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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.09.2018

Die Aufarbeitung

Deutsches Haus
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Ich habe das Hörbuch gehört, das von Eva Meckbach gelesen wird.
Ihre leicht getragene, aber sorgfältige und passende Art zu lesen, spricht mich an.

Das Thema des Romans halte ich für immer noch relevant ...

Ich habe das Hörbuch gehört, das von Eva Meckbach gelesen wird.
Ihre leicht getragene, aber sorgfältige und passende Art zu lesen, spricht mich an.

Das Thema des Romans halte ich für immer noch relevant und in dieser Form selten umgesetzt. Die Hauptfigur, die junge Dolmetscherin Eva ist ahnungslos, was in den Lagern bis Kriegsende passiert ist. Doch im Prozess, in dem sie polnisch übersetzt, erfährt sie viel.
Von den meisten wird das Geschehen nach dem Krieg bis Mitte der sechsziger Jahre verdrängt. Niemand weiß etwas oder will etwas wissen. Doch das Nichtwissen über die Verbrechen ist nicht glaubwürdig. Und außerdem gibt es die, die uneinsichtig leugnen.

Je mehr Eva erfährt, desto mehr versteht sie auch, dass es sie selbst etwas angeht und ihre Kindheit nicht so klar, wie gedacht. Auch die Rolle der Eltern wird in Frage gestellt.
Diese Erfahrung verändert sie. Letztlich ist es ein Entwicklungsroman!

Veröffentlicht am 26.09.2018

warmherzig und humorvoll

Honig aufs Herz
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Honig aufs Herz ist ein komischer Titel, über den sich auch der männliche Protagonist wundert als Eve, die weibliche Hauptfigur, sich verspricht. Eigentlich wollte sie sagen „Hand aufs Herz“, aber es passt ...

Honig aufs Herz ist ein komischer Titel, über den sich auch der männliche Protagonist wundert als Eve, die weibliche Hauptfigur, sich verspricht. Eigentlich wollte sie sagen „Hand aufs Herz“, aber es passt trotzdem, denn die Story ist honigsüß. Eve startet als Privatdetektivin, obwohl sie auf den ersten Blick nicht besonders talentiert dafür scheint. Doch es war der Traum von ihr und ihrem verstorbenen Vater.
Ihr neuer Nachbar Nicolaj ist Taxifahrer und nach einem anfänglichen schmerzhaften Zusammenstoß freunden sie sich an.

Bei Romanen dieser Art ist mir wichtig, dass die Figuren sympathisch sind und Humor haben. Das ist hier der Fall, das primizive oder die Arroganz anderer Liebesromanhelden spürt man hier nicht.
Eher sind die beiden lange zurückhaltend. Komik ergibt sich auch aus anderen Passagen, z.B. in den Dialogen, wenn z.B. Eves Exfreund sie immer Äffchen nennt, ein unmöglicher Kosename. Auch zwischen Eve und ihrer Schwester gibt es lebhafte Dialoge, die funktionieren. Fast sind die Szenen zwischen Eve und Nicolaj die ernsthaftesten, vielleicht weil sie beide eine Vergangenheit verarbeiten müssen. Bei Nicolaj bleibt lange unklar, was es in seiner Vergangenheit gab.Als es endlich klar wird, versteht man seinen Zustand.

Der Plot funktioniert manchmal nicht ganz, aber es bleibt immer so interessant, dass man am Buch dranbleibt. Es gibt auch ein klein weng Action.
Es ist kein anspruchsvoller Roman, aber warmherzig und humorvoll und das ist mir am wichtigsten.

Veröffentlicht am 23.09.2018

Langer Nachtflug

Eine dieser Nächte
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Dieser Roman „Eine dieser Nächte“ umfasst einen 12stündigen Nachtflug von Bali nach Zürich, auf dem viel erzählt wird.
Insbesondere von dem Amerikaner Bill, der nicht gerade sympathisch ist. Seinen Erzählungen ...

Dieser Roman „Eine dieser Nächte“ umfasst einen 12stündigen Nachtflug von Bali nach Zürich, auf dem viel erzählt wird.
Insbesondere von dem Amerikaner Bill, der nicht gerade sympathisch ist. Seinen Erzählungen können sich die mitfliegenden nicht entziehen, dem Leser geht es ebenso. Jetzt hängt es vom Leser ab, ob er den Geschichten letztlich gerne folgt oder ob einen das Geschwätz in Überlänge unendlich langweilt.
Mr hat es nicht besonders gefallen, aber einige literarische Qualitäten muss man zugestehen und das ganze hat eine Form.
Es ist gut gemacht, wie die Schriftstellerin Emma, anscheinend ein alter Ego der Autorin Christina Viragh, das gehörte reflektiert und wie die Gedankenflüsse transportiert werden. Weitere mitfliegende sind Michael und Stefan sowie Walter. Leider empfinde ich die meisten der Figuren als überwiegend profillos.
Eine diese Nächte ist im Schweizer Dörlemann-Verlag erschienen und ist mit 480 Seiten ein mächtiges Werk.

Veröffentlicht am 22.09.2018

Am Mondsee

Unter der Drachenwand
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Arno Geiger hat viel Aufmerksamkeit für sein Werk erhalten. Es war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Sicher zu recht, auch wenn das mächtige Werk in seiner Detailliertheit Geduld vom Leser erfordert.

Der ...

Arno Geiger hat viel Aufmerksamkeit für sein Werk erhalten. Es war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Sicher zu recht, auch wenn das mächtige Werk in seiner Detailliertheit Geduld vom Leser erfordert.

Der mittelschwer verletzte Soldat Veit Kolbe verbringt seine Konvalenzzeit am Ende des Zweiten Weltkrieges in einem Bergdorf am Mondsee in Österreich. Dort ist auch die Drachenwand, eine hohe Felswand. Eine Umgebung, die ihren Teil zur Atmosphäre des Buches beiträgt.
Kolbes Eindrücke vermitteln ein Bild dieser Zeit, 1944, die wirklich keine einfache war. Die Kriegszeit verletzte die Menschen manchmal körperlich, oft aber auch emotional. Haltlosigkeit und Zerrissenheit sind die Folge.

Arno Geiger hat sich durch Briefe aus dieser Zeit zu dem Roman inspirieren lassen und ihm gelingt eine Sprache, die glaubwürdig ist.
Neben Veit Kolbes Erzählperspektive sind weitere Figuren wichtig, die briefartig erzählen. Lange Briefe sind auch in das Buch integriert.
Im Vordergrund ist der Alltag, Kriegspassagen gibt es nur wenige.

Ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst.

Veröffentlicht am 20.09.2018

Prager Nächte

Alchimie einer Mordnacht
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Schon so einige Banvilles und ein paar Blacks habe ich gelesen und schätze den eleganten Stil und sein Rafinesse bei der Gestaltung des Plots. Icherzähler ist der junge Gelehrte Christian Stern, der den ...

Schon so einige Banvilles und ein paar Blacks habe ich gelesen und schätze den eleganten Stil und sein Rafinesse bei der Gestaltung des Plots. Icherzähler ist der junge Gelehrte Christian Stern, der den Auftrag bekommt den Mordfall an der Geliebten des Kaisers aufzuklären. Es bleibt auch nicht die letzte Leiche. Allerdings ist Stern kein guter Detektiv und er stolpert mehr durch Prag als das er gezielt vorgeht. Prag ist 1599/1600 eine bedeutende Stadt. Kaiser Rudolf II hatte seinen Hof dahin verlegt und bedeutende Leute um sich versammelt, z.B. auch Kepler, über den Banville früher schon einmal ein Portrait geschrieben hatte. Hier hat er aber nur einen Gastauftritt. Rudolf hingegen ist sehr präsent, auch wenn er tatsächlich nicht so viele Auftritte im Buch hat.

Die Nächte in Prag sind geheimnisvoll. Die Stadt spielt die eigentliche Hauptrolle. Der Ablauf der Handlung funktionierte gut, die Erzählperspektive passte wieder einmal bestens. Es ist weder ein klassicher Krmi noch nur ein historischer Roman sondern tatsächlich in all seiner Pracht auch ein Stück faszinierende Literatur.