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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2019

Verordnete Inspiration

The Wonderful Wild
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Das wirklich tolle Cover dieses Buches verspricht ein autobiografisches Sachbuch über die afrikanische Wildnis und die Tiere. Diese Erwartungshaltung muss ein Buch nicht automatisch erfüllen.

Die deutsche ...

Das wirklich tolle Cover dieses Buches verspricht ein autobiografisches Sachbuch über die afrikanische Wildnis und die Tiere. Diese Erwartungshaltung muss ein Buch nicht automatisch erfüllen.

Die deutsche Autorin Gesa Neitzel hatte sich als Rangerin in Afrika ausbilden lassen und darüber geschrieben. Das war bestimmt ein interessantes Buch, doch The wonderful wild ist es nur bedingt. Zwar geht es viel um Afrika, aber in erster Linie ist es ein Lebensratgeber, bei der die Leser direkt angesprochen werden. Das Belehrende ist problematisch. Nicht jeder mag es, vorgeschrieben zu bekommen, wie man zu leben hat. Die Autorin geht da meiner Meinung nach zu weit. Zudem bleibt vieles sehr an der Oberfläche. Naja, geschenkt! Was bleibt noch? Immerhin ein paar gute Details über die afrikanische Wildnis und den Tieren. Elefanten, Löwen etc. Manche Passagen waren wirklich nicht schlecht, immer symbolisch und vergleichend. Aber man muss sich klar darüber sein, dass Gesa Neitzel das aus dem Grund schreibt, den Leser zu beeinflussen und zu inspirieren, dass sich auch modernes Leben im Einklang mit der Natur befinden kann.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Jede Menge Stress im Himmel

Wer im Himmel auf dich wartet
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Dienstags bei Morrie fand ich eigentlich ganz gut, damals. Es ist ja schon viele Jahre her als ich es gelesen habe. Doch mit „Wer im Himmel auf dich wartet“ hatte ich unerwartet Probleme.

Die Ausgangssituation ...

Dienstags bei Morrie fand ich eigentlich ganz gut, damals. Es ist ja schon viele Jahre her als ich es gelesen habe. Doch mit „Wer im Himmel auf dich wartet“ hatte ich unerwartet Probleme.

Die Ausgangssituation ist ganz originell. So ein Ballonfahrtunglück mit einem Hochzeitspaar ist doch ungewöhnlich. Auch das es in der Kindheit der Protagonistin schon einmal in einem Vergnügungspark einen Unfall gab und das die Ereignisse in einen Kontext gestellt werden, überzeugt. Mitch Albom kann außerdem gut und sorgfältig schreiben. Das kann man nicht absprechen. Dennoch hat mich das Buch dann nur noch genervt, als es in Richtung Himmel ging, wo man dann 5 Leute trifft. Die Gespräche mit diesen Leuten sind eher verkrampft und zeigen, das man nicht einmal im Himmel seine Ruhe hat.

So einige Themen werden eingearbeitet. Auf manche hätte ich verzichten können, auch die Frage nach Schuld und Verantwortung ergeben so für mich keinen Sinn.
Am Ende bleibe ich ratlos zurück.
Es bleibt der Eindruck ein esoterisch verquastes Buch gelesen zu haben. Dafür ist mir meine Lesezeit zu schade.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Vor dem Putsch

Stumme Schwäne
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Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch ...

Die türkische Schriftstellerin Ece Temelkuran hatte mich dieses Jahr mit ihrem Sachbuch „Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur“ beeindruckt. Daher wollte ich auch einmal einen Roman von ihr lesen und Stumme Schwäne ist ein ebenso beeindruckendes Portrait der Türkei zu einer bestimmten Zeit, 1980 kurz vor dem Militärputsch. Das Land ist gespalten und zerrissen. Die Autorin war 1980 noch ein Kind, daher ist es sinnig, dass vieles aus den Perspektive von Kindern gezeigt wird. Anhand zweier Familien in Ankara sieht man den Zustand der Unruhe.
Immer wieder wechseln die Perspektiven, aber meistens ist es aus der Sicht der Kinder Ayse und Ali. Sie kommen aus verschiedenen Schichten. Ali, Sohn von armen Kurde, ist ein ernster Junge, der schon einiges versteht. Ayse ist noch naiv, nimmt aber doch vieles schon wahr, aus den besorgten Gesprächen der Erwachsenen.
Ein gut gewähltes Sinnbild für den Zustand des Landes sind die Schwäne, denen die Flügel gebrochen werden, um sie am wegfliegen zu hindern.
Die Kinder wollen die Schwäne retten, und irgendwie damit auch das Land, und sie wollen Schmetterlinge ins Parlament bringen.
Man spürt in diesem 2015 geschriebenen Roman auch Parallelen von 1980 zur Gegenwart.
Ece Temelkurans Stil ist ausdrucksstark, die Romanstruktur raffiniert gemacht. Ich kann das Buch nur empfehlen.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Taxifahrten durch die Nacht in Brüssel

Ich warte auf Dich am Ende der Straße
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„Ich warte auf dich am Ende der Straße“ ist der Debütroman des belgischen Schriftstellers Jerome Colin aus dem Jahr 2018.

Der Icherzähler ist ein 38jähriger Taxifahrer in Brüssel und in der Midlife-crisis. ...

„Ich warte auf dich am Ende der Straße“ ist der Debütroman des belgischen Schriftstellers Jerome Colin aus dem Jahr 2018.

Der Icherzähler ist ein 38jähriger Taxifahrer in Brüssel und in der Midlife-crisis. Zwar ist er verheiratet und hat Kinder, doch zufrieden ist er nicht. Sein Vater ist jung gestorben. Man kann während der Taxifahrten mit wechselnden Fahrgästen oder Wartezeiten seinen Gedanken folgen.
Es gibt auch Fahrgäste, die er regelmäßig fährt, z.B. Henry, ein älterer Mann in Hawaiihemd, der immer nur ein Ziel hat. Die Bar Le Jardin des fleurs. Sie verstehen sich nicht schlecht, ihre Gespräche gehen über das Leben und haben einen philosophischen Anklang.

Man kann von dem wehmütigen Erzähler, der sich kurzfristig von seiner Frau getrennt hat und nur noch von seiner Liebe mit Marie denkt, genervt sein. Aber die eine oder andere seiner Überlegungen kann man als Mann gut folgen. Vermutlich ist es nicht direkt ein Buch für Frauen, obwohl es betont sensibel geschrieben ist. Mir persönlich haben die musikalischen Einsprengsel gefallen, z.B. A Love Surpreme von John Coltrane, denn ihm ist Musik sehr wichtig.

Ein Ereignis wirft dann alles um und führt den Roman zu einem für mich befriedigen Ende.
Vielleicht kein wichtiger Roman, doch für einen Debütroman nicht schlecht und Potential des Autors ist erkennbar.

Veröffentlicht am 22.09.2019

128 Strophen Miroloi

Miroloi
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Mit Miroloi hat die Hamburger Schriftstellerin Karen Köhler einen außergewöhnlichen, parabelhaften Debütroman geschrieben. Es gab vor ihr vorher schon ein erfolgreicher Band mit Erzählungen.

Die Handlung ...

Mit Miroloi hat die Hamburger Schriftstellerin Karen Köhler einen außergewöhnlichen, parabelhaften Debütroman geschrieben. Es gab vor ihr vorher schon ein erfolgreicher Band mit Erzählungen.

Die Handlung von Miroloi wird von einer jungen Frau in einer rückwärtsgewandten, sektenartigen Gemeinschaft, die ihre eigenen Regeln haben und auf einer Insel fern den Rest der Menschheit leben. Da jedoch eine von dieser Gemeinschaft ausgeschlossen erzählt und reflektiert wird, werden die Mängel offensichtlich. Die Gemeinschaft ist ein Patriarchat. Keine Freiheit. Ablehnung von Technologie. Beschränkung von Rechten, Willkürliche Bestrafungen. Und es wird mit der Zeit immer schlimmer!

Die Icherzählerin ist ein Findelkind auf der Insel, daher wird ihr nicht einmal ein Name zugestanden. Grund auch, dass sie die Gesellschaft in Frage stellt und aufbegehrt.
Sie ist eine gelungen Hauptfigur, die den Roman tragen kann. Sie führt den Plot auch zu einem packenden Finale!

Stilistisch liest es sich gut, wie eine Litanei in 128 Strophen. Der Titel Miroloi heißt Totenklage.
Dass die Autorin diesen Stil konsequent durchhält, schätze ich an dem Roman.
Kritisch könnte man sagen, dass der Roman zu sehr ausformuliert und letztlich zu lang ist.
Die Zeitungskritik war sich uneinig über das Buch. Die Botschaft des Romans ist so simpel wie richtig. Ich finde, wenn man es thematisch nicht zu hoch hängt, ist es ein gutes Buch.