Der Augensammler ist die Geschichte eines Polizeireporters, der auf vorerst unerklärliche Weise den Wirkungsbereich eines psychopathischen Killers kreuzt. Der Protagonist Alexander Zorbach, einst Polizei-Unterhändler, jagt nun die Verbrecher auf eine andere Art und Weise, nämlich über seine Berichterstattung.
Der vorliegende Thriller erzählt von den grausamen und tödlichen Spielen des Augensammlers, entwirrt die Fäden im Geschehen und enthüllt letztendlich die rätselhafte Verbindung zwischen Zorbach und dem Killer. Die Umsetzung dieser Idee ist überaus spannend, der Autor schreibt überzeugend und vermag es, den Leser von Anfang an mitzureißen.
Das Buch ist aus verschiedenen Sichtweisen geschrieben und Fitzek erläutert durch einen entsprechenden Titel mit Vermerk zu Beginn eines Kapitels bzw. einer Seite, welchen Protagonisten er im folgenden Text zu Wort kommen lässt. Der Großteil des Buches ist jedoch in der Erzählform aus der Sicht Alexander Zorbachs erzählt.
Der Spannungsaufbau ist Fitzek meisterhaft gelungen – man steigt als Leser bereits neugierig in die Handlung ein und schafft es kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Durchgehende Spannung, einige Höhepunkte und ein interessantes Finale garantieren für einen adrenalingeladenen Lesegenuss.
Der Autor hat zudem einen eigentümlichen Stil betreffend der Seitennummerierung dieses Buches gewählt. Das Buch beginnt mit der letzten Seite Nr. 442, mit einem Epilog, zählt rückwärts und endet mit Seite Nr. 1 und einem Prolog. Anfangs verwirrend erkennt man aber am Ende den Sinn darin, die Beweggründe von Fitzek.
Man kann es nicht gerade einen „Spoiler“ bezeichnen, ich möchte aber trotzdem anmerken, dass mir der Autor durch seine Information bereits auf S. 263 (also nach 179 Seiten) verraten hatte, wer der Mörder ist, und zwar durch folgende Aussage: „Ich muss lachen, weil ich damals allen Ernstes dachte, ich hätte mein Schicksal selbst in der Hand; könnte durch meine lächerlichen Fahranweisungen die Route unserer Fahrt bestimmen, die uns letzten Endes nicht zu Alinas Wohnung in den Prenzlberg brachte, sondern direkt in den Tod. Ich war zwar angeschlagen und verwirrt, dachte aber, ich hätte das Steuer noch fest in der Hand. Dabei hatte es der Augensammler schon längst übernommen. Es sollte nur noch wenige Stunden dauern, bis ich es unter grässlichen Qualen herausfand.“
Was mich jedoch zutiefst störte war die Fäkalsprache des Autors. Ausdrücke wie „Schwanz, Muschi, vögeln, Kacke, Wichser, hirnverblödet, Drecksau, Hure, Arschloch, Schlampe usw. verleideten mir das Lesevergnügen empfindlich. Fitzek scheint eine besondere Vorliebe für das Wort „Scheiße“ zu haben, wo ich nach 47facher Verwendung zu zählen aufhörte.
Die Figuren des Plots sind detailliert gezeichnet, auch ihre Gefühls- und Gedankenwelt ist sehr überzeugend dargestellt. Die tragische berufliche Geschichte des Protagonisten Alexander Zorbach wird unter anderem durch einige Rückblenden eindrucksvoll zur Kenntnis gebracht und auch sein privates Dilemma mit der bevorstehenden Scheidung von seiner Ehefrau Nicci sowie die zeitliche Vernachlässigung seines Sohnes Julian stellen ein Problem für die Familie dar, das ausführlich behandelt wird. Nicht zuletzt besagte Vernachlässigung, das Setzen falscher Prioritäten, werden zu einem der wichtigsten Themen in diesem Buch. Fitzek geht jedoch nicht nur auf den Protagonisten Zorbach, sondern auch auf die Nebenfiguren des Plots ein und vermittelt dem Leser dadurch das Gefühl, sich „Mitten im Geschehen“ wieder zu finden. Lebendige und glaubwürdig gezeichnete Charaktere zusammen mit einer spannungsgeladenen Geschichte machen dieses Buch zu einem wahrhaften Pageturner.
Es handelt sich hierbei um eine gebundene Ausgabe mit einem anregenden Cover. Die grau-schwarz-weiß-gelbe Farbgestaltung wirkt weder grell, noch langweilig, sondern ist treffend gewählt und mit plastisch erhobener Schrift markant gestaltet. Allein die Optik vermag es hier, den Leser zu verführen, das Buch zur Hand zu nehmen und den Klappentext zu lesen.
Die bereits erwähnte originelle Vorgehensweise, die Seiten rückwärts zu zählen, verrät dem Leser bereits beim Aufschlagen des Buches, um wie viele Seiten es sich insgesamt handelt – und man weiß stets, wie viele davon man noch vor sich hat. Die Einleitung und der Schluss ergeben nach dem Beenden der Geschichte auch einen Sinn … zu viel möchte ich hier aber nicht verraten, um dem potentiellen Leser die Spannung nicht vorweg zu nehmen.
Sehr angesprochen hat mich Fitzeks Gewohnheit, ein Kapitel mit einer Nummerierung zu beginnen, zugleich die noch verbleibenden Stunden des Ultimatums sowie die Person zu nennen, aus deren Sicht nun weiter geschrieben wird. Das erleichtert den Umstieg von einer Sichtweise zur anderen und verdeutlicht die Zeitspanne, in der die Handlung sich bewegt.
Für den begeisterten Thriller-Fan, der höchste Spannung und adrenalingeladenen Lesegenuss sucht, kann ich dieses Buch nur empfehlen. Von der bereits erwähnten Fäkalsprache abgesehen seien jedoch die teilweise brutalen und schockierenden Bilder erwähnt, die der Autor von der Misshandlung der Opfer zeichnet. Für Leser mit zartem Gemüt eventuell „zu harter Tobak“.