Sehr lesenswerter, zum Nachdenken anregender Frauenroman!
Valerie ist Mutter einer Tochter, verheiratet und arbeitet in Hamburg bei einem Frauenmagazin. Eigentlich könnte sie glücklich sein, denn auch finanziell geht es ihrer Familie nicht schlecht, doch hadert ...
Valerie ist Mutter einer Tochter, verheiratet und arbeitet in Hamburg bei einem Frauenmagazin. Eigentlich könnte sie glücklich sein, denn auch finanziell geht es ihrer Familie nicht schlecht, doch hadert sie mit ihrer momentanen Lebenssituation. Zum einen eröffnet ihr ihre Tochter, dass sie nach Neuseeland gehen will; zum anderen läuft es in Valeries Ehe nicht mehr berauschend. Sie hat sich auseinander gelebt mit ihrem Mann; hat zu viele Kränkungen seinerseits runterschlucken müssen und auch ihre Chefin in der Redaktion ist eine elende Tyrannin, die Valerie das Leben schwer macht.
Fazit: Depressionen, Burn-out und ein nervender Tinnitus, der zum ständigen Begleiter geworden ist.
Und dann, zu allem Überfluss, bekommt sie von ihrer Chefin einen nicht gerade verlockend klingenden Auftrag. So soll sie sich auf Recherchereise für einen Artikel begeben, denn schließlich sind lange Wanderungen, um den Kopf frei zu bekommen, gerade schwer angesagt. „Pilgern vor der eigenen Haustür- Selbstfindung pur“, lautet die die Überschrift ihrer Aufgabe und soll Valerie den „Heidschnuckenweg“ näher bringen, der von Hamburg nach Celle, durch beschauliche Örtchen und direkt durch die Heide führt.
Valerie, die es gewohnt ist, alles runterzuschlucken und nicht nein zu sagen, macht sich also auf den Weg. Doch da sie blutige Anfängerin ist, was das Wandern angeht, bekommt sie schon bald schlimme Blasen an den Füßen und die ersten Tage der Wanderung gestalten sich weniger als Selbstfindungstrip, denn als Quälerei.
Am liebsten würde Valerie alles abbrechen, doch dann lernt sie eine junge Frau kennen die in einem Restaurant arbeitet und die ihr rät, einen Abstecher zu einer kleinen Pension zu machen, die einer älteren Dame gehört. Valerie lässt sich diesen Vorschlag durch den Kopf gehen und tatsächlich steht sie einige Tage später vor der Besitzerin der ihr empfohlenen Pension. Und Anne ist tatsächlich eine lebenskluge, mütterliche und herzensgute Person, die nicht nur Valeries wunde Füße zu heilen vermag. Valeries Gespräche mit Anne tun ihr gut und bringen sie letztendlich ins Grübeln. Sind ihre Probleme wirklich unlösbar?
Aber nicht nur der Aufenthalt auf dem Land erdet Valerie, auch der nette Nachbar von Anne, Hagen, bringt Valerie auf andere Gedanken…
Ich habe bereits einige Romane von Sofie Cramer gelesen; manche davon fand ich einfach nur wunderbar und tiefsinnig, andere konnten mich nicht hundertprozentig begeistern. Mit „Honigblütentage“ hat die Autorin allerdings wieder einmal einen Roman am Start, der überzeugen kann. Im Fokus, Valerie, eine Frau die an einem Scheideweg in ihrem Leben steht. Nun hätte „Honigblütentage“ entweder ein netter Liebesroman werden können, der einem nicht lange im Gedächtnis bleibt; in dem die Selbstfindung eher Staffage ist, oder aber, wie in diesem Fall ein tiefschürfender Roman der mit vielen Lebensweisheiten brillieren kann. Ich bin sehr froh darüber, dass Sofie Cramer sich dazu entschieden hat, ihren Romanfiguren, allen voran Valerie, Dialoge auf den Leib zu schreiben, die zum Nachdenken anregen. Und obwohl Valeries Wanderung durchaus ein interessanter Ansatz war, mochte ich doch die Romanpassagen in Annes Pension am liebsten. Denn obwohl ich Valerie durchaus sympathisch gestrickt fand, wurde Anne schnell zu meiner Lieblingsromanfigur. Ihre Lebensklugheit und ihre Weisheit fand ich einfach sehr berührend herausgearbeitet. Wer nun fürchtet, womöglich von esoterischer Thematik erschlagen zu werden, kann hier beruhigt sein und zugreifen. In erster Linie ist „Honigblütentage“ nämlich ein leichter aber lebenskluger Frauenroman, in dem die Liebe eine große Rolle spielt. Ob nun die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, einer Tochter zu ihrem verstorbenen Vater, die Liebe zur Natur, Gott oder aber die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau- alle dies wird in diesem Roman thematisiert. Aber Sofie Cramers Roman wirkt nicht belehrend; er regt allerdings zum Nachdenken an.
Einen kleinen Minipunkt habe ich bei meiner Bewertung dennoch abgezogen, weil ich mir eine Aussprache zwischen Valerie und ihrem Mann gewünscht hätte. Abgesehen davon fand ich „Honigblütentage“ sehr lesenswert und empfehle ihn gerne weiter.
Kurz gefasst: Sehr lesenswerter, zum Nachdenken anregender Frauenroman!