Das Leben der Daisy von Pless
Im historischen Roman "Die englische Fürstin" - zwischen Glanz und Rebellion, begleiten wir Daisy von Pless durch ihr bewegtes Leben am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts.
Mary Theresa Olivia ...
Im historischen Roman "Die englische Fürstin" - zwischen Glanz und Rebellion, begleiten wir Daisy von Pless durch ihr bewegtes Leben am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts.
Mary Theresa Olivia Cornwallis-West, genannt Daisy, stammt aus altem verarmten englischen Adel. Sie wächst eher ungezwungen und mit wenig Bildung auf, obwohl sie zum elitärsten Kreis der englischen Aristokratie gehört. Ihre Schönheit lässt sie zum strahlenden Mittelpunkt werden, als sie debütiert. Die Männer umschwärmen sie wie Motten das Licht und Daisy träumt von einer Liebesheirat, doch ihre Mutter hat eigene Pläne. Sie verheiratet ihre Tochter an den 12 Jahre älteren und schwerreichen Hans Heinrich von Pless. Der Deutsche bringt das gewünschte Geld ins Haus und die "von Pless" steigen in der Gunst des deutschen Kaisers auf. Daisy muss ihr Leben in England hinter sich lassen und kommt völlig unvorbereitet im pompösen Schloss Fürstenstein an. Sie hat weder Ahnung vom Eheleben, noch von der strengen Etikette des deutschen Adels. Das Personal wird ignoriert und nicht angesprochen, ganz anders als sie es von ihrem Zuhause gewohnt ist. Daisy fühlt sich einsam und unglücklich an der Seite des strengen und kühlen Hans. Bei Bällen und Pferderennen verzaubert sie die Aristokratie und selbst den Kaiser, einzig Hans bleibt steif und zurückhaltend. Als sie mitbekommt, wie die Arbeiter in den Kohlegruben ihres Mannes ausgebeutet werden, beginnt sie sich sozial zu engagieren. Ihr Mann versucht mit vielen Mitteln ihre Hilfsbereitschaft und ihre Anteilnahme zu unterbinden. Doch Daisy findet Mittel und Wege den Ärmsten der Armen zu helfen.Als der Erste Weltkrieg ausbricht ist sie trotz ihrer Stellung am Hofe plötzlich die Feindin im eigenen Land. Daisy, die sich immer für Frieden einsetzte, gerät zwischen die Fronten....
In einem zweiten Handelungsstrang lernen wir Joschi Siebenbürger kennen. Als sein Vater bei einem Grubenunglück in der Grube bleibt, ist es an ihm die Familie zu ernähren. Der erst 9jährige wird ebenfalls unter Tag geschickt, wird jedoch Pferdebursche. Die aufkeimende Liebe zu den Pferden ist für Joschi wie ein Lebensexelier. Er wird zum Pferdeflüsterer und landet schlussendlich in den Stallungen von Hans von Pless, wo auch Daisy auf ihn aufmerksam wird.
Sabine Weigand hat sich in ihrem neuem historischen Roman dem Leben dieser interessanten Frau angenommen, die Ende des 19. Jahrhunderts debütiert und nach Deutschland verheiratet wird. Sie hält sich dabei sehr nah an die historischen Fakten. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist unbeschreiblich. Während Hans und Daisy in Indien auf Tigerjagd gehen und der Schlossumbau Millionen verschlingt, leben achtköpfige Familien in zwei Räumen und nagen am Hungertuch. Krankheiten und harte Arbeit, Seuchen und Hungersnöte sind allgegenwärtig, während der Adel rauschende Feste feiert. Durch ihren Stallburschen Joschi kommt sie mit der ärmlichen Bevölkerung in Berührung und versucht den Armen zu helfen und unter die Arme zu greifen.
Daisy von Pless entwickelt sich im Laufe der Jahre von einem naiven jungen Ding zu einer beeindruckenden jungen Frau, die die strengen Fesseln des Adels zu sprengen versucht. Ihre politische Weitsicht hat mich ebenfalls beeindruckt.
Sabine Weigand hat wieder einen beeindruckenden und informativen historischen Roman geliefert, der das Leben von Daisy von Pless schildert. Ihre Geschichte wird in verschiedenen Erzählformen vermittelt. Die Autorin lässt die Hauptprotagonistin aus ihrer Sicht, aber auch aus der von Joschi erzählen. Ebenso gibt es einen allwissenden Erzähler. Zeitungsausschnitte, Briefe von Daisy an ihre Familie in England und Auszüge aus ihrem Tagebuch runden die Geschichte ab und geben ihr noch mehr Authentizität. Durch einige Wiederholungen und etwas ausschweifende Erzählungen haben sich leider auch ein paar kleine Längen in den Roman geschlichen und eine kleine (fiktive) Episode fand ich unglaubwürdig.
Schreibstil:
Die Autorin schreibt lebendig und detailliert. Man merkt sofort, dass Sabine Weigand Historikerin ist. Die gekonnte Verknüpfung von Historie und Fiktion ist ihr absolut gelungen.
Auf dem Cover des Romans befindet sich ein Foto der Hauptprotagonistin, als auch vor jedem größeren Abschnitt des Buches, das in vier Teile gegliedert ist. Über den Kapitel befinden sich Zeit- und Ortsangaben.
Im Nachwort informiert Sabine Weigand den Leser darüber, welche Passagen historisch belegt sind und welche ihrer schriftstellerischen Freiheit entspringen. Ein Personenverzeichnis rundet dieses wunderbare Buch noch ab.
Fazit:
Ein gelungenes und informatives Portrait einer starken Frau, die sich gegen die Konventionen auflehnt und die Ärmsten unterstützt. Sabine Weigand hervorragend recherchierter Roman, der gekonnt Historie und schriftstellerische Freiheit verknüpft, lässt einem tief in die Zeit, wo Frauen keinerlei Rechte hatten, blicken. Für Freunde historischer Romane, die über das Schicksal einer starken Frau ihrer Zeit lesen möchten.