Cover-Bild Blutrotes Kobalt. Der Kongo und die brutale Realität hinter unserem Konsum
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: HarperCollins Hardcover
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 23.04.2024
  • ISBN: 9783365006191
Siddharth Kara

Blutrotes Kobalt. Der Kongo und die brutale Realität hinter unserem Konsum

SPIEGEL-Bestseller | PULITZER-PREIS-Finalist 2024 (Sachbuch) | New-York-Times-Bestseller
Hans Freundl (Übersetzer)

Wie sauber ist unsere Mobilitätswende wirklich?

Es ist ein Rohstoff, der unseren batteriebetriebenen Alltag am Laufen hält: Kobalt. Abgebaut wird es überwiegend in der Demokratischen Volksrepublik Kongo – unter dramatischen Menschenrechtsverletzungen. Welche Industrie steckt hinter unseren sauberen E-Autos, Smartphones und Laptops? Der Wirtschaftswissenschaftler und Aktivist Siddharth Kara ist auf seinen Reisen in die von Milizen kontrollierten Bergbauregionen bis tief in das finstere Herz unseres fossilen Kapitalismus vorgedrungen.

In seinem Buch legt er erstmals die Lieferketten und Geschäftsmodelle der Tech- und Automobil-Konzerne offen, deren Nachhaltigkeitsversprechen sich selbst auf Vorzeigeminen als Fiktion erweisen. Er erkundet koloniale Hintergründe, die zu den heutigen Zuständen geführt haben, vor allem aber lässt er die Menschen zu Wort kommen, die für den Kobaltabbau ihr Leben riskieren.

Eindrücklich und fundiert berichtet Kara aus den Untiefen unserer postimperialen Welt und erweitert unser Verständnis für die moralischen Effekte unserer globalen Wirtschaft, die uns alle betreffen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.07.2024

Keine leichte Lektüre

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„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“

Ein erschütternder Bericht des Wirtschaftswissenschaftlers, Meschenrechtsaktivisten und Professor an der University of Nottingham Siddarth Kara über die Zustände in ...

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“

Ein erschütternder Bericht des Wirtschaftswissenschaftlers, Meschenrechtsaktivisten und Professor an der University of Nottingham Siddarth Kara über die Zustände in den Kobalt-Abbaugebieten der Demokratische Republik Kongo.

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“ sagt einer der Abertausenden rechtlosen Kleinschürfer treffend, denn während am Weltmarkt Höchstpreise für das Erz erzielt werden, holen Männer, Frauen und Kinder im handwerklichen Kleinstbergbau ohne Schutzausrüstung und Sicherungsmaßnahmen, oft mit bloßen Händen aus einsturzgefährdeten Gruben und Stollen. Dabei atmen sie giftige und radioaktive Stäube ein. Anschließend wird das für die Industrie kostbare Erz in verseuchten Becken gewaschen - und das alles zu Hungerlöhnen.

Siddarth Kara hat sich selbst ein Bild dieser menschenunwürdigen Zustände gemacht. Er zeigt auf, dass die Erklärungen der Großkonzerne, „man achte auf Nachhaltigkeit und gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sowie die Zahlung von angemessenen Löhnen“ weder das Papier noch die Druckerschwärze wert sind. Gegen das neue Lieferketten-Gesetz der EU wird absichtlich und sträflichst verstoßen. Sanktionen? Nicht der Rede wert.

Für seinen Bericht bzw. das Buch hat Siddarth Kara zahlreiche Kleinschürfer, Vertreter von Bergbaugenossenschaften, NGOs, Regierungsvertreter und Zwischenhändlern interviewt.

Nach der Lektüre dieses Buches muss man sich schon fragen, ob und welchen Anteil Jeder oder Jede von uns an dieser Menschen verachtenden Ausbeutung hat.

Fazit:

Keine leichte Lektüre, trotzdem eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.06.2024

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“

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Lithium-Ionen-Akkus sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie stecken in Smartphones, Laptops und Tablets und sind als Energiespeicher ein wesentliche Faktor der Mobilitätswende in Elektroautos ...

Lithium-Ionen-Akkus sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie stecken in Smartphones, Laptops und Tablets und sind als Energiespeicher ein wesentliche Faktor der Mobilitätswende in Elektroautos und E-Bikes. Um hohe thermische Stabilität bei gleichzeitiger großer Energiedichte gewährleisten zu können, ist das Alkalimetall Kobalt ein derzeit unverzichtbarer Bestandteil dieser Akkus und derzeit der begehrteste Rohstoff der Welt. Ein Hauptlieferant für Kobalt ist die Demokratische Republik Kongo.

Der Wirtschaftswissenschaftler, Meschenrechtsaktivist und Professor an der University of Nottingham Siddarth Kara hat sich eingehend mit dem Kobaltabbau im Kongo befasst und zeigt in „Blutrotes Kobalt“ auf erschütternde Weise, unter welchen menschenunwürdigen Bedingungen in den dortigen Minen das Kobalt hauptsächlich im handwerklichen Kleinbergbau gewonnen wird. Schwerste Kinderarbeit ist an der Tagesordnung, Schutzausrüstung und angemessene Kleidung sind nicht vorhanden, die Schürfer arbeiten in Shorts und T-Shirt, in Flipflops und mit bloßen Händen in einsturzgefährdeten Gruben und Stollen, die Mädchen und Frauen waschen das Erz in verseuchten Becken, sie alle atmen giftige und radioaktive Stäube ein für einen Hungerlohn, der nicht zu Überleben reicht, und sind täglich dem Risiko tödlicher Unfälle und, im Falle der Arbeiterinnen, sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Einer der Kleinschürfer formuliert treffend: „Wir arbeiten in unseren Gräbern!“

Der Gegensatz zwischen den zutiefst erschreckenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen im handwerklichen Kleinbergbau und der schillernden, scheinbar cleanen Welt modernster Elektronik könnte nicht größer sein. Kara zeigt auf, dass die PR-Erklärungen der Großkonzerne bezüglich Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt werden. Kara reiste zu Recherchen selbst mehrfach in den Kongo und machte sich teils unter beträchtlicher Gefahr ein eigenes Bild von den Bedingungen vor Ort. Er zeigt auf, welche unübersichtlichen Zwischenstationen in den Lieferketten das Kobalt zurücklegt und wie viele Menschen durch systematische Erpressung, Bestechung, Betrug, Vertuschung und Ignoranz an den einzelnen Stationen kräftig mitverdienen.

Kara führte Interviews mit Kleinschürfern, Vertretern von Bergbaugenossenschaften, NGOs, Regierungsvertretern und Zwischenhändlern. Insbesondere die Schilderungen der Arbeiter und Arbeiterinnen, der Invaliden und der Angehörigen von tödlich verunglückten, oft minderjährigen Schürfern machten mich fassungslos und lassen mich mit anderen Augen auf die akkubetriebenen Geräte blicken.

Ein erschütterndes und ungemein wichtiges Buch, das sehr zum Nachdenken anregt und hoffentlich dazu beiträgt, den Druck auf die Konzerne zu erhöhen, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen und die Ausbeutung der Kongoles*innen zu beenden. Unbedingt lesenswert!

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Veröffentlicht am 06.07.2024

Fluch der Rohstoffe

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Wenn von Ländern mit einem "Fluch der Ressourcen" die Rede ist, steht die Demokratische Republik Kongo in der Regel ganz oben auf der Liste: Das Land verfügt über einige der begehrtesten Rohstoffe weltweit, ...

Wenn von Ländern mit einem "Fluch der Ressourcen" die Rede ist, steht die Demokratische Republik Kongo in der Regel ganz oben auf der Liste: Das Land verfügt über einige der begehrtesten Rohstoffe weltweit, könnte danach eigentlich überaus wohlhabend sein. Statt dessen lebt der größte Teil der Bewohner am Existenzminimum und die Ressourcen werden zu Bedingungen abgebaut, die menschen- und umweltfeindlich sind. Die Profite stecken andere ein - eine kleine lokale Elite, meist gleichbedeutenden mit den Regierenden und ihren Freunden, und ausländische Unternehmen.

In seinem Buch "Blutrotes Kobalt" befasst sich der amerikanische Forscher Siddarth Kara mit den Bedingungen, in denen im kongolesischen Kupfergürtel Kobalt abgebaut wird, der Rohstoff, ohne den bei modernen Smartphones, Laptops und Elektroautos bzw deren Batterien nichts geht. Nirgends auf der Welt gibt es so große Vorräte wie dort, verwendet werden sie von Weltunternehmen, die sich ethische Ansprüche auf die Fahnen geschrieben haben. Wie lässt sich das mit Kinderarbeit, Lohndumping und Arbeitsbedingungen vereinbaren, die jeglichen Arbeitsschutzvorschriften in Europa oder Nordamerika widersprechen?

Kara will aufklären über die Menschen, die den Preis zahlen für die Gier auf ein jährlich neues Handy. Mehrere Jahre hintereinander fuhr er in die oft entlegenen Abbaugebiete, versuchte mit Minenbetreibern, Händlern und vor allem Bergarbeitern zu sprechen. Besonders geht es ihm dabei um Lieferketten, um die Ausbeutung der sogenannten handwerklichen Bergleute und die nach wie vor übliche Kinderarbeit.

Der Autor beschreibt Korruption auf allen Ebenen, schildert Menschen, die Angst haben, mit ihm zu reden, er trifft Jugendliche, die nach Unfällen verkrüppelt sind, beschreibt Ausbeutung und Missbrauch, sexuelle Übergriffe auf Frauen und Mädchen, die im Bergbau arbeiten, die Zerstörung der Umwelt und die gesundheitlichen Auswirkungen auf die oft ohne Schutzausrüstung arbeitenden Menschen.

Allerdings: Die meisten der "handwerklichen" Bergarbeiter sind eigentlich illegal, sie sind nicht bei den Konzernen angestellt, arbeiten auf eigene Faust. Arbeitsschutzgesetze oder das Verbot von Kinderarbeit verpuffen da. Ihre Koltanerträge gelangen dennoch in die Lieferkette und die Bergarbeiter erhalten buchstäblich einen Hungerlohn.

Dort, wo Bergarbeiter, gerade auch Kinder und Jugendliche, von Soldaten oder Milizen als Arbeitssklaven in die Koltanförderung geschickt werden, verstehe ich Karas Empörung. Aber teilweise zeigt er die Blauäugigkeit eines Amerikaners angesichts der Armut im Kongo und anderen afrikanischen Ländern. Die Verhältnisse verstören - aber ihm scheint nicht klar zu sein, dass die Menschen einfach keine Alternative haben.

Die "illegalen" Bergleute, die im Familienverband nach Koltan schürfen, sehen darin ihre Chance, ein kleines bißchen von dem Boom um das blaue Metall abzubekommen. Ansonsten bleibt ihnen die Plackerei auf einem kleinen Stück Land. Klar, Kinder sollten zur Schule gehen und nicht in Minen schuften müssen. Angesichts der Armut nützen Verbote von Kinderarbeit aber wenig - schon gar nicht bei Kindern, die verwaist sind und irgendwie überleben müssen. Da wäre den Betroffenen eher geholfen, wenn sie eine andere Arbeit bekommen könnten, die nicht ihr Gesundheit und ihr Leben gefährdet.

Kara geht auch auf die koloniale Vergangenheit ein, als der Kongo das persönliche Eigentum des belgischen Königs war, das "Herz der Finsternis" im gleichnamigen Roman von Joseph Conrad. Heute sind es vor allem die Chinesen, die im Kupfergürtel die Rohstoffe ausbeuten. Gar nicht erwähnt wird die Lage im Ostkongo, wo die örtlichen Warlords vom Koltanabbau profitieren und das seltene Metall die seit 30 Jahren andauernde Gewalt noch weiter anfacht.

Durch Wiederholungen erhält das Buch einige unnötige Längen - möglicherweise wurden hier mehrere Aufsätze zu einem Buch zusammengefügt. Wer sich auch mit ethischen Fragen von Konsum beschäftigt, sollte an diesem Buch nicht vorbeigehen.