„Er ist wie ein Puppenspieler, der mich immer schneller bewegt, bis ich auseinanderfalle.“ (Avery in Endgame 1)
Worum geht’s?
Avery hatte alles – einen tollen Freund, einen liebevollen Vater, ein großes Vermögen, einen Platz an einer Top-Uni. Doch dann verlor sie alles durch einen Skandal ihres Vaters. Was blieb, war ein Haufen Rechnungen, ein schwerverletzter und pflegebedürftiger Vater und jede Menge Schulden. Und so entschied sich Avery, in einem berüchtigten Herrenclub um ein Darlehen zu bitten. Statt eines Darlehens wollte man sie, besser noch ihre Jungfräulichkeit, versteigern. Doch Avery ahnt nicht, auf welch ein Spiel sie sich einlässt…
Endgame – Der Bauer ist Band 1 einer dreiteiligen Reihe und ist nicht in sich geschlossen.
Schreibstil / Gestaltung
Das schlichte Cover ist in schwarz-weiß gehalten mit roten Highlights. Es passt ganz gut zum Buch, ist angenehm zurückhaltend und gibt wenig Hinweis auf den Inhalt. Die Geschichte wird ausschließlich aus Sicht von Avery in der Ich-Perspektive und ist linear aufgebaut. Das Buch lässt sich sehr gut und schnell lesen, es ist flüssig und verständlich geschrieben. Das sprachliche Niveau ist normal, es ist weder vulgär geschrieben noch mit Kraftausdrücken gespickt.
Mein Fazit
Schachmatt. So habe ich mich gefühlt, als ich die letzte Seite gelesen habe. Über drei Stunden komplett in einem Rutsch habe ich das Buch gelesen und am Ende hat es mich einfach schachmatt gesetzt.
Nach einem kurzen Prolog mit einem Einblick in Averys „altes Leben“ startet die Geschichte unmittelbar mit dem Aufeinandertreffen von Avery und einigen Männern im Herrenclub, unter anderem Gabriel Miller, dem männlichen Protagonisten des Buches, Avery benötigt verdammt viel Geld und möchte eigentlich um ein Darlehen ersuchen, was ihr die Männer verweigern. Als Gegenvorschlag unterbreitet ihr Gabriel allerdings die Möglichkeit, sich selbst zu versteigern. Anfangs noch abgeneigt, stellt sie schnell fest, dass es ihre vielleicht einzige Chance ist. Und so stimmt sie zu. Der Weg zu der Entscheidung, die Begleitumstände und ihre Beweggründe sind dabei sehr gut und nachvollziehbar dargestellt, dass man sogar so eine heftige Entscheidung nachvollziehen kann. Immer wieder kommt dabei auch das Thema Jungfräulichkeit auf, wobei beim Leser der Eindruck entsteht, dass Avery Angst vor Sex hat. Wieso – das erfährt man erst im Laufe des Buches.
An sich ist die Idee hinter der Geschichte natürlich nicht neu. Armes Mädchen braucht Geld, verkauft sich, landet bei einem reichen Mann, hat verdammt viel Sex und wahlweise zerbricht oder verliebt sich. Bei diesem Buch war ich mir lange unsicher, in welche Richtung es gehen wird. Wird es ein regelrechter Sexroman? Die Antwort lautet: Nein. Bei Endgame steht zwar das Thema im Vordergrund, dass Avery sich verkauft und was der Käufer von ihr will. Der Erotikanteil an diesem Buch ist allerdings sehr niedrig, es gibt sehr wenige, kurze Erotikszenen, die aber sehr niveauvoll und ansprechend verpackt werden. Denn eigentlich steckt viel mehr hinter der Story.
Und so erfährt der Leser Seite für Seite gemeinsam mit Avery zahlreiche Geheimnisse über ihren Vater, über Gabriel Miller und ihr altes Leben, muss mit ansehen, wie Averys Leben immer weiter aus den Fugen gerät und ihr Weltbild stückchenweise demontiert wird. Es ist wie ein Sog, den das Buch ausübt. Man möchte weiterlesen, man möchte mehr erfahren über die Geschehnisse, die zu Averys Verzweiflungstat geführt haben, aber vor allem auch über Gabriel Miller und seine Rolle in diesem ganzen Spiel. Denn Spiel trifft es sehr gut: Je weiter man liest, desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass hier ein sehr perfides, perfekt geplantes, hoch strategisches Spiel hinter allem steckt. Die Storylines sind miteinander verwoben und man fühlt sich, als sei Avery eine hilflose Schachfigur auf einem Spielfeld, dessen Regeln sie nicht kennt. Die Schachthematik wird in diesem Buch regelmäßig aufgegriffen und spielt auch eine große Rolle. Machtspielchen in diesem Buch werden nicht im Bett, sondern unter anderem auf dem Brett ausgetragen. Das Buch ist in meinen Augen hochgradig spannend, wenn auch in einigen Punkten etwas vorhersehbar oder zumindest nicht überraschend. Die fesselnde Geschichte und die ewig währende Frage, was mit Avery und Gabriel eigentlich los ist, hat mich komplett in ihren Bann gezogen und das Buch für mich zu einem Pageturner gemacht. Als sich dann am Ende die einzelnen Spielzüge entfalteten und alles, was man zu glauben dachte, auf den Kopf gestellt wird, bleibt Verblüffung und jede Menge Betroffenheit, aber auch Abscheu zurück. Ein fieser Cliffhanger, auf den man dringend Antworten braucht. Auf jeden Fall zählt Endgame zu einem der besten Dark Romance Bücher, welches ich je gelesen habe.
Avery als süße Protagonistin, die teilweise sehr naiv wirkt, teilweise aber auch sehr erwachsen daherkommt, hat es mir von Anfang an leicht gemacht, sie zu lieben. Ich mochte sie und ich litt mit ihr mit. Die größte Stärke des Buches ist jedoch wie oft bei solchen Romanen in meinen Augen der männliche Protagonist. Gabriel ist selbstverständlich extrem gutaussehend, verdammt reich und ein exzellenter Schachspieler – nicht nur auf dem Brett. Er ist undurchsichtig, er ist verwirrend aber zugleich auch sehr betörend. Man möchte ihn verstehen, seine Beweggründe und seine Taten. Immer, wenn man denkt, seine Maske ist gefallen, schafft er es, einem wieder zu zeigen, dass er ein Meister der Manipulation ist. Immer wieder zeigt er beinahe zärtliche Seiten und ganz still und heimlich hat er sich Stück für Stück in mein Herz geschlichen, ohne dass ich es gemerkt habe. Und dann, im richtigen Moment, hat er ausgeholt, mein armes Herz brutal rausgerissen und es mit einem gekonnten Wurf direkt auf dem Boden in tausend Teile zerschmettert.
Und so bleibe ich entsetzt zurück, mit einem Scherbenhaufen anstelle meines Herzens, jeder Menge Fragezeichen und dem verzweifelten Durst nach Antworten, die ich hoffentlich in Band 2 finde. Ich bin mir sicher, Gabriel wird mein Herz liebend gern erneut brechen. Und ich bin liebend gern bereit, es erneut brechen zu lassen.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]