nicht an "Luzies Erbe" heran, hat aber einige Berührungspunkte, die mir gut gefallen haben. Mit dem eher offenen Ende habe ich leider (immer) Schwierigkeiten und deshalb gibt es diesmal 3 Sterne von 5.

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Veröffentlicht am 24.05.2022

Tolle Fortsetzung, die den ersten Band toppt

Die Blüte der Novemberrosen
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Vor kurzem habe ich den ersten Teil um Sophie Brinkhoff und ihre Familie gelesen, der mir gut gefallen hat. Ich nahm eigentlich an, dass die Teile der "Fünf Schwestern Saga" auf die einzelnen Schwestern ...

Vor kurzem habe ich den ersten Teil um Sophie Brinkhoff und ihre Familie gelesen, der mir gut gefallen hat. Ich nahm eigentlich an, dass die Teile der "Fünf Schwestern Saga" auf die einzelnen Schwestern aufgeteilt sind, was jedoch ein Irrtum ist. Sophie ist auch in Band zwei wieder unsere Hauptfigur.
Die Ehe mit Ernst wird zunehmen schwieriger. Karl und Sophie bleiben weiterhin in Kontakt, auch wenn Ernst seiner Frau das Leben immer schwerer macht. Er versucht Sophie noch mehr zu unterdrücken und bei ihrer Familie als leidend darzustellen. Doch sie lässt sich nicht so schnell unterkriegen und kämpft um ein eigenständiges Leben und ihre große Liebe. Doch als Frau hat sie keinerlei Rechte....

In "Die Blüte der Novemberrosen" begleiten wir Sophie im Zeitraum von 1852 bis 1871. Sie legt auch in diesem Band eine tolle Charakterentwicklung hin. Dabei lesen wir abwechselnd aus der Sicht von Sophie und Karl.
Als Leser erfahren wir mehr über das Leben von Sophies Schwestern, die jedoch weiterhin Randfiguren bleiben, Karls karges Leben mit Ehefrau und Tochter, sowie die Weiterentwicklung in der Brinkhoffschen Lokomotivfabrik. Die Industralisierung, sowie die Kluft zwischen Bürgertum, den Neureichen und Arbeitern ist wieder ein großes Thema. Die Klassenunterschiede der Gesellschaftsschichten werden dem Leser fantastisch und anschaulich nähergebracht. 1866 gibt es einen weiteren historischen Punkt: der deutsch-deutsche Krieg, der die Handlung vorantreibt.
Die Autorin hat sehr gut recherchiert. Die Sprache ist der Zeit angepasst. Die Sitten der damaligen Zeit, sowie die bildhafte Darstellung der Schauplätze sind gelungen. Besonders gefallen hat mir auch die Einbindung einer der ersten Heißluftballon-Fahrten in die Handlung.

Ich möchte nicht zu viel über den Inhalt von Band zwei erzählen, der auf die Handlung des ersten Bandes aufbaut. Martha Sophie Marcus hat mich jedoch mit diesem Teil eine Achterbahn der Gefühle erleben lassen. Die Figuren sind lebendig und ich habe mit ihnen mitgelitten oder mich furchtbar über sie geärgert. Auch diesmal konnte mich die Autorin mit ihrem bildhaften Schreibstil richtig fesseln und auch überraschen. Beim ersten Band habe ich ja noch kritisiert, dass mir vieles zu offensichtlich war. Das ist diesmal nicht der Fall. Im Gegenteil! Auf den letzten hundert Seiten hat sie mir mit einer unerwarteten Wendung das Herz herausgerissen. Zum Ende hin häufen sich die vielen Schicksalschläge, was mir fast zu viel war.

Fazit:
Eine sehr gelungene Fortsetzung der Reihe, die mir um einiges besser gefallen hat als Band Eins. Die Autorin punktet auch diesmal wieder mit viel Gefühl, Spannung und Drama. Ich bin schon sehr auf den nächsten Band gespannt!

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