Meine Meinung: Als ich dieses Buch bei goodreads als gelesen markiert habe und dann gesehen habe, wie lange ich dieses Hörbuch tatsächlich gehört habe, musste ich erst mal erstaunt auf die Datumsangaben schauen. Ich habe mehr als einen Monat gebraucht um es zu hören. Das kann ich zwar auf die Länge von fast 11 Stunden schieben und auch auf das gute Wetter, das mich mehr Zeit draußen verbringen lässt aber was ich auch nicht leugnen kann ist, dass Girl On The Train mir ziemlich zugesetzt hat, weshalb ich die Geschichte immer nur in kleinere Etappen verfolgen konnte.
Dabei fängt alles ganz harmlos an und wird hören Rachel dabei zu, wie sie von ihren langweiligen und eintönigen Tagen berichtet, wie sie jeden Tag mit dem Zug nach London fährt und vorgibt dort zu arbeiten, wie sie jeden Morgen und jeden Abend an ihrem alten Haus vorbeifährt und wie sie ein paar Häuser weiter ein glücklich wirkendes Pärchen beobachtet, das sie Jess und Jason nennt. Ja, es ist fast schon ein wenig langweilig am Anfang. Hätte mich Rachel nicht so fasziniert. Nicht nur, dass die Stimme von Britta Steffenhagen perfekt zu dem Bild passt, das sich mir im Kopf von Rachel geformt habe. Nein, auch Rachel ist eine sehr interessante Persönlichkeit. In ihrem alten Haus wohnt ihr Ehemann, ihr EXehemann Tom. Zusammen mit seiner neuen Frau und ihrer kleinen Tochter. Und Rachel, die mehr zu verarbeiten hat, als nur die Trennung von Tom, wie man später im Buch erfährt, ertränkt ihren Kummer in Alkohol, wohnt derzeit bei ihrer Freundin. Sie gibt vor noch zu arbeiten, damit diese sich keine Sorgen macht, was das Geld angeht aber alles, um das es sich bei Rachel dreht sind der Alkohol und Jess und Jason. Jess und Jason, die glückliches Leben führen. So hat es auf Rachel auf jeden Fall den Anschein. Bis Jess verschwindet und Rachel ein paar Puzzleteile zusammensetzt, die bei der Suche nach Jess helfen könnten.
Und da ist sie, Rachel mittendrin im Fall der verschwundenen Megan, wie Jess in Wirklichkeit heißt. Auch sie kommt zu Wort und erzählt ihre Vergangenheit. Ebenso wie Anna, Toms neue Frau, die sich von Rachel verfolgt und bedrängt fühlt. Trotz meines Interesses für Rachel und auch für Anna und Megan, war keine der drei Frauen mir wirklich sympathisch. Das ist auch nicht unbedingt notwendig. Der befremdliche und distanzierte Eindruck der dadurch entstanden ist hat nur noch mehr zur Atmosphäre im Buch beigetragen. Diese ist sehr düster und auch irgendwie bedrückend. Das hat auch dazu geführt, dass ich so lange für das Hörbuch gebraucht habe. Für mich gehört eine düstere Atmosphäre in ein Buch wie dieses, es jagt uns Gänsehaut über den Körper und man liest immer mit einem unguten Gefühl in der Bauchgegend, wartet nur darauf, dass etwas passiert aber dennoch passiert nichts. An vielen Stellen war es dann aber doch etwas zu viel. Ein paar kleine Lichtblicke zwischendurch hätten nicht geschadet und mich beim hören ein wenig aus der depressiven Stimmung herausgeholt. Stattdessen wurde es immer dunkler und schlimmer, was mich dann an vielen Tagen vom Hören abgehalten hat. Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt.
Paula Hawkins Schreibstil ist so absolut fesselnd. Sie schafft es mit einfachen Worten lebendige Charaktere und detailreiche Landschaften zu schaffen und stellt das Geschehen prägnant dar. Sie ist die geborene Autorin für Krimis und Thriller und ich hoffe, dass wir nicht zum letzten Mal von ihr gehört haben. Nicht nur schreiben kann sie gut. Auch verwirren. Auf der Suche nach dem wahren Ablauf von Megans Verschwinden bzw. auch auf der Suche nach Megans möglichem Entführer lockt uns die Autorin sehr oft auf falsche Fährten, macht uns minutenlang weiß, dass wir die Lösung gefunden haben nur, um dann doch ein wichtiges Detail zu verändern, was alles in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt. Dadurch baut sich die Spannung in Girl on the Train auf und so fesselt Paula Hawkins den Leser ans Buch, ohne actiongeladene Szenen oder große Plottwists einzubauen. Denn rückblickend war das Ergebnis der ganzen Sache schon von vorne herein vorhersehbar und Paula Hawkins wird für mich die Meistern der Illusion und der Verwirrung.
Bewertung: Paula Hawkins ist mit ihrem Roman Girl On The Train in die Liste von meinen Lieblingsthrillerautoren aufgestiegen. Ohne viele Actionszenen schafft sie es, den Leser durch Verwirrung und Illusion an das Buch zu fesseln und überzeugt außerdem durch ihren genialen Schreibstil. Die Charaktere sind nicht unbedingt liebenswürdig, dafür aber sehr interessant und hinter dem Roman steckt viel mehr als die reine Aufklärung von Megans Verschwinden. Einzig die permanent immer düsterer und depressiver werdende Stimmung im Verlauf des Buches hat mir die Lesefreude ein klein wenig genommen. Deshalb bekommt Girl On The Train von mir 4,5 Füchschen, die ich auf 4 von 5 Füchschen abrunde werde, da ich noch einmal eine Steigerung in Paula Hawkins nächstem Roman sehen möchte.