Cover-Bild Ours. Die Stadt
(3)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
28,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 704
  • Ersterscheinung: 09.10.2024
  • ISBN: 9783103976090
Phillip B. Williams

Ours. Die Stadt

Roman | »Ein großer, 700 Seiten langer Triumph der Vorstellungskraft über die trübe Realität.« Adam Soboczynski, DIE ZEIT
Milena Adam (Übersetzer)

Ein bildgewaltiges Epos über die Freiheit - »Ein kühnes, wildes, oft betörendes Buch.« Guardian

Nördlich von St. Louis liegt in den 1830er Jahren eine Stadt, die auf keiner Landkarte verzeichnet ist: Ours. Gegründet und beschützt von der mächtigen Saint, einer geheimnisvollen Frau mit noch geheimnisvolleren Kräften, ist sie Zufluchtsort für die Verlorenen, ehemals Versklavten, die Geretteten. Hier schlagen sie Wurzeln, werden zu Nachbarn und Familien, zu Liebenden. Jahrzehntelang gelingt es Saint und ihrem stummen Begleiter, die Gemeinschaft vor den brutalen Übeln der Welt zu bewahren. Doch als ihre eigenen Verwundungen immer dunklere Schatten werfen und eine neue Macht in die Stadt eindringt, beginnt die Gemeinschaft sich zu fragen, ob Sicherheit sich nicht unweigerlich auf Unfreiheit gründen muss, sogar an einem Ort wie dem ihren. Phillip B. Williams' »Ours« ist ein visionärer Roman, der in der radikalen Neuschöpfung der Vergangenheit eine Stimme für unsere Gegenwart findet, und eine so intime wie elementare Geschichte darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein. 


»Dieser Roman erhebt sich in den höchsten Himmel.« Los Angeles Times

»Fans von The Underground Railroad und Der Wassertänzer werden diese lyrische und surreale Saga verschlingen… Absolut befreiend.« Oprah Daily


Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2024

Nur für die, die sich auf etwas ganz anderes einlassen wollen

0

Gesamteindruck:

Vorab: ich würde diesem Buch am liebsten gar keine Sternewertung geben, denn es ist für mich jenseits einer solchen logisch-linearen Bewertung. Die vier Sterne, für die ich mich letztendlich ...

Gesamteindruck:

Vorab: ich würde diesem Buch am liebsten gar keine Sternewertung geben, denn es ist für mich jenseits einer solchen logisch-linearen Bewertung. Die vier Sterne, für die ich mich letztendlich entschieden habe, kommen aus meinem Gefühl: ich habe sehr davon profitiert, dieses Buch gelesen zu haben und werde weiterhin davon profitieren. Jedoch ist es ein sperriges, an vielen Stellen unzugängliches und schwierig zu lesendes Buch. Es ist völlig anders als alles, was ich bisher gelesen habe, und ich, die ich im Durchschnitt drei Bücher pro Woche lese, habe mich an diesem Buch drei Wochen lang abgearbeitet und für die rund 700 Seiten so lang gebraucht, als wären es 2000 gewesen. Es war auch nicht unbedingt durchgängig ein Lesevergnügen, sondern eine große Herausforderung, dranzubleiben.

Warum habe ich das Buch also überhaupt gelesen und warum habe ich es zu Ende gelesen?

Weil eines meiner wichtigsten Ziele im Leben die persönliche Entwicklung und Erweiterung meines Horizonts ist. Und was diese Kriterien angeht, ist dieses Buch absolut großartig! Es hat mich herausgefordert und aus meiner Lesekomfortzone geschleudert wie schon lange keines mehr. Und ich habe beim Lesen immer wieder gespürt - ja, es ist ein gutes Buch, ein sehr gutes sogar - ein Buch, in das unglaublich viel Wissen, Verständnis und Komplexität geflossen ist, ein Buch mit treffenden und ungewöhnlichen Metaphern, die ich so noch nie gelesen habe, aber zum Nachdenken anregen, und ein Buch jenseits bekannter literarischer Konventionen, das sich völlig dem entzieht, was wir uns als Lesende anspruchsvoller Literatur normalerweise von einem Buch erwarten.

Gerade weil dieses Buch so anders ist, hat es mir wieder ins Bewusstsein gerufen, wofür ich sonst eine lange, teure Reise ins außereuropäisch geprägte Ausland bräuchte: unsere Werte und unsere Art, zu denken, zu planen, zu strukturieren und die Dinge zu betrachten, sind nicht absolut zu sehen, sondern sehr stark kulturell geprägt. Die westlich geprägte Literatur wurzelt in den Säulen, die die westliche Kultur in den letzten Jahrtausenden geprägt haben: auf den Werten der christlich-jüdischen Religionen, auf den philosophischen Vorstellungen der Antike, auf dem rational-wissenschaftlichen Denken der Aufklärung usw. Das ist aber nicht das einzige, was es gibt - so sind andere Kulturräume durch völlig andere Faktoren geprägt worden, das ist mir auch schon bei näherer Auseinandersetzung etwa mit asiatischen Kulturen bewusst geworden.

Vor diesem Hintergrund ist zu sagen: wer sich ein logisch-aufgebautes, stringentes Buch mit bekannten, verständlichen Metaphern und einer Beziehungsgestaltung und einem Glaubenssystem, wie wir sie aus unserem westlichen Alltag kennen, erwartet, der wird mit "Ours" nicht glücklich werden. Das Buch ist völlig, völlig anders.

Worum geht es (Achtung, hier handelt es sich um meine höchstpersönliche Interpretation... das Buch ist dermaßen vielschichtig und symbolisch, dass vieles unklar bleibt und jede/r was anderes hineininterpretiert):

Um eine mystische Geschichte befreiter ehemals versklavter Menschen mit afrikanischen Wurzeln, die in den USA des 19. Jahrhunderts spielt. Diese Geschichte wird aber nicht so erzählt, wie wir westlich sozialisierten Menschen sie vielleicht erzählen oder uns vorstellen würden.

Der Autor ist selbst Teil der afroamerikanischen Community und hat sich für die Arbeit an diesem Buch tief in die afrikanische Mythologie eingearbeitet. Kern dieser Mythologie - so wie sie uns im Buch begegnet - ist der Glaube an Energien und Zauberei (ein bisschen ähnlich manchem, was sich in der im Westen verbreiteten Esoterik so findet, aber wesentlich ausgeprägter und ohne den geringsten Zweifel daran). Man kann mit Zauberei etwas oder sich selbst unsichtbar machen, andere heilen oder krank machen, etwas schützen, eine Handlung in ihrer Wirkung umkehren, andere verfluchen und vieles mehr.

Ich verstehe es so: dieser Glaube ist etwas, was die versklavten Menschen selbst oder vermittelt durch Verwandte und Bekannte als Erbe aus ihrer afrikanischen Heimat mitgebracht und über die Versklavung hinweg bewahrt haben. Es ist etwas Ursprüngliches, das ihnen geblieben ist, aber das gleichzeitig ebenso wie die Menschen selbst durch die grausame Unterdrückung beschädigt wurde und nur in dieser beschädigten Form und zutiefst traumatisiert weiter praktiziert werden kann, selbst, als die Freiheit wieder erlangt wurde.

Die alterslose Saint wandert also durch die USA des 19. Jahrhunderts und befreit auf magischem Wege und dabei meist auch durch Ermordung der sogenannten Herren und Herrinnen einige afroamerikanische Menschen aus der Versklavung. Sie nimmt sie mit nach "Ours", eine neu gegründete Stadt und ein Schutzraum für die Menschen. Ours wird durch Saints Zauber von mehreren magischen Schutzsteinen geschützt und dadurch für Eindringlinge unsichtbar. Auf ihrer Mission ist Saint nicht zimperlich, es kommen dabei immer wieder Menschen, geplant wie ungeplant, ums Leben, sowohl Weiße als auch Afroamerikaner.

Wir erleben die Gründung von Ours durch Saint mit und die Jahre und Jahrzehnte danach. Dabei gibt es immer wieder Zeitsprünge in alle Richtungen. Der komplexeste Charakter im Buch, über den wir auch am meisten erfahren, ist definitiv Saint selbst. Sie ist trotz ihrer grundsätzlich guten Absichten bei der Gründen der Stadt bei weitem keine Heilige, sondern trägt ihre eigenen charakterlichen Herausforderungen wie Eifersucht und Rachsucht sowie ein hohes Ausmaß an Traumatisierung mit sich. Auch wird deutlich, dass sie zwar ein magisches Naturtalent zu sein scheint, aber von niemandem wirklich gut und ethisch fundiert in die Möglichkeiten und Grenzen der Magie eingewiesen wurde - niemand hat diese Eltern- oder Mentorenfunktion für sie längerfristig erfüllt - was diverse unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringt, wenn ein Schutz nicht wie gewünscht wirkt oder ein aus Zorn gewirkter Rachezauber noch deutlich ärger ausfällt als von ihr geplant.

Neben Saint lernen wir noch diverse weitere afroamerikanische Bewohner und Bewohnerinnen der Stadt kennen, die verschiedensten Alters sind. Manche sind nach ihrer Befreiung mit Saint dort hingezogen, manche wurden schon dort geboren und wuchsen dort auf. Allen gemeinsam ist das Erbe der eigenen und/oder transgenerationalen Traumatisierung, das überall spürbar ist und sich durch alle menschlichen Beziehungen gibt. Es ist ein düsteres Buch, in dem es sehr wenig echte Liebe und menschliche Verbundenheit gibt, dafür viel Wut, Eifersucht, Trauer, Rache und gegenseitige Missverständnisse. Gerade das macht es aber durchaus authentisch, denn schließlich handelt es sich um lauter Überlebende schwerster Traumatisierung, die zudem von ihrer ursprünglichen Heimat und Kultur entwurzelt wurden.

Das Buch ist ein wahres Epos, es nimmt sich ausführlich Zeit, diverse Nebenhandlungen und Nebenfiguren zu schildern, in Form eines Mosaiks einzelner Szenen, die nicht unbedingt auf den ersten Blick (und auch nicht zwangsläufig auf den zweiten oder dritten) in sich logisch sind oder zusammenpassen. Es lohnt sich, sich dabei Zeit zu nehmen und Notizen zu machen, da das Buch leider über kein Personen- oder Sachverzeichnis zum Nachschlagen verfügt.

Wie gesagt, wer hier Logik und Linearität sucht, der wird nicht glücklich werden mit dem Buch, es mäandert und umkreist das Thema. Gerade darin liegt für mich aber auch trotz all des Unbequemen ein starker emanzipatorischer Anspruch: denn muss sich ein Buch, geschrieben von jemandem aus der afroamerikanischen Tradition, in dem es um die Befreiung aus der Versklavung geht, denn den literarischen Konventionen anpassen, die die Kultur der Unterdrücker bis heute prägen? Muss es nicht, meiner Meinung nach. Es darf auch etwas ganz anderes sein, und das ist dieses Buch.

Es gibt nicht nur das logisch-lineare Denken, das unsere westliche Kultur so stark prägt. Viele andere Kulturen haben ganz andere Formen von Zeitwahrnehmung, ganz andere Beziehungen, eine ganz andere Struktur, einen ganz anderen Glauben, und diese sind nicht schlechter als unsere, nur uns selbst nicht so bekannt und vertraut, und können dadurch auf westlich sozialisierte Lesende unbequem bis verstörend wirken.

Ja, jetzt spüre ich wieder, warum ich dem Buch 4 Sterne gebe. Es ist wirklich ein gutes Buch. Einen Stern Abzug dennoch dafür, dass das Buch diese so fremdartige Welt auf so fremdartige Art und Weise vorstellt und westlichen Lesenden keinerlei Brücken baut, nicht einmal wirklich in Fußnoten, Querverweisen oder im Anhang. Würde es das tun, könnte es sicher noch wesentlich mehr Menschen für sich begeistern und damit tatsächlich kulturvermittelnd wirken. So bleibt es wohl vermutlich eher am Rande und erschließt sich nur denen, die die Muße, Zeit, Geduld - und/oder das Vorwissen (mit einem solchen über afrikanische Geschichte und Mythologie wäre wohl einiges deutlich verständlicher gewesen) - haben, sich tief darauf einzulassen, ohne alles gleich oder auch nur irgendwann zu verstehen.

Emotional und in meinen Gedanken wird mich das Buch noch länger begleiten. Ich habe davon profitiert, aber das braucht ein tiefes Sich-Einlassen, vor allem mit dem Gefühl, denn der Verstand alleine wird von diesem Buch an vielen Stellen verwirrt oder sogar verärgert werden. Es prüfe jeder Interessierte für sich, ob man sich gerade an einem Punkt im Leben befindet, an dem man sich auf so etwas tief einlassen will und kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2024

Gerettet und doch verloren?

0

Nordamerika in den 1830er-Jahren: Sie taucht plötzlich auf und schlägt auf den Plantagen zu. Saint, eine mysteriöse Frauengestalt, befreit zusammen mit ihrem stummen Begleiter versklavte Negroes. Für diese ...

Nordamerika in den 1830er-Jahren: Sie taucht plötzlich auf und schlägt auf den Plantagen zu. Saint, eine mysteriöse Frauengestalt, befreit zusammen mit ihrem stummen Begleiter versklavte Negroes. Für diese sogenannten Ouhmey gründet sie nördlich von St. Louis die Stadt Ours, die nur von den Geretteten, nicht aber von Weißen betreten werden kann. All das gelingt Saint mit der Hilfe von Magie. Doch nach einigen Jahrzehnten stellt sich die Frage, ob die Ouhmey dauerhaft gerettet oder bald doch verloren sind…

„Ours. Die Stadt“ ist der surreale Debütroman von Phillip B. Williams.

Der Roman besteht aus 29 Kapiteln, die wiederum in mehrere längere Abschnitte unterteilt sind und sich über drei Teile erstrecken. Er endet mit einer Art Epilog („Schlusssatz“). Die Handlung spielt überwiegend im 19. Jahrhundert auf dem Gebiet der heutigen USA. Die vielen zeitlichen und örtlichen Sprünge machen ein aufmerksames Lesen erforderlich. Erzählt wird aus einer auktorialen Perspektive.

Die Sprache ist wohl die größte Stärke des Romans. Kreative, eindrückliche Metaphern und sonstige Bilder konnten mich überzeugen. Der Schreibstil ist atmosphärisch, bisweilen sogar poetisch. Milena Adam ist es gelungen, dies gekonnt in die deutsche Übersetzung zu übertragen.

Im Fokus der Geschichte stehen Sklaverei und Ausbeutung der Negro-Bevölkerung beziehungsweise die Befreiung von versklavten Menschen und die Freiheit. Dabei ist der Roman inhaltlich allerdings sehr düster: Gewalt, Krankheiten, Todschlag und Morde sind an der Tagesordnung. Eine Anknüpfung an aktuelle Entwicklungen ist denkbar, wird hier jedoch nur angerissen. Sämtliche Figuren scheinen außerdem unter Traumata zu leiden.

Afrikanische Spiritualität, Hoodoo, Zauberei und Mythologie sind ein weiteres Kernthema. Was anfangs den besonderen Charme des Romans ausmachte, hat mich angesichts der Fülle der magischen Elemente zunehmend überfordert. Der Text, der ursprünglich als kurze Erzählung begonnen hat, wie der Autor in seinen Anmerkungen erläutert, ist gespickt mit einer überbordenden Symbolik. Sie wird leider zum Teil gar nicht, zum Teil nur in Ansätzen erklärt, sodass ich mich in der Geschichte oft verloren gefühlt habe. Zudem erschließen sich mir somit manche Zusammenhänge nicht.

Obwohl sich die Geschichte stark mit Saint beschäftigt, tauchen zahlreiche weitere Personen auf. Wie der Schriftsteller erklärt, wollte er bewusst keine Hauptfigur ins Zentrum des Romans stellen, sondern vielen Charakteren Raum geben. Dadurch, dass immer wieder neue Figuren eingeführt werden, fiel es mir jedoch schwer, den Überblick zu behalten.

Auf den annähernd 700 Seiten mangelt es nicht an dramatischen Ereignissen und unterhaltsamen Passagen. Trotz des großen Umfangs gibt es kaum Längen und Redundanzen. Der Text ist erstaunlich dicht. An etlichen Stellen habe ich aber den roten Faden vermisst.

Der deutsche Titel orientiert sich am englischsprachigen Original („Ours“), das mir wegen seiner Mehrdeutigkeit etwas besser gefällt. Das auffällige Cover macht neugierig und passt zur Geschichte.

Mein Fazit:
Mit „Ours. Die Stadt“ hat Phillip B. Williams einen originellen und einzigartigen Roman geschrieben, dessen Intention ich als lohnenswert und interessant erachte. Leider zerfranst die Geschichte immer wieder, verwirrt mit zu viel Personal und Symbolik und lässt mich mit zu vielen offenen Fragen zurück. Eine Lektüre, die nur mit einer Menge Vorwissen verständlich ist.

Veröffentlicht am 04.01.2025

Ein unbeschreiblicher Roman

0

Ich habe mir nun etliche Rezensionen zu diesem Buch durchgelesen, doch alle sagen für mich nicht aus, was ich beim Lesen dieses Romans gefühlt & durchgemacht habe. Ich selbst kann das kaum wiedergeben, ...

Ich habe mir nun etliche Rezensionen zu diesem Buch durchgelesen, doch alle sagen für mich nicht aus, was ich beim Lesen dieses Romans gefühlt & durchgemacht habe. Ich selbst kann das kaum wiedergeben, nein, es ist mir schier unmöglich. Schon allein den Inhalt zusammenzufassen ist kaum machbar. Der Text, der sich über 700 Seiten streckt, ist aufs höchste fordernd, die Sprache ist so dicht und bildgewaltig, dass das Lesen nur im Schneckentempo voran schreitet, begleitet durch Wiederwillen und Faszination gleichermaßen.

Inhaltlich ist eines gewiss: Saint, eine Frau mit einem stummen Begleiter, befreit zahlreiche Sklav:innen von ihren Plantagen, Mitte des 19. Jahrhunderts, nimmt Leben und gibt den Befreiten ein solches an einem Ort namens Ours. Durch Magie, Zauberei oder Voodoo, wie immer man Übernatürliches nennen will, gelingt es ihr, den Ort unsichtbar zu machen. Saint ist zwar eine zentrale Figur, aber nicht der Hauptcharakter, zahlreiche andere Personen scheinen für die Geschichte essentiell. Das Erzählte ist so dicht, dass es schwer fällt dem allen zu folgen. Zudem werden immer wieder neue Themen und Figuren eingeführt, die für den weiteren Roman nicht unbedingt eine Rolle spielen; oder aber doch.

Übernatürliches ist eine wiederkehrende und zentrale Thematik, Figuren haben Fähigkeiten, beispielsweise können sie mit den Augen eines Tieres sehen oder eine auf sie gerichtete Kugel an den Entsender zurückschicken. Diese rituellen Passagen werden äußerst detailreich beschrieben, was für mich das Lesen dieser sehr mühsam gemacht hat, da ich persönlich nichts damit anfangen kann. Immer wieder kehrt auch die Liebe als Thema zurück, allerdings in keiner Hinsicht romantisch, sondern eher als schmerzende Auswucherung. Grundsätzlich werden hier alle Emotionen als negativ und schmerzhaft beschrieben, sodass ich mich des Öfteren gefragt habe, ob Ours in Wirklichkeit die Hölle sein mag - und nicht der befreite Ort, an denen Negroes - so werden die befreiten Sklav:innen in dem Buch genannt - nun ihr befreites Leben leben. Vielleicht ist dies aber auch die Essenz des Buches - die Erkenntnis, dass die Freiheit nach all dem Schmerz, der Unterdrückung, der Entwürdigung, dem unerträglichen Rassismus auch zu einer Last werden kann, ist es doch unmöglich, sich seiner Erinnerung zu entledigen, auch wenn das Vergessen für die Protagonist:innen in "Ours" wichtig zu sein scheint.

Beziehungen zwischen den verschiedenen Charakteren sind schräg, manchmal mit (Homo)Erotik gespickt, sie wirken nicht natürlich, sondern immer problembehaftet. Besonderes Aufsehen wird um die Zeit gemacht, es ist schwer nachzuvollziehen, in welchem Jahr, Jahrzehnt oder gar Jahrhundert man sich gerade befindet. Dies ist einerseits etwas nervig, da der Text ohnehin so komplex ist, aber andererseits erhellend, weil gewisse angesprochene Themen zeitlos sind. So mühsam das Buch ist - oft habe ich innerlich geflucht und Qualen ausgestanden, so anstrengend fand ich das Lesen - so faszinierend ist er auch andererseits. Ich habe volle Hochachtung vor der Sprachgewalt des Autors, auch wenn er meines Erachtens die Geschichte durchaus auch mit der Hälfte oder gar nur ein Drittel des Umfangs ebenso gut erzählt werden hätte können. Hier eine Sternebewertung abzugeben fällt mir ungemein schwer, da mir nichts als passend erscheint, auch weil ich weiß, dass ich der Intention des Autors nicht gewachsen bin.

Mein Fazit: Für "Ours" braucht man Nerven und vor allem Geduld + Durchhaltevermögen - und sollte außerdem Liebhaber:in von komplexer Sachverhalte, gespickt mit Übernatürlichem und Gesellschaftskritik, sein. Ours macht es einer auch dann nicht einfach, es zu lieben, belohnt wird man aber trotzdem mit einer unglaublichen Geschichte, einem unerwarteten Ende und einem Nachhall, der einer noch lange in Erinnerung bleiben wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere