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Veröffentlicht am 23.09.2019

Leichter Wohlfühlroman mit einigen Schwächen

Herbstblüten und Traubenkuss
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Emilia Schilling's neuer Wohlfühlroman erzählt die Geschichte der 28-jährigen Mona, die ihren Job in der Agentur, die sie mit aufgebaut, verloren hat. Auch ihr Freund hat die Fliege gemacht und so steht ...

Emilia Schilling's neuer Wohlfühlroman erzählt die Geschichte der 28-jährigen Mona, die ihren Job in der Agentur, die sie mit aufgebaut, verloren hat. Auch ihr Freund hat die Fliege gemacht und so steht sie ohne Job und Wohnung da und kommt kurze Zeit bei ihrer Freundin Bianca unter. Diese nutzt sie allerdings zum Kinderhüten aus und ist ihr nicht wirklich eine Stütze. Da kommt ihr der Buchhalterjob in einer Detektei gerade recht. Doch der Inhaber verspricht ihr den Job nur, wenn sie zuerst den Winzersohn Oliver Feeberger ausfindig machen kann. Dieser soll nach fünf Jahren in die heimatliche Buschenschank zurückkehren und soll verhindern, dass ein Nobelheuriger den Familienbetrieb übernimmt. Oliver wird bald gefunden und willigt ein zurückzukehren, wenn Mona die restliche Saison auf dem Weingut und in der Buschenschank mitarbeitet. Mona überlegt nicht lange...zwei Monate sind schnell rum und das Geld kann sie brauchen. Außerdem muss sie nicht mehr im Kinderbett von Biancas Sohn schlafen, sondern kann direkt am Weingut übernachten. Doch so einfach, wie sich das Mona vorstellt, ist es nicht....

Ich habe bereits "Sommerglück und Blütenzauber" von der Autorin gelesen und fand diesen Roman einfach süß und erfrischend. Deshalb freute ich mich auf ihren neuen Roman wirklich sehr. Es gibt auch ein kleines Wiedersehen mit Rita, der Hauptprotagonistin, aus dem Vorgängerband, was ich toll fand.
Im Gegensatz zur liebenswerten Rita hatte ich allerdings einige Probleme mit Mona, unserer Protagonistin aus "Herbstblüten und Traubenkuss". Sie scheint mit ihren 28 Jahren nicht nur komplett aus der Welt gefallen zu sein, sondern hat absolut kein Selbstbewusstsein. Dies scheint vorallem den Eltern geschuldet, die ihr immer wieder zu verstehen geben, dass sie ihren Anforderungen nicht entspricht. Die beiden Zahnärzte wollten ihre Tochter als Nachfolger einsetzen, doch Mona ist mehr Zahlenmensch und verweigerte das Studium.
Angekommen in der Buschenschank in den Hügeln vor Wien, weiß sie weder wie man kocht, noch wie man sich außerhalb des Büros durchs Leben schlägt. Für mich war Mona weder glaubwürdig, noch konnte ich sie wirklich ins Herz schließen. Auch ihre sofortige Zusage mit Oliver mitzugehen, fand ich etwas unrealistisch. Zusätzlich lässt sich Mona von ihrer "besten" Freunden richtig ausnutzen. Es ist eine sehr einseitige Freundschaft, denn Bianca gibt ihrerseits eigentlich nichts zurück.
Ins Herz geschlossen habe ich jedoch Lore, Olivers Großmutter. Sie ist der Fels in der Brandung und schupft den Betrieb. Aber auch Olivers Schwester Nina ist absolut liebenswert. Seit einem schweren Autounfall sitzt sie im Rollstuhl. Das familiäre Band, das die Feebergers zusammenhält, ist auch durch jede Zeile spürbar, was mir sehr gefallen hat. Manche Leserinnen in der Leserunde haben die fehlende romantische Liebesgeschichte vermisst. Dies hat mich wiederum nicht gestört, denn ich habe es lieber kitschfrei. Ich muss aber trotzdem sagen, dass mir das Prickeln zwischen Mona und Oliver gefehlt hat und die Liebesgeschichte erst gegen Ende hin glaubwürdiger wurde.

Wohlgefühlt habe ich mich in der Buschenschank der Familie. Als Österreicherin waren mit natürlich alle Begriffe und Speisen bekannt. Außerdem lebe ich selbst nur wenige Kilometer vom Weinbauangebiet der Wachau entfernt. Die Landschaftsbeschreibungen sind atmosphärisch. Interessant und realitätsnah sind die Einblicke in die Arbeit der Weinbauern. Die Weinlese und die Erklärungen betreffend dem Unterschied zwischen Buschenschank und Heurigen, wie auch das Leben auf dem Lande, wurden sehr bildhaft beschrieben.

Atmosphärisch wunderbar, das Lokalkolorit stimmt ebenfalls, allerdings hakt es etwas an den etwas überzeichneten Charakteren und manchem Realitätsbezug. Im Großen und Ganzen hat mich der Roman - trotz meiner Kritikpunkte - gut unterhalten. Ich weiß, dass es die Autorin besser kann, deswegen freue ich mich auch schon auf ihr nächstes Buch, das wohl im Winter spielen wird.

Schreibstil:
Emilia Schilling schreibt leicht und flüssig. Man kommt schnell in der Geschichte voran. Die sehr bildhaften Beschreibungen der Umgebung, sowie der vorhandene Lokalkolorit konnten mich überzeugen. Die Charaktere sind facettenreich.
Über manche Kapitel steht eine Erklärung zu einer Tradion, die im kommenen Kapitel Einsatz findet. Die Autorin hat ebenfalls die im Roman verwendeten Buschenschank-Rezepte hinzugefügt. Am Ende befindet sich ein österreichisch-deutsches Glosaar, das ich natürlich nicht benötigte ;)

Fazit:
Ein leichter Wohlfühlroman, der das Leben in einem Winzerbetrieb sehr atmosphärisch beschreibt. Leider gibt es einige Kritikpunkte, über die ich nicht hinweg sehen konnte. Wer nette Unterhaltung ohne Kitsch sucht und über einige Logikfehler hinweg sehen kann, ist hier richtig. Für mich war dieses Buch um einiges schwächer, als der Vorgängerroman.

Veröffentlicht am 20.09.2019

Toller Trilogie-Abschluss

Mostviertler Jagd
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Im dritten und letzten Teil der Mostviertel-Trilogie rund um Kommissar Brandner und der Schuhfabrik Schuster sind wir wieder zurück in Waidhofen an der Ybbs bzw. Ybbsitz.
Leopold Brandner wurde nach seinem ...

Im dritten und letzten Teil der Mostviertel-Trilogie rund um Kommissar Brandner und der Schuhfabrik Schuster sind wir wieder zurück in Waidhofen an der Ybbs bzw. Ybbsitz.
Leopold Brandner wurde nach seinem letzten, leider nicht so erfolgreichen Fall, vom BKA Wien zum LKA in Sankt Pölten strafversetzt. Nun pendelt er regelmäßig zwischen Wien, Sankt Pölten und Waidhofen hin und her und hält deswegen Ausschau nach einem Haus in der niederösterreichischen Landeshaupstadt. Doch seine drei Frauen sträuben sich hartnäckig und wollen nicht übersiedeln. Als in Waidhofen ein Wilderer sein Unwesen treibt, soll Brandner ermitteln. Nach menschlichen Leichen wird er nun zu tierischen gerufen...
Nach dem schrecklichen Wildererfall von Annaberg, bei dem es Tote gab, ist die Polizei in Alarmbereitschaft. Nach einigen illegalen Abschüssen steht Brandner dann doch vor einer menschlichen Leiche im Wald. Außer einem Schuhabdruck und dem bereits bekannten Projektil gibt es keinerlei Spuren. Hat der Wilderer den Toten überrascht oder war es ein geplanter Mord?

Hans Meyer hat zwar im letzten Fall den Serientäter ausgeschaltet, jedoch seine Freundin Juliane verloren und schwört Rache. Seine Schwester Resi hat den Überfall noch immer nicht verkraftet und sucht Trost im Alkohol. Aus der hoffnungsvollen Musical Darstellerin ist ein psychisches Wrack geworden.

Leo Brandner gerät von seinem Vorgesetzten unter Druck. Die Spuren sind minimal und die Lösung meilenweit entfernt. Zusätzlich bremst ihm der lange Arbeitsweg und die Weigerung seiner Damen nach Sankt Pölten umzuziehen.

Obwohl es sich hier um den dritten Teil einer Trilogie handelt, kann Mostviertler Jagd auch alleinstehend gelesen werden, denn der Autor erinnert immer wieder an die Fälle in den Vorgängerbänden. Trotzdem empfehle ich wieder die Bücher der Reihe nach zu lesen, denn einige Bezüge zur Handlung sind für Neulinge der Trilogie manchmal schwer herzustellen.

Die Gegend rund um Waidhofen und Ybbsitz wurde wieder sehr detailliert und bildhaft dargestellt. Da ich die Gegend gut kenne, ist es immer besonders interessant, wenn man ein Buch liest, das in der eigenen Heimat spielt.
Aber auch der eigentliche Fall um den anfänglichen Wilderer und anschließenden Mörder ist gelungen. Doch handelt es sich wirklich um nur einen oder doch um zwei verschiedene Täter? Man rätselt bis zum Schluss und bekommt trotzallem ein stimmiges und logisches Ende.

Die Charaktere sind facettenreich dargestellt. Die meisten kennen wir schon aus den Vorgängerbänden, jedoch findet bei einer der Figur eine charakterliche Wandlung zum Positiven statt. Die Spannung steigt in der zweiten Hälfte stark an und der Autor legt gekonnt falsche Spuren. Das Ende ist stimmig und ein gelunger Abschluss der Trilogie.

Ich freue mich schon auf die Lesung mit dem Autor im Oktober. Es wird mein zweites Zusammentreffen mit Helmut Scharner sein.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eher ruhig und detailliert. Wechselnde Perspektiven sorgen für Spannung und Dynamik. In kursiver Schrift werden die Gedanken von Brandner eingeblendet und man kann sich noch besser in den Kommissar hineinversetzen. Die eher kurz gehaltenen Kapitel lassen sich schnell weglesen. Der Regionalkrimi ist atmosphärisch und birgt auch viel Lokalkolorit.

Fazit:
Der Abschlussband der Mostviertel-Trilogie hat mir insgesamt am Besten gefallen. Man merkt, wie sich der Autor mit seinem Büchern gesteigert hat. Mit viel Lokalkolorit, charismatischen Figuren und einigen falschen Spuren, die Scharner gekonnt legt, hat man einen spannenden Finalband in seinen Händen.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Liebe ein Leben lang?

Für immer die Deine
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Der Klappentext dieses Romans hat mich schon in der Verlagsvorschau angesprochen und deswegen habe ich mich sehr gefreut, als ich bei Lovelybooks das Buch für die Leserunde gewonnen habe. Auf zwei Zeitebenen ...

Der Klappentext dieses Romans hat mich schon in der Verlagsvorschau angesprochen und deswegen habe ich mich sehr gefreut, als ich bei Lovelybooks das Buch für die Leserunde gewonnen habe. Auf zwei Zeitebenen begleiten wir zwei Frauen und ihren Schicksalen, wobei der Gegenwartsstrang eher Rahmenhandlung bleibt.

Zum 80. Jahrestag des Kriegsbeginns möchte das Hamburger "Zeitgeist"-Magazin eine Sonderausgabe bringen und Zeitzeugen interviewen. Diejenigen, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben, werden immer weniger und das Aufspüren dieser Personen ist gar nicht so einfach. Die Journalistin Marie, die zuvor bei einer Frauenzeitschrift gearbeitet hat, sieht ihre Chance gekommen, endlich ihren Chef zu überzeugen, dass sie auch für ein renommiertes Blatt, wie den Zeitgeist, schreiben kann. Doch noch fehlt ihr eine passende Geschichte. Da erfährt sie von einem Pärchen im Alten Land, das ihren unglaublichen 79. Hochzeitstag gefeiert hat. Marie sieht ihre Chance gekommen und macht sich auf den Weg zu Klara und Fritz Hansen ins Alte Land....

Das Versprechen des erst 6-jährigen Fritz an seine kleine Freundin Klara, sie später einmal zu heiraten, trifft schneller ein, als geplant. Als die 17-jährige Tochter des größten Obstbauern vom Pfarrersohn schwanger wird, müssen die Beiden heiraten. Ein kleiner Skandal im Alten Land im Jahre 1939. Doch Fritz und Klara sind glücklich. Kurze Zeit nach der Hochzeit bricht jedoch der Zweite Weltkrieg aus und Fritz wird eingezogen. Klara bleibt mit dem gemeinsamen Sohn Paul in Hamburg, wo sie sich eine Wohnung genommen haben. Der Krieg dauert immer länger und als die Versorgungslage immer schlechter wird, sorgt sie sich um den alten Mann im Obergeschoß des Wohnhauses. Sie kauft für ihn mit ein und entdeckt sein wahres Geheimnis....

Jana Voosen hat mit ihrem neuen Roman auf zwei Zeitebenen, der größtenteils während des Zweiten Weltkrieges und davor spielt, in ein für sie neues Genre "hineingeschnuppert" und das ist ihr gelungen!
Eine Liebe, die ein Leben lang hält, ist in unserer schnelllebigen Zeit äußert selten geworden. Auch Marie ist seit zwei Jahren nach einem Seitensprung ihres Mannes von ihm getrennt. Die Autorin greift in "Für immer die Deine" das Thema Vergebung und verzeihen an, welches sich als roter Faden durch beide Handlungsstränge zieht.
In Rückblenden erzählt Klara Marie in sehr eindringlichen Worten ihre Lebensgeschichte. Diese konnte mich berühren und vollends überzeugen, auch wenn ich mit Klaras Verhalten nicht immer konform ging. Man lebt und leidet mit ihr mit, hofft und bangt und freut sich über positive Dinge. Die Autorin greift auch das Thema der Zwangssterilisation von Roma und Sinti auf, die für die Nazis "minderwertiges Leben" sind. Die Gräuel und Wirren des Krieges werden Teil von Klaras und Fritz Leben.
Der Gegenwartsstrang konnte mich hingegen nicht ganz überzeugen. Hier fühlte ich mich außen vor und es fehlte mir an Emotionen.

Schreibstil:
Jana Voosen hat einen sehr angenehmen und flüssigen Schreibstil, der mich schnell inm Buch versinken ließ. Die Charaktere, bis hin zu allen Nebenfiguren, sind facettenreich und lebendig gezeichnet. Besonders im Vergangenheitsstrang lebte ich mit ihnen richtig mit. Im Gegenwartsstrang hatte ich allerdings ein bisschen Mühe damit. Hier blieb mir Marie etwas zu blass und sie fungierte eher nur als Chronistin.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Über jedem einzelnen stehen Orts- und Zeitangabe.

Fazit:
Eine ergreifende Lebens- und Liebesgeschichte mit historischem Hintergrund, die mich berühren konnte und zum Nachdenken anregt. Ich empfehle sie gerne weiter!

Veröffentlicht am 16.09.2019

Ritualmorde im Baskenland

Die Stille des Todes
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Vitoria, im spanischen Baskenland, erlebte vor 20 Jahren eine grausame Mordserie. Die Opfer waren ausnahmslos Paare. Sie sind gleich alt, kennen sich nicht und wurden symbolisch arrangiert. Der mutmaßliche ...

Vitoria, im spanischen Baskenland, erlebte vor 20 Jahren eine grausame Mordserie. Die Opfer waren ausnahmslos Paare. Sie sind gleich alt, kennen sich nicht und wurden symbolisch arrangiert. Der mutmaßliche Täter, der Historiker Tasio de Ortiz, wurde gefasst und verurteilt. Nun steht sein erster Hafturlaub bevor, als in der Kathedrale von Vitoria wiederum eine männliche und eine weibliche Leiche, nackt, die Hände an der Wange des anderen, gefunden wird. Exakt so arrangiert wie die Leichen vor 20 Jahren. Doch noch sitzt der damals Verurteile im Hochsicherheitstrakt. Wurde etwa der falsche Mann verhaftet? Oder gibt es einen Nachahmer?
Tasio wendet sich aus dem Gefängnis heraus direkt an Inspektor Unai Ayala, genannte "Kraken", und bietet ihm seine Hilfe an.Er glaubt die Gedankengänge und Motivation des wahren Täters zu kennen....

"Die Stille des Todes" ist der Auftakt einer neuen Thrillerreihe der baskischen Autorin Eva Garcia Sáenz. Der Einstieg in das Buch ist rasant, allerdings verwirren die spanischen Namen, viele Straßenbezeichnungen und Gebäudenamen, selbst für Leser mit Spanischkenntnissen, sehr. Die Bezeichnungen sind allerdings für spätere Schauplätze wichtig. Mit der Zeit findet man sich aber zurecht und taucht ein in eine grausame Mordserie, die absolut fesselt und uns an die schönsten Plätze der spanischen Stadt Vitoria führt. Allerdings benötigt der Thriller ein bisschen Anlaufzeit, da man neben den Schauplätzen auch die handelnden Figuren erst kennenlernen muss. Der komplexe Aufbau, den Eva Garcia Sáenz gekonnt angelegt hat, gibt nach und nach immer mehr Hintergrundinformationen rund um die symbolische Anordnung der Paare her.

In einem zweiten Handlungsstrang blendet die Autorin zurück in das Jahr 1970. Lange Zeit hat der Leser keine Ahnung wie diese Zeitebene und die Figuren zu den aktuellen Morden passen könnten. Gekonnt wird dadurch die Spannung erhöht und zum Schluss hin werden beiden Zeitstränge zusammengeführt.

Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Unai Ayala, dem eigentlichen Profiler im Team. Der sympathische Mann, der seine Frau und sein Kind verloren hat, liebt seine Heimat und seinen Goßvater, bei dem er aufgewachsen ist. Gemeinsam mit seiner Kollegin Inspektorin Esti Gauna versucht Ayala den Täter zu finden, denn die Morde finden in immer kleiner werden Abschnitten statt. Der zusätzliche Hype durch die Twitter Meldungen, die die Einwohner von Vitoria auf Alaya aufmerksam machen, erschweren allerdings die Nachforschungen. Als die Angriffe persönlich werden, haben Alaya und auch Esti nichts mehr zu verlieren. Zum Ende hin nimmt die Story nochmals richtig Fahrt auf und hält den Spannungsbogen hoch. Der Schluss ist nicht vorhersehbar, was ein zusätzlicher Pluspunkt ist.
Ich werde diese neue spanische Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen und freue mich schon auf den zweiten Fall, der bereits im Oktober auf Deutsch erschienen wird.

Schreibstil:
Der flüssige Schreibstil, als auch die historischen und bildhaften Beschreibungen der Stadt Vitoria und der Umgebung, haben mich an den Thriller gefesselt. Einige unnötige Details bringen auch ein paar kleine Längen in den Thriller, störten mich aber nicht wirklich.
Der Thriller hat 25 Kapitel, bei denen als Überschrift der Tweed von Tasio eingeblendet wird.

Fazit:
Ein gelungener Reihenauftakt mit einem nicht so alltäglichen Schauplatz und einem sympathischen Ermittlerteam. Düster und fesselnd mit überraschenden Wendungen. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall von Unai Alaya.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Das Leben der Daisy von Pless

Die englische Fürstin
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Im historischen Roman "Die englische Fürstin" - zwischen Glanz und Rebellion, begleiten wir Daisy von Pless durch ihr bewegtes Leben am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts.

Mary Theresa Olivia ...

Im historischen Roman "Die englische Fürstin" - zwischen Glanz und Rebellion, begleiten wir Daisy von Pless durch ihr bewegtes Leben am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts.

Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy, stammt aus altem verarmten englischen Adel. Sie wächst eher ungezwungen und mit wenig Bildung auf, obwohl sie zum elitärsten Kreis der englischen Aristokratie gehört. Ihre Schönheit lässt sie zum strahlenden Mittelpunkt werden, als sie debütiert. Die Männer umschwärmen sie wie Motten das Licht und Daisy träumt von einer Liebesheirat, doch ihre Mutter hat eigene Pläne. Sie verheiratet ihre Tochter an den 12 Jahre älteren und schwerreichen Hans Heinrich von Pless. Der Deutsche bringt das gewünschte Geld ins Haus und die "von Pless" steigen in der Gunst des deutschen Kaisers auf. Daisy muss ihr Leben in England hinter sich lassen und kommt völlig unvorbereitet im pompösen Schloss Fürstenstein an. Sie hat weder Ahnung vom Eheleben, noch von der strengen Etikette des deutschen Adels. Das Personal wird ignoriert und nicht angesprochen, ganz anders als sie es von ihrem Zuhause gewohnt ist. Daisy fühlt sich einsam und unglücklich an der Seite des strengen und kühlen Hans. Bei Bällen und Pferderennen verzaubert sie die Aristokratie und selbst den Kaiser, einzig Hans bleibt steif und zurückhaltend. Als sie mitbekommt, wie die Arbeiter in den Kohlegruben ihres Mannes ausgebeutet werden, beginnt sie sich sozial zu engagieren. Ihr Mann versucht mit vielen Mitteln ihre Hilfsbereitschaft und ihre Anteilnahme zu unterbinden. Doch Daisy findet Mittel und Wege den Ärmsten der Armen zu helfen.Als der Erste Weltkrieg ausbricht ist sie trotz ihrer Stellung am Hofe plötzlich die Feindin im eigenen Land. Daisy, die sich immer für Frieden einsetzte, gerät zwischen die Fronten....

In einem zweiten Handelungsstrang lernen wir Joschi Siebenbürger kennen. Als sein Vater bei einem Grubenunglück in der Grube bleibt, ist es an ihm die Familie zu ernähren. Der erst 9jährige wird ebenfalls unter Tag geschickt, wird jedoch Pferdebursche. Die aufkeimende Liebe zu den Pferden ist für Joschi wie ein Lebensexelier. Er wird zum Pferdeflüsterer und landet schlussendlich in den Stallungen von Hans von Pless, wo auch Daisy auf ihn aufmerksam wird.
Sabine Weigand hat sich in ihrem neuem historischen Roman dem Leben dieser interessanten Frau angenommen, die Ende des 19. Jahrhunderts debütiert und nach Deutschland verheiratet wird. Sie hält sich dabei sehr nah an die historischen Fakten. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist unbeschreiblich. Während Hans und Daisy in Indien auf Tigerjagd gehen und der Schlossumbau Millionen verschlingt, leben achtköpfige Familien in zwei Räumen und nagen am Hungertuch. Krankheiten und harte Arbeit, Seuchen und Hungersnöte sind allgegenwärtig, während der Adel rauschende Feste feiert. Durch ihren Stallburschen Joschi kommt sie mit der ärmlichen Bevölkerung in Berührung und versucht den Armen zu helfen und unter die Arme zu greifen.
Daisy von Pless entwickelt sich im Laufe der Jahre von einem naiven jungen Ding zu einer beeindruckenden jungen Frau, die die strengen Fesseln des Adels zu sprengen versucht. Ihre politische Weitsicht hat mich ebenfalls beeindruckt.

Sabine Weigand hat wieder einen beeindruckenden und informativen historischen Roman geliefert, der das Leben von Daisy von Pless schildert. Ihre Geschichte wird in verschiedenen Erzählformen vermittelt. Die Autorin lässt die Hauptprotagonistin aus ihrer Sicht, aber auch aus der von Joschi erzählen. Ebenso gibt es einen allwissenden Erzähler. Zeitungsausschnitte, Briefe von Daisy an ihre Familie in England und Auszüge aus ihrem Tagebuch runden die Geschichte ab und geben ihr noch mehr Authentizität. Durch einige Wiederholungen und etwas ausschweifende Erzählungen haben sich leider auch ein paar kleine Längen in den Roman geschlichen und eine kleine (fiktive) Episode fand ich unglaubwürdig.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt lebendig und detailliert. Man merkt sofort, dass Sabine Weigand Historikerin ist. Die gekonnte Verknüpfung von Historie und Fiktion ist ihr absolut gelungen.
Auf dem Cover des Romans befindet sich ein Foto der Hauptprotagonistin, als auch vor jedem größeren Abschnitt des Buches, das in vier Teile gegliedert ist. Über den Kapitel befinden sich Zeit- und Ortsangaben.

Im Nachwort informiert Sabine Weigand den Leser darüber, welche Passagen historisch belegt sind und welche ihrer schriftstellerischen Freiheit entspringen. Ein Personenverzeichnis rundet dieses wunderbare Buch noch ab.

Fazit:
Ein gelungenes und informatives Portrait einer starken Frau, die sich gegen die Konventionen auflehnt und die Ärmsten unterstützt. Sabine Weigand hervorragend recherchierter Roman, der gekonnt Historie und schriftstellerische Freiheit verknüpft, lässt einem tief in die Zeit, wo Frauen keinerlei Rechte hatten, blicken. Für Freunde historischer Romane, die über das Schicksal einer starken Frau ihrer Zeit lesen möchten.