Ruhige, beschauliche Erzählweise, aber nicht schlecht
Fran verbrachte ihre Kindheit in London, genauer gesagt im Haus ihres verwitweten Vaters, einem Glasrestaurateur. An ihre Mutter, die bereits starb, als Fran noch ein Kleinkind war, hat sie so gut wie ...
Fran verbrachte ihre Kindheit in London, genauer gesagt im Haus ihres verwitweten Vaters, einem Glasrestaurateur. An ihre Mutter, die bereits starb, als Fran noch ein Kleinkind war, hat sie so gut wie keine Erinnerungen und auch ihr Vater ist Fran in dieser Hinsicht keine große Hilfe- er blockt jegliche Fragen, die Fran im Laufe der Zeit überhaupt stellt, einfach ab. Vielleicht ist dies auch mit ein Grund, wieso sich Fran in den Jahren immer weiter von ihrem Vater entfremdet und schließlich, nach Abschluss der Schule, als musikalische Unterstützung eines Orchesters von Stadt zu Stadt reist, immer auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit. Eines Tages erhält sie jedoch einen Anruf, der alles verändert. Frans Vater liegt nach einem schweren Schlaganfall im Krankenhaus und so muss sie Hals über Kopf nach London zurückkehren, nicht nur um ihrem Vater beizustehen, sondern auch um in seiner Abwesenheit das Familiengeschäft „Minster Glass“ weiterzuführen.
Eine große Unterstützung ist Fran dabei der Mitarbeiter ihres Vaters Zach. Ein ungeöffneter Brief, an ihren Vater adressiert, weckt allerdings schnell ihr Interesse und ihre Neugier. Der örtliche Pfarrer, ein sehr guter Freund des Schwerkranken, hat eine Entdeckung gemacht. Einst hing in seiner Kirche ein besonderes Kirchenfenster, bis es im Krieg zerstört wurde. Doch Fragmente der Glasscheibe sind noch vorhanden- und nun soll Minster Glass Licht ins Dunkel bringen und die Scheibe restaurieren. Während Fran das Archiv von Minster Glass durchforstet, stößt sie auf das Tagebuch von Laura Brownlow- einer junge Frau, deren Schwester früh starb und zu deren Ehren dieses Kirchenfester angefertigt werden sollte. Und trotz ihrer großen Sorge um den Vater, taucht Fran interessiert ab- in die Story einer selbstbewussten Dame des viktorianischen Zeitalters. Und genau wie einst Laura, muss Fran noch viel lernen und vor allem ihre Vergangenheit aufarbeiten, um glücklich zu werden. Ahnt Fran, dass der Mann ihrer Träume bereits greifbar ist?
Meine Einschätzung:
„Der Zauber des Engels“ ist in erster Linie ein Roman über Selbstfindung. Gleich auf zwei Zeitebenen geschrieben, wird dem Leser nicht nur Lauras Lebensgesichte vermittelt, sondern auch Frans Werdegang. Wobei Frans Handlungsstrang deutlich ausführlicher geschildert wird und klar im Mittelpunkt steht. Das Kirchenfenster bildet dabei die Verbindung zwischen gestern und heute und man erfährt, welche Ängste und Sorgen die beiden weiblichen Protagonistinnen mit sich herumtragen. Das wird sehr berührend und sensibel beschrieben, so dass man sich sowohl in Laura als auch in Fran schnell hineinversetzen kann. Allerdings liegt dem Roman auch eine gewisse Melancholie und Langsamkeit des Erzählens zugrunde, die vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Ich für meinen Teil war sehr angetan von Rachel Hores Art zu Schreiben und auch die vielen gegebenen Einblicke in die Glasrestauration fand ich sehr interessant. Vor jedem Kapitel findet man ein Engelszitat aus diversen anderen Werken, die jeweils zum Handlungsstrang passen und der Story zusätzlich eine gewisse Atmosphäre verleihen. Der Leser, der in erster Linie auf der Suche nach einem Liebesroman ist, sollte bedenken, dass zwar zwei Liebesgeschichten involviert wurden, diese jedoch eher nebensächlich sind. Es geht in dem Buch um etwas ganz anderes- nämlich dass Laura und Fran lernen, ihren Weg zu finden und schließlich auch zu gehen- ohne Ängste oder Zweifel. Die Männer in diesem Roman werden allerdings leicht zu Randfiguren degradiert, was jedoch nicht großartig stört.