Von Monstern im Sonnenschein
„Die Monster, die es sich zu fürchten lohnt, sind die, die so gefährlich sind, dass sie sich im Tageslicht verbergen.“
Ich hatte nichts von dem Buch erwartet - und es kam seitenraschelnd daher und hat ...
„Die Monster, die es sich zu fürchten lohnt, sind die, die so gefährlich sind, dass sie sich im Tageslicht verbergen.“
Ich hatte nichts von dem Buch erwartet - und es kam seitenraschelnd daher und hat mich verschlungen mit Haut und Haaren. Ich bin immer noch in Aspen, spüre das helle Sonnenlicht auf meiner Haut und den klebrigen Schweiß an meinem Hals, höre das Lachen der Jugendlichen und das bedrohliche Summen der Bienen.
Ich war schon von den ersten Seiten gefangen: Mars wird von Caroline aufgeweckt. Sie sollte eigentlich gar nicht hier sein, doch wird stattdessen wird Mars von ihr attackiert und muss um das Leben kämpfen. Es endet mit einem Sturz - Caroline stirbt, Mars überlebt und wird von den Fragen nach dem Grund geklärt. Eines ist ihm klar: die Antworten wird Mars nur in Aspen finden, jenem elitären Sommercamp, aus dem er vor Jahren herausgeworfen wurde aufgrund seiner Genderfluidität, in das Caroline aber Sommer für Sommer gegangen ist. Mars trifft dort auf die Honeys - Caroline war eine davon - und gerät immer mehr in ihren gefährlichen Sog.
Eine Sogwirkung hat das Buch auf mich definitiv auch ausgewirkt. Von Seite eins an: Die Geschichte wird durchgängig aus Mars’ Perspektive erzählt - und ich habe Mars wirklich lieb gewonnen. Mars war ein starker Charakter, sich seiner selbst bewusst, Mars wusste, das eigene Verhalten und das Verhalten anderer einzusetzen und sich so zu schützen, aber auch zu zeigen, wer er wirklich war. Der Autor hat seinen gesamten Charakter, seine gesamte Identität exzellent herausgearbeitet, ohne auf Klischees zu pochen. Und so bin ich Mars so gerne in das Sommercamp, durch die verschiedenen Aktivitäten und auf der Suche nach Antworten und Gründen für den von Caroline gefolgt. Ich habe mit ihm gehofft und gebangt und mir fiel es schwer, ihn am Ende zu verlassen.
Wyatt, der Mars als Orientierungshilfe zur Seite gestellt wurde, war übrigens mein liebster Nebencharakter. Er hat Mars oft eine neue Perspektive angeboten und ihn aus seinen festgefahrenen Mustern gelockt - was spannend zu verfolgen war.
Es gab einen kleinen Romanceplot, der sich jedoch gut dem eigentlichen Geheimnis von Aspen unterordnet. Danke!
Das Übernatürliche und Mystische nahm immer mehr Raum ein, je weiter ich im Buch gekommen bin - und ich fand es überragend. Ich wusste kaum mehr, was Traum, was Realität ist. Was nur Mars’ Trauer und Wut entsprang und was wirklich geschah. Am Ende habe ich Bienen aus einem leicht anderen Blickwinkel gesehen. Es kam mir beinahe wie ein Wahn vor.
Die Trauerarbeit von Mars um seine Zwillingsschwester war manchmal herzzerreissend und aus dem Leben gegriffen. Mir wurde ein paar Mal das Herz schwer.
Eine wirkliche Überraschungsempfehlung - Mystik und Schauer funktionieren genauso gut bei strahlendem Sonnenschein.