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Veröffentlicht am 30.01.2022

Abgebrochen nach der Hälfte

Das Lied der Arktis
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Der erste Monat des Jahres und der erste Abbruch seit langer Zeit. Noch dazu wollte ich das Buch gemeinsam mit Nicole in einer Leserunde auf meinem Blog hier lesen. An die 100 Seiten und zwei Leseabschnitte ...

Der erste Monat des Jahres und der erste Abbruch seit langer Zeit. Noch dazu wollte ich das Buch gemeinsam mit Nicole in einer Leserunde auf meinem Blog hier lesen. An die 100 Seiten und zwei Leseabschnitte habe ich geschafft, doch danach habe ich w.o. gegeben.

Uqsuralik, die Frau aus Stein mit dem Wesen eines Bären und dem Namen eines Hermelins führt uns Leser durch ihre Geschichte. Der bereits im Klappentext angegebene Vorfall, dass sie als junges Mädchen von ihren Eltern und Geschwistern getrennt wird, weil das Eis bricht, ereignet sich bereits auf den ersten Seiten.
Die Autorin erzählt hingegen in einem sehr emotionslosen Schreibstil, wie Uqsuralik nun versucht sich am Leben zu halten. Ich weiß, dass es für die Inuit lebensnotwendig ist, Tiere zu schlachten, um sich mit Nahrung und Bekleidung einzudecken. Trotzdem störten mich diese Beschreibungen schon im ersten Leseabschnitt. Ich bin bei diesem Thema sehr, sehr zimperlich und das alleine ist schon ein Grund für mich abzubrechen. Natürlich war mir klar, dass man in diesen Breiten darauf angewiesen ist und habe weiter gelesen. Für uns Europäer ist dieses Leben fremd. Der Roman liefert ein umfassendes Bild über die Tage im ewigen Eis, wird aber eher informativ erzählt.
Dies ist auch der nächste Punkt, der mich störte: der sehr nüchterne Schreibstil. Im Gegensatz dazu erfahren wir mehr über die Geisterwelt, die Uqsuralik immer umgibt. Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder Lieder,/Gedichte, die für mich keinerlei Bezug zur Geschichte hatten.

Zusätzlich konnte ich keinerlei emotionale Bindung zu Hauptprotagonistin aufbauen und nach etwas der Hälfte der Lektüre habe ich beschlossen das Buch abzubrechen. Mich konnte weder Schreibstil, noch Protagonistin fesseln, ich griff nur ungern zu diesem Werk und da noch jede Menge Lesestoff hier auf mich wartet, der mich mehr anspricht, war es klar, dass ich es nicht beeden werde.

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Veröffentlicht am 30.01.2022

Deutsch-deutsches Schicksal

Der Palast
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Vor kurzem wurde im TV der Dreiteiler "Der Palast" gezeigt. Die Drehbuchautorin Rodica Doehnert hat dazu auch den Roman geschrieben. Die Serie habe ich nicht gesehen, daher habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeit.

Als ...

Vor kurzem wurde im TV der Dreiteiler "Der Palast" gezeigt. Die Drehbuchautorin Rodica Doehnert hat dazu auch den Roman geschrieben. Die Serie habe ich nicht gesehen, daher habe ich leider keine Vergleichsmöglichkeit.

Als titelgebender Schauplatz wurde der Friedrichstadt-Palast gewählt, ein Vorzeige-Objekt aus dem Osten, welches ich als tolles Setting empfand. Nur wenige DDR-Bürger hatten das Privileg dort eine Vorstellung besuchen zu dürfen. In diesem Theater ist Christine Steffen Tänzerin. Die alleinerziehende Mutter der zehnjährigen Lilia kämpft um die Rolle als Solotänzerin. In Ost-Berlin steht die 40 Jahr Feier zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik an und Christine vor einen weiteren Karrieresprung.
Die Westdeutsche Marlene Wenninger sitzt bei einer ihrer Vorstellungen zufällig im Publikum und traut ihren Augen nicht, als sie Christine erblickt, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. Marlene versucht sie nach der Show abzufangen und mit ihr zu reden. Nach kurzen Recherchen entdecken die jungen Frauen, dass sie im selben Jahr und am selben Tag geboren sind. Marlene lebt jedoch mit ihren Eltern in Bamberg, während Christine in Berlin geboren wurde. Natürlich lässt dieser Umstand den beiden Frauen keine Ruhe und jede von ihnen beschließt der Sache auf den Grund zu gehen...

Christine und Marlene sind äußerlich ident, doch ihre Charaktere sind grundverschieden. Dazu tragen nicht nur die beiden politischen Systeme, in denen sie aufgewachsen sind bei, sondern auch ihre Familien.
Christine ist jung Mutter geworden und steht dennoch mit beiden Beinen fest am Boden. Unterstützt wird sie dabei von Alexander, dem Vater der gemeinsamen Tochter, der ebenfalls im Friedrichstadt-Palast als Musiker auftritt, sowie von ihrer berufstätigen Mutter Rosa und ihren Großeltern.

Marlene ist wohlbehütet in einem alteingesessene Familienunternehmen aufgewachsen und darin eingebunden. Sie hat Betriebswirtschaft studiert, ist Single und wird von ihrem Vater in die DDR geschickt, um geschäftliche Beziehungen aufzubauen. Die Wenninger & Co.KG möchte nämlich einen Teil ihrer Produktion in den Osten auslagern., seit die Metallbranche in der Krise steckt.
Die politischen Ansichten ihrer Heimatländer sind bei beiden Frauen tief verwurzelt und doch versucht jede von ihnen einen Blick in die "fremde Welt" der anderen zu werfen und zu verstehen. Wie sie das machen, müsst ihr selbst lesen...

Der Roman verschafft den Leser einen tiefen Einblick in die Geschehnisse von 1961, als die Mauer über Nacht aufgezogen wurde, sowie das Leben der Menschen in einem geteilten Land bis zum Mauerfall 1989. Der Konflikt, der zwischen den Menschen aus dem damaligen Osten und dem Westen herrschte, wird (soweit ich das beurteilen kann) sehr wirklichkeitsnah dargestellt.

Rodica Doehnert hat eine berührende Familiengeschichte um Christine und Marlene, die nach der Geburt getrennt wurden, geschrieben. In einem einnehmenden Schreibstil und einer fesselnden Story gelingt es ihr das Schicksal der beiden Frauen emotional darzustellen und beide Ansichten ohne Beurteilung zu beschreiben. Berührend ist vorallem der Zeitpunkt, als die Mauer fällt.

Gefallen hat mir auch die kleine Rahmenhandlung aus der Gegenwart in der Lilia bereits als Erwachsene im Flugzeug sitzt und ihrer Sitznachbarin die Geschichte ihrer Familie erzählt. Dabei gibt es auch einen kleinen Einblick, was mit der Familie nach der Wende 1989 passiert.

Die Autorin hat bereits die Romane und Drehbüher zu den beiden Hotelromanen "Das Sacher" und "Das Adlon" veröffentlicht. Ein Glossar und ein Familienstammbaum befindet sich am Ende des Romans, sowie ein Nachwort und eine Danksagung der Autorin.

Fazit:
Ein berührender Roman beginnend mit dem Mauerbau bis zu ihrem Fall - deutsch-deutsche Geschichte anhand des Schicksals einer Familie zwischen Ost und West. Sehr lebendig erzählt. Von mir gibt es eine Empfehlung.

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Veröffentlicht am 28.01.2022

Magische Welten

Vergissmeinnicht - Was man bei Licht nicht sehen kann
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Endlich hat Kerstin Gier wieder einen Roman veröffentlicht und sogar ich, die nicht so oft Jugendbücher und noch weniger Fantasy liest, war sehr gespannt darauf. Gut, dass meine Bücherei das Buch da hatte ...

Endlich hat Kerstin Gier wieder einen Roman veröffentlicht und sogar ich, die nicht so oft Jugendbücher und noch weniger Fantasy liest, war sehr gespannt darauf. Gut, dass meine Bücherei das Buch da hatte und so kam es bei mir nach Weihnachten mit nach Hause.

Der erste Band der neuen Trilogie startet spannend. Quinn ist auf der Geburtstagfeier seines besten Freundes Lasse eingeladen, als ihn ein fremdes Mädchen mit blauen Haaren anspricht. Durch sie zieht er die Aufmerksamkeit gruseliger Wesen auf sich und es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd durch die umliegenden Straßen. Quinn wird dabei schwer verletzt und liegt einige Zeit im Krankenhaus. Als er entlassen wird, sitzt er im Rollstuhl und sieht plötzlich surreale Dinge, wie sprechende Statuen oder grinsende Skelettschädel.
Quinn ist ein allseits beliebter und cooler Typ, der plötzlich durch seinem Unfall und sein komisches Verhalten zum Außenseiter wird. Er weiß nicht mit wem er über seine fantastischen Wahrnehmungen und bösen Träume sprechen soll. Da kommt Matilda ins Spiel. Sie ist das Nachbarmädchen aus der unsympathischen Nachbarsfamilie, die er ständig mit ihrer Cousine verwechselt und der er schon einige Streiche gespielt hat. Matilda schwärmt schon lange für Quinn, doch sie ist so gar nicht sein Typ. Sie bietet sich an, seinen Rollstuhl zu schieben und ihn bei seiner Suche nach den gruseligen Wesen zu unterstützen. Mit der Zeit vertraut er sich ihr an, denn Matilda bringt einiges an "Fantasywissen" aus ihren Büchern mit. In einer mystischen Welt voller schicksalhafter Prophezeiungen und Rätsel steht sie ihm bei...

Die Edelsteinreihe habe ich wirklich gefeiert, die Silber Trilogie war mir etwas zu kindlich. Mit dieser Reihe trifft Kerstin Gier wiederum die eher jüngere Zielgruppe, ähnlich wie bei "Silber".
Der Auftaktband der "Vergissmeinnicht" Trilogie beginnt richtig spannend, flacht aber sehr schnell ab. Es gibt eine ziemlich lange Einführung, viele Details und Hintergrundinformationen. Erst zum Ende hin wird es wieder richtig fesselnd und gemeinsam lösen Quinn und Matilda endlich einige Rätsel...natürlich nicht alle, denn wir haben die magische Welt ja erst betreten und haben noch weitere Bände vor uns. Das Ende macht auf jeden Fall neugierig auf die Fortsetzung.

Quinn ist zu Beginn ein nicht unbedingt sympathischer Charakter. Er verhielt sich Matilda oft nicht sehr loyal gegenüber, hat sie fast gemobbt und sehr oberflälich über Matildas Familie gedacht. Er entwickelt sich aber sehr schnell weiter und wird langsam zum Sympathieträger.
Matilda ist ein introvertiertes Mädchen, das gerne liest und sich auf ein magisches Abenteuer mit Quinn einlässt. Natürlich spielt hier auch die Liebesgeschichte zwischen den beiden eine Rolle, die manchmal fast ein bisschen kitschig daherkommt. Aber ich gehöre auch nicht der Zielgruppe an ;)

Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Quinn und Matilda erzählt. Der Ton ist sehr jugendlich und einfach. Kerstin Giers Humor dringt immer wieder durch und hat mich oft zum Schmunzeln gebracht. Wer die Edelstein-Trilogie kennt (wer kennt sie wohl nicht?) trifft auch auf eine ähnliche mystische Figur, die ich damals in dieser Reihe sehr liebgwonnen habe. Lasst euch überraschen!

Noch ein Wort zum traumhaften Cover! Der Fischer Verlag hat hier wieder Großartiges geleistet. Es ist nicht nur außen ein absoluter Hingucker, sondern auch auf den Innenseiten. Dazu kommt der tolle farbige Buchschnitt.... absolut gelungen!

Fazit:
Ein neues magisches Abenteuer für Kerstin Gier Fans, das hier vorallem die jüngeren Leser wieder begeistern wird. Ich habe das Buch gerne gelesen, aber an die Edelstein Trilogie kann es nicht anschließen, die wohl auch wirklich Jung und Alt lieben.

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Beginnt spannend und wird danach zu skurill

Auf Tod komm raus
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Dieser Kriminalroman hat mich vom Klappentext her angesprochen und deshalb habe ich zugesagt, als mir das Buch als Rezensionsexemplar von ehrlich & anders angeboten wurde.
Außerdem bin ich immer gerne ...

Dieser Kriminalroman hat mich vom Klappentext her angesprochen und deshalb habe ich zugesagt, als mir das Buch als Rezensionsexemplar von ehrlich & anders angeboten wurde.
Außerdem bin ich immer gerne in Schweden unterwegs, auch wenn mir im Thriller und Krimi Genre einige nicht so ganz zusagen, weil die Ermittler meistes kaputte Figuren sind. Leider ist das auch bei "Auf Tod komm raus" der Fall.

Doch zuerst beginnt der Krimi wirklich gut. Die Zwillinge Nicolas und Jasmine Moretti (ein in Österreich geläufiger Name ;) ) feiern gemeinsam Weihnachten und ihren bevorstehenden 30. Geburstag. Die Prophezeiung einer Wahrsagerin, dass einer von ihnen noch davor sterben wird, bereitet den Geschwistern etwas unbehagen. Deshalb wollen die Beiden zusammen bleiben und gegen jede Bedrohung gewappnet sein. Im Pub, in dem sie sich aufhalten, kommt es jedoch zu einer Auseinandersetzung, als sie sich auf der Toilette Kokain reinziehen. Die Geschwister fliehen vor dem betrunkenen und gewalttätigen Gast in Jasmines Wohnung. Dort fühlen sie sich sicher und werfen auch gleich noch weitere Tabletten ein. Als Nicolas erwacht, liegt er auf dem Schoß seiner blutüberströmten Schwester, die während der Nacht brutal ermordet wurde. Warum hat er davon nichts mitbekommen? Oder ist er gar selbst der Täter? Nicolas kann sich an nichts mehr erinnern, nachdem sie die Tabletten eingeworfen haben und flieht...
Sehr weit kommt Nicolas nicht und wird geschnappt. Als ehemaliger Profi-Fußballer vertritt ihn die Staranwältin Angela Köhler. Sie holt sich die ehemalige Polizisten Ebba Tapper dazu, die nach einem gewaltsamen Zwischenfall entlassen wurde. Nun bekommt sie eine zweite Chance und soll in dem spektakulären Moretti-Mord privat ermitteln.

Ich bin gut in die Geschichte eingestiegen. Nicolas ist ein ehemaliger Profi-Fußballer, der durch seinen Drogenkonsum abgestürzt ist und sich nicht erinnern kann, was in dieser Nacht passiert ist. Seiner Verteidigerin öffnet er sich ebenfalls nicht und als Leser ist man unsicher, ob er etwas mit dem Mord zu tun hat oder nicht. Seine Zwillingsschwester Jasmine scheint allerdings auch in zwielichten Kreisen zu verkehren und generell ist die Familie Moretti alles andere als koscher.

Ebba ist die typische skandinavische Ermittlerin. Sie ist Alkoholikerin und nimmt sich jeden Tag aufs Neue vor nicht mehr zu trinken. Ihre Aussetzer machen ihr Angst und dennoch verfällt sie jeden Tag aufs Neue dem Alkohol. Trotzdem hat sie eine gute Spürnase und ist extrem hartnäckig.
Staranwältin Angela Köhler erscheint zuerst seriös, doch mit der Zeit offenbart auch sie Seiten, die mich immer mehr den Kopf schütteln ließen. Das ist einer der Gründe, warum ich nach etwa der Hälfte auch den Krimi nicht mehr richtig ernst nehmen konnte.
Die Protagnisten sind allesamt keine Sympathieträger. Mit der Zeit erkennt man immer mehr Eigenheiten an ihnen, die man sich nicht von Juristen oder Polizisten wünscht. Die Ermittlungen werden immer dubioser und unglaubwürdiger, genauso wie die Handlungen der überschaubaren Figuren.. Unter dem Strich sind praktisch alle Charaktere nicht wirklich normal, sondern psychisch instabil, anderweitig geschädigt oder alkohol- und/oder drogenkrank. Einzig Polizist und Ermittler Simon scheint normal zu sein und hilft Ebba immer wieder aus der Patsche.
Ich mag Figuren mit Ecken und Kanten, aber hier ist es mir zu viel geworden. In "Auf Tod kommt raus" agiert niemand mehr normal oder was man für normal halten kann.

Die Grundstimmung des Krimis ist düster und es liegt viel Verzweiflung und Negatives in der Luft. Die Wahrheit lässt sich nicht greifen, da alle etwas zu verbergen haben.

Die Geschichte ist aber auf jeden Fall interessant konstruiert und spannend. Sie wartet mit einem unerwarteten Ende auf, das ich kurz davor in Erwägung gezogen und somit recht hatte. Der Fall ist gelöst und trotzdem bleibt noch ein kleines bisschen offen, das neugierig auf den nächsten Band macht.

Fazit:
Ein ungewöhnlicher Krimi, der gut beginnt und dann leider ziemlich abflacht. Die Figuren agierten für mich immer unglaubwüdiger und mit der Zeit konnte ich sie nicht mehr richtig ernst nehmen. Trotzdem lässt sich die Handlung spannend lesen und ich hatte nie den Wunsch abzubrechen, da ich wissen wollte, ob Nicolas schuldig ist oder nicht und wie Ebba den Fall lösen wird. Den zweiten Fall werde ich allerdings nicht mehr lesen.

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Veröffentlicht am 22.01.2022

Trümmerkinder

Heul doch nicht, du lebst ja noch
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Letztes Jahr war "Dunkelnacht" von Kirsten Boie eines meiner Jahres Highlights. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass ich "Heul doch nicht, du lebst ja noch" von der Autorin via Lovelybooks lesen durfte.

Auch ...

Letztes Jahr war "Dunkelnacht" von Kirsten Boie eines meiner Jahres Highlights. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, dass ich "Heul doch nicht, du lebst ja noch" von der Autorin via Lovelybooks lesen durfte.

Auch der neue Jugendroman befasst sich mit dem Thema Zweiter Weltkrieg bzw. spielt kurz nach dessen Ende. Als Leser begleiten wir eine Woche lang die drei Jugendlichen Jakob, Traute und Hermann. Sie treffen im völlig ausgebombten Hamburg aufeinander und kommen aus sehr unterschiedlichen Familienverhältnissen.

Zuerst lernen wir Jakob kennen, der sich in einer ausgebombten Wohnruine im dritten Stock versteckt. Das Versteck hat ihm ein ehemaliger Nachbar, Herr Hoffmann, gezeigt, wo er ihn mit Lebensmittel versorgt. Doch eines Tages kommt Herr Hoffmann nicht mehr und Jakob muss versuchen irgendwie an Essen zu kommen. Jakob ist Halbjude und weiß nicht, dass der Krieg bereits zu Ende ist. Sein Schicksal steht stellvertretend für die Verfolgung jüdischer Familien.

Traute ist die Tochter einer Bäckerfamilie. Seit kurzem sind in ihrem Elternhaus Flüchtlinge aus dem Osten einquartiert, denn die Bäckerei ist eines der wenigen Häuser im Umkreis, das nicht zerstört wurde und wo wieder Brot gebacken wird. Traute geht es dadurch verhältnismäßig gut, doch sie vermisst die Schule und ihre Freundinnen.

Hermann ist der Ideologie der Nazis noch immer anhängig und kann mit der Niederlage schwer umgehen. Er trauert seiner Zeit als HJ-Führer nach. Noch schlimmer ist aber die Verwundung seines Vaters, der beide Beine im Krieg verloren hat. Während die Mutter für den Lebensunterhalt sorgt, muss sich Hermann um seinen Vater kümmern, der völlig bewegungsunfähig ist. Hermann fehlt es an Perspektive, denn die Engländer, die Hamburg besetzen sind seine Feinde. Zusätzlich erleidet er einen Schicksalsschlag, der weitreichende Folgen hat.

Während einige mit Kirsten Boies sehr knackigen Schreibstil mit kurzen Sätzen nicht gut zurechtkommen, habe ich damit überhaupt keine Probleme. Die Geschichte wird in Präsens und abwechselnd aus den Perspektiven von Traute, Jakob und Hermann erzählt, wobei jeder auf seine eigene Art und Weise unter den Folgen des Krieges leidet. Insbesondere Jakob und Hermann sorgen für ein intensives Bild dieser Zeit und stehen eigentlich auf verschiedenen Seiten. Nur Traute war mir etwas zu blass. Sie wirkt eher wie ein Bindeglied zwischen den beiden Jungen. Die wenigen Nebenfiguren sind kurz angerissen und tragen trotzdem zur Entwicklung bei. Besonders der kleine Max hat dabei mein Herz berührt. Er ist es auch, der den anderen die Augen öffnet und ihnen vieles näher bringt, was sich in den letzten Kriegsjahren abgespielt hat.

Kirsten Boie versteht es ihre drei Hauptfiguren bewertungsfrei darzustellen. Keiner von ihnen ist schwarz-weiß gemalt, sondern jeder hat seine guten und schlechten Seiten. Diese Geschichte, die nur eine Woche umfasst, ist intensiv und hat als zentrale Themen Schuld, Wahrheit, Angst und Wut. Das Ende kommt fast etwas zu schnell...

Fazit:
Ein bewegendes und gut recherchiertes Jugendbuch, das nicht an die Intensität von "Dunkelnacht" heranreicht. Trotzdem ist die Geschichte, die kurz nach dem Kriegsende spielt, auch diesmal wieder intensiv erzählt. Ein Einblick in drei sehr unterschiedliche jugendliche Seelen, die an Perspektivlosigkeit durch den Krieg leiden. Nicht nur für Jugendliche, sondern für alle Altersgruppen geeignet! #gegendasvergessen

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