In den 1960er Jahren sind die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs noch zu spüren, aber dennoch ist eine Aufbruchstimmung zu erkennen. Mit seiner Stellung als Gelegenheitsarbeiter ist Robert Simon nicht mehr zufrieden. Im Jahr 1966 ergreift er die Gelegenheit, am Großmarkt mietet er Räume, um ein Café zu eröffnen. Das Angebot wählt er etwas umfangreicher als bei einem Café und nach ein paar Anlaufschwierigkeiten kommen die Gäste, die Marktbetreiber, die Zufallskunden, Bekannte und Fremde, die zu Bekannten werden. Robert Simon hat etwas Eigenes geschaffen, er hat gewienert und geputzt, um es den Gästen freundlich und einladend herzurichten.
Robert Simon ist ein sympathischer Typ, zurückhaltend zwar, gar manchmal verschlossen, aber zuverlässig und beständig. Wer ihn zum Freund hat, kann sich wohl auf ihn verlassen. So hilft er einem Freund mit Mila, die im Café eine Anstellung gefunden hat, zusammenzukommen. Und auch seiner Vermieterin, einer älteren Dame, greift er unterstützend unter die Arme als es nötig ist. Manchmal liegen Glück und Pech nahe beieinander und an manchen Wendepunkten fragt man sich, was gewesen wäre, wenn Entscheidungen anders getroffen würden. Roberts Café hat keinen richtigen Namen, es ist einfach im Viertel da und es ist für das Viertel da.
Der Name des Autors ist bekannt und wenn man noch keines seiner Werke gelesen hat, so ist man mit der Zeit neugierig geworden. Das Thema des recht unbedarften und im Zuge der Zeit durchaus erfolgreichen und sympathischen Gründers ist dabei ansprechend. Allerdings wirkt die Erzählung episodenhaft, was vielleicht mit dem Zeitraum zu erklären ist, über den sich die Handlung erstreckt. Vielleicht ist es auch eine Abbildung der Gäste, die häufiger erscheinen oder seltener oder auch nur ein Mal. Wenn es ein Konzept ist, ist es eine tolle Idee, wenn einem dieses Bruchstückhafte liegt. Doch auch eine gewisse Traurigkeit liegt über den Roman, als sei es Robert Simon beinahe von Anfang an gewiss gewesen, dass er sein Café nicht ewig betreiben wird. Die freudige Dynamik des Beginns verfliegt recht bald. Die angemessene und getragene Vortragsweise des Vorlesers Matthias Brandt bringt die Stimmung des Werkes hervorragend zur Geltung. Nach Abschluss des Hörerlebnisses darf man konstatieren, dass einem dieser Roman vielleicht nicht hundertprozentig liegt, es sich aber um eine Erzählung handelt, die ausgesprochen lesens- oder hörenswert ist.
Im Übrigen ist die Abbildung eines möglichen Robert Simon auf dem Cover ziemlich gut getroffen.