Großartige Unterhaltung
„Die Frau in der Themse“ ist ein sehr komplexes Buch. Grundsätzlich geht es um den rätselhaften Fall der Charlotte Reckitt, doch zugleich sucht der Pinkerton-Detektiv nach einem angeblich bereits verstorbenen ...
„Die Frau in der Themse“ ist ein sehr komplexes Buch. Grundsätzlich geht es um den rätselhaften Fall der Charlotte Reckitt, doch zugleich sucht der Pinkerton-Detektiv nach einem angeblich bereits verstorbenen Mann und irgendwie ist alles mit allem verknüpft. Es braucht Konzentration um den Überblick über all die Personen und deren Zusammenhänge zu. Aber gerade diese Verflechtungen machen den Fall so interessant und lassen den Leser viel spekulieren.
Price nimmt sich auch die Zeit die Hintergründe seiner Charaktere ausführlich zu erzählen. Es gibt lange Kapitel aus der Vergangenheit, etwa über die Beziehung zwischen Charlotte Reckitt und Adam Foole oder Ausflüge in die Jugend des William Pinkerton bei denen der Leser die Arbeit des Detektivbüros kennenlernt. Vor allem letzteres empfand ich als sehr interessant, auch weil es der Name Pinkerton war der mich ursprünglich zu dem Buch greifen lies.
Die Geschichte glänzt durch die hervorragende Beschreibung eines düsteren viktorianischen London. Es ist neblig, dunkel, schmutzig und voller Kohlenrauch - nur selten hat es ein Buch geschafft mir so klare Bilder vor Augen zu führen. Dazu gibt es Verfolgungsjagden per Kutsche, Besuche zwielichtiger Spelunken, sogar bis in die Kanalisation Londons führt Price den Leser.
Der hohen Seitenzahl (knapp 1000) wird der Autor zum Glück gerecht. Er hat seine Geschichte nicht mit Nebensächlichkeiten aufgebläht oder unnötig in die Länge gezogen, sondern er erzählt sie sehr durchdacht. Gewöhnungsbedörftig empfinde ich allerdings den Verzicht auf Anführungszeichen oder eine andere Hervorhebung des Gesprochenen. Price vermischt die wörtliche Rede einfach mit der restlichen Erzählung und verwendet nicht mal Absätze um sie zumindest ein wenig Hervorzuheben. Zu Beginn hat mich das enorm irritiert, ich habe mich aber erstaunlich schnell daran gewöhnt. Warum er sich so komplett gegen eine Interpunktion bei der wörtlichen Rede entschieden hat verstehe ich allerdings nicht.