Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2024

Biografischer Roman über die Krimiautorin Agatha Christie

Agatha Christie
0

Die Kriminalromane rund um die Ermittler Hercule Poirot und Miss Marple aus der Feder Agatha Christies sind wohl jedem ein Begriff, wenn nicht als Buch, dann in der Verfilmung. Umso schöner ist es, jetzt ...

Die Kriminalromane rund um die Ermittler Hercule Poirot und Miss Marple aus der Feder Agatha Christies sind wohl jedem ein Begriff, wenn nicht als Buch, dann in der Verfilmung. Umso schöner ist es, jetzt den Lebenslauf der berühmten Krimiautorin in Romanform lesen zu können. Der Roman hält sich bei den meisten Ereignissen an wahre Begebenheiten und enthält nur einige Ausschmückungen bzw. Auslassungen, wie die Autorin Susanne Lieder in ihrem Nachwort noch einmal explizit feststellt. Diese hat jedenfalls wunderbar recherchiert, was umso beeindruckender ist, als dass sie nur sehr wenig über Agatha Christie wusste, als ihr das Buchprojekt angetragen wurde. Herausgekommen ist eine Geschichte, die sich einfach liest und eine Frau portraitiert, die zu ihrer Zeit (geboren 1890) als berufstätige Schriftstellerin ungewöhnlicher Weise selbständig und unabhängig war. Damit reiht sich das Buch gut ein in die weiteren im atb-Verlag erschienenen Bücher um über mutige und außergewöhnliche Frauen (von Madame Picasso über Marilyn zu Astrid Lindgren). Besonders schön ist es zu erfahren, auf welche Weise Agatha Christie ihre Krimiprotagonisten und einige derer Fälle erfunden hat.
Zu empfehlen für Leser von Krimis mit Interesse für deren Autoren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.06.2024

Ein Iraner im Exil

Das Ende ist nah
0

Dieses Buch zu lesen, lohnt sich wirklich, gerade weil es so deutlich die aktuelle prekäre Situation der Geflüchteten aus Ländern wie dem Iran, Afghanistan oder der Türkei abbildet. Offenbar ist die Geschichte ...

Dieses Buch zu lesen, lohnt sich wirklich, gerade weil es so deutlich die aktuelle prekäre Situation der Geflüchteten aus Ländern wie dem Iran, Afghanistan oder der Türkei abbildet. Offenbar ist die Geschichte autobiografisch, wenngleich vom Protagonisten immer nur in Form von A. gesprochen wird. Doch die Situation A. ist identisch mit der Vita des Autors Amir Gudarzi, der genau wie A. 1986 in Teheran geboren wurde, dort szenisches Schreiben studierte und seit 2009 nach seiner Flucht über die Türkei im Zuge der studentischen Proteste gegen das Mullahregime im Exil in Wien lebt. A. erzählt seine Fluchtgeschichte stellvertretend für die Geschichte aller aus der Heimat Geflüchteter. Und diese Geschichte macht richtig betroffen. Das fängt bereits mit A.‘s Leben in Kindheit und Jugend im Iran an, von dem er immer wieder rückblickend erzählt, wo Gewalt Dritten gegenüber und extreme Frauenfeindlichkeit an der Tagesordnung sind. A. geht immer wieder auf Vergewaltigungen, Steinigungen und Hinrichtungen ein. In dem vermeintlich sichereren Österreich geht es kaum besser für ihn zu. Er wird angefeindet, gedemütigt, ausgebeutet, und das nicht nur von den Österreichern, sondern auch von seinen eigenen Landsleuten und Geflohenen anderer Nationalität wie Afghanen und Kurden. Einsamkeit und das stete Warten auf einen positiven Bescheid im Asylverfahren zermürben ihn und lassen ihn verzweifeln. Kein Wunder, dass A. psychisch krank wird. So ist es nur stimmig, wenn am Ende kein Happy End folgt. Leicht lesen lässt sich die Geschichte nicht immer. Vor allem die vielen Personen mit ihren fremdländisch klingenden Vornamen, denen A. im Laufe der Zeit begegnet, lassen sich nicht leicht einordnen. Und auch die Beziehung zu Sarah, die sich in A. verliebt, aber psychisch auch sehr instabil ist, nimmt einen verwirrenden Verlauf. Auch sollte man gefestigt genug sein, sich mit dieser inhaltlich schwierigen Kost auseinanderzusetzen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.06.2024

Ein Stück Familiengeschichte der Autorin

Seinetwegen
0

Bereits in ihrem früheren Roman „Die Marschallin“ hat sich die Autorin mit ihrer eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Konkret ging es darin um ihre Großmutter väterlicherseits. Nunmehr verfolgt Zora ...

Bereits in ihrem früheren Roman „Die Marschallin“ hat sich die Autorin mit ihrer eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Konkret ging es darin um ihre Großmutter väterlicherseits. Nunmehr verfolgt Zora del Bueno im Alter von sechzig Jahren die Spuren ihres Vaters, des Sohnes ebendieser Großmutter. Ihn hat sie nie gekannt, weil er dreiunddreißigjährig, als sie selbst noch im Babyalter war, bei einem von einem Dritten verursachten Verkehrsunfall ums Leben kam. Vor allem interessieren sie aber der Täter und die Frage, wie er zeit seines Lebens mit der auf sich geladenen Schuld leben konnte. Bei ihren Recherchen zu ihm ändert sie erstaunlicherweise ihre Einstellung zu dem Unfallverursacher und erlangt zugleich nie gehabte Informationen zu ihren Eltern. Tragisch ist, dass ihre noch lebende Mutter ihr keine Hilfe ist, weil diese schwer dement ist. Den Rahmen füllt sie mit Faktenwissen, Gesprächsaufzeichnungen mit Freunden, Lexikonwissen, Statistiken u.ä. aus. Obwohl das Thema sehr berührend für sie selbst ist, schreibt sie in einem nüchternen, knappen Stil, der sich gut lesen lässt. Herausgekommen ist ein wunderbarer Roman, der Leser von Familiengeschichten ans Herz zu legen ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.06.2024

Schöne Fortsetzung

Windstärke 17
0

Dies ist die ebenso gelungene Fortsetzung des Debütromans „22 Bahnen“ der Autorin. In Aufbau und Sprachstil sind beide Romane ähnlich. Sie lassen sich durchaus unabhängig voneinander lesen. Jetzt gibt ...

Dies ist die ebenso gelungene Fortsetzung des Debütromans „22 Bahnen“ der Autorin. In Aufbau und Sprachstil sind beide Romane ähnlich. Sie lassen sich durchaus unabhängig voneinander lesen. Jetzt gibt sie der jüngeren der beiden Schwestern Tilda und Ida das Wort, den beiden Töchtern einer alkoholkranken und an Depressionen leidenden Mutter, die kürzlich an einer Überdosis verstorben ist. Ida, inzwischen in ihren 20ern, macht sich enorme Schuldvorwürfe hinsichtlich des Todes ihrer Mutter und droht daran selbst zu zerbrechen. Kurz entschlossen lässt sie ihr altes Leben hinter sich und fährt möglichst weit weg, nach Rügen. Dort scheint sie sich zu fangen, nachdem sie herzlich von einem älteren Ehepaar aufgenommen wird und den – ebenfalls aufgrund seiner Vergangenheit verletzlichen - Leif kennenlernt. Dann allerdings droht sie aufgrund eines Ereignisses in ihrer neuen Familie wieder zurückzufallen in Wut und Schuldgefühle…
Trotz des problematischen und traumatischen Hintergrunds in Idas Leben ist es sehr erfrischend, über sie zu lesen. All ihre Wut und Schuld kommt sprachlich treffend zum Ausdruck. Darüber, ob Idas Schuldvorwürfe zutreffen, sollte jeder selbst werten. Es ist schön zu erfahren, dass Ida und ihre Mutter auch einige schöne Momente miteinander hatten. Ida reift und erholt sich sichtlich in den wenigen Wochen, die sie auf Rügen ist. Ganz besonders ist die sich allmählich entwickelnde Beziehung zwischen ihr und Leif. Formell finden sich ebenfalls einige Besonderheiten. So sind die vielen Dialoge nicht durch wörtliche Reden kenntlich gemacht, sondern schlicht durch Voranstellung des Namens des Sprechenden und einen Doppelpunkt.
Sehr zu empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.06.2024

Historisch interessant

Die kurze Stunde der Frauen
0

Die Autorin hat bereits einige Sachbücher über Die Schicksale von Frauen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg verfasst. Auf einige davon geht sie vorliegend ganz am Rande ein. Hier nun beschäftigt ...

Die Autorin hat bereits einige Sachbücher über Die Schicksale von Frauen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg verfasst. Auf einige davon geht sie vorliegend ganz am Rande ein. Hier nun beschäftigt sie sich mit der Frage, warum die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bald nach dem Zweiten Weltkrieg für Jahrzehnte hinweg in Deutschland rückläufig war, nachdem es doch die Frauen waren, die während des Krieges aufgrund der kriegsbedingten Abwesenheit der Männer zu Hause „den Laden geschmissen“ haben und nach Kriegsende als Trümmerfrauen das Land wiederaufgebaut haben. Dafür trägt die Autorin eine Menge zeitgenössisches Material zusammen – Tagebücher, Briefe u.ä., sogar Fotos, wodurch der Leser ein authentisches Bild erhält. So manche Frau, sei sie denn namhaft oder nicht, erhält eine Stimme. Am interessantesten, da neu für mich, war es zu lesen, wie Frau Gebhardt mit einigen Mythen aufräumt, vor allem mit dem der Trümmerfrauen. Einige Passagen, die von der Frauen zugefügten Gewalt handeln, sind sehr aufwühlend. Gut ist, dass unterschieden wird zwischen der Lage in der ehemaligen Bundesrepublik und in der ehemaligen DDR. Einzig einige Wiederholungen lassen mich das Buch nicht als komplette Glanzleistung bewerten.
Ein Buch, das ich LeserInnen mit Interesse an Geschichte und Feminismus/Emanzipation empfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere